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ARD True Crime Doku:Doppelmord an Margot & Dorothee G. 1970 in Mainz

468 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Doku, Doppelmord, True Crime ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

ARD True Crime Doku:Doppelmord an Margot & Dorothee G. 1970 in Mainz

05.07.2022 um 17:51
Der Neffe sagt wortwörtlich, daß seine Tante "aufgeregt war wegen des Vorfalls und Angst hatte"

Mal rein hypothetisch:

Die beiden Frauen beschließen nach der Heimkehr gegen 22 Uhr, noch mal 10 Minuten " Stoß zu lüften" .

Dafür gibt es nicht den geringsten Grund , wenn man Angst hat und zwei Tage zuvor eine Fremde Gestalt im Garten herumlungerte . Kann man außerdem genauso gut am nächsten Tag im Hellen erledigen.

Aber gesetzt den Fall, sie haben sich doch dazu entschlossen - warum soll die Tür noch immer aufgestanden haben, wenn beide sich schon Schlafen gelegt haben? Einzige Möglichkeit: die eine hat sich auf die andere verlassen, diese Tür wieder zu schliessen. Vielleicht hat die Mutter der Tochter zugerufen: " Kannst du noch eben die Terassentür zumachen?". Die Tochter sagt zu, hat das aber eine Minute später wieder vergessen, wie junge Leute manchmal sind. Die Tür bleibt also versehentlich offen...

Und dann findet der ausgerechnet an diesem Abend mit einem Riesen-Messer bewaffnete KB von allen Mainzer Terassentüren die eines Hauses, der versehentlich offen geblieben ist und wo zwei Frauen alleine sind?

Ein paar Zufälle zuviel, kann sich m.E. nicht so abgespielt haben. Gibt keinen Grund anzunehmen, daß die Terassentür offen gestanden hat.


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ARD True Crime Doku:Doppelmord an Margot & Dorothee G. 1970 in Mainz

05.07.2022 um 18:33
Zitat von JestersTearJestersTear schrieb:Welche anderen vermeintlichen Justizskandale meinst du denn eigentlich?
Da musst du @Höhenburg fragen. Der schreibt ja von Justizskandalen.
Skandal bezeichnet ein Aufsehen erregendes Ärgernis und die damit zusammenhängenden Ereignisse oder Verhaltensweisen. Das Wort ist im Deutschen seit dem Ende des 16. Jahrhunderts belegt. Wikipedia
Quelle: Wikipedia

Genau solche Ereignisse werden eben in Volksmund als Justizskandal bezeichnet. Da dem Urteil mangelhafte Bewiese vorgehalten werden.

Ein Justizunehre liegt mMm dann vor, wenn ein Fehlurteil gefällt wurde. Harry Wörsch diese Bauer mit dem MB als Beispiel. Ihr nur noch von Skandal zu spreche erachte ich als eine dumme Verharmlosung der Fakten.


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ARD True Crime Doku:Doppelmord an Margot & Dorothee G. 1970 in Mainz

05.07.2022 um 18:34
Zitat von schluesselbundschluesselbund schrieb:JestersTear schrieb:
Welche anderen vermeintlichen Justizskandale meinst du denn eigentlich?
Da musst du @Höhenburg fragen. Der schreibt ja von Justizskandalen.
Den wollte ich auch gefragt haben :-) Sorry, wenn du mitzitiert wurdest..


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ARD True Crime Doku:Doppelmord an Margot & Dorothee G. 1970 in Mainz

05.07.2022 um 21:33
Zitat von schluesselbundschluesselbund schrieb:Weisst du, gut Gründe alleine reichen heute wie 1970 nicht um jemanden in den Knast zu bringen.
Römisches Recht hin oder her. Fehlurteile gibt es. Und zu diesen führt nicht das jeweilige Rechst System.
Wenn Du meinen Beitrag gelesen hast, weißt du ja, daß ich ebenfalls davon spreche, daß es Fehlurteile bei uns gibt, leider. ABER eben deutlich seltener als z.B. in den USA, die von Mitdiskutanten erwähnt wurden.
Übrigens, wenn schon dann Römisch-Germanisches Rechtssystem. :-) Es fußt zwar auf dem römischen Recht, da die alten Römer unbestritten einen guten Treffer landeten, was Rechtsgrundlagen angeht, ist aber doch eine eigenständige Weiter- und Fortentwicklung mit 3 Hauptlinien (Deutsch, Napoleonisch, Nordisch) und mindestens einem Dutzend Mischformen.

Aber es ging mir nicht um Rechtsgeschichte an sich, sondern mehr um ein bißchen Info für die Diskussion. Heutzutage ist es (sieht man hier im Forum auch sehr gut) ein gewisse Mode, fast überall Justiz und Polizei Versagen oder Dummheit vorzuwerfen, was einfach so nicht stimmt.
Leider gibt es Fälle, bei denen die Behörden massiv vorbeilangen, glücklicherweise nicht so oft. Das solche Fehler bereinigt werden müssen ist klar und wichtig. aber nicht überall wo "Fehlurteil" draufsteht, ist auch eines drin.


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06.07.2022 um 02:25
Naja, ob wir in Deutschland wirklich so viel besser als in den USA urteilen sei mal dahingestellt. Wir haben zwar nicht das unsägliche Jury-System, aber machen dafür vllt. andere Sachen weniger gut. Man muss ja auch fairerweise anmerken, dass die USA 4x so groß ist wie Deutschland in puncto Bevölkerung, da kann es dann auch eine wahrgenommene größere Häufung an Fehlurteile geben.

In Bezug auf diesen Fall muss ich aber zugeben, dass mir doch erhebliche Zweifel an der Schuld des Verurteilten kommen. Die Staatsanwaltschaft hat zwar einige Verhaltensweisen angeführt, die tatsächlich bedennlich klingen. Allerdings ist nicht ganz ersichtlich, wie viel Substanz dahinter wirklich steckt. Bezüglich einer Entlassung muss man aber auch sagen, dass sich der Verurteilte mit seinem Verhalten vor 20 Jahren auch keinen Gefallen getan hat.


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06.07.2022 um 02:54
Zitat von ZarastroZarastro schrieb:Naja, ob wir in Deutschland wirklich so viel besser als in den USA urteilen sei mal dahingestellt. Wir haben zwar nicht das unsägliche Jury-System, aber machen dafür vllt. andere Sachen weniger gut. Man muss ja auch fairerweise anmerken, dass die USA 4x so groß ist wie Deutschland in puncto Bevölkerung, da kann es dann auch eine wahrgenommene größere Häufung an Fehlurteile geben.
Sehr richtig. Es kompletter Quatsch, zu glauben dass die angeblich so unterschiedlichen Rechtssysteme mehr oder weniger sog. Fehlurteile hervorrufen. Mal abgesehen davon, dass gerade im Strafrecht sich beide Systeme extrem ähnlich sind. Es geht in diesem Fall darum, wie bestimmte Indizien von den Richtern interpretiert werden, also vor allem darum, was sich in ihren Köpfen abspielt. Und das Problem gibt es auf beiden Seiten des Atlantik. Immerhin, bei einer amerikanischen jury müssen 12 Menschen von der Schuld überzeugt werden, vor dem deutschen Gericht nur fünf, und dort gibt es auch noch eine gewisse Hierarchie.

Wie schon oft hier gesagt wurde: Entscheidend scheint mir in diesem Fall zu sein, was sich in den Köpfen der Richter abspielte, als sie hörten, dass Br. eine eindeutige Vergangenheit als Spanner, als Einbrecher, und als Sexualtäter hatte (siehe oben die Zusammenfassung in der Entscheidung des EGMR).

Mir scheint es recht deutlich zu sein, dass die Richter den ganzen Fall aus diesem Blickwinkel sahen, ebenso wie die Ermittler. Und dabei scheinen sie nicht bemerkt zu haben, oder ignoriert zu haben, dass die Tat keineswegs eindeutig auf ein Sexualdelikt weist noch der angenommene Tatablauf mit den eher geringen geistigen Fähigkeiten des Angeklagten zusammenpasst. Auch die eklatanten Probleme im Geständnis scheinen sie nicht sonderlich beeindruckt zu haben.

Als Jurist bin ich allein aus meiner Erfahrung in der Regel eher skeptisch, wenn ein Verurteilter seine Unschuld beteuert, aber dies ist ein Fall, bei welchem ich mal den Kollegen Strate zitiere: "so hätte das Urteil nicht ergehen dürfen." Natürlich kann ich das nur so sagen, wenn ich der Darstellung des Falles hier halbwegs vertrauen kann, denn ich hab natürlich keine weitergehenden Kenntnisse davon. Mir ist schon aufgefallen, dass im Video einige "negative" Dinge z.B. zu den vorherigen Taten des Br. weggelassen oder verschönert werden. Auch das macht mich etwas skeptisch.


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06.07.2022 um 05:37
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Und das Problem gibt es auf beiden Seiten des Atlantik. Immerhin, bei einer amerikanischen jury müssen 12 Menschen von der Schuld überzeugt werden, vor dem deutschen Gericht nur fünf, und dort gibt es auch noch eine gewisse Hierarchie.
Ich habe nie abgestritten, daß es auf beiden Seiten des großen Teichs ähnliche Probleme bei der Urteilsfindung gibt. Aber das Jury-Ssystem mit seinen 12 Geschworenen, die sehr häufig äußerst wenig Ahnung von Strafrecht haben, gibt den Staats- und Rechtsnwälten enorme Macht. Die bessere Show macht dann sehr oft das Rennen und die erlaubten Methoden, die Beweise für die Jury "aufzubereiten" und welche überhaupt vorgelegt werden, finde ich teils sehr bedenklich. Darauf wollte ich mit dem Rechtssystemvergleich hinaus, daß dies eine Schwachstelle in der Urteilsfindung ist. Das mag vielleicht eine jüngere Entwicklung in den letzten 30-40 Jahren sein, aber die Anzahl krasserer Fehler durch diese "Rechtsshow" in den USA nimmt zu.
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Als Jurist bin ich allein aus meiner Erfahrung in der Regel eher skeptisch, wenn ein Verurteilter seine Unschuld beteuert, aber dies ist ein Fall, bei welchem ich mal den Kollegen Strate zitiere: "so hätte das Urteil nicht ergehen dürfen." Natürlich kann ich das nur so sagen, wenn ich der Darstellung des Falles hier halbwegs vertrauen kann, denn ich hab natürlich keine weitergehenden Kenntnisse davon. Mir ist schon aufgefallen, dass im Video einige "negative" Dinge z.B. zu den vorherigen Taten des Br. weggelassen oder verschönert werden. Auch das macht mich etwas skeptisch.
Genau das! Könnte man dem Bericht trauen, läge ein frag- und verbesserungswürdiges Urteil vor. Ich werde aber sehr mißtrauisch, wenn wie hier, offensichtlich Schönfärberei und Auslassungen betrieben werden. Wenn der Verurteilte wirklich so unschuldig wäre, könnte dies doch angesprochen werden. Es müßte sogar, soweit es den Fall betrifft.
Das diese Doku aber den Zuckerguß rausholt und offensichtlich unangenehme Punkte einfach weglässt, halte ich für den Versuch einer gezielten Beeinflussung. Spekulativ kann man annehmen, daß den Dokumachern bewußt ist, spielten sie mit offenen Karten, würde dem Zuschauer klar werden, daß das damalige Gericht wohl doch nicht so ganz falsch gelegen hat.


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06.07.2022 um 06:11
@Rick_Blaine
Lt der Doku hatte der Beschuldigte Täterwissen (die Sache mit dem feststeckenden Messer zb), es ist allerdings unklar, ob das Polizei- oder Täterwissen sei, denn der Text wurde einfach nur als Fließtext von der Polizei geschrieben und nicht als Frage/Antwort.
Allein das ist für mich problematisch, denn unabhängig von Schuld oder Unschuld weiss ich nicht, ob das überhaupt so verwendbar ist.

Es gibt keine Spuren am Tatort und die Tat selbst hat keine sexuellem Anzeichen. Der Täter hat die Damen vermutlich im Schlaf überrascht (doch Balkontür offen gewesen? Oder wie kam er alternativ rein, wenn die Tat erst Stunden nach der Heimkehr der Damen geschah? Beide schon vermutlich schliefen und es keine Abwehrspuren. Da wollte jemand sofort töten.
Ein Profi hätte das aber wohl nicht so plump gemacht - mit Messer erstmal den Kopf angreifen etc

Was die Pornos und die Kabelbinder angeht, fand ich die Begründung des Beschuldigten ein wenig dünn. Kabelbinder um Tüten zu schließen, wenn er entlassen wird?Pornos und Handschuhe seien ihm gegönnt, aber die Begründung des Kabelbinders in Kombination mit der Aussage des Ermittlers, der ihn als gefährlich einstuft, auch wenn er freundlich tun würde (subjektiv? Warum wurde da nicht nachgefragt?) und der xmaligen Ablehnung der Entlassung durch alle Instanzen - irgendwer wird doch da schon was einschätzen und nicht nur "Tatleugner und fertig"?


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ARD True Crime Doku:Doppelmord an Margot & Dorothee G. 1970 in Mainz

06.07.2022 um 07:08
Zitat von abberlineabberline schrieb:irgendwer wird doch da schon was einschätzen und nicht nur "Tatleugner und fertig"?
So ist es wohl. Ich bin zwar selbst aus meiner beruflichen Erfahrung immer skeptisch, wenn psychiatrische Gutachten vorhersagen wollen, ob jemand gefährlich sein wird oder nicht, aber freilich gehen solche Gutachten normalerweise über ein paar plakative Sätze hinaus. Das Grundproblem ist eben, dass wir trotz aller Erkenntnisse der Psychologie und Psychiatrie nicht in der Lage sind, in die Köpfe der Menschen hineinzuschauen.

Das macht Entscheidungen über die Freiheit von Menschen nicht gerade einfacher. Aber das ist hier ja ein Nebenschauplatz, es geht hier im thread ja eigentlich um die Frage, ob der Verurteilte wirklich der Täter war oder nicht.

Sicherlich sind diese Art "Dokus" meiner Erfahrung nach selten aus einem wirklich neutralen Blickwinkel gemacht. Die Doku folgt doch merklich der Sichtweise der sicherlich engagierten Anwältin - übrigens ist das soweit ich sehe die gleiche, die auch Bence Todt vertritt. Und die Sicht eines Anwalts ist schon in gewisser Weise etwas einseitig. Freilich, bevor wir einen Fall übernehmen versuchen wir den Fall erst einmal ganz neutral zu betrachten, denn wir wollen ja nicht ein totes Pferd reiten. Aber an einem bestimmten Punkt muss man entscheiden, wie man den Fall bewertet - das gilt für die andere Seite, also Ermittler und Staatsanwälte genauso. Man hat eine eigene Theorie und versucht nun freilich alles zu ermitteln, um diese zu belegen.

Begleiten dann Journalisten so eng einen Verfechter einer Theorie, ist kaum zu vermeiden, dass die Journalisten den Fall dann ebenfalls aus dessen Blickwinkel berichten - mal mehr, mal weniger.

Ich kann das aus meiner Perspektive darstellen: ich kannte den Fall nicht und habe versucht möglichst neutral erst mal alle möglichen Fakten kennenzulernen, bin dabei aber schon auf das angewiesen, was mir eben medial angeboten wird. Für mich sind es dann drei Punkte gewesen, die Zweifel an der Täterschaft erregt haben:

1. Dass die Tat für den angenommenen Täter untypisch erscheint. Auf den ersten Blick wird ein sexuelles Motiv hier nicht klar deutlich, aber dem Täter unterstellt. Allerdings reicht das nicht für eine klare Aussage, denn es hat oft genug Taten gegeben, denen zwar ein sexuelles Motiv zu grunde lag, aber durch die Umstände des Tatablaufs der Täter nicht entsprechend handeln konnte.

Ein einfaches Beispiel wäre: ein Täter greift eine Frau an, weil er sie vergewaltigen will. Diese wehrt sich aber unerwartet effektiv, der Täter gerät immer mehr in Panik, dass andere Zeugen aufmerksam werden, er wendet schliesslich tödliche Gewalt an, ohne dass es irgendeine Art sexuellen Übergriff gegeben hat, nimmt aber noch schnell die Geldbörse des Opfers vom Tatort mit. - Alle Anzeichen sprechen nun eher für einen schnöden Raubmord.

2. Spuren am Tatort, die man erwartet, wenn man sich angebliches Motiv und vor allem auch die mentale Kapazität des Täters anschaut, sind nicht da. Mit anderen Worten: dass keinerlei Spuren hinterlassen wurden, die damals auffindbar und auswertbar waren (wir reden hier nicht von DNA, die erst später aufkam), ist zumindest sehr ungewöhnlich und könnte für einen Täter sprechen, der ganz andere Voraussetzungen hatte. Ein relativ starkes Beispiel hier: es gab anscheinend keine Aufbruchspuren am Haus. Das könnte sehr wohl auf einen Täter hinweisen, der von einem der beiden Opfer ins Haus gelassen wurde. Unserem Verurteilten hier wird aber nicht unterstellt, dass die Opfer ihn kannten oder gar in das Haus eingelassen hätten.

3. Die eklatanten Ungereimtheiten im sog. Geständnis. Die Ermittler geben ja zu, dass es am Tatort keinerlei Spuren des Verurteilten gab. Das Geständnis scheint aber so unklar, dass man ernste Zweifel bekommt, ob der Verurteilte z.B. jemals am Tatort gewesen ist. Genauso seine Ausführungen zur Tatwaffe usw. Das wäre kein Problem, wenn diese Ungereimtheiten durch klar zuzuordnende Spuren am Tatort aufgehoben würden. Wenn ich z.B. ein Messer mit den Fingerabdrücken des Verdächtigen und Blut des Opfers finde, dann kann der Verdächtige in einer Vernehmung zehnmal von einem ganz anderen Modell des Messers schwadronieren. Hier aber gibt es diese Spuren nun einmal nicht.

Alle diese Faktoren haben mich zweifeln lassen. Allerdings offenbaren die bekannt gewordenen Excerpte aus dem Urteil auch andere Fakten: z.B. dass der Verurteilte auch vorher schon in Wohnungen seiner Opfer eingedrungen war. Das wurde m.E. in der Doku nicht erwähnt. Diese stellte ihn als mehr oder weniger "harmlosen" Spanner dar, zumindest habe ich das so empfunden. Für mich gibt es aber einen himmelweiten Unterschied zwischen einem Spanner, der abends vor dem Haus steht und erhofft, eine Frau beim Auskleiden in ihrem Zimmer beobachten zu können, und einem, der sich durchaus Zutritt zu eben diesem Haus verschafft. Diese neuen Informationen haben mich vorsichtig hinsichtlich meiner Einschätzung des Falles gemacht.


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ARD True Crime Doku:Doppelmord an Margot & Dorothee G. 1970 in Mainz

06.07.2022 um 08:31
@Rick_Blaine
Da stimm ich Dir zu, denn rein nach dee Doku sieht das nach "im Zweifel für den Angeklagten" aus. Ausser einem widerrufenen und mit Unmöglichkeiten vollem, widerrufenen Geständnis, alles ohne Anwalt, keine Spuren etc ist da angeblich nix.
Was ja so ganz wohl nicht zu stimmen scheint? Woher stammt die Info, dass er schon öfter wo eindrang? Kann mich nur an das Verstecken unterm Bett als Heranwachsender erinnern


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ARD True Crime Doku:Doppelmord an Margot & Dorothee G. 1970 in Mainz

06.07.2022 um 08:46
Zitat von abberlineabberline schrieb:Woher stammt die Info, dass er schon öfter wo eindrang? Kann mich nur an das Verstecken unterm Bett als Heranwachsender erinnern
Im Artikel des Spiegel von 1972 wird gesagt, daß er auch die beiden Überfälle auf die "Tochter des bekannten Mainzer Mediziners Irmgard F. " im Jahr 1969 gestanden habe. Das ist die in der Doku erwähnte junge Frau, die beim ersten Überfall in ihrem Zimme mit einer Taschenlampe und beim zweiten mit einem Stein verletzt wurde. Dieses Geständnis hat er dann letztlich ebenso widerrufen. Ob er wirklich auch vorher schon in Häuser /Wohnungen eingedrungen ist , oder ob man in der Verhandlung einfach mal alles vorgebracht hat, was man glaubte , gegen ihn in der Hand zu haben, geht m.E. aus den bisher zugänglichen Quellen nicht hervor.

Wobei ich bei Irmgard F. ungewöhnlich finde, daß der "umhergehende Spanner" ausgerechnet bei ihr gleich zweimal eingestiegen und sie verletzt haben soll. Das hört sich m.E. eher nach etwas Persönlichem an. Wußte man 1970 eigentlich schon, was "stalking" ist bzw. wenn ja, wurde es damals ernst genommen?


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06.07.2022 um 09:24
@abberline
Ich bezog die Info aus der Einleitung des EGMR Urteis:
Seine Versuche, sich gewaltsam zu der Wohnung der Frauen Zugang zu verschaffen, blieben in der Regel erfolglos. 1969 gelang es dem Beschwerdeführer jedoch zweimal, durch ein geöffnetes Fenster in die Wohnung einer arglosen jungen Frau einzusteigen und sie zu Boden zu werfen, als sie seine sexuellen Annäherungsversuche zurückwies.

Quelle: https://www.bmj.de/SharedDocs/EGMR/DE/20120510_22919-07.html
Hier wird aber ebenfalls nur davon gesprochen, dass er ein offenes Fenster benutzte. Allerdings wurde er gewalttätig ("zu Boden geworfen"). Bleibt also weiterhin die Frage nach den fehlenden Einbruchspuren in Verbindung mit der Annahme, dass die beiden Opfer in unserem Fall wegen des Vorfalls mit dem Unbekannten im Garten keine Fenster offen gelassen hätten und die Putzfrau wohl auch keines vorfand.

Allerdings spricht der Gerichtshof hier auch von erfolglosen Versuchen sich Zutritt zu den Wohnungen anderer Opfer zu verschaffen. Hier fragt man sich freilich, wie das ermittelt wurde. Die Quelle schweigt dazu. Nimmt man sie ernst, zeigt das freilich, dass er es wohl öfter versucht hat und sich eben nicht mit dem "Beobachten" von aussen zufrieden gab.

Der Fakt, dass nicht geklärt wurde, wie der Verurteilte in das Haus kam, ist eine der grössten Schwachstellen in diesem Fall. Kombiniert man diese mit dem zu Tage getretenen Umfeld der Tochter, kann man zumindest spekulieren, ob diese nicht den Täter kannte und selbst eingelassen hat. Aber auch dafür gibt es freilich keine klaren Spuren.


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06.07.2022 um 10:10
@Rick_Blaine
Danke dafür. Ich spiel mal den Advocatus D und stell dann die Frage, wie die Frauen im Schlaf überrascht werden konnten, wenn der Täter vorher eingelassen wurde. Und wegen 1000 DM ein Doppelmord, wenn die Geschäfte im sechsstelligen Bereich waren?


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06.07.2022 um 10:27
Zitat von abberlineabberline schrieb:Danke dafür. Ich spiel mal den Advocatus D und stell dann die Frage, wie die Frauen im Schlaf überrascht werden konnten, wenn der Täter vorher eingelassen wurde. Und wegen 1000 DM ein Doppelmord, wenn die Geschäfte im sechsstelligen Bereich waren?
Na ja, erst einmal gibt es ja noch viele mögliche andere Motive als einen Raub von 1000Dm. Und zweitens, ist die Frage, ob die Tochter wirklich im Schlaf überrascht wurde. Immerhin wurde es ja so dargestellt, dass sie noch versuchte zu fliehen. Ob sie nun vorher geschlafen hat ist m.E. nicht sicher zu belegen. Sie könnte ebenso gut mit dem Täter zusammen auf dem Bett gelegen haben, wach, usw usw. Die ersten Verletzungen sollen wohl im Kopfbereich gewesen sein, wozu ein mögliches Szenario war, dass sie eben schlafend auf ihrem Bett lag. Aber da gibt es durchaus andere mögliche Szenarien. Worauf die Verletzungen nur hinweisen ist, dass sie vermutlich keinen Angriff erwartet hat, aber dazu muss sie nicht geschlafen haben.


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06.07.2022 um 18:15
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Sicherlich sind diese Art "Dokus" meiner Erfahrung nach selten aus einem wirklich neutralen Blickwinkel gemacht. Die Doku folgt doch merklich der Sichtweise der sicherlich engagierten Anwältin
Diese Empfindung trifft wahrlich zu.
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:dass Br. eine eindeutige Vergangenheit als Spanner, als Einbrecher, und als Sexualtäter hatte (siehe oben die Zusammenfassung in der Entscheidung des EGMR).
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Mir scheint es recht deutlich zu sein, dass die Richter den ganzen Fall aus diesem Blickwinkel sahen, ebenso wie die Ermittler.
Dass der Blickwinkel zur Urteilsfindung in der Vergangenheit Br. grösstes Gewicht zukommt darf meiner Auffassung nach als absolute Schwäche des Urteils gesehen werden. Zumal das hier vorgebracht teilweise kein Straftat ist. Und zum anderen die Beweiskraft versagt.
Genau wie hier im diskutierten Fall.

Da zuvor von Rechtssystemen gesprochen wurde, würde ich so eine Urteilsfindung eher im Angelsächsischen Recht erwarten.


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07.07.2022 um 02:47
Zitat von schluesselbundschluesselbund schrieb:Da zuvor von Rechtssystemen gesprochen wurde, würde ich so eine Urteilsfindung eher im Angelsächsischen Recht erwarten.
Da liegst Du aber ganz falsch. In den USA z.B. gibt es sehr harte Regeln gegen das Einbringen früherer Straftaten, da man sich der Gefahr bewusst ist, dass eine Jury schnell denkt: einmal Täter immer Täter. Wenn nicht ganz klar eine Art "Serie" erkennbar ist, dürfen frühere Straftaten oder gar noch ein "Hang" zu früheren Taten nicht als Beweis eingebracht werden.


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08.07.2022 um 02:34
K.A. ob ein Urteil von vor 50 Jahren zum Vergleich von deutschem mit angelsächsischen Recht einlädt. Nicht, dass ich nicht auch gerne über das dortige Jury-System herziehen würde, (was in meinen Augen einem hehren Anspruch hat, aber in der Praxis eher schwächelt).

Wir sind uns wohl einig, dass die Polizei und Justiz heute vermutlich anders agieren würde und zwar auf beiden Seiten des Atlantiks.

Ich würde wirklich gerne mal die ganze Urteilsbegründung lesen. Denn ich muss ehrlich sagen, dass mir bei den bisher bekannten Fakten etwas mulmig bei dem Gedanken wird, dass jemand aufgrund dieser Beweislage seit über 50 Jahren im Gefängnis sitzt.


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08.07.2022 um 03:03
Ich weiss nicht, ob das schon bekannt ist, ich habe einen uralten Artikel des Spiegel ausgegraben, der wenige Tage vor dem Urteil im Prozess gegen Bräunig geschrieben wurde. Darin kommen noch einige Details zu seinem Leben, zu der Einschätzung seiner Intelligenz ("hart an der Grenze zum Schwachsinn"), Vorstrafen ("mit 14 Jahren schon einmal ein Mädchen vergewaltigt") und so weiter vor, und das mit der damals noch viel offeneren Schreibweise als das heute der Fall ist.

Auch zur hier diskutierten Tat steht einiges drin. Interessant ist aber der Artikel aus einer anderen Perspektive: obwohl wir hier ja schon darüber gesprochen haben, dass 1970 die Gesellschaft noch von anderen Sichtweisen geprägt war, ist dieser Spiegel Artikel durchaus kritisch gegenüber der Justiz. Die Probleme dieses Falles sind also offensichtlich sehr aufgefallen.

https://www.spiegel.de/politik/ich-hab-nichts-wie-gelubbert-a-b9156b4a-0002-0001-0000-000042920364?context=issue


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08.07.2022 um 04:05
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Vorstrafen ("mit 14 Jahren schon einmal ein Mädchen vergewaltigt") und so weiter vor,
Klaus Rudolf Bräunig, geboren am 18. Juni 1944 in Wandgreben Krs. Jericho/DDR, ledig,
Quelle: Spiegel

Da müssten doch 1970 noch Gerichtsakten mit Urteil aus dem Jahr 1958 vorhanden gewesen sein. Eventuell heute noch.


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08.07.2022 um 05:10
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Ich weiss nicht, ob das schon bekannt ist, ich habe einen uralten Artikel des Spiegel ausgegraben, der wenige Tage vor dem Urteil im Prozess gegen Bräunig geschrieben wurde. Darin kommen noch einige Details zu seinem Leben, zu der Einschätzung seiner Intelligenz ("hart an der Grenze zum Schwachsinn"), Vorstrafen ("mit 14 Jahren schon einmal ein Mädchen vergewaltigt") und so weiter vor, und das mit der damals noch viel offeneren Schreibweise als das heute der Fall ist.
Hallo, der Spiegelartikel wurde direkt im OP verlinkt. Dieses vermeintliche "Vergewaltigung" soll laut Doku nie angezeigt worden sein und in den Presseberichten rund um den Prozess erst zu einer solchen gemacht worden sein.
Zitat von JestersTearJestersTear schrieb:abberline schrieb:
das "Berühren" eines Kindes als 12/13 jähriger.
Ich versuche das mal so wertfrei wie eben möglich anzusprechen: laut Doku ist das "Berühren des Kindes", aus dem die Presse (ebenfalls laut Doku) anschliessend "eine Vergewaltigung" machte, nicht angezeigt worden.
Woher wußten Polizei/Staatsanwaltschaft/Gericht also letztlich davon? Kann ja nur so gewesen sein, daß erst nach Bräunigs Verhaftung damit jemand um die Ecke kam, was dann m.E. auch wieder Geschmäckle hat. Warum wurde er nicht sofort angezeigt?



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