Laredo36 schrieb:Daher ist für mich immer noch nicht schlüssig, warum die Familie keine Vermisstenmeldung gemacht hat.
Ich kann nur darauf verweisen, was ich schrieb:
brigittsche schrieb:die Familie (das muss ja nicht Ehefrau heißen, auch Eltern, Geschwister.... sind Familie)
Das heißt auch noch lange nicht, dass die Vermisstenmeldung von der Person abgegeben worden sein muss, die auch den Unterhalt bekommen sollte.
Und die Unterhaltsansprüche können ja durchaus vorher angemeldet worden sein, es geht ja darum, dass er verschwunden war und ein Brief nicht zugestellt werden konnte. Was in dem Brief stand und wie das überhaupt mit eventuellen Unterhaltsverfahren war, wissen wir ja nicht - es kann ja sogar sein, dass der besagte Brief nichts anderes war als die Mitteilung, dass ein solches Verfahren in die Wege geleitet wurde.
Ich schreibe jetzt mal einen hypothetischen (!) Verlauf, der auf diesen Fall NICHT zutreffen MUSS, aber KANN:
Nehmen wir mal ein, ein Mann war oder ist verheiratet, hat sich aber von seiner Frau getrennt. Also muss er Unterhalt für die Kinder aus der Ehe zahlen. Betreffender Mann wohnt bei seinen Eltern in einer kleinen Einliegerwohnung, weil die Ex-Frau mit den Kindern im ehemaligen Haus geblieben ist. Das läuft auch alles einigermaßen gut, die Kinder sind auch bei ihrem Vater zu Besuch etc.
Dann aber hat unser besagter Mann eine Affäre mit einer anderen Frau, und diese erklärt ihm dass sie bald ein Kind von ihm bekommt und dass sie auch schon "auf dem Amt" war und sich erkundigt hat, was ihr so als Unterhalt zusteht. Es kommt zum Streit, ein Wort gibt das andere und er meint wütend: "Na, das werden wir aber mal sehen, Du machst Dir kein schönes Leben auf meine Kosten, wenn Du Unterhalt willst, verklag mich doch!" Also geht die besagte Frau wieder "aufs Amt" und erklärt, das der Vater die Zahlung von Unterhalt ablehnt und erkundigt sich, was sie nun tun muss um zu ihrem Recht zu kommen.
Er erzählt in der Zwischenzeit seinen Eltern ganz genervt davon: "Boah, auch das noch, jetzt muss ich noch mehr zahlen, ich weiß ja gar nicht, wie das gehen soll, ich wohne schon bei Euch, habe nur ein kleines altes Auto und kann mir nichts leisten.... Warum arbeite ich eigentlich noch, wenn mir sowieso nix bleibt? Da kann ich mich ja auch gleich auf eine einsame Insel irgendwo in der Südsee absetzen, mit meinem Beruf nehmen die mich da mit Kusshand auf....."
So, und nun, einige Monate später, in Verbindung mit mehreren Feiertagen, verschwindet der betreffende Mann. Seine Eltern denken sich: "Na, dem ist wohl alles über den Kopf gewachsen, soll nun auch noch mehr Unterhalt zahlen, er hat ja immer davon gesprochen abzuhauen, der wird doch nicht...? Aber andererseits liebt er seine Kinder und hat doch auch die Verantwortung immer übernommen, der hat sich wahrscheinlich nur irgendwo bei einem Kumpel versteckt oder irgendwo in einem abgelegenen Hotel um in Ruhe über alles nachzudenken, der wird schon wiederkommen. Wir gehen mal lieber nicht zur Polizei, der kommt sicher bald wieder und wenn die Polizei ihm dann auf die Pelle rückt, ist das ja auch nur Ärger, den er jetzt nicht gebrauchen kann...."
Allerdings erstattet dann der Arbeitgeber recht schnell eine Vermisstenanzeige, die Polizei nimmt ihre Ermittlungen auf und befragt die Eltern, u. A. warum sie denn keine Anzeige erstattet haben. Die Eltern drucksen halt herum, wollen nicht recht mit der Wahrheit heraus, weil es ihnen unangenehm ist und sie immer noch denken, dass ihr Sohn bald wieder auftaucht. Die Ex-Frau mit den Kindern war über die betreffenden Feiertage irgendwo im Urlaub und hat nichts von alledem mitbekommen, sie sieht es ähnlich wie die Eltern und unternimmt deshalb erst mal nix.
In er Zwischenzeit hat "das Amt" einen offiziellen Brief geschickt, dass da eine Frau Unterhalt verlangt und dass der Betreffende hiermit ganz offiziell darüber informiert wird. Der Briefträger klingelt bei den Eltern (wir erinnern uns: gleiches Haus und daher auch gleicher Name auf der Klingel) und sagt, dass er ein Einschreiben für ihren Sohn hat. Die Eltern antworten ihm: "Nein, wir wissen nicht wo der ist, die Polizei sucht schon nach ihm, den Brief nehmen wir nicht an, da soll sich das Amt mal schön an die Polizei wenden, die suchen ihn schon, was meinen Sie, was wir da schon für einen Ärger hatten, die haben hier sogar schon die Wohnung durchsucht! Nee, davon wissen wir nix, lassen Sie das mal schön wieder zurückgehen!"
So, und was tut nun die pflichtbewusste Sachbearbeiterin "auf dem Amt" - richtig, sie schaut in ihrer Dienstvorschrift nach und liest, dass in einem solchen Fall eine öffentliche Zustellung nach § 1 des Landesverwaltungszustellungssetz usw. zu veranlassen ist. Also ruft sie beim "Blättchen" [=in der Region üblicher Ausdruck für das Mitteilungsblatt der Kreisverwaltung] an und veranlasst alles Nötige.
Wie gesagt: Das ist rein hypothetisch, ich will hier keineswegs behaupten, dass es sich so verhält, da wir die privaten Verhältnisse des Opfers nicht kennen und aus guten Gründen auch nichts darüber erfahren werden.