@snowstormWenn ich Dich richtig verstanden habe gehst Du davon aus, dass die Bevölkerung L.S. erst später offen verdächtigt hat, weil sie einen naiven Glauben an die Obrigkeit, in diesem Fall verkörpert duch Polizei und Staatsanwaltschaft hatte, dass diese eifrig und erfolgreich sind und auf jeden Fall den wahren Mörder zur Strecke bringen werden, ohne dass es ein Zutun des Einzelnen bedarf, was dem Einzelnen gleichzeitig auch Ärger erspart.
Das ist ein interessanter Gesichtspunkt. So ganz kann ich der Idee aber nicht folgen. StA Renner hat am Anfang seiner Ermittlungstätigkeit und zwar schon am 10.4.1922 jeglichen Tatverdacht bezüglich L.S. ausgeschlossen und auch kein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet.
Aber bereits von April bis September 1922 muss es bezüglich L.S. erhebliche Verdächtigungen in der Bevölkerung gegeben haben, denn in einem Schreiben aus dem Monat September teilt Renner seinem Vorgesetzten beim OLG Augsburg mit, dass er aufgrund von anhaltenden Verdächtigungen innerhalb der Bevölkerung ein Ermittlungsverfahren gegen L.S. eingeleitet habe. Im Dezember 1922 teilt er mit, dass die Erhebungen ergebnislos verlaufen seien und dass er das Ermittlungsverfahren gegen L.S. eingestellt habe.Eine nähere Begründung hierfür liefert er nicht. Auch nennt er nicht, um welche Erhebungen gegen L.S. sich nun im einzelnen gehandelt hat, die ergebnislos verlaufen sind.
Ich vertrete hier die Auffassung, dass StA Renner schützend seine Hand über L.S. gehalten hat. Denn ihm kann nicht entgangen sein, dass es sich nicht um einen Raubmord gehandelt haben kann, sondern um eine Beziehungstat. Er hat insbesondere gewusst, dass alles Münzgeld noch vorhanden war. Persönliche Beziehungen hatte L.S. zu den Opfern. Das persönliche Umfeld der Opfer ist mE deshalb ganz gezielt nicht untersucht worden, um ihn zu schonen.
Renner war am 5.6.u.7.4.1922 am Tatort. Auch er muss L.S. vor Ort persönlich erlebt haben. Das auffällige Verhalten muss er auch bemerkt haben.
Ich will StA Renner aber nun nicht beschuldigen, dass er bewusst einen mehrfachen Mörder nicht zur Strecke gebracht hat. Ich meine lediglich, dass er davon ausgegangen ist, dass L.S. unglücklicherweise wegen der Geschichte mit dem kleinen Josef in Verdacht geraten könnte. Allein das wollte er ihm vermutlich ersparen. Darum keine gezielten Ermittlungen im Umfeld. L.S. passt natürlich auch als wohlsituierter Landwirt nicht ins Profil eines Kriminellen.
Warum? Da kann man auch nur spekulieren. Eine mögliche irgendwie geartete Verbindung zu Sebastian Schlittenbauer?
Die Bevölkerung hat dann bemerkt, dass die Strafverfolgungsbehörden den Fall nicht klären, trotz Vorliegen von Verdachtsmomenten gegen L.S. Andere Verdächtige wurden wegen weit geringeren Tatverdachts in U-Haft genommen. Nur L.S. blieb verschont. Ich denke, dass dann aus diesem Grund niemand mehr etwas gesagt hat.
Sigl hat 1926/1927 seinen Prozess gegen L.S. auch deshalb verloren, wenn man einem Hinweis in den Akten glaubt, weil alle Zeugen "versagt" haben.
Greger stellte L.S. zunächst ein gutes Leumundszeugnis aus. Dann sieht er die Dinge anders. Anfang 1926, so ist im Leuschner-Buch zu lesen, sucht er KOI Reingruber in München auf und berichtet ihm von den Prozessen zwischen Sigl und L.S..
Reingruber hat dieses lediglich zur Kenntnis genommen. Ich finde das merkwürdig.
Wie gesagt ich will hier StA Renner nicht wegen Strafvereitelung im Amt verdächtigen. Das liegt mir fern.
Es ist auch nur meine persönliche Meinung zu dem Punkt "Arbeit der Strafverfolgungsbehörden hinsichtlich des Tatverdachts gegen L.S.".