Boho schrieb:Wo ist denn die Info, wann der Termin gemacht wurde? Der Anwalt selbst sagt öffentlich, dass er erst am 11.9. in dem Fall beauftragt wurde.
In der Klageschrift. Ob das den Tatsachen entspricht, wird man vielleicht erfahren, wenn es zum Prozess kommt, denn dann müssen die Kläger das natürlich belegen.
18. It is believed, and therefore averred that on or about August 28, 2021, Brian
Laundrie advised his parents, Christopher Laundsie and Roberta Laundric, that he had murdered Gabrielle Petito. On that same date, Christopher Laundrie and Roberta Laundrie spoke with Attomey Steve Bertolino, and sent him a retainer on September 2,2021
Quelle: Klageschrift, weiter vorn verlinkt
margaretha schrieb:Die Daten wann der Anwalt nun mandatiert wurde spielt ja nur bei der Frage ob die Eltern von Brian von ihm unterrichtet wurden eine zentrale Rolle, mir geht es jetzt aber vielmehr darum wen S. Bertollino denn nun vertreten hat. Bertollino, bzw. ein Anwalt kam erstmals am 11.09. ins Spiel, als die Polizei Brian zu Hause antraf und er diese auf seinen Anwalt verwies.
Gute Frage, es hat den Anschein, dass er sich zunächst zumindest als Vertreter aller drei empfand. Denn einmal berät er Brian, ein anderes Mal die Eltern und spricht auch für diese. Wäre die Sache anders ausgegangen, hätte das so nicht weitergehen können, es ist schon an diesem Zeitpunkt grenzwertig, da ein Anwalt nie zwei oder mehr Mandanten gleichzeitig vertreten darf, deren Interessen potentiell kolllidieren.
margaretha schrieb:Ich verstehe absolut, daß er Brian riet zu schweigen (hätte jeder andere Anwalt sicher auch getan), aber weshalb wurde auch den Eltern ein Maulkorb verpasst? Also ein so striktes Verbot über Brian, Gabby etc. noch nicht mal mit der Tochter zu sprechen. Cassie Laundrie erschien mir (mag subjektiv sein) durchaus authentisch als sie schilderte, daß sie neben der zukünftigen Schwägerin auch den Bruder UND ihre Eltern verloren hat (ich vermute, weil diese auf Rat des Anwalts nicht mit ihr sprechen sollen)
Das war schon der richtige Rat, da ja zu dem Zeitpunkt noch gar nicht klar war, wie alles weitergeht. Es waren aber genug Anzeichen da, dass man gegen Brian strafrechtlich vorgehen werde oder zumindest könnte. Da in den USA Eltern und Geschwister kein Recht haben die Aussage zu verweigern, hätte alles, was sie sagen gegen Brian verwendet werden können. Dazu kam, dass zu diesem Zeitpunkt auch nicht klar war, ob die Eltern sich selbst strafbar gemacht hatten. Daher auch hier der gute Rat zu schweigen.
Obwohl eigentlich jeder hunderte Fernsehkrimis usw. kennt, in welchen den Ganoven immer vorgehalten wird, dass sie das Recht haben zu schweigen, tun es in der Praxis die wenigsten. Als Strafverteidiger raufe ich mir manchmal die Haare und predige immer und überall, dass man doch einfach nur den Mund halten sollte.
:D Photographer73 schrieb:Ich sehe das auch so, dass er sich der Verantwortung entzogen hat. Er stellte sich keinen Verhören, keiner Verhandlung; keinen unangenehmen Fragen, nicht Gabbys Familie usw. Er ist tot, ja. Aber Verantwortung hat er nicht übernommen. Und die Wahrheit nahm er auch mit ins Grab, anstatt der Familie wenigstens Gewissheit zu geben. Der Selbstmord war der easy way out.
Das ist eine sehr gute Zusammenfassung. So stellt es sich dar.
Papaya64 schrieb:Interessante Überlegung. Vielleicht mag Rick_Blaine das kommentieren, der ist im US-Recht hier wohl kundig wie kein anderer.
Na ja, in der Klageschrift werden ja mehrere Punkte aufgeführt. Grob gesagt kann man zwei Argumente unterscheiden:
1. Die Laundries haben gewusst, dass Gabby tot ist und wo sie ist, und haben Gabbys Eltern in ihrer Verzweiflung nicht nur ignoriert sondern auch aktiv versucht, ihren Anfragen auszuweichen, die ganze Zeit in dem Wissen, dass sie damit den Schmerz der Eltern Gabbys vergrössern
2. Sie haben durch das statement, das sie von ihrem Anwalt vortragen liessen bewusst die Eltern Gabbys getäuscht und sie in ihrer -leider vergeblichen- Hoffnung bestärkt, dass Gabby noch leben könnte, und haben dadurch den emotionalen Schmerz noch verstärkt.
Es ist wie gesagt noch nicht klar, ob ein oder beide Argumente erfolgreich sein werden, aber wenn, dann halte ich persönlich das zweite für stärker als das erste. Moralisch ist beides sicher falsch, aber hier geht es um die juristische Bewertung.
Das bringt mich zu einer letzten Bemerkung: Ich finde es mehr als grenzwertig, den Eltern Gabbys hier unlautere Motive oder Verhalten im Zusammenhang dieser Klage vorzuwerfen. Das ist unmöglich, setzt aber leider den Trend fort, den es in diesem thread ja merkwürdigerweise schon lange gab, dass man irgendwie den Opfern hier etwas unterstellen will (Gabby oder auch ihren Eltern). Das ist für mich auch unakzeptabel.
Gabbys Eltern haben alles Recht der Welt, diese Klage zu erheben. Ob die amerikanische Justiz am Ende sagt, ja, ihr habt einen vernünftigen Grund Klage zu erheben, und ja, die Laundries haben euch absichtlich schweren emotionalen Schaden zugefügt, oder nicht, wird man sehen. Dazu sind Gerichte da.