Mord an Khadidja O. (23) - der "Doppelgängerinnen-Mord" von Ingolstadt
14.02.2024 um 02:09
Bericht 12.02.2024
Ich sage euch, das war ein Verhandlungstag. Acht Stunden und sieben Zeugen, bei denen jeweils die Aussagen abgewichen sind und man die ersten drei Zeugen kaum verstanden hat.
Erstmal begann es mit einer Erklärung der Verteidigung von Shahraban K-B. Sie wiederholten die Aussagen eines Zeugen vom letzten Verhandlungstag, dem Shahraban erzählt hat, dass Sheqir dem Opfer mit einem Schlagring erst auf den Kopf geschlagen und und dann mit dem Messer zugestochen hat. Sheqirs Rechtsanwalt Wittmann reagiert erbost, die Stellungnahme ist inhaltlich falsch, der Zeuge hat ausgesagt, dass Shahraban den Täter namenlos bezeichnet hat mit den Worten "Den kennst du nicht, der kommt nicht von hier."
Nun sollte eigentlich die Mutter von Marcello B. aussagen, das war der Zeuge vom vorletzten Verhandlungstag, der auch der beste Freund des Angeklagten ist. Shahrabans Verteidiger Dr. Betz beantragt hierfür ihren Sohn, der im Zuschauerbereich sitzt, von der Sitzung auszuschließen, da seiner Meinung nach zu befürchten ist, dass die Mutter unter seiner Anwesenheit nicht die volle Wahrheit sagt und er vllt nochmal gehört werden soll. Die Staatsanwältin tritt entgegen und der Vorsitzende fragt den Marcello, ob er vllt freiwillig den Saal verlässt, es ist aber ausdrücklich keine Anweisung. Marcello sagt "Natürlich würde ich das machen, damit dieser Schmarrn endlich geklärt ist." Und im gehen rief er an die Shahraban gewandt "Lach nur! Irgendwelche Leute umbringen und es dann nicht mal zugeben können!"
Der Vorsitzende fragte die Mutter, ob sie jemand von den zwei Angeklagten kennen würde. Sie sagt, sie kenne halt denn Sheqir, der von ihr "Tschi-Tschi" genannt wird. "Was können Sie über Tschi-Tschi sagen?", will der Vorsitzende wissen. Sheqir ist nun mal ein guter Freund ihres Sohnes und so kenne sie ihn seit Jahren, in ihren Augen ist er ein friedlicher und höflicher Junge. Nun sagt der Richter, dass sie ja was über die Ereignisse vom 16. und 17. 8 sagen könnte. Leider versteht man die Zeugin sehr schlecht, da das Mikrofon ungünstig eingestellt ist. Sie weiß noch, dass ein Grillen mit Freunden abgehalten wurde, später hätte sie dann die Sachen erfahren. Die Mutter wusste aber schon bevor ihr Sohn mit Sheqirs Beichte auf sie zugekommen ist, von einem anderen Familienmitglied von dem Vorfall, ich denke dabei handelt es sich um den Mann der Cousine. Die Mutter konnte das aber nicht ernst nehmen und dachte sich nur, dass Sheqir vllt was genommen hat. Erst als sie im "Donaukurier" etwas über den Fall gelesen hat war ihr klar, dass was dran sein muss und die Familie ist zur Polizei gefahren. Das Gericht will wissen, ob es sein kann, dass ihr Sohn ein bisschen verliebt in die Shahraban gewesen sein könnte. Die Mutter meint, wenn dann war es ja wohl anders herum, ihr Sohn stellt ihm jedes Mädchen vor dass ihm gefällt, aber er hat sich von Sharaban immer bei Edeka absetzen lassen. Auf den Vorhalt der Staatsanwältin, dass von einem "abstechen" die Rede war und auf die Frage, ob die anderen von einem Motiv erzählt haben, echauffierte die Zeugin sich, dass die Familie Morddrohungen von "denen" bekommt und nur weil sie den Familiennamen tragen. Und sie bekommen von niemandem dafür Unterstützung. Wohl hört die Zeugin auch auf einem Ohr nichts, zu den Fragen konnten sie auch nicht mehr beitragen. Auf die Frage der psychiatrischen Sachverständigen, ob Sheqir öfter Drogen genommen hat, meinte sie, dass sie ja nicht dabei ist, wenn die Freunde sich untereinander treffen. Er ist aber auf jeden Fall hilfsbereit, während ihr Sohn inhaftiert war, ist er öfter zu ihr gekommen und hat gefragt, ob sie was braucht.
Der Nächste Zeuge ist der Wirt des "Pizzaexpress". Für ihn war ein Dolmetscher für Panjabi bestellt, der deshalb auch ins Mikrofon sprechen sollte und wahnsinnig leise war.
Was ich verstanden habe war, dass eine junge Frau am 17.8 zu ihm in den Laden gekommen ist, die wohl telefonieren wollte und ihm ein Handy und eine Sim-Karte gezeigt hat. Er meinte, er kenne sich nicht damit aus, er könne ihr nur ein Telefon geben und den Kollegen holen, der für die Handys zuständig ist. Die junge Frau hätte abwechselnd gelacht und geweint. Später sah er, wie sie den Laden verlässt und sich an den Bauch hält, es sei dann eine Gruppe von 2-3 Männern auf sie zugekommen. Als ihn der Psychiater frägt, ob ihm an der Frau etwas auffälliges aufgefallen ist, was Kleidung oder Verhalten angeht. Nein, sie sei völlig normal und angemessen gewesen. Der Gutachter fragt weiter, wie das mit dem Lachen und dem Weinen war. Der Wirt meinte, er hätte das selbst nicht gesehen, ein Kollege hat ihm das später erzählt. Es wurde dann ein Überwachungsvideo gezeigt, wo der Zeuge beschreiben soll, was man darauf sieht. Man sieht auf dem Bildschirm nicht viel, aber es ist eine Eistruhe und die Theke zu sehen. Ins Bild kommt dann eine Frau mit braunen Haaren und schwarz gekleidet, wohl Shahraban K-B. Recht viel mehr war von der Zeugenaussage nicht zu verstehen.
Der Nächste war ein Arbeitskollege, dessen Sprache auch Panjabi ist, was wieder die Verständnisprobleme verursacht hat.
Er wollte der junge Frauen helfen, die Sim reinzubringen, ist aber dabei gescheitert. Er wollte dann noch einen dritten Kollegen holen, der derzeit aber in Indien weilt und an diesem Tag nicht dran gekommen ist. Er sah dann wie die Frau draußen von zwei Männern in ein Auto gezogen werden sollte. Auf die Frage, wie sieh in das Auto gezwungen werden sollte bzw. wo sie die angefasst haben, konnte er keine Antwort geben, das sei zu lange her und er wollte einfach arbeiten. Er würde die Frau auch heute nicht mehr erkennen. Dieser Zeuge sagte aber noch, dass er ein Handy später auf einem Sofa im Restaurant fand.
Nun kam eine Zeugin, die in einer guten Lautstärke sprach. Es war eine Sachbearbeiterin die am Abend des 17. mit ihrem roten Kleinwagen auf der Asamstraße fuhr. Auf Höhe eines Kindergartens sah sie eine junge Frau und mehrere Männer auf einem Haufen Stehen. Als sie anhielt riss die Frau die Beifahrertür auf und sprang ins Auto, sie flehte die Fahrerin an loszufahren. Es kam einer der Männer an die Autotür und bat die Frau nicht wegzufahren, sie würden dem Mädchen auch nichts tun. Das Mädchen flehte die Fahrerin aber weiter an, so gab sie Gas. Während der Fahrt zitterte die junge Frau panisch und hatte ihre Füße vor Schreck auf dem Sitz. Weiter kruschte sie am Boden und holte zwei Handys hervor. Die Fahrerin sah, dass ihr die Männer mit zwei teuren Autos folgten, obwohl ihr Auto aber fast kaputt war, stoppten sie es aber nicht, sondern fuhren normal hinter ihr. Während dessen, erzählte ihr das Mädchen, dass der Vater eines dieser Männer einen Mord begangen hat und den ihr anhängen will. Sie fuhren über die Weningstraße und die Glacisbrücke in den anderen Teil von Ingolstadt. Auf Höhe einer orientalischen Teppichreinigung, sprang das Mädchen aus dem Auto und die Männer in den verfolgenden Autos liefen ihm hinterher. Die Sachbearbeiterin, die Angst hatte, dass die Männer sie schlagen und vergewaltigen rief panisch den Notruf. Dieser wurde auch vorgespielt.
Nun kam ein weiterer langjähriger Freund des Sheqir in den Zeugenstand, Bünyamin. Dieser sagte auf die Frage nach der Persönlichkeit des Sheqir, dass dieser ein friedlich Mensch ist. Er sei auch ein absoluter Familienmensch und kümmerte sich intensiv um seinen behinderten Bruder. Sheqir wollte auch seinen Führerschein neu machen, damit seine Mutter nicht mehr die Einkäufe nach Hause tragen muss. Die wird es jetzt leicht haben.
Die Shahraban habe er aber nur wenige Male in seinem Leben gesehen. Das erste Mal war, als er mit dem Auto durch die Stadt fuhr, er sah eine Frau am Straßenrand stehen, die alle Türen des Autos offen stehen hatte. Er hielt an und fragte, ob er ihr irgendwie helfen könnte. Sie sagte "Mein Vater der Hurensohn, hat einen GPS-Sender an mein Auto getan." Auf die Frage, ob er nachgeschaut hat, meinte er, der sich mit Autos auskennt, dass man über die Mercedes-App ständig den Wagen verorten kann. Das Nächste mal sah er sie, als er vor dem Oldtimer-Hotel stand und die Angeklagte mit seinem Freund Marcello vorbeiging. Auf die Frage, woher er die denn kennt und warum er mit ihr abhängt meinte Marcello "Ich weiß nicht was die von mir will, die Alte ist verrückt. "
Noch ein weiteres Mal sah er sie am 17. 8. Der Bünyamin stand mit einer Gruppe von bis zu 15-20 Leuten vor dem Oldtimer-Hotel, dass die Angeklagte auch zu der Zeit bewohnte. Es machte schon die Runde, dass in Ingolstadt eine Tote aufgefunden wurde und dass Sheqir und Shahraban was damit zu tun haben sollen. Der Zeuge sah auch, wie die Angeklagte dann vorbeigekommen ist und wohl den Sheqir gesucht hat. Er ging dann aber bald nach Hause. Gegen 21 Uhr fuhr er mit seinem Freund Jetmir durch die Sambergerstraße, da dieser noch schnell Wäsche holen wollte, da er später in den Urlaub nach Berlin fahren sollte. Sie sahen dann Shahraban. Bünyamin lief auf sie zu und fragte "Wen habt ihr umgebracht?" Sharaban sagte: "Ich weiß es nicht. Ich kenne sie nicht." Bünyamin erklärte ihr dann, dass sie sich jetzt stellen muss. Die Frau entgegnete, das wird sie auch machen, aber nicht gleich. Sie lief dann weg. Und da die Männer ihr nicht glaubten sind sie ihr hinterher. Bünyamin erzählte wie sie in den Kleinwagen stieg, dem sie dann weiter folgten. Währenddessen rief sie den Notruf an. Dieser ging eine Viertelstunde und wurde vorgespielt.
"Wir sind hinter der her, die sich totgestellt hat." sagen die Freunde und ein Lachen ging durch den Saal. Der Polizist fragt "Wer hat sich totgestellt?" Die Männer sagen dem Polizisten, dass sie doch einen Mord zu bearbeiten haben. Dieser sagte, ja das stimmt, aber die haben sie ja schon. "Achso die haben sie schon. Und wo ist die jetzt?" -"Wie wo die ist? Die ist tot. Die haben wir weggebracht." Die Freunde versuchen ihm die Lage zu erklären und verlangen nach einer Streife. Der Polizist muss sich erst sammeln und meint er muss auch erstmal schauen, dass er die Streifenwagen überhaupt sofort bekommt. Er fragt die Freunde was sie den im Moment jetzt machen. "Wir fahren jetzt bei Rot über die Ampel." -"Spinnts ihr. Das macht ihr gefälligst nicht!", ruft der Polizist.
Irgendwann haben sie die Angeklagte eingeholt und man hört Shahraban im Hintergrund schluchzen und flehen. Der Polizist stellt seine Fragen jetzt laut, damit sich auch die Angeklagte angesprochen fühlt. Sie sagt zum Polizisten "Ich komme gleich zu ihnen. Ich werde mich stellen." Ihre Stimme habe ich mir anders vorgestellt. Sie ist extrem sanft und hell und frei von Idiomen. Hört sich eher an wie eine "Lehramts-Nina". Der Polizist sagt, dass die Streifenwagen unterwegs sind, dann bricht der Anruf ab.
Bei den Fragen hält die Staatsanwältin dem Zeugen vor, dass er bei der Polizei gesagt hat, dass die Shahraban auf seine Konfrontation mit "Ich dachte du wärst tot." geantwortet hat "Nein! Das war alles ein Plan und der ist ja jetzt aufgegangen." Bünyamin sagt, dass er zu hundertprozent hinter seinen Aussagen bei der Polizei steht. Die Verteidigung fragt, warum er nicht gleich die Polizei gerufen hat, als er sie am Hotel gesehen hat. Der Zeuge sagt, dass er am Anfang nicht sicher wusste, ob was dran ist, aber er hat dann dran gedacht, dass er auch eine kleine Schwester hat und die dort liegen könnte.
Weiter ging es mit dem Jetmir. Er erzählte auch, dass sie die Shahraban trafen auf die Frage, ob es stimmt dass sie jemanden umgebracht haben, sagte sie "Ja. Aber bitte erzählt es niemandem." Er lief ihr dann wohl eine Zeit auch alleine nach und kurz vor dem Kindergarten in der Asamstraße treffen die Verfolgte und der Verfolger auf eine größere Gruppe von Männern. Shahraban sucht Hilfe bei diesen Männern, diese wollen dann Jetmir schnappen und auf ihn losgehen. Er versucht ihnen dann zu erklären, dass die Frau eine gesuchte Mörderin ist, was diese dann auch wohl ihm glaubten. Jetmir holte die Angeklagte ein und diese wollte dann bei der Sachbearbeiterin ins Auto flüchten. Er war also auch wohl der, der auf die damalige Zeugin einredete nicht loszufahren.
Nun kam der Zeuge Fatich. Dieser war seit 2014 Nachbar des Sheqir und auch am 17. an der Verfolgungsjagd beteiligt. Auch er sollte die Persönlichkeit des Angeklagten schildern. Er sagt er kennt ihn nicht so genau, sie seien Nachbarn und etwas befreundet. Er hätte nie gemerkt, dass der Sheqir leicht reizbar ist und man hätte mit ihm Spaß haben können. Hohen Alkoholkonsum habe er nicht gemerkt und bei Drogen denkt er, dass er wie jeder in der Altersgruppe gekifft hat. Die Psychiaterin bezweifelt lachend, dass wirklich jeder in der Altersgruppe kifft, sie will wissen ob er speziell mal gemerkt hat, dass er ständig zugekifft ist. Das verneint der Zeuge.
Er ist aber an dem Abend von den anderen zwei Freunden gerufen worden, dass er dazu gekommen soll und hat die Angeklagte wohl bei Continental eingeholt. Die Shahraban ist dann aber in einen weißen Tesla gestiegen, dieser gehört einem Jakob.
Der war auch noch als Zeuge geladen und es wurde überlegt, ob man ihn noch bis 20 Uhr drannehmen soll, nach längerem hin und her wurde aber entschieden, dass er umgeladen wird.
Ja, war ein interessanter Tag. Es war ein bisschen mit den Zeiten verwirrend, einmal weil jeder was anderes natürlich sagt, aber auch weil es mir komisch vorkommt. Bei einem Zeugen habe ich ja verstanden, dass es so 21 Uhr gewesen sein muss vor der Pizzeria. Das wird durch den anderen Freund gestützt, der sagt es war schon finster. Andererseits wollte einer mit dem Nahverkehr nach Berlin fahren. Ist er wohl tatsächlich auch noch an dem Tag von Nürnberg aus. Aber so spät fahren ja keine Züge mehr. Naja, aber man konnte sich einen EIndruck verschaffen.