Manche Zeitungen, so wie die Lokalpresse hier, hat ihre Artikel oft für einen bestimmten Zeitraum offen und dann kommt die paywall.
Jut, dann werde ich mich wieder um eine Zusammenfassung des 4. Prozesstages bemühen.
Der Tag fing unerwarteter Weise doch nochmal mit einer Zeugenbefragung an, denn der nicht erschienene Zeuge vom Vortag war nun doch da. Er hatte nämlich in der Zeitung gelesen, dass gegen ihn ein Ordnungsgeld verhängt wurde bzw. Ordnungshaft.
Da wollte er dann wohl doch lieber seinen A... retten und ist noch gekommen
;)Als Begründung, warum er nicht erschienen war, gab er an, dass seine Post falsch zugestellt wurde (an seine alte Adresse) aber dann urplötzlich hatte er sie gefunden (nun ja...)
Es handelte sich um den Tätowierer von Bianca. Er hatte nicht wirklich viel Interessantes zu berichten . Man hoffte, er könne vor allem etwas berichten über B.'s Pläne des Neuanfangs. Er wusste, dass das Tattoo ein symbolischer Neuanfang sein sollte , deswegen hat er es ihr auch geschenkt ( interessant nochmal hinsichtlich des Umstandes, dass B. dann das Geld, was sie eigentlich dafür ausgeben wollte noch dabei gehabt hatte...die Oma sprach gestern davon, dass sie vermutete, dass B. ohnehin noch ca. 400 Euro bar dabei gehabt haben muss + die übriggebliebenen 150 Euro für den Tätowierer ergibt ja schon ein Sümmchen)
Der Tätowierer berichtete dann von seiner Tätigkeit und dass er ja eine Art Seelsorger wäre, die Leute würden ihm viel aus ihrem Leben erzählen. Die Hoffnung auf wertvolle Auskünfte stieg also und der Richter fragte, was ihm denn B. erzählt habe. Antwort: Nichts
Dann ging es noch darum, ob B. telefoniert hätte. Der Zeuge sprach davon, dass sie definitiv mit ihrem Handy zu Gange war. Telefoniert hätte sie aber nicht. Die Anwältin lass ihm seine Aussage bei der Polizei vor, damals hatte er ausgesagt, dass sie telefoniert habe
(ehrlich gesagt, ist es für mich unverständlich, wie man das komplette Gegenteil erinnern kann und vor allem, warum diese Zeugen sich nicht wenigstens ein paar Notizen von ihren Aussagen gemacht haben. Das weiß man doch, dass man das ggf. bei Gericht aussagen muss, wird einem auch gesagt- war selber schon als Zeugin vernommen worden)
Er beschrieb dann noch, dass B. Stimmung sich zum Ende hin verändert hatte und sie vor allem während der S-Bahn Fahrt (sie fuhren alle zusammen nach Oranienburg) nervös und angespannt gewirkt habe und sich auch öfter nervös umgeschaut hätte.
Dann hätten sich die Wege getrennt. Sie wäre nach links Richtung Turmcity abgedüst (hörte ich zum ersten Mal und ergibt irgendwie null Sinn für mich, da ja laut Aussage ihrer Freundin sie sich von B. an der Ecke Bernauer Straße verabschiedete, was nach rechts vom Bahnhof geht) Auch sprach der Zeuge davon, dass sie alleine wegfuhr und komischerweise aber auch nicht mehr zu sehen war (die Strecke ist gerade einsehbar und geht gute 600-700 m schätze ich, B. hätte also sehr schnell weg sein müssen).
Für mich klang das alles so ein bisschen aus dem Moment heraus erfunden.
Der Zeuge wurde dann auch recht zügig wieder entlassen .
Dann kam der interessantere Teil, das langersehnte psychologische Gutachten (mir ist erst heute bewusst geworden, dass ich den Gutachter eigentlich "kenne", da ich schon das eine oder andere Interview von ihm gelesen und auch einige Fachbücher zuhause habe
;))
Prof. Dr. med. Hans-Ludwig Kröber
Wikipedia: Hans-Ludwig Kröberhatte sich zu mehreren Gesprächen mit dem TV verabredet. Zwei fanden im September in der JVA Wulkow statt und dann gab es Ende November auf Anfrage des Verteidigers noch ein Gespräch bzgl. des Sensenmannes (dieser erklärte später nochmal , er wollte dies einordnen lassen, er konnte es selber nicht einordnen, was sein Mandant da berichtete)
Bevor ich ins Detail gehe, das Wichtigste in Kürze: Im Hinblick auf die Schuldfähigkeit wird überprüft, ob eine psychische Erkrankung vorliegt, eine gravierende Persönlichkeitsstörung, Suchterkrankung und/oder eine gravierende sexuelle Devianz
In allen Bereichen konnte der Gutachter eine gravierende Auffälligkeit feststellen oder anders in allen Bereichen liegt K. im psychischen Normalbereich, die Annahme einer vollumfassenden Schuldfähigkeit ist also gegeben, ein Maßregelvollzug oder Sicherheitsverwahrung erachtet er nicht als notwendig.
Wie kommt er darauf?
Zwar gab es Belastungsfaktoren in der Kindheit (sind bekannt, der sex. Mißbrauch ist nicht aktenkundig und es gäbe widersprüchliche Aussagen , K. selber konnte dazu keinerlei Angaben machen, so dass fraglich ist, ob es ihn wirklich gab, festgestellt hatte es damals die Psychologin, es gibt aber nichts dokumentiertes) aber keinerlei Hinweise darauf, dass dies gravierende Auswirkungen auf K's Entwicklung gehabt hätte bzw. entsprechende auffällige Reaktionen bei ihm hervorgerufen hätte (es geht hier immer nur um Auffälligkeiten im pathologischen Sinn)
Die Mobbingerfahrungen ließen sich auch nicht eindeutig erfassen, es erschien ihm eher als wäre normales "Stänkerverhalten", welchem K. wenig entgegensetzen konnte, als Mobbing definiert worden.
Er hat keine psychotische Erkrankung
Seine Persönlichkeitsstruktur beschreibt er als akzentuiert schizoid (sein Eigenbrötlertum , Rückzug aus der Welt, die leichte Reizbarkeit und starke Kränkbarkeit bei bestimmten Themen), sie bewegt sich jedoch nicht im Bereich einer Persönlichkeitsstörung.
K. habe durchaus die Fähigkeit Beziehungen einzugehen und zu halten, wie die langjährige (8 Jahre) Beziehung zu seiner Freundin zeigt (davor gab es auch schon eine Freundin). Diese wären undramatisch verlaufen und konnten auch undramatisch beiderseitig beendet werden.
Es gibt keinerlei Anhaltspunkte einer Suchterkrankung. Zwar trinke K. gerne Bier und habe berichtet, dass er oft Bier in seinem Rucksack dabei habe aber das wären Mengen im Rahmen von 2-5 Flaschen, was im Normalbereich liege, zumal K. diese nicht regelmäßig konsumiere und es keinerlei Rauschzustände auslösen würde.
Die sexuellen Vorlieben sähe er noch im Bereich der gesellschaftlich legitimierten vielfältigen Varianten. Sie würden im gegenseitigen Einverständnis vorgenommen werden, tragen keine Züge der Demütigung, sind nicht obsessiv. Er vermute, da K. im allgemeinen ein sehr niedriges Erregungslevel hat (im Sinne der Reaktion, des Antriebs) benötige er im sex. einen starken Anreiz und neige deswegen zu derlei Vorlieben, das habe aber keine pathologische Qualität.
Die Gespräche an sich beschrieb er als sehr gesprächig aber wenig informativ. K. hätte zwar bereitwillig und viel geredet aber eigentlich nichts wirklich gesagt. Er empfand es als regelrecht langweilig, da man schlecht an irgendewtas anknüpfen konnte und K. nicht wirklich auf Fragen antwortete sondern sich in Details verlor und von Dingen sprach, die gar nicht erfragt wurden. Auffällig wäre auch seine gleichmütige Vortragsweise gewesen. Auch der Umstand, dass er vermeintlich unschuldig inhaftiert ist, rief keine erkennbare Emotionalität hervor (im Prinzip so, wie er sich auch jetzt im Gerichtssaal zeigt), er nimmt aber keinerlei Medikamente (auch nicht am Tattag)
So, zum Thema Sensenmann und K's Äußerungen zur Tat, mache ich einen zweiten Teil, jetzt brauche ich erstmal eine Pause
;)