Cassandra71 schrieb am 30.06.2022:Und mal so ganz allgemein, sind solche Dokus dafür bekannt, oft tendenziösen Charakter zu haben und wesentliche Aspekte, die zu einer Verurteilung geführt haben, unter den Tisch fallen zu lassen.
Es entzieht sich meiner Kenntnis, ob er die Tat begangen hat - aber nicht jeder Verurteilte, der seine Unschuld beteuert, ist tatsächlich unschuldig.
Sehr richtig! Die meisten der sog. Justizskandale die von Presse oder TV in den letzten Jahren aufgebauscht wurden, waren stark tendenziös (was nicht zum Unschuldslamm passte, wurde ausgeblendet) und wenn man sich die Sache dann genauer ansah, wurde schnell klar, weshalb diese Typen mit guten Gründen im Knast saßen.
Ja, es gibt Fehlurteile, daß ist sehr schlimm und sowas muß dann korrigiert werden. Das ist sehr wichtig! Aber dermaßen viele Fehlurteile, wie die Medien gerne suggerieren, sind es dann doch nicht.
Gerade die von Mitdiskutanten erwähnten USA haben da aufgrund ihres Rechtsystems, daß einem völlig anders aufgebauten Rechtskreis angehört, enorme Probleme mit Fehlurteilen, deutlich mehr als es bei uns der Fall ist. Das dort geltende "Common Law" System macht sich auf dem Papier sehr gut, aber der Teufel steckt mal wieder im Detail. Hohes Gewicht von teils skurril konstruierten Präzedenzen und überspitzt "die beste Show gewinnt" samt Absprachen sorgen regelmäßig für Fehlurteile, da die jeweiligen Rechtsgrundlagen und der Prozeß an sich viel Biegespielraum haben.
Deutschland gehört zum deutschen Rechtskreis, der eine eigenständige Linie des Römisch-Germanischen Rechtskreises ist. Dieses kodifizierte "Civil Law/Zivilrechts" System ist eine Mixtur aus germanischem, römischem und später entwickeltem Recht auf Basis des alten römischen Rechts, das den Großteil des Systems geprägt hat. Dazu kommen weitere Eigenentwicklungen wie zum Beispiel das Abstraktionsprinzip. Hier ist das Gerichtsverfahren vom Hin und Her zwischen Richtern, Anwälten und eventl. Schöffen geprägt. Nicht die beste Show, sondern die "beste Ableitung und Anwendung" gewinnen normalerweise. Natürlich gibt es auch in diesem System gelegentlich Fehler, die selbst Juristen die Haare zu Berge stehen lassen, aber deutlich seltener als im Common Law.
Zum deutschen Rechtskreis gehören nicht nur der deutschsprachige Raum (Ausnahme Luxemburg), sondern auch die Länder der alten Donaumonarchie, das Baltikum, Ukraine, Griechenland und Teile Ostasiens wie Japan, Taiwan, Korea und die Mongolei. Mischformen mit starkem Einfluß des deutschen Rechtskreises findet man u.a. in den Niederlanden, Portugal, Brasilien oder Kasachstan.