Tritonus schrieb:Den Autismus schleicht sich hier in der Diskussion langsam als Fakt ein. Es sind aber nur reine Mutmaßungen, eine offizielle Diagnose liegt nicht vor!
Tritonus schrieb:Und Asperger ist eben nicht so gravierend, dass man sich komplett aus allem zurückzieht und die Wohnung nicht mehr verlässt.
Ich bin da ganz deiner Meinung und habe auch das Gefühl, daß bei der Erwähnung von "Autismus" bei vielen ein Bild vorherrscht, wie es zB in "Rain Man" präsentiert wurde. Aber das wird der Prozess sicher klären können - wie stark ihre Erkrankung war, was und ob wirklich etwas davon fachmännisch diagnostiziert wurde usw.
margaretha schrieb:Hat auch niemand was mitbekommen…
Die Taten der Turpins haben mich damals auch sehr schockiert. Als "normal denkender" Mensch kann man sich nicht vorstellen, daß so etwas völlig unbemerkt von anderen passieren kann. Aber es scheint zu funktionieren. Auch ein Fritzl kam leider sehr lange unbemerkt durch.
Streuselchen schrieb:Hier könnte ich mir vorstellen das es nochmal Ratschläge von den Eltern gab, dass Lacey doch mal rausgehen sollte und sich körperlich betätigen. Weil sie evtl da schon über Schmerzen geklagt hat? Wenn wir zB eine Woche im Bett liegen weil wir mal krank sind, dann fühlt sich das aufstehen auch furchtbar an. Man hat das Gefühl steif geworden zu sein...
Wenn Lacey vorher schon jahrelang nur rungesessen hat, könnte es sein dass sich die Muskeln verkürzt haben/ sie einrostete. Aber anstatt einen Arzt hinzu zu ziehen, hat man Lacey vielleicht den Tipp gegeben und sie hats versucht?
Finde ich sehr interessant, diesen Gedanken. Leider wissen wir auch generell wenig über die Einstellungen der Eltern im Bezug auf Ärzte usw. Mal ein anderer Gedankengang - waren sie vielleicht Anhänger der Homöopathie, Alternativmedizin oä ? Waren sie Impfgegner oder Impfbefürworter ? (Einer muß ja auch vor kurzem Corona positiv gewesen und es an Lacey weitergegeben haben). Sie hatte jedenfalls auch keinen Hausarzt. Vielleicht vertrauten sie der Schulmedizin gar nicht oder nicht mehr und versuchten Lacey mit irgendwelchen Hausmittelchen zu "helfen" ?
Herbstkind schrieb:Was ich mich zudem frage ist wie man so viele Jahre aufrecht auf der Couch verbringen kann, irgendwann hat man doch keine Körperspannung mehr?
Ich gehe schon davon aus, daß sie sehr "zusammengesackt" oder zusammengefallen war, alles andere könnte ich mir auch nicht erklären. Der Coroner sagte, daß sie leichte Schlagseite nach links (wenn ich das richtig in Erinnerung habe) gehabt hätte. Zudem lag wohl einer ihrer Arme irgendwie angewinkelt an ihrem Hals.
Lane1988 schrieb:Hallo, ich bin schon lange stille Mitleserin und habe mich jetzt hier angemeldet, weil mich der Fall sehr beschäftigt. Auch weil ich selbst unter Angststörungen leide und phasenweise das Haus nicht verlassen konnte.
Ich möchte daher hier erstmal betonen, dass es für Außenstehende fast unmöglich ist, solch ein Ausmaß einer Angststörungen zu verstehen. Damit meine ich jetzt das Haus nicht mehr zu verlassen und natürlich nicht ihr trauriger, schleppender Tod.
Willkommen im Thread.
:) Und danke für deine Schilderungen.
Ich glaube, du hast da völlig recht. Nicht Betroffene können wahrscheinlich nicht nachvollziehen, wie es ist, wenn einen eine Angststörung völlig im Griff hat. Von Menschen, die das Haus, die Wohnung nicht verlassen können, hört man ja öfter mal. Kommt es denn aber auch öfter vor, daß sich das so ausdehnen kann, daß nur noch bestimmte Möbelstücke als sicher angesehen werden, kannst du dir das vorstellen ?
Sonnenlicht333 schrieb:Wenn ein Gerichtsmediziner und auch wir hier, die null persönliche Beziehung zu Lacey hatten, so schockiert und entsetzt sind, wie können dann die eigenen Eltern das Tag für Tag aushalten und sich ansehen, ohne vor Mitgefühl seelisch total zerstört zu werden?
Lacey trifft absolut keine Schuld, selbst wenn das ihre Entscheidung gewesen wäre, sowas mit zumachen ohne einzugreifen, aus Liebe zum eigenen Kind ist NICHT normal.
Finde ich auch. Wie kann man auch nur eine Nacht schlafen, mit den Bildern des Kindes vor Augen, wissend, daß sie im Wohnzimmer sitzt ? Egal wie sehr ich es versuche, ich begreife es einfach nicht! Und ich hoffe auch, daß da keine Unterschiede gemacht werden, nur weil Lacey bereits erwachsen war.
nskandal schrieb:Und man darf nicht vergessen dass die Eltern auch davon ausgegangen sein KÖNNTEN, ihrer Tochter damit zu helfen indem sie ihre „Wünsche“ (ob nun nachvollziehbar oder nicht) respektieren und danach handeln. Klar wirkt das auf uns komplett gestört, aber wenn Lacey tatsächlich panische Angst vor der Außenwelt hatte wäre das zumindest ein Denkansatz.
Ilvareth schrieb:Mal angenommen, der Rückzug auf die Couch ging tatsächlich von Lacey aus. Sie wollte da nicht weg. Die Eltern haben als Reaktion darauf vermutlich versucht, sie von der Couch zu locken („Das Wetter ist so schön, setz dich doch wenigstens draußen in einen Liegestuhl“ / „ Komm, wir gehen mal eine Runde zusammen um den Block“ oder etwas in der Richtung). Lacey will aber nicht, alles gut zureden nützt nichts. Irgendwann werden die Eltern dann an einen Punkt gewesen sein, an dem sie Lacey mal am Arm genommen haben und versucht haben, mit sanftem körperlichen Einfluss sie von der Couch zu bekommen. Nimmt man aber eine psychische Störung als Ursache von Laceys Verhalten an, ist eigentlich klar, war passiert: sie wird panisch, möglicherweise scheit sie, schlägt vielleicht um sich. Nur auf der Couch fühlt sie sich sicher, alles andere ist für sie nicht zu ertragen. Und da entstünde bei den Eltern dann subjektiv das Gefühl, ihr gerade dadurch Gewalt anzutun, dass man sie eben nicht gewähren lässt.
In dieser Konstellation empfanden es die Eltern möglicherweise als viel weniger schlimm, sie gewähren zu lassen, mit allen Konsequenzen, als ihr durch eigenes Handeln aktiv Gewalt anzutun.
Aber über Jahre, obwohl alles immer schlimmer wurde ? Das wäre totale Realitätsverweigerung, und das, obwohl die Fletchers ansonsten anscheinend ein vollig normales Leben führten und nicht auffällig waren. Alles was in den Bereich der Selbstverletzung oder Selbstschädigung hineingeht, kann man doch nicht ernsthaft als "Wunsch" respektieren. Man guckt doch auch nicht zu, wenn das eigene Kind sich ritzt und sagt dann - ok, wenn das dein Wunsch ist und es dir damit bessergeht, mach mal... Oder läßt zu, daß das eigene Kind nichts mehr isst und langsam verhungert, weil es sein "Wunsch" ist, noch dünner zu werden. Bei all sowas würde selbstverständlich eingegriffen werden. Aber wie gesagt, vielleicht glaubten sie auch an alternative Methoden... Aber selbst dann bliebe der Hungertod, den sie forcierten. Mit was sollte man das dann erklären ? Mit dem Wunsch des Kindes zu sterben ?
hopkirk schrieb:Das, was Lacey erlebte, war im Prinzip eine etwas "mildere" Form der Folter- bzw. Hinrichtungsmethode Scaphismus.
Stimmt, du hast recht. Nicht nur im Bezug auf den Scaphismus, sondern auch im Bezug auf die Folter. Nichts anderes war das, über Jahre hinweg. Dagegen wäre es human gewesen, wenn man ihr einfach eine Kugel in den Kopf geschossen hätte.
nskandal schrieb:Wenn es aus irgendwelchen Gründen „Mord“ im amtlichen Sinne gewesen wäre, wären die Eltern nicht erst so spät verhaftet worden.
Sie werden ja wegen second degree murder angeklagt.
nskandal schrieb:Man könnte bei dem Bild das sich da abzeichnet auch mal in Richtung Depression denken.
Wäre auch möglich, auch eine Katatonie kann daraus resultieren. Aber im Endeffekt ist es eigentlich sogar fast irrelevant, was es genau war. Laceys Erkrankung ist das eine, das, was die Eltern taten, etwas ganz anderes.