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Der 4-fach Mord von Moscow, Idaho, USA

2.557 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: USA, Mord, Messer ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Der 4-fach Mord von Moscow, Idaho, USA

Der 4-fach Mord von Moscow, Idaho, USA

25.07.2023 um 19:06
Zitat von fischersfritzifischersfritzi schrieb:Ich gehe dennoch weiterhin davon aus, dass es kein Alibi gibt.

Wenn es wirklich ein aussagekräftiges Alibi gäbe, würde man doch den TV nicht über Monate im Knast schmoren lassen, sondern die Karten sofort auf den Tisch legen. Es gab ja ein Hearing oder Prelim, spätestens da hätte man ja diesen Einwand bringen können.
Ich vermute nicht, dass das, was die Anwältin in dieser Hinsicht vorbringen wird, tatsächlich substanziell entlastend sein wird.
Warum Dinge überhaupt noh aufwändig und teuer vor Gericht verhandeln, wenn man mit ein bisschen Vorverurteilung auch schon zu brauchbaren Ergebnissen kommt?


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Der 4-fach Mord von Moscow, Idaho, USA

25.07.2023 um 19:10
@Kaietan
Evtl verlinke ich hier mal CNN

https://amp.cnn.com/cnn/2023/07/25/us/idaho-student-killings-kohberger-alibi/index.html

Ich finde das tatsächlich sehr bemerkenswert, dass die Verteidigung bereits jetzt ( also Monate vor Prozesseröffnung) solche Annahmen bzw Argumente öffentlich macht. Noch befindet sich niemand im courtroom. Aber man hat das Gefühl, es geht jetzt schon in einer Art Generalprobe los.
Was genau sagt man denn? Die DNA Spur war kontaminiert, oder soll sie tatsächlich von irgendjemandem dort nachträglich positioniert worden sein? Das ist erstaunlich. Hebt man sich solche Dinge bzw Gegenargumente nicht besser für einen Prozess auf? Woran haben sie das festgemacht? Weil nach der Tat zu viele Ernittler oder Forensiker dort im Haus waren? Solche Argumente werden doch eigentlich immer erst während eines Prozesses vorgetragen oder eben sogar erst bei einer Berufung usw.
Das Alibi für die Morgendämmerung zum Zeitpunkt der Tat? Er wird vermutlich sagen, er hätte geschlafen oder war bei Freunden oder was auch immer. Dazu wird er Zeugen benennen müssen. Die werden dann befragt . Blöd wird es nur, wenn sein handy oder sein Auto etwas anderes erzählen. Denn sein Handdy ist vermutlich in der Nacht nicht alleine spazierengegangen. Bzw, wenn ich mich recht erinnere , war sein handy nicht ausgestellt?
Mich würde nicht wundern, wenn die Ermittler bzw Staatsanwaltschaft bereits genau wissen, dass er zumindest in der Nacht, nicht im Kissen lag. Möglich, dass es sogar Aufzeichnungen ( Überwachungskameras) für den Zeitraum gibt an seinem Wohnhaus, auf der Strecke z Tatort usw. Zumindest wird man ihm bereits nachweisen können, dass er etliche Male vor der Tat in der Gegend vom Tatort herumgefahren ist, zu evtl seltsamen Zeiten.
Warum man allerdings von Seiten des defends Teams jetzt schon, das Herzstück der Beweise, die DNA an der Hülle angreift?
Aber evtl kann uns @Rick_Blaine
Irgendwann mal erläutern, ob das ungewöhnlich ist zum derzeitigen Zeitpunkt. Könnte es evtl mit der Todestrafe zusammenhängen, die der Staatsanwalt evtl fordern wird?


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Der 4-fach Mord von Moscow, Idaho, USA

25.07.2023 um 19:26
Zitat von KaietanKaietan schrieb:fischersfritzi schrieb:
Mit anderen Worten, es war nicht zu erwarten, dass er ein Alibi hat.
Die Verteidigung zumindest hat nun eine Aussage getätigt, die deiner Erwartung nicht entspricht:
“Evidence corroborating Mr. Kohberger being at a location other than the King Road address will be disclosed pursuant to discovery and evidentiary rules as well as statutory requirements.

“It is anticipated this evidence may be offered by way of cross-examination of witnesses produced by the State as well as calling expert witnesses,” attorney Anne Taylor wrote in a Tuesday court filing.
Im Film nennt man so etwas wohl einen Cliffhanger.
Anbei noch die Quelle.


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Der 4-fach Mord von Moscow, Idaho, USA

25.07.2023 um 19:40
Zitat von KaietanKaietan schrieb:Warum Dinge überhaupt noh aufwändig und teuer vor Gericht verhandeln, wenn man mit ein bisschen Vorverurteilung auch schon zu brauchbaren Ergebnissen kommt?
Mach' mal langsam. Keiner hat behauptet, seine Schuld wäre schon bewiesen, auch @fischersfritzi nicht.

Statistisch kommt es aber eben höchst selten vor, dass jemand bzgl. seines Alibis - wenn er denn eines hat - in allen Verhören von Polizei und Staatsanwaltschaft und in allen richterlichen Anhörungen schweigt, sich monatelang in U-Haft begibt, nur um dann im Prozess aufzuspringen und "Bätsch, bätsch, ich war es nicht, ich habe ein wasserdichtes Alibi" zu rufen.

Und also wird er wohl keines haben.

Im Prozess werden wir es erfahren.


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Der 4-fach Mord von Moscow, Idaho, USA

26.07.2023 um 04:10
Zitat von calligraphiecalligraphie schrieb:Aber evtl kann uns @Rick_Blaine
Irgendwann mal erläutern, ob das ungewöhnlich ist zum derzeitigen Zeitpunkt.
Gerne. Was wir jetzt sehen ist der Beginn der Medienschlacht. Jeder möchte den Fall gern in seiner Zeitung, seiner Sendung, seinem Internetforum behandeln und freilich auch gleich lösen und so wird, auch wenn man nicht die geringste Ahnung, hat sofort Weltbewegendes berichtet.

Beispiel: Beim "Idaho Statesman," einer Zeitung, lese ich heute die Schlagzeile: "Brian Kohberger defense files alibi in Moscow murder case." Übersetzt: BK Verteidigung gibt Alibi-Verteidigung zu den Gerichtsakten im Moscow Mordfall.

Hmm. Das klingt aufregend. Ich schaue im Gerichtsaktenverzeichnis nach. Jetzt wird die Sache schon etwas deutlicher. Ich muss hierzu ein wenig ausholen:

Wie ich schon einmal sagte, ist Transparenz ein sehr wichtiges Gebot im amerikanischen Strafprozessrecht. Das Gesetz will möglichst verhindern, was so oft fälschlich in Krimis und Filmen zu lesen und zu sehen ist: der geniale Anwalt zaubert in allerletzter Sekunde, bevor die Jury nun das harte Urteil fällt, einen Alibizeugen aus dem Ärmel und sein Mandant feiert sofort unschuldig den tollen Anwalt. Alles Quatsch.

Das Gebot der Fairness verlangt, dass beide Seiten möglichst lange vor dem Prozessbeginn der Gegenseite mitteilen, was sie im Prozess vorzubringen gedenken, vor allem, welche Zeugen sie präsentieren wollen. Damit wird der Gegenseite die Möglichkeit gegeben, diese Zeugen etc. zu überprüfen. § 19-519 Idaho Code.

Mit der Mitteilung verbunden muss die Information sein, um was oder wen es geht (State v. Palin).

Die Verteidigung argumentiert nun in einem Antrag an das Gericht von gestern, dass ein Zwang, solche Informationen jetzt preiszugeben Kohbergers verfassungsmässiges Recht zu schweigen angreifen würde, Daher beantragt sie solch ein Ansinnen jetzt abzulehnen. Und dann kommt der entscheidende Satz:
Mr. Kohberger’s defense team continues investigating and preparaing his case. Evidence
corroborating Mr. Kohberger being at a location other than the King Road address will be
disclosed pursuant to discovery and evidentiary rules as well as statutory requirements. It is
anticipated this evidence may be offered by way of cross-examination of witnesses produced by
the State as well as calling expert witnesses.
Quelle: Notice of Defendant's Response to State's Alibi Demand vom 24.7.2023

Tatsache ist, dass die Verteidigung hier andeutet. es könnte eine Alibi-Verteidigung geben. Aber sie legt sich keineswegs fest. Man sollte den Satz so lesen: "Wenn es Beweismaterial geben wird, das bestätigt, dass Herr Kohberger an einem anderen Ort als der Adresse in der King Road gewesen ist, werden wir das im normalen discovery Prozess gemäss dem Gesetz offenbaren..."
\
Über das "ob" wir in guter Juristenmanier nichts Gewisses gesagt, und selbst wenn solche Alibibehauptungen vorgelegt werden sollten, ist noch lange nichts über die Qualität dieser gesagt. Man kann also ganz entspannt bleiben.

Die Verteidigung hat also das Gegenteil von dem gemacht, was die Presse hier herumgeschrien hat: sie hat gerade keinen Alibibeweis zu den Akten gegeben. Sie behält sich das vor
Das gilt auch für die DNA Angelegenheit: Vor 10 Tagen hat die Staatsanwaltschaft eine beeidigte Erklärung der Leiterin des forensischen Labors eingereicht, in dem die DNA Spur untersucht wurde. Das ist Routine.

Die Verteidigung soll nun irgendwo - ich hab das nicht gefunden - gesagt haben, dass die DNA ja auch kontaminiert sein könnte. In einem Pressebericht wird sogar marktschreierisch verkündet, man hätte behauptet, die Polizei habe die DNA "gepflanzt" - also absichtlich auf der Messerscheide angebracht. Auch dafür habe ich keinen Beweis gefunden.

Ich selbst gehöre zu den Juristen, die DNA keineswegs für unfehlbar halten und das ganze Theater daher für eine Binsenweisheit. Aber mit solchen Vorwürfen irgendwie bei einer Jury weiterzukommen, muss man schon viel viel mehr haben, als nur solche Binsenweisheiten. Und das ist gut so. Mark Fuhrmanns gibt es nicht so oft, wie manche wohl denken.

:D


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29.07.2023 um 16:39
Zitat von calligraphiecalligraphie schrieb am 25.07.2023:Ich finde das tatsächlich sehr bemerkenswert, dass die Verteidigung bereits jetzt ( also Monate vor Prozesseröffnung) solche Annahmen bzw Argumente öffentlich macht.
...
Aber man hat das Gefühl, es geht jetzt schon in einer Art Generalprobe los.
Was genau sagt man denn? Die DNA Spur war kontaminiert, oder soll sie tatsächlich von irgendjemandem dort nachträglich positioniert worden sein? Das ist erstaunlich.
...
Solche Argumente werden doch eigentlich immer erst während eines Prozesses vorgetragen oder eben sogar erst bei einer Berufung usw.
Der war gut!
Solche Argumente werden freilich oft als Geheimwaffe für die Berufung aufgespart, weil sie ohne weitere Untermauerung im Prozess substanzlos sind und man oft genug in einer Revision oder Berufung auch nicht viel zu bieten hat.

Speziell im Fall Kohberger sehe ich nicht, wie es zu einer Kontamination gekommen sein könnte. Kohberger geriet erst lange nach der Tat ins Visier der Ermittler, da waren die Spuren längst gesichert und ausgewertet. Solange niemand von der Spurensicherung oder im Labor engen Kontakt zu Kohberger gehabt hat, gibt es da schlicht keinen Raum für eine Kontamination.
Aufgabe einer sorgfältigen Verteidigung, so eine Möglichkeit zu prüfen, aber als bloße Behauptung mur das Pfeifen im Walde.


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Der 4-fach Mord von Moscow, Idaho, USA

30.07.2023 um 05:35
@Rick_Blaine

Super erklärt. Danke. Nur weiss ich jetzt nicht genau, ob Du mit "normalem discovery Prozess" explizit das Kreuzverhör meinst. Denn ich les es so, dass sein Alibi im Kreuzverhör mit den Zeugen der Staatsanwaltschaft quasi aufgedeckt werden wird.

Das klingt für mich ein bisschen wie ein "Ausschluss-Alibi"? Wenn wir das kurz gedanklich weiterspielen: Welche Zeugen kann die Staatsanwaltschaft vorbringen? Zum einen Dylan, zum anderen Bethany und halt ein paar Experten. Im Kreuzverhör wird also Bethany nicht sagen können, ob BK anwesend war, da sie geschlafen hat. Dylan weiss nur etwas über bushy Augenbrauen, kann aber den Täter mit Maske und Hoodie nicht fix als BK identifizieren. Die paar Experten werden hinsichtlich der gefundenen DNA von, glaub ich drei anderen unbekannten Personen, befragt werden und werden schlussendlich nicht zu 100% bestätigen können, dass diese DNAs nicht relevant sind. Bleibt noch BKs DNA auf der Messerhülle, weswegen da schon der Kontaminierungsverdacht gestreut wird.
Ein sehr dünnes Supperl der Verteidigung, aber scheinbar das einzige. Was doch eigentlich soviel heisst, wie: Sie haben einfach kein Alibi, weshalb sie auch keines vorlegen können, obwohl sie jetzt schon eines vorlegen müssten, denn während der Prozessführung können sie ja dann nicht mehr mit einem "BÄÄM-Alibi" ums Eck kommen, also versteh ich nicht, was du damit meinst was sie sich diesbezüglich vorbehalten möchten. 🤔

Kurzum: Nix Spannendes dahinter, ausser ein bissl jämmerliche, mediale Zweifelstreutaktik der Verteidigung, richtig?


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Der 4-fach Mord von Moscow, Idaho, USA

30.07.2023 um 07:01
Ja, wenn die Verteidigung nicht die totale Überraschung aus dem Ärmel schüttelt, und das sollte bei discovery nicht passieren, dann erscheint mir das auch sehr dünn. Man wird sehen.

Nimmt man das alles wörtlich, sagen sie, die Zeugen der Anklage werden im "cross exam" vor Gericht das Alibi des TV liefern - das klingt für mich auch eher so, dass sie andeuten, deren Aussagen werden einfach zu unbestimmt sein, als dass der TV identifiziert werden kann. Aber das ist eigentlich kein "Alibi"

Ein gutes und belastbares Alibi wird meistens nur von eigenen Zeugen vorgebracht.


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Der 4-fach Mord von Moscow, Idaho, USA

30.07.2023 um 07:53
@Rick_Blaine
Auch von mir merci, wie immer. Es gibt eine Menge zu tun für die Verteidigung, wie es scheint.
Wie bewertest Du das folgende?

https://www.foxnews.com/us/bryan-kohberger-defense-lawyers-ask-idaho-judge-dismiss-indictment

Verstehe ich es richtig, die Verteidigung bittet den Richter die Anklage fallen zu lassen?
Wegen der grandjury? Begründung, die Jury hätte aufgrund der bisher bekannten Beweise die Anklage nicht zulassen dürfen? Sie ist fehlerhaft instruiert worden?
So ein wenig, könnte man als Laie vermuten, es wird gerade schon nach Gründen für eine Berufung gesucht. Strategien nach einem evtl Urteil?
Hilf bitte, den Nebel etwas zu lichten. Spannend ist es allemal. Leider warscheinlich nur für unbeteiligte Zuschauer. Ich könnte mir vorstellen, für die Opferangehörigen ist es schon mal ein Vorgeschmack, was ( nach zb einem evtl Urteil) auf sie noch alles zukommt, die nächsten Jahre.


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Der 4-fach Mord von Moscow, Idaho, USA

31.07.2023 um 02:08
Ach du meine Güte. Ich muss sagen, als Jurist, der sich sehr für Rechtsphilosophie und Rechtsgeschichte interessiert, finde ich das Argument der Verteidigung hoch interessant. Es geht um einen fundamentalen Grundsatz des Verfassungsrechts in Idaho. Es ist aber auch ein extrem mutiges Argument, denn Jay Logsdon argumentiert hier, wie er selbst im Antrag schreibt, "gegen die bisherige Rechtsprechung:"
That said- the Defense recognizes that the whole of modern jurisprudence on this issue is against it, as well as at least one founding father of this state.
Quelle: Motion to dismiss 07/25/2023

Ich will mal versuchen, zusammenzufassen um was es geht, aber es handelt sich hier um eine Frage der Interpretation von Verfassung und Strafprozessrecht, die tief in die Geschichte des Rechts in Idaho, den USA und England geht.

Die Verteidigung sagt, dass die Grand Jury in diesem Verfahren hier angewiesen wurde, den falschen Beweisstandard anzulegen.

Wie Leser meiner Beiträge wissen, gibt es verschiedene Beweisstandards, in Deutschland z.B. den Tatverdacht, den hinreichenden Tatverdacht, den dringenden Tatverdacht und so weiter. In den USA gibt es zwei fundamentale standards: Eine Verurteilung wegen einer Straftat darf nur geschehen, wenn die (petit) jury von der Schuld des Angeklagten überzeugt ist, "jenseits aller vernünftigen Zweifel (beyond any reasonable doubt.)" Daraus abgeleitet gilt der bekannte Rechtsgrundsatz: "in dubio pro reo," im (vernünftigen) Zweifel für den Angeklagten."

Für eine Festnahme des Beschuldigten durch die Polizei, für Durchsuchungen und auch für die Anklageerhebung aber gilt ein schwächerer Standard, der des "hinreichenden Tatverdachts (probable cause)."

So lernt man es, so kennt man es, so haben auch viele Gerichte geurteilt.

Die Verteidigung sagt nun, in Idaho ist das ein fatales Missverständnis. Es ergebe sich aus der langen Geschichte der "grand jury," angefangen im England des 12. Jahrhunderts, dass der Standard für die Anklageerhebung durch die grand jury der Standard "jenseits aller vernünftigen Zweifel" sein muss.

Da die Grand Jury hier falsch angewiesen wurde, nämlich, dass ein hinreichender Tatverdacht ausreiche, müsse man die Anklage also ungültig erklären.

Soweit der auf vielen Seiten, sehr geschichtlich argumentierte Antrag der Verteidigung.

Sie gibt zu, dass selbst wenn das Gericht ihrem Antrag folgt, die Anklage nicht vom Tisch ist, sondern dass dann eben doch ein "presentment" vorliegt, eine Besonderheit des Rechts von Idaho, und dass der Angeklagte dann das Recht auf ein "preliminary hearing" habe. Dazu hatte ich ja schon zuvor geschrieben, im prelim hat der Angeklagte das Recht eigene Zeugen vorzuladen und vor allem Zeugen der Staatsanwaltschaft zu vernehmen. Das hat er nicht im Verfahren vor der Grand Jury.

Der Antrag ist meiner Meinung nach sehr spannend und könnte historisch etwas für sich haben, hat aber meiner Meinung nach einen Grundfehler: wenn der Beweisstandard in der Grand Jury tatsächlich "beyond reasonable doubt" wäre, würde das Verfahren vor der Grand Jury eigentlich eine volle Hauptverhandlung sein müssen. Das ist es aber logischerweise nicht. Daher ist der Antrag unlogisch.

In diese Richtung ging auch die Rechtsprechung in den letzten 200 Jahren, wenn immer mal so ein Argument vorgebracht wurde.

Wie gesagt, ein juristisch ambitionierter Antrag, aber ich glaube nicht, dass das Gericht dem folgen wird. Allerdings kann ich hier sehen, dass beide Seiten das Thema notfalls bis zum obersten Gericht fortführen werden, was das Verfahren gegen Kohberger sehr verzögern könnte, oder einer Revision Tor und Tür öffnen könnte. Daher halte ich es auch für denkbar, dass am Ende doch ein prelim herauskommen kann.

Man wird sehen. Einfallsreich scheint die Verteidigung jedenfalls zu sein, was man nicht immer bei Pflichtverteidigern erlebt.


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31.07.2023 um 09:45
@Rick_Blaine
Aus meiner laienhaften Sicht ist der Versuch, bei einer Vorprüfung dieselben Standards wie bei einer Hauptverhandlung anlegen zu wollen, reichlich skurril. So etwas ist in keinem Land der Welt üblich (vermute ich mal) und widerspricht ganz dem Geist einer Vorprüfung, wo mit wenig Aufwand unnötige Prozesse, unverhältnismäßige U-Haft und andere unverhältnismäßige Härten abgewendet werden sollen. Wollte man hier gleiche Standards anlegen wie in der Hauptverhandlung, würde man das Konzept der Vorprüfung ad absurdum führen. Kohberger würde dabei nicht wirklich etwas gewinnen, aber alle anderen, die auf eine schnelle Entscheidung hoffen, würden verlieren.
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Allerdings kann ich hier sehen, dass beide Seiten das Thema notfalls bis zum obersten Gericht fortführen werden, was das Verfahren gegen Kohberger sehr verzögern könnte, oder einer Revision Tor und Tür öffnen könnte.
Möglichst viel Munition für möglichst komplizierte Prozesse in späteren Instanzen, um möglichst viel Lebenszeit für Kohberger herauszuschinden? In der Hoffnung auf einen lucky punch oder dass ihn irgendein Gouverneur genervt begnadigt? Rein argumentativ sehe ich die Verteidigung auf dem Holzweg, aber sie strebt nach dem Besten für ihren Mandanten.
Wie sagte mal ein Verlierer so schön? "At least we saved his life last summer."


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31.07.2023 um 17:36
Zitat von Mr.StielzMr.Stielz schrieb:Aus meiner laienhaften Sicht ist der Versuch, bei einer Vorprüfung dieselben Standards wie bei einer Hauptverhandlung anlegen zu wollen, reichlich skurril. So etwas ist in keinem Land der Welt üblich (vermute ich mal) und widerspricht ganz dem Geist einer Vorprüfung, wo mit wenig Aufwand unnötige Prozesse, unverhältnismäßige U-Haft und andere unverhältnismäßige Härten abgewendet werden sollen. Wollte man hier gleiche Standards anlegen wie in der Hauptverhandlung, würde man das Konzept der Vorprüfung ad absurdum führen.
Ja, das sehe ich genauso und ich vermute, das werden auch höhere Gerichte so sehen.


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01.08.2023 um 04:57
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Mr.Stielz schrieb:
Aus meiner laienhaften Sicht ist der Versuch, bei einer Vorprüfung dieselben Standards wie bei einer Hauptverhandlung anlegen zu wollen, reichlich skurril. So etwas ist in keinem Land der Welt üblich (vermute ich mal) und widerspricht ganz dem Geist einer Vorprüfung, wo mit wenig Aufwand unnötige Prozesse, unverhältnismäßige U-Haft und andere unverhältnismäßige Härten abgewendet werden sollen. Wollte man hier gleiche Standards anlegen wie in der Hauptverhandlung, würde man das Konzept der Vorprüfung ad absurdum führen.
Ja, das sehe ich genauso und ich vermute, das werden auch höhere Gerichte so sehe
Ja, das ist doch auch okay. Der natürliche Werdegang der Justiz. Was ist denn "Recht"? Irgendwer hat irgendwann etwas bewertet und andere sehen es genauso. Recht ist ein Zustand, der stabil auf tönernen Füßen steht.

Die Verteidigung macht hier alles richtig, manchmal muss man auch Dinge infrage stellen, die Allgemein als richtig gelten.


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01.08.2023 um 05:35
Zitat von GigiNazionaleGigiNazionale schrieb:Was ist denn "Recht"? Irgendwer hat irgendwann etwas bewertet und andere sehen es genauso. Recht ist ein Zustand, der stabil auf tönernen Füßen steht.

Die Verteidigung macht hier alles richtig, manchmal muss man auch Dinge infrage stellen, die Allgemein als richtig gelten.
Das ist richtig. Allerdings darf sie nicht vergessen, dass sie das Leben ihres Mandanten in der Hand hat.


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02.08.2023 um 16:14
Na ja, die Verteidigung versucht einen Schachzug, um das Justizsystem selbst zu hinterfragen.
Zur spezifischen Tat werden keine Argumente hervorgebracht.
Für BK sind keine entlastenden Indizien erkennbar.


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05.08.2023 um 12:28
@Rick_Blaine
Danke wie immer. Es ist erstaunlich, welcher Einsatz bereits jetzt von der Verteidigung gezeigt wird. Es scheint so, ( korrigiere mich unbedingt) als ob man bereits davon ausgeht, dass es im anstehenden Prozess um die Todesstrafe gehen könnte und man sich bereits wappnet für spätere Schritte. Verstehe ich es richtig, wenn der Richter jetzt das Ansinnen der Verteidigung ablehnt, dass dadurch der Prozessbeginn verzögert werden könnte, wenn die Verteidigung eine richterliche Entscheidung diesbezüglich nicht aktzeptiert?
Das könnte sozusagen sogar einen Präzedenzfall schaffen? Zumindest was die zukünftigen Standards für eine grandjury betrifft in Ohio?
Ich kann zumindest nachvollziehen, warum die Verteidigung das jetzt schon versucht. Warscheinlich eine Vorbereitung für die Zeit nach einem evtl Urteil.
Man sammelt sozusagen schon jetzt Munition bzw Argumente für spätere Anfechtungen?
Was für eine unschöne Situation das allerdings für die Opferangehörigen darstellt. Sie müssen sich darauf einstellen, dass sie evtl die nächsten Jahre oder Jahrzehnte irgendwie nicht zu einem Abschluss kommen.
Für Kohberger bedeutet es warscheinlich zu allererst, dass seine derzeitigen Anwälte nichts unversucht lassen und sich auf jedes denkbare Szenario bestens vorbereiten.
Wie bewertest Du das nachfolgende? Interpretiere ich es richtig, die Verteidigung präsentiert ein Alibi für die Tatnacht? Kohberger wäre demnach öfters nachts einfach nur so mit dem Auto herumgefahren? So auch in dieser Nacht? Und hätte er die Chance auf ein soggn preliminary hearing gehabt, hätte Kohberger das aussagen können und Zeugen dazu präsentiert?
Und man meint, dann wäre es gar nicht erst zu einer Anklage gekommen?
Evtl hast du Erbarmen, mit meiner laienhaften Interpretation des gelesenen. Daher, wenn du Zeit hast, wäre eine Einordnung von Dir wieder mal hilfreich.

https://www.foxnews.com/us/bryan-kohberger-alibi-defense-attorney-says-idaho-murders-suspect-was-driving-alone-night-killings


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05.08.2023 um 18:47
Sorry, wenn ich da vorgreife (weil ich gerade mit dem Inhalt des Artikels beschäftigt bin).

Nein, die Verteidigung hat kein Alibi für Kohberger präsentiert und vorzuweisen! Auch, wenn das dummerweise und mißverständlich am Anfang des Artikels so formuliert wird.

Im Gegenteil. Die Verteidigung hat nun (am Donnerstag) dem Gericht nur eine Erklärung dafür geliefert, warum sein Auto a) in der Tatnacht, b) auch schon in der Nacht zuvor sowie c) auch am Morgen danach in der King Road in unmittelbarer Nähe des Tatortes auf den Kameras gesichtet wurde:

Weil es (bereits seit Langem) seine Gewohnheit sei, spät nachts und in den frühen Morgenstunden alleine mit dem Auto herumzufahren. Das täte er oft.
Er könne aber weder selber genau sagen, wo er in diesen beiden Nächten zu einem bestimmten Zeitpunkt jeweils gewesen und langgefahren sei. Noch hat er irgendwelche Zeugen dafür, die darüber eine Aussage machen könnten (die ihn entlasten würde).

Das ist eben kein Alibi, wie dann sogleich im nächsten Abschnitt ein Experte auch zitiert wird. Und ich füge hinzu, es stellt sich wohl auch die Frage, wie glaubwürdig diese Darstellung (einer solchen Angewohnheit) ist. Bzw. wie vertrauenserweckend eine solche auf die Jury wäre, sofern er sie wirklich gehabt haben sollte.

Bezüglich des prelimenary hearings geht es um etwas anderes. Nämlich, dass die Zeugen der Anklage der damaligen Einladung der Verteidigung nicht gefolgt sind, bereits dort ihre Aussage zu machen. Dadurch sei die Verteidigung erheblich behindert worden, da sie sich nun überraschen lassen müsse, was genau sie aussagen werden - und sich dementsprechend nicht genau darauf vorbereiten könne.

Speziell geht es hierbei wohl um die Zeugin Bethany Funke, von der damals plötzlich bekannt wurde, wir erinnern uns, dass ihre Aussage den Angeklagten entlasten könnte.

Fazit: Die Verteidigung gibt also zu diesem Zeitpunkt zu erkennen, dass sie ganz schlechte Karten hat. Warum sie das tut, vermag ich allerdings nicht genau genug zu erklären. Außer, dass sie dem Gericht eine Teilschuld zuweist (bezüglich des prelim - und sich in ihrer Arbeit behindert sieht) und übergebe an den oder die Experten hier in der Runde.


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Der 4-fach Mord von Moscow, Idaho, USA

05.08.2023 um 19:20
@Helen559
Ich danke dir. Ich beginne zu verstehen. Also kein Alibi , nur ein Versuch einer plausiblen Erklärung, für Anwesenheit in der Gegend. Allerdings nur gestützt, auf eine Art Angewohnheit von BK. Ohne Zeugen benennen zu können.
Er könnte evtl Zeugen benennen, die seine nächtlichen Angewohnheiten als solches bestätigen könnten, aber niemanden spezielles für die Tatnacht?
Nun ja, das klingt tatsächlich etwas dünn. Aber gut, es zählt im Sturm jeder Hafen.
Nochmals danke für deine gut verständliche Deutung dessen, was da gerade passiert.


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05.08.2023 um 20:18
@calligraphie
Nein, auch über eine Bezeugung der Angewohnheit als solcher steht zumindest in dem Artikel nichts. Und das wäre ja angesichts des fehlenden konkreten Alibis auch bedeutsam. Das wird sich wohl spätestens im Prozess zeigen, ob es dafür Zeugen gibt. Wahrscheinlicher ist aber wohl wie Du sagst, dass es sich nur um den Versuch einer plausiblen Erklärung für seine Anwesenheit handelt. Und Danke auch Dir für das Einstellen des Artikels sowie Deine hilfreichenden Einordnungen.


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05.08.2023 um 21:47
Zitat von Helen559Helen559 schrieb:Fazit: Die Verteidigung gibt also zu diesem Zeitpunkt zu erkennen, dass sie ganz schlechte Karten hat. Warum sie das tut, vermag ich allerdings nicht genau genug zu erklären.
Ich korrigiere mich. Sie war ja gezwungen, sich zum jetzigen Zeitpunkt zu einem möglichen Alibi zu äußern, da die Frist bzw die von ihr beantragte Fristverlängerung in dieser Frage ablief. So einfach ist das.
The defence’s court filing came just ahead of the deadline for the accused mass killer to offer an alibi in the case that sent shockwaves across America.

Under Idaho law, defendants have 10 days to provide a written statement about where they claim to have been at the time of the alleged crime and offering information about any witnesses who can support their claim.

On 23 May – one day after he was arraigned on four murder charges – Latah County Prosecutor’s Office put in a demand for Mr Kohberger’s notice of alibi.

Back then, Mr Kohberger’s legal team asked Judge John Judge for an extension to this deadline, saying that they needed more time due to the wealth of evidence in the high-profile case.

The judge extended the deadline to 24 July.
Quelle: https://www.independent.co.uk/news/world/americas/crime/bryan-kohberger-alibi-idaho-murders-b2381652.html


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