P. Leuschner, "Hinterkaifeck", 1. Auflage von 1978
Gestern abend habe ich mir den "Urleuschner" vorgenommen. Man kann das Buch gut in zwei, drei Stunden lesen, es hat nur 135 Seiten Text (S.9 bis S.143).
Besonders bemerkenswert sind die Fotos, die auf 36 nicht paginierten Seiten folgen.
Neben den Tatortfotos, einem Foto des "Binder-Aquarells", dem "Schwaiger-Grundriß" und einigen Dokumenten gibt es Fotos von Karl Gabriel (Sterbebild), Georg Greger und Blasius Lebmaier, Hans Lautenbacher, Johann Anneser, Josef Bärtl, Matthäus Eser, Pfarrer Michael Haas, Michael Plöckl, Postschaffner Josef Mayer, Pfarrer Anton Hauber, Rudolf Storz und Andreas Schwaiger.
Ich habe bis jetzt nicht verstanden, wieso ein Neffe von Ludwig Hecker Plagiatsvorwürfe gegen Leuschner erhoben hat. Jetzt ist mir die Sache klar, der "Urleuschner" folgt vor allem in den ersten Kapiteln sehr der kolportagehaften Schilderung von Hecker.
Ludwig Hecker wird von Leuschner namentlich nicht genannt, auf S. 78 ist nur folgendes zu lesen: "Ohne besonderen Anlaß veröffentlicht der "Donau Kurier" in Ingolstadt im Herbst 1951 eine Serie unter dem Titel "Die Nacht von Hinterkaifeck". Es ist der Versuch einer Deutung dieses Verbrechens. Der Autor hat alles zusammengetragen, was zum Teil bekannt oder auch Volksmeinung ist.
Daß mit den wenigen Folgen der Serie eine Lawine ins Rollen kommt, ahnt niemand."
Inhaltlich weist das Buch von P. Leuschner erstaunliche Defizite und Fehler auf. Prima vista würde ich schätzen, daß sich wenigstens ein Drittel dieser (zahlreichen) Fehler bei genauerem Studium allein der Augsburger Akten hätte vermeiden lassen. Die Münchner Akten waren damals natürlich noch nicht zugänglich.
Das "Reingruber-Hochamt" gibt es in der Auflage von 1978 noch nicht, was ich ja auch schon vermutet hatte.
@Theresia hat das mittlerweile im Thread bestätigt.
Lorenz Schlittenbauer wird kaum erwähnt, lediglich bei der Auffindung der Leichen und einer eher randständigen Diskussion der Vaterschaft des kleinen Josef spielt er eine Rolle.
Wenn man bedenkt, daß Leuschner damals die deutlichen Äusserungen zumindest von Xaver Meiendres, Jakob Sigl und Heinz Ulrich vorlagen, ist das absolut unverständlich.
Als wahrscheinlichsten Täter dürfte der nicht anderweitig informierte Leser nach der Leküre des "Urleuschners" Karl Gabriel ansehen. Auch in dieser Beziehung ist das Buch der Hecker-Serie vergleichbar.
In Summe: Ein ordentlicher Schlag Hecker, Augsburger Akten und nicht wenig Invention von Leuschner.
Es ist mir eigentlich nicht klar, wieso Leuschner dieses Buch als Taschenbuch neu aufgelegt hat. Man hätte es eher gnädigem Vergessen anheimfallen lassen sollen, um es mal etwas antiquiert zu formulieren.
Ich schicke es jedenfalls
@AngRa, damit sie es mit dem Taschenbuch vergleichen kann.