Cassandra71 schrieb:Ob es obendrauf noch Sicherungsverwahrung gibt, bleibt abzuwarten...ich tendiere eher zu der Annahme, dass nicht.
Sieht man sich
§66 StGB genau an, so könnte es tatsächlich sein, dass die strengen Voraussetzungen der SV nicht erfüllt sind. Nach
Absatz 1 gilt nämlich:
Die Anordnung einer Verwahrung nach § 66 Abs. 1 StGB ist unter folgenden Bedingungen zulässig, die alle erfüllt sein müssen:
- Jemand wird aktuell zu einer mindestens zweijährigen Freiheitsstrafe wegen einer in § 66 Abs. 1 StGB benannten Straftat verurteilt.
- Der Täter wurde bereits in der Vergangenheit schon zweimal wegen einer solchen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt.
- Er hat bereits wegen dieser alten Taten mindestens zwei Jahre Haftstrafe verbüßt oder befand sich im freiheitsentziehenden Maßregelvollzug.
Quelle:
https://www.koerperverletzung.com/sicherungsverwahrung/#hierMord fällt unter die in §66 Abs. 1 StGB genannten Taten (hier: Straftat gegen das Leben). Der Angeklagte ist aber mWn nicht einschlägig vorbestragt und hat auch keine zwei jahre Haftstrafe verbüßt.
Eine SV nach
Absatz 2 hätte folgende Voraussetzungen:
Darüber hinaus kann ein Strafgericht laut § 66 Abs. 2 StGB die Sicherungsverwahrung auch anordnen, …
- bei einer Verurteilung des Täters wegen drei verschiedener Straftaten im Sinne von §§ 66 Abs. 1 Nr. 1 StGB zu jeweils mindestens einem Jahr Gefängnis,
- wenn eine dieser Strafen mindestens drei Jahre beträgt und
- wieder aufgrund der Neigung des Täters zu erheblichen Straftaten eine Gefahr für die Allgemeinheit besteht.
Quelle: ebda.
Diese Alternative dürfte bereits am ersten Punkt scheitern, da er keine drei verschiedenen Straftaten i.S.v. Abs. 1 begangen haben dürfte.
Bliebe noch
Absatz 3 der genannten Vorschrift:
Nach § 66 Abs. 3 S. 1 StGB kommt eine Sicherungsverwahrung auch in Betracht, wenn …
- jemand aktuell wegen einer erheblichen Straftat zu mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wird,
- er wegen einer solchen Straftat bereits einmal zu mindestens drei Jahren Haftstrafe verurteilt wurde und
- der Täter einen Hang zu erheblichen Straftaten hat und zum Zeitpunkt seiner Verurteilung eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt.
Quelle: ebda.
Die Voraussetzungen des dritten Absatzes dürften ebenfalls an der mangelnden Vorstrafe scheitern.
Insofern muss ich meinen früheren Beitrag dahingehend korrigieren, dass die Voraussetzungen für die SV, wie sie in §66 StGB festgelegt sind, mutmaßlich nicht erfüllt sind.
Die besondere Schwere der Schuld wird sich hingegen möglicherweise allein schon daraus ergeben, dass der Angeklagte vermutlich wegen zweier Morde verurteilt wird und eine Strafe von mehrfach lebenslanger Haft in solchen Fällen heute nicht mehr möglich ist. Die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld tritt häufig an deren Stelle. In so einem Fall ist die Aussetzung der Reststrafe zur Bewährung nach 15 Jahren regelmäßig ausgeschlossen:
Wenn von der „besonderen Schwere der Schuld“ die Rede ist, ist regelmäßig § 57a StGB gemeint. Nach dieser Vorschrift kann der Rest einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden, wenn fünfzehn Jahre der Strafe verbüßt sind (§ 57a Abs. 1 Nr. 1 StGB), die Reststrafenaussetzung unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann (§ 57a Abs. 1 Nr. Nr. 3 i.V.m. § 57 Abs. 1 Nr. 2 StGB), die verurteilte Person einwilligt (§ 57a Abs. 1 Nr. Nr. 3 i.V.m. § 57 Abs. 1 Nr. 3 StGB) und – worauf im Folgenden näher eingegangen werden soll – nicht die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten die weitere Vollstreckung gebietet.
Quelle:
http://schwurgericht.info/die-besondere-schwere-der-schuld/Man wird also mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mit einem Urteil wegen zweifachen Mordes (Mordmerkmale Verdeckungsabsicht und Habgier) rechnen dürfen und dass die besondere Schwere der Schuld festgestellt werden wird.
Ich möchte noch anfügen, dass ich mich an dieser Diskussion zwar auch beteilige, weil sie zweifelsohne interessant ist, ich aber auch sehe, dass es wieder einmal eine Straftat ist, bei der die Belange der Opfer und deren Angehörigen in der öffentlichen Wahrnehmung hinter dem Interesse an den Persönlichkeiten der Täter zurücktreten.
Das wiegt im vorliegenden Fall um so schwerer, da es der Hauptangeklagte ja offensichtlich versteht, den Prozess zur Bühne seiner Person, seiner Haltungen und Einstellungen zu machen. So, wie sein Auftreten im Prozess geschildert wird, ist das ein zusätzlicher Schlag gegen seine Opfer und deren Angehörige.
Allein, dass er sich das Bild seines Opfers im Prozess anschaut, wie hier schon geschrieben wurde. Ich möchte mir nicht vorstellen, welches Bild sich einem bietet, wenn ein Mensch aus nächster Nähe mit einer Schrotflinte erschossen wurde. Als Prozessbeteiligter denjenigen, der das angerichtet hat, beim Anschauen des Bildes auch noch neben sich zu wissen, übersteigt meine Vorstellungskraft.
Insofern wünsche ich auch den Prozessbeteiligten viel Kraft, dass sie diesen mit Sicherheit besonders belastenden Prozess eines Tages verarbeiten können.