Lichtgestählt schrieb:Könnte zwar ebenfalls als Mordmerkmal herhalten, müsste aber auch erst einmal nachgewiesen werden. Sonst bliebe es beim Totschlag.
Es hätte eventuell nicht geschadet, die niederen Beweggründe neben der Verdeckungsabsicht ebenfalls in die Anklageschrift aufzunehmen. Eines der beiden Merkmale greift mMn in jedem Fall, um die Tat als Mord zu qualifizieren und wäre auch hinreichend, selbst wenn man das jeweils andere verneinen sollte.
Lichtgestählt schrieb:Entscheidend ist, was der Täter bezwecken wollte. Und da komme ich zum Ergebnis, dass er die Aufdeckung der Wilderei verhindern oder verzögern wollte.
Dass es auf die Absicht des Täters ankommt, unabhängig von der Wahrscheinlichkeit, ob die Verdeckung gelingen wird, ist absolut richtig.
Es passt da natürlich nicht ganz ins Bild, dass ausgerechnet der Personalausweis eines der Verdächtigen am Tatort zurückblieb, und dann auch schnell zu den Verdächtigen führte. Die Verdächtigen wussten, dass einer der Beamten das Dokument an sich genommen hatte und hatten insofern allen Grund, nach diesem Perso gründlichst zu suchen. Dennoch blieb der Ausweis am Tatort zurück.
Warum ich auf die niederen Beweggründe so viel Wert lege? Nun, wir sind seit einer Reihe von Jahren damit konfrontiert, dass in Teilen der Bevölkerung ein abgrundtiefer Hass auf das Gemeinwesen und diejenigen Menschen kultiviert wird, die im Dienste und im Interesse dieser Gemeinschaft unterwegs sind: Rettungssanitäter, Feuerwehrleute, Polizisten, aber auch Lehrer, Richter und Menschen, die sich in der Zivilgesellschaft engagieren. Dazu Krankenhausärzte, Pfleger - recht oft Menschen, die in früheren Zeiten bei Konflikten quasi als unparteiische Helfer und als Neutrale wahrgenommen wurden, als "Nichtkombattanten", um es einmal kriegsvölkerrechtlich auszudrücken.
Ich weiß nicht, was in Menschen vorgeht, die an Rettungswagen Radmuttern locken, sich bei polizeilichen Maßnahmen als Mob mit den Verdächtigen solidarisieren - auf jeden Fall ist es eine Entwicklung, über die man tief beunruhigt sein sollte. Auch deshalb möchte ich persönlich die Einstellungen, die Haltungen, die zurückliegenden Handlungen der Angeklagten wissen. Die Persönlichkeitsstruktur solcher Menschen. Was braut sich da zusammen, das auch über diese Tat hinausweist?
Und im hier diskutierten Fall hätte man doch von Täterseite her einer weiteren Überprüfung recht gelassen entgegen sehen können- man hätte von einem Wildunfall sprechen können, das erlegte Wild hätte Teil des legalen Geschäftsbetriebes gewesen sein können- alles Dinge, die Streifenpolizisten vor Ort nicht sofort wiederlegen können und die es ermöglicht hätten, der Strafverfolgung zunächst vielleicht sogar zu entgehen. Wenn die Personalien festgestellt sind, das Wild nicht mehr sagen kann, wem es gehört und die Lage unklar ist, wären die beiden Polizisten vermutlich wieder weggefahren. Wegen eines Lieferwagens voller toter Waldtiere wird für gewöhnlich kein SEK gerufen. Vielleicht wird eine Anzeige geschrieben. Kaum wahrscheinlich, dass man bei bekannten Personalien nachts auf der Landstraße sehr viel mehr hätte unternehmen können.
Und zum Thema Mitschuldige: Freiheit schafft Verantwortung. Wenn ich frei handeln darf und kaufen, bei wem es mir beliebt, dann habe ich auch eine moralische Pflicht, die Augen offen zu halten, ob da womöglich etwas nicht stimmen kann. Wenn mir ein Jäger laufend mehr Wild anbietet, als er selbst legal entnommen haben kann, oder mir Angebote macht, bei denen ich nicht nachfragen mag, dann sollte ich vielleicht hellhörig werden. Ich weiß nicht, ob es so etwas wie "Jagdhehlerei" gibt, aber Unwissenheit schützt bekanntlich nicht vor Strafe.