@off-peak@Heike75Ist doch klar: Ich würde mich selbst in der heutigen Zeit bis an die Zähne bewaffnen, wenn ich in einer Situation, vergleichbar mit der Lage des Hinterkaifecker Hofes außerhalb des bebauten Ortsbereichs leben müßte, dürfte, könnte. Das würde ich auch ganz legal bei den Behörden durchsetzen und fände das ganz normal und vernünftig.
Mir geht es aber im Kern um die Frage, ob der Hintergrund, auf der die „Revolverleihgeschichte“ beruht, nicht hinreichender Anlaß für den Ortsführer hätte sein müssen, in den Folgetagen mal nachzuschauen, wie sich die Dinge auf Hinterkaifeck denn weiterentwickelt haben.
Dazu ist es vielleicht sinnvoll, sich mal wieder die Quellen für die „Revolverleihgeschichte“ ins Gedächtnis zu rufen.
1. Mir ist als primäre Quelle dazu nur die Aussage des Sohnes von L.S. bekannt, welche dieser 1951 vor der Landespolizei gemacht hat – in dem genannten Punkt als Zeuge vom Hörensagen einer Erzählung seines Vaters.
Johann Schlittenbauer in seiner Vernehmung vom 17.12.1951 Zit. nach
http://www.hinterkaifeck.net/wiki/index.php?title=Aussagen:_1951-12-17_Schlittenbauer_Johann.. „Erwähnen möchte ich noch, dass mein Vater erzählte, er habe am Donnerstag ( 30.3.1922) vor der Tat in Hinterkaifeck ganz in der Nähe des Hofes geackert. Hierbei habe er den alten Bauern Gruber etwas suchen sehen und diesen dann gefragt, was er suche. Gruber habe gesagt, er glaube, dass bei ihm welche einbrechen wollten, es sehe so aus, als wenn mit einem Stemmeisen die Türe zur Futterkammer geöffnet werden sollte. Es handelte sich um die Türe, die von Norden zur Futterkammer führte. Mein Vater hat, wie er erzählte, zu Gruber gesagt: "Wenn glaubst, dass jemand drin war bzw. ist, gehe ich heim und hol meinen Browing (Anm. Browning?)." Gruber habe erwidert, einen und zwei fürchte er nicht. Daraufhin unternahm mein Vater nichts weiter. Um welche Uhrzeit mein Vater mit Gruber sich seinerzeit unterhalten hat, kann ich nicht sagen.“…
2. Peter Leuschner in: Der Mordfall Hinterkaifeck – Spuren eines mysteriösen Verbrechens. [Apus 1. Aufl. 1997] literarisch:
„Bei mir ist heut´nacht eingebrochen worden. Die Spuren kommen von dort.“ Andreas Gruber streckt seinen Arm in Richtung Wald aus. Ich finde aber keine Fußabdrücke, die wieder vom Hof weggehen.“ „Seltsam“, meint Lorenz Schlittenbauer. Trotz aller Feindschaft, wenn es um ihr Hab und Gut geht, halten die Bewohner der Einöden und Dörfer im Paartal zusammen. „Ich leih dir meinen alten Trommelrevolver [sic] , schlägt er dem alten Gruber vor. Doch der winkt gleich ab. „Oder noch besser, du verständigst die Gendarmerie in Hohenwart drüben. Die sollen jemand schicken. Von denen läßt du alles genau durchsuchen.“ Unwirsch unterbricht der Kaifecker den Nachbarn.…“ [aaO S. 21].
3. Und so wurde aus einer Selbstladepistole der Marke „Browning“ halt zu ein Trommelrevolver, obwohl es sich in Wirklichkeit um eine Pistole Colt handelt. Frühe Colts sind übrigens auf dem Sammlermarkt lt Wikipedia sehr gesucht.
„Das Browning-System ist ein Verschluss-System für Selbstladepistolen. Erfinder dieses bis heute noch hauptsächlich vorkommenden Verschluss-Systems war der Amerikaner John Moses Browning (1855–1926). Bereits 1900 kam die erste mit seinem Verschlusssystem funktionierende Selbstladepistole Colt Modell 1900 im Kaliber .38 ACP auf den Markt….“
(Quelle – Wikipedia)
Wenn es sich also tatsächlich um einen Colt „Browning“ gehandelt haben sollte, wäre L.S. zu der Zeit mit einer in Amerika sehr beliebten Faustfeuerwaffe ausgestattet gewesen. [Ich gebe allerdings zu bedenken, daß sich „Browning“ wegen seiner Bekanntheit in Amerika hier auch als Gattungsbegriff durchgesetzt haben könnte und damit halt einfach eine Faustfeuerwaffe gemeint gewesen sein könnte.]
Aber darauf kommt es mir nicht an.
4. So jetzt mag jeder selbst entscheiden, ob es einer Normalsituation entsprach, dass die Spuren eines solchen frischer Einbruchsversuch in HK dem Ortsführer mitgeteilt wurde, was diesen dazu veranlasste, dem Hauseigentümer seine Faustfeuerwaffe zur Selbstverteidigung anzubieten.
Es bleibt auch jedem selbst überlassen, in dem Vorfall einen hinlänglichen Grund für den Ortsführer zu sehen, nicht alles gerade auf sich beruhen zu lassen – oder eben nicht.
Meine Meinung dazu habe ich in meinem letzten Beitrag gesagt.
5. Ganz anders sieht die Sache natürlich aus, wenn man davon ausgeht, daß LS eine Fehlinformation geliefert hätte. Da hoffe ich mit
@Kailah, daß Heike75 den von ihr mit den Hinweis auf das andre Blatt gesetzten „Cliffhanger“ in der nächsten Folge auflöst. „Hoffen wir es, lieber Leser.“