Mordfall Hinterkaifeck
30.03.2022 um 15:21
Hallo zusammen,
vom Mordfall Hinterkaifeck habe ich zum ersten Mal vor ca. einer Woche erfahren. Seitdem habe ich mich hin und wieder etwas eingelesen und versucht, die Fülle an Informationen gedanklich für mich einzusortieren. Um mir jedoch ein genaueres Bild machen zu können, besteht meinerseits noch Nachholbedarf im Hinblick auf die Recherche.
Daher entschuldige ich mich im Voraus für meine Fragen im Folgenden, welche ggf. schon unzählige Male, innerhalb der fast 2500 Seiten hier im Forum, besprochen wurden. Um an weitere Informationen zu gelangen, wäre ein erster Ansatz die Recherche über die, auf dem ersten Blick, sehr vielversprechende Seite www.hinterkaifeck.net. Falls es darüber hinaus weitere, gute Quellen gibt, wäre ich über Empfehlungen natürlich sehr dankbar.
Folgende Fragen beschäftigen mich momentan besonders, welche ich gerne jetzt schonmal in den Raum werfen würde:
Geschah der skrupellose Mord an Joseph Gruber grundlos im Mordrausch oder evtl. doch vor dem Hintergrund einer gewissen Notwendigkeit aus Tätersicht?
Falls die zweite Option in Betracht kommt, dann ist hier eines für mich klar: aufgrund des Alters von JG gab es aus Tätersicht nahezu keine Notwendigkeit, den Jungen zu ermorden. Es sei denn: der Mörder war ggf. tatsächlich LS, als vermeintlicher Vater des Kindes. Nur dann hätte sich aus dessen Sicht die Notwendigkeit ergeben können, den wehrlosen Jungen ermorden zu müssen, um den ohnehin schon zu erwartenden Verdacht durch bestimmte Tataspekte von sich ablenken zu können. Falls LS tatsächlich der Mörder war, den Jungen jedoch am Leben gelassen hätte, so wäre sicherlich noch schneller der Verdacht aufgekommen, dass er als vermeintlicher Vater der Täter sein könnte, welcher zumindest „sein Kind“ verschont hätte. Sofern er also der Täter war, könnte er sich genau dies, in der Extremsituation am Tatort, vor Augen geführt und als enormes Risiko eingestuft haben, was aus seiner Sicht die Notwendigkeit der Ermordung hervorgerufen haben könnte. Mit dem Mord an JG hätte sich darüber hinaus eine Argumentationsgrundlage ergeben können, welche LS im Rahmen anschließender Vernehmungen in die Karten gespielt hätte: nämlich, dass er keineswegs sein „eigenes Fleisch und Blut“ töten könne. Zur Untermalung dieser (ggf. getätigten) Behauptung, hätte er sich auf die Tatsache berufen können, dass er sich bereits Jahre zuvor als leiblicher Vater anerkannte und somit JG als sein Kind, und somit als sein Fleisch und Blut, ansah. Streng genommen war jedoch genau dies der Anfang vom Ende für LS: die Affäre mit VG und die anscheinend daraus resultierende Geburt von JG.
Von wem stammen die Aussagen gegenüber der Kripo, dass Schritte zum Hof führten, jedoch nicht wieder zurück? Oder, dass Schritte auf dem Dachboden in den Vortagen zu hören waren? Lagen diese Aussagen gegenüber der Kripo lediglich seitens LS vor? Hat nur dieser zu Protokoll gegeben, dass AG ihm diese Aspekte vor der Tat anvertraute? Oder wurden diese seitens AG, VG oder CG auch anderen Zeitzeugen gegenüber getätigt?
Falls diese Infos lediglich seitens LS gegenüber der Kripo erwähnt wurden, dann haben wir hier abermals einen Aspekt, welcher diesen enorm verdächtigt macht. Immerhin wurde dann wahrscheinlich nur über diese Aspekte in Betracht gezogen, dass ggf. doch Eindringlinge für den Mord in Frage kommen könnten. Die Krönung des Ganzen ist dann auch noch die Aussage, dass LS angeblich dazu bereit war, AG eine Waffe für die Selbstverteidigung zu geben, welcher dies jedoch ablehnte. Waren LS und AG zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch gut miteinander? Sofern die Aussagen lediglich von LS kommen, spricht dies enorm dafür, dass er den Verdacht einfach nur weg von sich lenken wollte. Verdächtig macht ihn dann zusätzlich, dass die Dachziegel wohl zu Beobachtungszwecken verschoben waren, was seine (?) Aussage hinsichtlich der Schritte im Dachboden untermalen würde. Auch dass die Tatwaffe im Fehlboden des Dachgeschosses gefunden wurde, ist immens merkwürdig und spricht dafür, dass sich der Täter dort gut ausgekannt haben muss.
Abgesehen davon finde ich es bemerkenswert, dass LS vor Entdeckung der Morde in Begleitung seiner Nachbarn zum Einödhof HK wollte. Das ist nachvollziehbar, wenn man bereits im Vorfeld ein schlechtes Gefühl hat und mit dem Schlimmsten rechnet. Die Nachvollziehbarkeit endet jedoch mit der Tatsache, dass LS ebenfalls seine zwei Kinder mitgenommen hat, sofern ich richtig informiert bin. Das wirkt auf mich eher so, als ob er sich durch die Anwesenheit seiner Kinder einen gewissen Schutz, im Hinblick auf zu erwartende Verdächtigungen, versprochen haben könnte.
Die Fragen stelle ich mir vor dem Hintergrund, dass ich aktuell noch von LS als Mörder ausgehe. Egal, wie liebenswert oder höflich dieser Mann beschrieben wurde: stille Wasser sind Tief und der Schein trügt auch manchmal. Die Familie Gruber/Gabriel scheint sich genau dies zu Nutze gemacht zu haben. Wahrscheinlich hat man in LS eine Person gesehen, die man vor dem Hintergrund seiner Gutmütigkeit überzeugen und bis aufs Letzte ausnehmen kann.
Ihm ein Kind andrehen (das wahrscheinlich nicht seines war), die Heirat mit VG ablehnen (obwohl dies ggf. vor Anerkennung des Kindes, samt Teilhaberrechten am Hof, versprochen wurde) und als i-Tüpfelchen auch noch auf Unterhaltszahlungen bestehen und ihn somit in den Ruin treiben… die Zwickmühle dieser Person mag ich mir zu damaligen Zeiten wahrlich nicht vorstellen. Doch sind es genau diese Aspekte, die eventuell dass „Monster von Hinterkaifeck“ in seiner ausweglosen Situation entstehen lassen haben könnten.
Wurde nicht selbst die Reuthaue seitens AG von LS ungefragt entwendet? Was spricht außer der Gutmütigkeit und dem Asthma dafür, dass LS als Täter ausscheiden könnte?
Trotz allem würde ich mir persönlich vor dem Hintergrund der Geschichte wünschen, dass LS nicht der Täter ist. Leider scheint jedoch viel zu viel gegen diesen zu sprechen. Auch wenn sich die enorme Brutalität und Skrupellosigkeit der Tat nicht abstreiten lässt, könnte es dennoch möglich sein, dass die Morde gar nicht geplant waren und zumindest der erste Mord resultierend aus enormer Wut und im Affekt geschah. Und weil die Familie ggf. wusste, dass sich VG und LS treffen wollten, gab es eventuell keinen anderen Weg aus Tätersicht, als alle vorhandenen Mitwisser ebenfalls an Ort und Stelle zu ermorden.
Über diese Punkte hinaus, beschäftigt mich die grausame Ermordung der kleinen Cäzilia Gabriel enorm. Konnte ggf. abgeleitet werden, warum sie sich die Haare ausriss bzw. ob es tatsächlich auch ihre eigenen Haare waren? Ist das ggf. ein Aspekt, welcher während eines längeren Todeskampfes bzw, unter derartigen Umständen normal ist, um besser mit den starken Schmerzen klar zu kommen? Oder wollte die kleine Cäzilia irgendetwas wichtiges über diese merkwürdige Vorgehensweise mitteilen?
Liebe Grüße