CharliesEngel schrieb:Wie ist das denn mit diesen Gutachten? Werden die nicht vor Prozessbeginn abgeliefert, von den Berufsrichtern durchgearbeitet, von den Berufsrichtern im Gespräch mit den Gutachtern kritisch gewürdigt? Beruht auf dem einen oder anderen Gutachten vor Prozessbeginn nicht auch die Zulassung der Anklage, die Spezifikation der Anklage? Kann das Gericht wirklich überrascht sein, vom Vortrag seines Gutachters?
Als juristischer Laie kann ich natürlich auch nur mit meiner Vorstellung dienen, vielleicht äußert sich noch jemand mit Expertise. Aber ich vermute auch, dass einige Gutachten, oder zumindest Einschätzungen von den Sachverständigen, schon vor Prozessbeginn vorliegen, wie zum Beispiel Obduktionsergebnisse. Diese Gutachten fließen dann in die Anklageschrift der StA ein, während der Prüfung, ob die Anklage zugelassen wird, hat die Verteidigung schon die Möglichkeit Anträge, die gegen eine Anklage sprechen einzubringen. Je nachdem wem die Richter dann folgen, gibt es einen Prozess oder nicht. Wenn die Entscheidung für einen Prozess fällt, stelle ich mir vor, dass das Gericht Gutachten für die von der Verteidigung aufgebrachten Fragestellungen oder Anzweiflungen bestellt. Die kritische Prüfung findet aber im Prozess statt, vermute ich.
Tiergarten schrieb:Dieser Frage von mir ist @rabunsel in seiner Antwort ausgewichen.
@Tiergarten hat mit seinem Aufruf zu Spekulationen keinen Erfolg gehabt.
Tiergarten schrieb:Warum sollte noch ein weiterer Gutachter eingeschaltet werden? Nach Deiner Auffassung gibt es ja praktisch keine Vergleichsfälle doppelter Schulterdachfrakturen; entsprechend könnte kein Gutachter der Welt beweisen oder ausschliessen, ob menschliche Kraft solche Brüche verursachen kann.
Das sind deine Schlussfolgerungen, ich hingegen denke, wenn ein Gutachter meint, er könne eine Frage nicht beantworten (was ich absolut befürworte, dass man seine Grenzen eingesteht), man einen Gutachter bestellen sollte der die Fragestellung beantworten kann. Es ist auch nicht meine Auffassung, dass es praktisch keine Vergleichsfälle gibt sondern die Meinung des Sachverständigen, es entspricht absolut nicht meiner Meinung, „dass kein Gutachter der Welt beweisen oder ausschließen kann, ob menschliche Kraft solche Brüche verursachen kann.“ Das ist offensichtlich deine Meinung, ich denke man müsse sich womöglich einer andern Methode als Aktenstudium bedienen oder das Aktenstudium auf nicht gleich sondern ähnliche Fälle ausweiten, oder was auch immer. Ganz im Gegenteil zu dir, vermute ich sogar, dass biologische, medizinische Experten das Mittel der Wahl sind um Raritäten zu untersuchen, aber nicht Juristen! Schon gar nicht, wenn bestimmte Experten bereits an ihre Grenzen gestoßen sind. Wenn tatsächlich keine Antwort der Frage mittels Gutachten möglich ist, halte ich es einfach für falsch aus den Schulterdachfrakturen ein Indiz für einen Angriff zu machen. Es wäre meiner Auffassung nach das Mindeste, diese Verletzung wenigstens als ungeklärt in die Gesamtschau aufzunehmen, wenn sie nicht geklärt wurde.
Es ist ja alles gut, wenn du das anders siehst, warum du aber meine Argumente immer ins Lächerliche ziehen musst, versteh ich nicht so ganz.
Tiergarten schrieb:Folglich darf ein Gericht, zumal es ohnehin keinen medizinischen Sachverstand hat, nie auf eine durch einen Menschen herbeigeführte Fraktur dieser Art erkennen und muss jeden Angeklagten (dubio pro reo) von einem derartigen Vorwurf freisprechen.
Ich hoffe, diese Linie von @rabunsel
setzt sich in der Rechtspraxis nicht durch. Ich hoffe, es bleibt dabei, dass bei komplizierten Fragestellungen die Expertise von anerkannten Fachleuten eingeholt wird und dies den Richtern als ein Element hilft, ein juristisch fundiertes und von gesundem Menschenverstand geprägtes Urteil zu fällen.
Auf diese verdrehte Argumentation hab ich eigentlich schon gar keinen Bock mehr zu antworten, werd das in Zukunft wohl auch lassen.
Natürlich ist ein Gericht niemals die Instanz für Frakturen sondern immer nur medizinische Sachverständige, ob ein Gericht aber jemanden in dubio pro reo freisprechen muss liegt wohl an jedem einzelnen Fall. Wenn es außer den Brüchen keine weiteren Indizien gibt, fällt mir zumindest keine Konstellation ein, in der ohne medizinische Expertise eine Verurteilung gerechtfertigt sein kann. Falls es ein unbedeutendes Indiz ist, z.B. es gibt eine Videoaufzeichnung von einem Kampfgeschehen, es zeigt sich aber ein Bruch, der nicht durch dieses Kampfgeschehen erklärt werden kann und auch nicht durch ein Gutachten erklärt werden kann, sehe ich keinen Grund für einen Freispruch in dubio pro reo.