@tisch tisch schrieb:und dann noch nach dem fußballspiel mitten in der woche um 23 uhr? wieso geht sie dann überhaupt erst zum spiel? wie konnte sie sicher sein, dass niemand von ihren freunden sagt "gute idee, ich komme mit. ich bin auch müde!" oder "ich bringe/fahre dich schnell. es ist schon spät. du musst nicht alleine gehen."?
ich glaube, sie wollte wirklich nach hause und war auch müde. der tag war ja auch lang für sie: 2 fußballspiele, ausbildung, essen mit der mutter,...
(i) Weil das Date oder die Verabredung erst für deutlich nach 23:00h vorgesehen war und sie davor "Zeit" hatte. Das Spiel hatte
sie überhaupt nicht interessiert. Sie hat sich die Zeit mit SMSen vertrieben. Das hätte sie auch Zuhause machen können.
(ii) Wir wissen nicht, wie sie reagiert hätte, wenn einer ihrer Freunde ihr ein diesbezügliches Angebot gemacht hätte. Es gab so
ein Angebot nicht.
tisch schrieb:sie hätten sich ja auch irgendwo treffen müssen. wäre sie dann nicht auch gesehen worden? die stadt war voll, vielleicht gehen einzelne personen unter. allerdings wäre sie aufgefallen weil sie mit einem typen nach dem spiel noch irgendwo hingegangen ist und dort noch was getrunken hat? insbesondere nach der flyer-aktionen der familie in den folgetagen hätte sich doch wahrscheinlich jemand erinnert, FL und ihre begleitung bedient zu haben.
In der Theorie ist sie einfach zur verabredeten Zeit an einem bestimmten Ort zu jemandem eingestiegen. Man kann ja mal vermuten,
dass sie denjenigen gut kannte. Insgesamt hat sich keiner als Zeuge gemeldet für die Zeit nach 23:00h, aber sie muss in jedem Fall
aus dem Pub rausgegangen sein und unterwegs ist sie dann verschwunden. Darüber sind sich alle einig.
tisch schrieb:ich habe eher das gefühl, das FL relativ zügig die stadt verlassen hat und in die ecken und straßen kam, die eben nicht mehr so stark frequentiert waren. daher wurde sie wahrscheinlich auch nicht mehr gesehen. und dann muss sie ja auch irgendwo auf dem (recht kurzen) heimweg mitgenommen worden sein.
Jau, volle Zustimmung. Die Frage wäre nur, ob sie bei einem Bekannten eingestiegen war, verabredet oder nicht, oder ein völlig
Unbekannter, freiwillig oder nicht. Für eine Beobachtung durch andere spielt der Bekanntheitsgrad hierfür eigentlich keine Rolle. Es
war halt keiner da, der etwas beobachtet hat oder dachte, es später melden zu müssen.
tisch schrieb:"man" kann hier gar nichts sagen. sonst hätte "man" den fall schon gelöst. sie wollte aus dem pub, ja. aber ob sie allein gehen wollte, weiß niemand und es gibt keinen beleg dafür. es war vielleicht auch einfach zufall. sie hat sich ja recht kurz nach dem spiel verabschiedet, wo alle noch gar nicht so recht in aufbruchstimmung waren. das könnte auch einfach der profane grund sein, warum sie alleine den pub verließ.
Der Ansatz, den ich hier diskutieren wollte, hat den Grundgedanken, dass hier eine Person im Spiel war, die FL gegenüber ihren
Freunden verheimlichte.
Man kann z.B. erahnen, dass das Timing der ersten SMS und deren Inhalt nicht völlig wahllos erfolgten.
Auf der einen Seite sehen wir uns einem Zeitrahmen deutlich nach 0:00h gegenüber, wo in den gängigen Kneipen/Pubs etc.
mit einer fortgeschrittenen Aufbruchsstimmung der Gäste zu rechnen ist, weil die meisten am nächsten Tag ihre Arbeit antreten
müssen. Für die Zeit nach Mitternacht entsteht dabei zunehmend auch für Chris ein innerer Druck, der ihm sagt, dass FL eigentlich
bald kommen sollte. Es ist so ähnlich im Crime-Artikel beschrieben, wo Chris schildert: "Sie kam nicht. Aber nichts für ungut, dachte
ich, sie war im Pub". Und auch FL kann wissen, dass sie sich zeitnah melden sollte, um einem späteren Erklärungsnotstand
auszuweichen.
Die SMS um 0:49 h bestätigte Chris genau das, war er eben bis dahin dachte, was für jeden anderen auch
absolut nachvollziehbar ist. Dass sie noch weiter im Pub ist mit ihren Freunden. Aber so war es nicht. Nimmt man Nieheim als
Ort, dann sind es rund 40Minuten bis in die Borchener Str. Mit der SMS schiebt FL den erwarteten Ankunftszeitpunkt nach hinten,
und das wäre auch nötig gewesen, 40 Minuten braucht sie. Aber sie erklärt nichts darüber, wo sie ist und schafft sich damit eben
keinen Erklärungsnotstand. Weil sie eine Kontinuität des Abends vorgaukelt, die nicht mehr bestand.
Wäre FL tatsächlich nach Hause gekommen aus Nieheim, hätte sich alles in Wohlgefallen aufgelöst. Keine Fragen von Chris, keine
Fragen der Freunde, Geheimnis bewahrt, alles kontinuierlich.
Wofür also diese Verschleierung? FL hat natürlich gegenüber Chris keine Rechenschaftspflicht, aber man erkennt auch hier,
dass sie nicht bereit war, etwas über ihre Aktivität preiszugeben. Man erahnt in der ersten SMS ebenso, dass ein Gedanke
"was soll ich jetzt schreiben?" am Start gewesen sein muss, denn sie war ja faktisch unterwegs, an einem ganz anderen
Ort, mit einer ganz anderen Begleitung, ein absoluter Bruch in der Kontinuität. Und: speziell das Spiel war ihr egal.
Aber: das Spiel war der Anker zum Pub. Wozu also genau diesen Anker auswerfen, mit dem sie faktisch nichts zu tun hatte?
Sie konnte wissen, dass Chris diesen Anker verstand.
Ebenso rücken die Anrufe später ein gewisses Licht auf das Verhältnis zu ihrer "Begleitung". Speziell Aussagen von FL wie
"erkläre ich dir, wenn ich zu Hause bin" oder zwei Tage später "erkläre ich dir später" lassen das Herz eines jeden Täters, der
sein Opfer bedroht, doch höher schlagen. Man fragt sich schon, wie ein späterer Täter solche Aussagen bewertet, und wie man
sich das überhaupt vorstellen soll, wenn sie nach Hause käme. Ob man in einer Bedrohungssituation von Seiten des Opfer
so offen und freizügig über geplante "Erklärungen, später, nur nicht jetzt" spricht, wage ich mal zu bezweifeln. Wenn man z.B.
an die eigene Freilassung denkt, ob man da ein "ich könnte ja sagen, wo ich war, tu es aber nicht sondern erzähle was anderes"
anklingen läßt? FL hat im Moment einfach keine Erklärung bereit, die die Chris anbieten kann. Ein Erklärungsnotstand, den sie
diesmal nicht vermeiden konnte, den sie aber auch nicht glaubhaft aufklären konnte oder wollte.
Aus diesen Gründen meine ich ist es sinnvoll, über dieses mögliche "Doppelleben" nachzudenken.