Papaya64 schrieb:Aufgrund der Schärfe der Diskussion möchte ich noch einmal klar sagen: Ich habe weder Beweise für noch glaube ich an Gs Unschuld
Papaya64 schrieb:Ich verteidige hier mein Verständnis von Rechtsstaat, wie ich ihn seit meiner Jugend kennen gelernt habe.
Papaya64 schrieb:Und dazu gehört eben auch, dass niemand verurteilt werden darf, wenn seine Tat nicht eindeutig bewiesen ist. Erst recht nicht zu Lebenslänglich oder gar zum Tod, wie in anderen Staaten.
Das bedeutet im Umkehrschluss, dass ein Mörder manchmal nicht verurteilt werden kann. Das ist aber der Preis dieses Systems.
Ich finde den Beitrag und die grundsätzliche Einstellung von
@Papaya64 durchaus ehrenwert. Es gibt nur einen Haken: Wenn der Rechtsstaat seine Mittel zur Verurteilung von Straftätern nicht mehr voll ausschöpfen kann (oder will) und es von der individuellen Cleverness abhängt, ob ein Verbrecher zur Rechenschaft gezogen wird oder nicht, dann ist das meines Erachtens untragbar.
Konkret geht es um Indizienprozesse und -urteile. Wenn ich
@Papaya64 richtig verstehe, dann erkennt er die im Prozess gegen MG zusammengetragenen Indizien in der Summe nicht als hinreichenden Beweis für die Täterschaft von MG an. Er verlangt stattdessen, dass jedes Indiz für sich genommen Beweischarakter hat.
Legt man diese Messlatte an, würde es künftig Verurteilungen aufgrund einer Kette von Indizien quasi nur noch dann geben können, wenn diese Anhaltspunkte einzeln für sich Beweisstatus hätten.
Das würde etwa gelten, wenn ein Mörder geständig wäre, auf frischer Tat ertappt würde oder ihm Tatwerkzeuge bzw. Spuren (Genabdruck etc.) direkt zugeordnet werden könnten.
Es gibt aber viele Fälle - wie jetzt auch bei KM-, wo die Beweislage nicht so unmittelbar ist, wo erst durch eine Reihe von Indizien geschlussfolgert werden kann, dass ein Tatverdächtiger mit hinreichender Sicherheit auch der Täter ist.
Soll in solchen Fällen auf ein Mordurteil verzichtet werden - also immer dann, wenn keines der klassischen Beweise vorliegt und man sich stattdessen auf eine schlüssige Indizienkette stützt?
Dann könnte so mancher Mörder hoffen, mit Cleverness straffrei zu bleiben. Im vorliegenden Fall hat es der Täter ja verstanden, zu verschleiern, wie sich der Mord im Detail zugetragen hat. Und weil er den Leichnam verschwinden ließ, kann beispielsweise auch die genaue Todesursache nicht mehr exakt geklärt werden.
Muss er deswegen auf freiem Fuß bleiben - auch wenn ansonsten alle Umstände von seiner Täterschaft künden (Motiv, Anwesenheit am Tatort, Beschaffung einer einschlägigen Waffe, Beseitigung von Beweismitteln etc.)?
Motto: Wir wissen, dass Du der Täter bist, aber wir lassen Dich frei, weil Du so raffiniert warst zu verdecken, ob Du nun zum Beispiel zu einer Armbrust oder zu einem Baseballschläger gegriffen hast. Und wegen dieses fehlenden Detailbelegs
muss es der Rechtsstaat eben akzeptieren, dass ein Mord auch mal ungesühnt bleibt...
Gespannt bin ich auf die Reaktionen hier, wenn der BGH das Urteil in der Revision bestätigen sollte. Wird das dann goutiert oder ist dann der Rechtsstaat obsolet?