@bura Alles gut.
@hängtihnhöher Wenn ich eine Mastertheorie hätte, wären wir weiter. Aber mal ein Beispiel, wie Grundannahmen hier wirken. Es wurde folgende Grundannahme hier geäußert:
"Vielleicht wollte der Täter mit der ersten SMS dafür sorgen, dass Chris glaubt, Frauke sei noch im Pub und komme erst später wieder."
Okay, lassen wir uns mal gemeinsam darauf ein. In dieser Grundannahme selbst stecken schon viele weitere, nämlich
a) die Grundannahme, dass der Täter wusste, in welchem Umfeld Frauke üblicherweise lebte,
b) die Grundannahme, dass der Täter wusste, dass Chris auf Frauke an diesem Abend wartete, weil sie keinen Schlüssel dabei hatte,
c) die Grundannahme, dass der Täter wusste oder damit rechnete, dass diese SMS ihm und Frauke Zeit verschaffe (Beruhigung)
d) die Grundannahme, dass der Täter damit rechnete, dass Chris die SMS überhaupt lese,
e) die Grundannahme, dass bei Täter und Frauke etwas zwischen Pub und SMS kurz vor ein Uhr passierte, das die SMS nötig werden ließ
f) die Grundannahme, dass der Täter wegen dieser Situation von Beginn an ein Problem mit Chris hatte und meinte, sie schicken zu müssen
und schließlich
g) die Grundannahme, dass der Täter wusste, dass der Akku von Fraukes Handy sich entleeren würde,
Grundannahme a) ist möglich durch einen Bekannten und einen Stalker
Grundannahme b) ist möglich durch einen Bekannten und einen Stalker (Beobachtung am Abend)
Grundannahme c) ist zwar möglich, aber bei einem Bekannten, der Fraukes Lebenssituation als auch die besondere Situation mit dem Schlüssel kannte, fast auszuschließen
Wenn Grundannahmen a und b gelten sollen, fällt c raus. Wenn der Täter also Fraukes Umfeld und die Situation kannte, fällt Grundannahme c einfach schon weg. Und schon ist die komplette Aussage null und nichtig. Und wieder sind wir damit am Anfang:
Was sollte die erste SMS? Diese spielt hier die Schlüsselrolle und kann uns möglicherweise das zentrale Motiv der ganzen Umstände zu Fraukes Tod erklären. War sie noch freiwillig oder nicht mehr freiwillig? Ich gehe von letzterem aus, weshalb man sich damit beschäftigen muss, warum ausgerechnet der Täter unbedingt auf diese SMS bestanden hat. Und da komme ich wirklich nur auf einen Menschen, der mit Frauke und Chris noch eine Rechnung offen hatte. Das erklärt auch die Fixierung der Kontakte auf Chris. Chris spielt daher für mich eine zentrale Rolle bei der Verschleppung. Sie sollte ihm wehtun, ihn womöglich in Verdacht rücken, ihn zu einer Handlung bewegen, ihn erpressen, was auch immer. Und ich bin mir nicht ganz sicher, ob dieser Täter aus dem weiteren Dunstkreis wirklich noch Insiderinformationen hatte, dass Frauke und Chris seit kürzerer Zeit kein Paar mehr waren.
Wenn ich als Außenstehender und ehemaliger Bekannter erfahre, dass ein Paar, das früher jahrelang zusammen war, nun noch in PB zusammen in einer WG lebt, glaube ich, da läuft noch was. Ich würde nie glauben, dass es aus zwischen ihnen wäre. Wäre ich in Frauke jahrelang verliebt gewesen, hätte ich diesen attraktiven Griechen an ihrer Seite als echte Demütigung empfunden. Wäre ich selbst nicht der Schönste der Welt (Leute, ich bin's), würde ich diese Ohnmacht (nicht jeder hat das Geld für Schönheitsoperationen) versuchen auszugleichen. All der Frust, der sich in mir angestaut hat, die Erniedrigungen, würde ich bei geringem und andauerndem Selbstbewusstsein, jahrelangem Außenseitertum, in eine Allmachtsphantasie umwandeln wollen. Die Menschen, die mich zum schwächlichen Objekt gemacht haben, die mich ignoriert haben, die mich gedemütigt haben (vielleicht haben sie das sogar nie, aber ich als krankhaft Fixierter empfinde es persönlich so), müssten dann leiden. Ich wünschte dann, sie leiden so anonym wie ich und erfahren nie, dass das der Tod ist.
So oder ähnlich sieht für mich die Täterpsyche aus. Für mich ist in diesem zugegeben heftig beschriebenen plakativen Beispiel eine weitere Frage wirklich entscheidend. Hat der Täter nach dieser Tat für immer Befriedigung oder geht es mit einem anderen weiblichen Opfer anderswo weiter, weil er merkt, dass er immer noch der gleiche Schwächling wie vor der Tat ist?
Daher gehe ich davon aus, dass die erste SMS unabhängig von der spezifischen Akku-Situation geplant war. Und zwar vom Täter, so perfide das klingt. Sie sollte freiwillig wirken und Chris weh tun.