Mordfall Hinterkaifeck
27.01.2023 um 13:11Ghostrider60 schrieb am 14.12.2022:Bei Sturmangriffen konnten Gegner schon in den eigenen Graben gelangen. Dort wurden sie niedergemacht. Sie konnten nicht unmittelbar entfernt werden. Es konnte durchaus Stunden dauern bis der eigene Graben und die Laufsysteme ausgebessert und die Leichen entsorgt wurden. Das ueber den Grabenrand werfen war kein probates Mittel. Besonders nicht bei sommerlichen Temperaturen.
jaska schrieb am 14.12.2022:@Ghostrider60Da kann ich helfen.
Du hast da sicher nachprüfbare Quellen an der Hand. Her damit!
Ich zitiere aus "Flammenwerfer vor!" von Franz Franziss. Der Autor schreibt über seine Erlebnisse im I.WK.
Gedruckt 1941, also bitte das Pathos der Zeit zurechnen. Die Truppe des Protagonisten besetzt nach einem erfolgreichen deutschen Gasangriff einen englischen Graben:
".....über den Drahtverhau hinweg im Ausgangstrichterfeld des Engländers.
Wir sind im Totenreich.
Da liegen sie, stehen sie, kauern sie, tot, alle, alle tot. Steif, kalt. Trotz der Masken?
Nein, sie haben die Gummihelme nicht mehr auf, gedunsen, verquollen die Gesichter, sie starben alle am Gas, am Reizgas.
Wir räumen den Graben aus.
Legen die Toten aufeinander, nebeneinander, decken sie mit Reisern zu.
Befestigen den Graben, bleiben in Erwartung."
Hervorhebung von mir.
Man beachte übrigens die Reihenfolge nach der Erkundung:
Die Räumung des Grabens,
die "Entsorgung" ( ich weiss, dass das böse klingt, das gehörte aber zum Alltagsgeschäft der Soldaten ) der toten Engländer, eigene Verluste hatte es hier nicht gegeben, und dann
die Befestigung des Grabens, dessen ehemalige Rückseite ja jetzt die feindwärtige Frontseite geworden war.
Warum machte man das?
Eigensicherung.
-Kein evtl. noch Überlebender konnte bei diesem systematischen Vorgehen noch Schaden anrichten.
-Kein Gegner konnte einsickern, sich zwischen den herumliegenden Toten tarnen.
-Und gegen Fliegersicht waren die Toten auch getarnt, was "Grüße" der gegnerischen Artillerie verhindern half.
Man hänge sich jetzt bitte nicht daran auf, dass hier nicht, wie von @Ghostrider60 geschildert, gegnerische Soldaten in einen eigenen Grabenabschnitt geraten waren. Es geht um die prinzipielle Vorgehensweise beim Umgang mit Gefallenen, die man nicht sofort begraben konnte, aber schon irgendwie loswerden musste.
MfG
Dew