Mord an Frauke Liebs
16.06.2017 um 19:12
Ich teile die Vermutung, dass Frauke auf ihrem Heimweg jemanden getroffen hat, den sie zumindest oberflächlich kannte, und der es geschafft hat, sie zu überreden, zunächst freiwillig mit ihm zu kommen, vermutlich nach Nieheim (denn da ist sie ja, wie die Polizei sagt, gefangengehalten worden). Die erste SMS, noch am gleichen Abend, macht auf mich den Eindruck, dass sie sich da noch nicht "entführt" oder "gefangen" vorkommt. Und auch nicht kurz vorher gewaltsam in ein Auto gezerrt wurde oder so was.
Die Situation, dass sie sich zu Fuss spät nachts allein auf den Heimweg macht, wobei der Akku ihres Handys leer ist und sie keinen Hausschlüssel dabei hat, ist dabei aber so außergewöhnlich und unwägbar, dass es sich vermutlich eher um eine Zufallsbegegnung gehandelt hat, die der Täter genutzt hat, als dass der Täter die Entführung von Frauke als gezielt ausgewähltem Opfer von langer Hand geplant und sie eine Weile beobachtet und belauert hat. Wobei ich mir aber vorstellen kann, dass der Täter schon vorher in diese Richtung neigte, entsprechende Fantasien hegte und vorbereitet hat und Frauke dann aus der Situation heraus zum Zufallsopfer wurde.
Die ersten Meldungen machen auf mich noch den Eindruck, als ob der Täter Frauke insofern manipuliert, dass er ihr einen vorgeschobenen Grund genannt hat, weswegen er sie mit nach Nieheim nimmt (vielleicht hat er auch einfach nur gesagt was gesagt in der Art: "Du kannst doch bei mir pennen, dann störst du bei dir zuhause jetzt keinen mehr um die Zeit... und morgen fahr ich dich zuhause vorbei, muss eh in die Ecke.") und dann Gründe vorgeschoben hat, weswegen sie noch bleiben muss.
Natürlich lässt sich das Spiel nicht ewig aufrechterhalten.
Ab dem Moment, in dem dann klar war, dass Frauke eine Gefangene ist, hat der Täter sie insofern manipuliert, dass er Anrufe und Heimkehr als Druckmittel benutzt hat - wenn sie sich so verhalten hat, wie es der Täter wollte, durfte sie zuhause anrufen, die Stimmen ihrer Lieben hören (und hatte dabei vielleicht noch die Hoffnung, dass man über die Anrufverfolgung ihren Aufenthaltsort ermitteln kann und sie befreit - sieht man schließlich dauernd in Krimis, und was in Krimiserien realistisch ist und was nicht, können viele nicht einschätzen; dass man sich in so einer Situation an den Gedanken klammert, kann ich mir vorstellen). Hat sie das nicht, wurde sie "bestraft" (keine Anrufe, keine Heimkehr) - deshalb könnte der Montagsanruf ausgefallen sein. Gleichzeitig hat der Täter mit den Anrufen erfolgreich die Fahndung verlangsamt, also zwei Fliegen mit einer Klappe erwischt.
Der erste Anruf bei Chris enthält meiner Meinung nach einige (unbewusste) Hinweise, dass hier schon nichts mehr in Ordnung ist.
Das fängt an mit der Anrede "Christos" statt wie üblich "Chris", dann sagt sie zwar scheinbar: "Es geht mir gut, ich komme bald heim", wählt aber eigentlich die Formulierung, dass sie all das nur sagen *wollte* (aber eben nicht sagt, weil es nicht stimmt). Und dann "Sag Mama und Papa Bescheid". Das wirkt auch ganz unverfänglich - aber in dem Zusammenhang mit dem letzten Telefonat, wo sie drei mal "Wo bist du?" mit "Mama" beantwortet, frage ich mich doch, ob da nicht schon bei diesem Anruf ein (unbewusster) Hinweis auf dieses "Wo bist du - Mama" mitschwingt, was auch immer damit gemeint war.