EDGARallanPOE schrieb:Für deinen Gedankengang wäre es wichtig zu wissen, wann überhaupt ein Ermittlungsverfahren in diesem Fall eröffnet wurde. Bevor dieses geschah, lag "nur" ein Vermisstenfall vor, welcher die Handlungsfreiheit der Polizei auf die reine Gefahrenabwehr reduziert und somit die Wahl der Maßnahmen stark einschränkt.
Insgesamt ein sehr guter Beitrag, weil er sich m.E. mit den wirklichen Problemen des Falles FL "in den Kinderschuhen" befasst!
Sicher hattest Du Deine Gründe, warum Du das "nur" in "" eingefasst hast, auf den folgenden Halbsatz möchte ich hier dringend eingehen!!!
Die Handlungsfreiheit der Polizei wird durch einen Vermisstenfall vs. Straftat
keineswegs eingeschränkt, ich möchte sogar meinen, eher im Gegenteil.
Was bundesgesetzlich damals, also 2006 schon explizit in den §§ 100a ff. StPO (Strafverfolgung) geregelt war, hinkte bei der Landesgesetzgebung hinsichtlich der Polizeigesetze "etwas hinterher", auch hinkte NRW hinter einigen anderen Bundesländern hinterher.
Wenn etwas nicht speziell geregelt ist, gibt es in aller Regel eine "Auffangnorm", auch Generalklausel genannt. Der Regelungsbedarf wurde später erkannt und man hat mit § 20a PolG NRW "nachgebessert" bzw. speziell geregelt.
Über allem steht ohnehin der Grundsatz, und damit möchte ich Deine Formulierung komplett aushebeln:
Bei Vorliegen einer Gemengelage hat jeweils die Gefahrenabwehr Vorrang vor einer Strafverfolgung. Beispiel: Bei einem Verkehrsunfall muss der Fahrer aus dem Fahrzeug gerettet werden. Durch die Rettungsmaßnahmen könnten Spuren vernichtet werden, ...
Quelle:
Wikipedia: Polizei (Deutschland)Das heißt analog zum Fall FL, dass ein Auffinden bei lebendigem Leibe
oberste Priorität hatte!!!Warum es hier der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens bedurfte, um an weitere Daten zu gelangen, ist m.E. nach wie vor kritisch zu hinterfragen, denn
Möglichkeiten, 2006 nicht nur an m.E. nutzlose "Verkehrs- und Verbindungsdaten" zu gelangen, sondern auch an Daten, mit denen man Fahndungsmaßnahmen in Echtzeit hätte einleiten können, gab es - eben nicht nach der StPO, sondern auch nach dem PolG NRW, hier: §8, da es den §21a noch nicht gab.
Die folgende Quelle
https://www.lawblog.de/index.php/archives/2006/11/14/zwangsgeld-gegen-t-mobile/ passt jetzt nicht exakt zum Thema, spiegelt aber durchaus wieder, was 2006 "gängige Praxis" darstellte.
Schließlich hat man Daten angefordert (die m.E. zum Auffinden einer Vermissten spätestens nach dem 3./4. Kontakt sinn- und zwecklos waren), es muss also eine Rechtsgrundlage gegeben haben, welche
nicht den "Einschränkungen" des heutigen §21a PolG NRW unterlag, welche aber im Ergebnis dennoch dazu geführt hat, dass man nach 3 Tagen zu dem Entschluss gekommen sein wird,
die Fahndungsmaßnahmen zurückzufahren bzw. ggf.
einzustellen!Auf den ersten Blick bedeutet das zunächst mal, dass ein potenzieller Täter "Erfolg" zu verzeichnen hatte.
Auf den zweiten Blick zwängt sich die Aufstellung der Hypothese auf, dass er nach den Kontakten aus Nieheim, Sennelager und den Kontakten am Freitag aus dem Industriegebiet Benhauser Feld / Dören
an Sicherheit gewonnen hat und möglicherweise
aus seinem Dunstkreis über die Intensität der Fahndungsmaßnahmen und deren Verlauf
informiert war!Die folgenden Kontakte wurden (völlig ungeniert?) am helligten Tage aus dem Raum Mönkeloh bzw. 2 x widerum!!! aus dem Raum Benhauser Feld / Dören abgesetzt!
Wenn also ein potenzieller Täter um jeden Preis ein Entdeckungsrisiko hätte minimieren wollen, wäre es
sehr unklug gewesen, nochmals und nochmals diese(s) Gebiet(e) aufzusuchen. Das Entdeckungsrisiko wäre immens hoch gewesen.
Aus dem Bauch heraus würde ich folglich behaupten, dass die Möglichkeit(en), der potenzielle Täter hat sich aktiv an Suchmaßnahmen beteiligt, förmlich aufgedrängt, "sich mit Kontakten zur Polizei gebrüstet", vielleicht sogar selbst Kontakt zur Polizei gesucht, nicht zu unterschätzen sind.
EDGARallanPOE schrieb:Kann da jemand ein Datum nennen ?
"Wochen Später", so Frau Liebs in der Zeitschrift "Stern Crime".