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Der Giftmord an Heinz Kern (Graz, 1972)

236 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, Österreich, Gift ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Der Giftmord an Heinz Kern (Graz, 1972)

19.06.2021 um 15:36
Nochmal zu der Auswahl des Inhaltes.
In der Familie meiner Mutter (Jahrgang 1960) war es zu dieser Zeit noch so, dass Fleisch und Bier ausschliesslich von den männlichen Familienangehörigem konsumiert wurden. Biertrinkende Frau: Undenkbar. Beim Essen hieß es die Jungs und Männer bräuchten das Fleisch für die schwere körperliche Arbeit, für den weiblichen Teil sah man hier kein Bedarf und für alle Fleisch, da hätte das Geld bei sechs Kindern auch nicht gereicht. Das war dann später anders was das Essen anging. Mit dem Bier erinnere ich mich aber immer noch, dass meine Oma immer sagte ich soll den Herren im Keller Bier holen gehen. Dass die Gattinnen vielleicht auch eins trinken wollen würden, kam nicht mal in den Sinn.


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Der Giftmord an Heinz Kern (Graz, 1972)

19.06.2021 um 16:20
Zitat von angellostangellost schrieb:Nochmal zu der Auswahl des Inhaltes.
In der Familie meiner Mutter (Jahrgang 1960) war es zu dieser Zeit noch so, dass Fleisch und Bier ausschliesslich von den männlichen Familienangehörigem konsumiert wurden. Biertrinkende Frau: Undenkbar. Beim Essen hieß es die Jungs und Männer bräuchten das Fleisch für die schwere körperliche Arbeit, für den weiblichen Teil sah man hier kein Bedarf und für alle Fleisch, da hätte das Geld bei sechs Kindern auch nicht gereicht. Das war dann später anders was das Essen anging. Mit dem Bier erinnere ich mich aber immer noch, dass meine Oma immer sagte ich soll den Herren im Keller Bier holen gehen. Dass die Gattinnen vielleicht auch eins trinken wollen würden, kam nicht mal in den Sinn.
Hallo, @angellost ,

ich selbst bin Mitte der 60er geboren ,also nicht unwesentlich jünger als deine Mutter und in einer urbanen Umgebung aufgewachsen.

Meine Erfahrungen sind anders :-)

Fleisch war natürlich für alle da und die 70er waren, zumindest in Westdeutschland inkl. Berlin, das Zeitalter der "Eckkneipen", die es wirklich sprichwörtlich an jeder Ecke zu finden gab.

Die waren ein Hort des sozialen Miteinanders, ganze Viertel trafen sich dort z.B. sonntags zum " Frühschoppen" oder öfters abends, um Nachbarn oder Freunde "auf ein Bier" zu treffen. Frauen tranken bei diesen Gelegenheiten nicht ausschließlich Wasser oder Schorrle, sondern natürlich auch Bier.

Ich setze mal voraus, daß die Errungenschaften der späten 60er, so z.B. das Aufbröseln traditioneller Rollenbilder, in Graz, immerhin der zweitgrößten Stadt Osterreichs , schneller vorangekommen ist als in eher provienziellen Gegenden Österreichs oder Deutschlands.


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Der Giftmord an Heinz Kern (Graz, 1972)

19.06.2021 um 18:09
Zitat von angellostangellost schrieb:In der Familie meiner Mutter (Jahrgang 1960) war es zu dieser Zeit noch so, dass Fleisch und Bier ausschliesslich von den männlichen Familienangehörigem konsumiert wurden. Biertrinkende Frau: Undenkbar. Beim Essen hieß es die Jungs und Männer bräuchten das Fleisch für die schwere körperliche Arbeit, für den weiblichen Teil sah man hier kein Bedarf und für alle Fleisch, da hätte das Geld bei sechs Kindern auch nicht gereicht.
@angellost

Biertrinkende Frauen sah man damals in der Öffentlichkeit wohl eher selten.
Ausnahme: Berliner Weisse mit Schuss. Die haben Frauen schon immer auch
im Biergarten getrunken.

In den eigenen vier Wänden- oder wenn man im Freundeskreis war,
im Sommer gegrillt hat z.B.-, haben Frauen auch Bier getrunken.
Es gab auch damals schon viele Biersorten. (Wahrscheinlich mehr als heute) Auch leichte "Frauenbiere".
Meine Mutter hat sich ab und zu einen Schluck aus der Bierflasche meines Vaters eingegossen.
Daran erinnere ich mich noch.
Also ganz so streng war es nicht.

Und hier musst du bedenken, wurde ein Paket an eine Privatadresse verschickt.
Warum sollte die Frau nicht etwas von dem Bier mittrinken?
Oder sich auch ein Brötchen mit der Wurst machen?

Das ist ja gerade das Riskante an vergifteten Lebensmitteln:
Der Täter weis nicht, wer davon isst.
Er weiss noch nicht mal, ob es nicht weiterverschenkt wird.


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Der Giftmord an Heinz Kern (Graz, 1972)

19.06.2021 um 18:15
@JestersTear @frauZimt

Ich hab ja nicht gesagt, dass es überall so war wie in meiner Familie mütterlicherseits.

Meine Oma väterlicherseits hat auch immer gerne mal ein halbes Bier getrunken abends. Wein sowieso (an der Mosel lebend).

Alles was ich sagen wollte war, dass man nicht selbstverständlich von den heutigen Gegebenheiten ausgehen sollte. Weder war Fleisch Hauptnahrungsmittel, noch war es mit dem Alkoholkonsum so bestellt wie heute. Empirische Daten liegen mir allerdings leider nicht vor, deshalb definitiv anekdotische Evidenz.


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Der Giftmord an Heinz Kern (Graz, 1972)

19.06.2021 um 18:52
Zitat von angellostangellost schrieb:Alles was ich sagen wollte war, dass man nicht selbstverständlich von den heutigen Gegebenheiten ausgehen sollte.
@angellost

Absolut nicht.
Für mich ist das der große Unterschied zu heute:
Damals war es üblich, selbst produzierte Lebensmittel zu verschenken.
Von eingemachter Marmelade, über eingewecktes Obst, bis hin zu Wurst und Schinken aus Hausschlachtungen.
Damals bedankte man sich mit Lebensmitteln und der Beschenkte hat sich gefreut und fand das angemessen.
Wir sind da heute sehr viel heikler.

Ich denke, dass sich Kerns sicher waren, von wem das Päckchen stammt.
Das kommt bestimmt von Frau...XY.

Der Mörder wird das Ehepaar gut gekannt haben.
Ich lege mich nur nicht auf Herrn Kerns Privat-, Liebesleben fest.
Ich denke, der Täter könnte Herrn Kern auch als beruflichen Konkurrenten gehasst haben.


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Der Giftmord an Heinz Kern (Graz, 1972)

20.06.2021 um 14:36
Zitat von Nightrider64Nightrider64 schrieb am 30.05.2021:Ich frage mich, wie man selbstgemachte Lebensmittel aus einem Paket verzehren kann, dessen Absender man nicht kennt.
War man seinerzeit so arglos.
Ich würde das erstrecht nie tun, wenn das Begleitschreiben dazu mit "hochachtungsvoll" unterzeichnet ist.
Aber vielleicht hat er häufiger mal von Verehrerinnen oder Verehrern Päckchen bekommen, da er ja bekannterweise verheiratet war, vielleicht dann lieber unter Männernamen oder an die Tanzschule. Das hat man hier evtl. deshalb doch noch flott geändert, damit der Inhalt gesichert nicht vergammelt ankommt.
Er kann trotzdem z.B. wegen der Zusammenstellung geahnt, oder sogar gewusst haben, von wem das kam.
"Liesl, Dein Gehacktes ist einfach das Beste auf der Welt".
Zitat von JestersTearJestersTear schrieb am 30.05.2021:Er hätte einen Einheimischen gefragt haben können :-)
Er oder sie hätte auch einfach am Bahnhof einem der streunenden Kofferträger oder Tagelöhner dort
ein paar Mark auf die Kralle geben können, damit der schnell den Botengang zur Post übernimmt und selber solange bequem in einem Cafè sitzen können.
Ich glaube, das gab es damals noch ganz allgemein häufiger, dass man am Bahnhof mit wenig Zeit irgendwelche Jungs anhielt und mit Koffertransport oder sonstigen Kleinigkeiten beauftragen konnte.
Derjenige hat sich evtl.dann im Nachhinein lieber nicht gemeldet, da sowieso kleinkriminell Polizeiärger oder ihm gefühlt auch eh gar keine hilfreiche Beschreibung der/des Auftraggebers mehr möglich gewesen wäre. (Außer vielleicht:
"Also rückblickend wars sehr dumm von mir, denn die/der wirkte irgendwie seltsam gönnerhaft mit soviel Trinkgeld und evtl. verkleidet")
Zitat von HöhenburgHöhenburg schrieb am 31.05.2021:t. Im Raum Graz des Jahres 1972 dürfte man die Anzahl der Läden, wo man Löwenbräu, noch dazu in Dosen, bekommen konnte, an einer Hand abzählen können
Ich war da Kleinkind und kenne es aus den Siebzigern vor allem noch vom deutschen Ufer des Bodensees als DAS Bier.
Ich dachte früher als Kind immer, der Lindauer Hafenlöwe und Bodenseewasser hätten damit zutun.😂
Zitat von Nightrider64Nightrider64 schrieb am 08.06.2021:Ich denke, der Mann, der das Arsen in der Apotheke kaufen wollte ist zumindest Tatbeteiligter.
Ich gehe nicht so unbedingt davon aus, dass der abgewiese Apothekenkunde damit zutun hatte.
Der wollte evtl. auch einfach nur traditionell im Schuppen ein Rattengift legen und wusste wirklich nicht, dass das so streng geregelt ist


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Der Giftmord an Heinz Kern (Graz, 1972)

20.06.2021 um 17:02
Zitat von ZeraldaZeralda schrieb:Ich würde das erstrecht nie tun, wenn das Begleitschreiben dazu mit "hochachtungsvoll" unterzeichnet ist.
@Zeralda

Das war wirklich eine andere Zeit. Kann ich dir versichern, weil ich als Kind
solche Lebensmittelgeschenke selbst wahrgenommen habe.
Man hat sich gefreut, das als freundliche Aufmerksamkeit wahrgenommen.

Der Brief/das Paket war für Kerns sicher nicht anonym.
Die werden damit schon eine Person in Verbindung gebracht
(und sich geirrt haben).

Übertragen wir das mal in unsere Zeit:

Stell dir vor, in der Adventszeit bekommst du ein Paket mit deinen Lieblingskeksen/Lieblingspralinen.
Du gibst Kurse für Kinder und Jugendliche. Dir macht das Spaß, du arbeitest mit den Kindern gerne länger.
Einige magst du richtig gerne und die Eltern sind auch nett.
Du kannst die Unterschrift nicht lesen, aber alles passt:
Advent, genau die Kekse, die du magst, alles schön verpackt, die Kekse in einer hübschen Dose.

Wirfst du das Paket weg?
Denkst du daran es wegzuwerfen, probierst aber doch vorher einen Keks?
Gehst du in Gedanken die möglichen Schenker durch und rufst sie an?
Stellst du die Keksdose in den Schrank und nimmst sie am Montag mit in den Unterricht,
um zu klären, von wem die Kekse sind?

Die sehen wirklich lecker aus...Einen könnte man doch probieren...


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Der Giftmord an Heinz Kern (Graz, 1972)

20.06.2021 um 17:38
oh, jetzt bin ich ja doch erstaunt...ich bekomme auch heute noch gelegentlich Lebensmittelpakete, für die Hunde und für mich.

wir essen immer alles auf:) und ich wäre niemals auf die Idee gekommen, das da Gift drin wäre.

ne, so interessant sind wir nicht...im Gegensatz zu H.Kern, der war interessant und hat sich sicher Feinde gemacht...wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um....

wobei ich nie nicht Herrn oder Frau Kern eine Mitschuld unterstellen möchte, ganz bestimmt nicht, diese Tat ist durch nichts! zu entschuldigen und ich wünsche sehr, das der Schuldige noch ermittelt werden kann.


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Der Giftmord an Heinz Kern (Graz, 1972)

20.06.2021 um 17:53
@andura
Du sagst es selber:
Zitat von BanduraBandura schrieb:wobei ich nie nicht Herrn oder Frau Kern eine Mitschuld unterstellen möchte, ganz bestimmt nicht,
Das mit der "Gefahr - und darin umkommen" sehe ich anders.
Zitat von BanduraBandura schrieb:... H.Kern, der war interessant und hat sich sicher Feinde gemacht...
wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um....
Dass sich Kerns "nicht nur Freunde" gemacht haben- sondern auch Feinde- konnten sie vielleicht ahnen.
Vermutlich ist ihnen da einiges zugetragen worden.
Aber - und das ist ja der Punkt - , sie hatten eben auch Freunde, Bewunderer, dankbare Schüler.
Und wie der Brief formuliert ist, schien der Verfasser auf eine Gegenleistung zu erwarten.

Dass ein Feind einen heimtückischen Giftanschlag wagen würde, damit war bestimmt nicht zu rechnen.
Dass sich Menschen bei ihnen bedanken dagegen schon.
Zitat von BanduraBandura schrieb:oh, jetzt bin ich ja doch erstaunt...ich bekomme auch heute noch gelegentlich Lebensmittelpakete, für die Hunde und für mich.
Werden diese Geschenke persönlich überreicht- oder per Post geschickt?
Ist der Absender leserlich geschrieben?
Weisst du, von du von wem die Pakete kommen, weil so etwas angekündigt wird? usw.

Ich bekomme auch gelegentlich etwas zu Essen.
Das wird immer persönlich überreicht.
wenn niemand zu Hause ist und es sich um etwas handelt, das nicht in den Kühlschrank muss, liegt eine
unterschriebene Karte dabei. (Aber das passiert selten)


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Der Giftmord an Heinz Kern (Graz, 1972)

20.06.2021 um 18:02
Zitat von ZeraldaZeralda schrieb:as Begleitschreiben dazu mit "hochachtungsvoll" unterzeichnet ist.
Das hatte seinerzeit eine andere Bedeutung. Heute schreibt man "Mit freundlichen Grüßen" und wenn man mit hochachtungsvoll grüßt, dann ist das eher eine Distanzierung, letzte Ermahnung u.ä.
Aber seinerzeit war das wohl noch gang und gäbe Briefe so abzuschließen.
Zitat von ZeraldaZeralda schrieb:ch glaube, das gab es damals noch ganz allgemein häufiger, dass man am Bahnhof mit wenig Zeit irgendwelche Jungs anhielt und mit Koffertransport oder sonstigen Kleinigkeiten beauftragen konnte.
Dann hat man einen potentiellen Zeugen, bei dem man sich auch denken muß, das dieser eventuell aussagt.
Viel zu gefährlich da einen x beliebigen mit zu beauftragen.
Zitat von frauZimtfrauZimt schrieb:Werden diese Geschenke persönlich überreicht- oder per Post geschickt?
Ist der Absender leserlich geschrieben?
Weisst du, von du von wem die Pakete kommen, weil so etwas angekündigt wird? usw.
Ich denke, hier liegt der Unterschied und die Arglosigkeit des Herr Kern .
Offensichtlich sind Dir die Absender immer bekannt.

Kern hingegen konnte den Absender nicht kennen, da es ihn als Person so gar nicht gab.
Andererseits scheint er Vertrauen gehabt zu haben, weil genau sein Geschmack getroffen wurde. Sowohl mit dem Bier, wie auch mit dem Aufstrich.
Daraus schlußfolgere ich, das der Täter Herrn Kern bzw, desssen Vorlieben gekannt haben muß.


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Der Giftmord an Heinz Kern (Graz, 1972)

20.06.2021 um 19:13
Zitat von Nightrider64Nightrider64 schrieb:Das hatte seinerzeit eine andere Bedeutung. Heute schreibt man "Mit freundlichen Grüßen" und wenn man mit hochachtungsvoll grüßt, dann ist das eher eine Distanzierung, letzte Ermahnung u.ä.
Aber seinerzeit war das wohl noch gang und gäbe Briefe so abzuschließen.
@Nightrider64
Dazu hatte ich auch etwas geschrieben - und wieder gelöscht, weil es mir zu lang schien.

Ich sollte mal für meinen Vater einen Brief an einen Herrn schreiben, den er verachtet hat. Da musste etwas geklärt werden.
Den Brief sollte ich mit "Hochachtungsvoll" unterschreiben. Ich hab mich geweigert.
Ich ab gesagt: "Das macht heute kein Mensch mehr. Bringst du "dem Typen" Hochachtung entgegen?
Ich schreibe "mit freundlichem Gruß. Das reicht."

Mein Vater ist der Meinung, dass die Sitten heute verroht sind. Eine unverheiratete Frau ist für ihn zum Beispiel ein "Fräulein"
(auch wenn die Dame 60 ist.)
Als wir rumdebattierten kam heraus, dass für meinen Vater "hochachtungsvoll" nicht unbedingt Achtung ausdrückt.
Hochachtungsvoll kann auch bedeuten: Lass mich in Ruhe.
So wie Hans Moser in den alten Filmen grantelte: Habe die Ehre....

Das hat nichts mit dem Fall zu tun. Hochachtungsvoll, ist einfach out.
Aber interessant finde ich, dass man früher formal korrekt und trotzdem beleidigend sein konnte.
Zitat von Nightrider64Nightrider64 schrieb:Ich denke, hier liegt der Unterschied und die Arglosigkeit des Herr Kern .
Offensichtlich sind Dir die Absender immer bekannt.
Das ist gerade die interessante Frage.
Ich würde sagen, je mehr Appetit ich auf ein Präsent habe, desto bereitwilliger nehme ich an,
dass Essenspräsent verdient zu haben. Oder das es von einem Netten stammt.
Appetit schlägt Vorsicht, könnte man sagen.- Und das ist ja auch das Perfide.
Je Leckerer, desto bereitwilliger glaube ich zu wissen, von wem das Geschenk kommt.

Wenn das Präsent meinen Geschmack nicht trifft- oder wenn es unappetitlich aussieht, mag ich es nicht essen.
Dann würde ich es wegwerfen und denken, der Schenker wird sich schon zu erkennen geben.

Man muss doch einfach nur weg von dem Leberwurstgeschenk und hin zu Dingen, die man selber sehr gerne isst.

In den 60ern- und in den Jahren davor- wurde sehr viel weniger fertig gekauft und mehr zu Hause eingeweckt, eingekocht,
eingelegt, Brot gebacken. Es gab viel mehr Hausschlachtungen.

Wenn ich zurückdenke, wurden die letzten Lebensmittel persönlich bei uns abgegeben. Darunter ein Hirschbraten (rohes Fleisch) von einem Jäger. Mein Onkel bringt Nachbarn geschlachtete Tauben und Hasen und bekommt dafür Kuchen.
Der Kuchen wird von der Nachbarin speziell eingepackt. Daran sieht er, wer der Absender ist, wenn der Kuchen vor seiner Tür steht.

Der Punkt ist- wie bei Kerns- wie verhält man sich heute, wenn ein super leckeres Paket kommt-
und der Absender nicht leserlich ist?
Da muss heute ja auch nicht (wie damals) selbst Produziertes drin sein.


Es ist ja nun nicht so schwer, Gift in fabrikverpackte Lebensmittel (Konfektschachteln) zu füllen.
Es ist ja nur ein unwichtiger Aspekt, dass in dem Paket diese Wurst war.

Wer herausgefunden hat, was der Feind gerne isst, kriegt auch seinen Geburtstag raus.
Oder Vereinsmitgliedschaften, ein Jubiläum etc. Und mit einem Geschenk zu einem gefeierten Anlass,
wäre die Verschleierung noch perfekter. Plötzlich kommen noch Arbeitskollegen als Absender in Frage.

So ein Giftanschlag - etwa anders aufgezogen- könnte heute auch funktionieren.

(Und genau so daneben gehen, wenn das Paket weitergeschenkt wird.)


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Der Giftmord an Heinz Kern (Graz, 1972)

21.06.2021 um 11:24
Zitat von frauZimtfrauZimt schrieb:Das hat nichts mit dem Fall zu tun. Hochachtungsvoll, ist einfach out.
Aber interessant finde ich, dass man früher formal korrekt und trotzdem beleidigend sein konnte.
Mag ja sein, dass Dein Vater diese Formel heute so empfunden hat, aber trotzdem war das seinerzeit das normale und neutrale Äquivalent zu "mit freundlichen Grüßen". Das kann man in jedem alten "Benimmbuch" oder Ratgeber zum Briefeschreiben nachlesen. Genauso wie die Anrede "Sehr geehrte Herren" wo man heute natürlich "Sehr geehrte Damen und Herren" schreibt. Aber das ist jetzt nicht so wichtig.

Interessant wäre allenfalls, wann in Österreich die Formel "mit freundlichen Grüßen" üblich wurde. Ich könnte mir vorstellen, dass das etwas länger gedauert hat als in Deutschland, weil man in Österreich doch eher konservativ in solchen Fragen ist.

Denn: Wenn seinerzeit "mit freundlichen Grüßen" in Österreich schon allgemein üblich gewesen wäre, hätte vielleicht eher ein älterer Mensch den Brief formuliert und dann eben die für ihn übliche, aber altmodische Schlussformel gebraucht.

Allerdings glaube ich nicht, dass damals "mit freundlichen Grüßen" schon soweit verbreitet war, dass man sich an diesem Detail orientieren kann. Führt also auch nicht weiter....


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Der Giftmord an Heinz Kern (Graz, 1972)

21.06.2021 um 11:42
Zitat von brigittschebrigittsche schrieb:Mag ja sein, dass Dein Vater diese Formel heute so empfunden hat, aber trotzdem war das seinerzeit das normale und neutrale Äquivalent zu "mit freundlichen Grüßen".
@brigittsche
vollkommen klar. - Hat mit dem Fall auch nichts zu tun.
In Gang kam die Diskussion um die Schlussformel, weil hier jemand schrieb, e/sie würde
sich schwer wundern, wenn ein Brief mit "hochachtungsvoll" endet.
Das ist heute völlig out.

Ich würde mich nur erkundigen, wie ein Brief enden sollte, wenn ich an den Bundespräsident
schreibe. Oder an die Queen. Das wird aber wahrscheinlich nicht passieren.
Und auch für diese Adressaten wird es moderne Varianten geben,
so dass man sich nicht im Staub wälzen muss.


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21.06.2021 um 20:52
Hochachtungsvoll ist heute eine Art "Drohgeste", wenn freundlichere Grüße nicht mehr angebracht sind.
In diesem Fall wäre heutzutage "freundliche Grüße" oder "Liebe Grüße" angebracht.

Wie dem auch sei, war wohl noch sehr konservativ dort vor 50 Jahren und so wird dies eine übliche Grußformel gewesen sein.


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Der Giftmord an Heinz Kern (Graz, 1972)

21.06.2021 um 21:32
Zitat von Nightrider64Nightrider64 schrieb:Wie dem auch sei, war wohl noch sehr konservativ dort vor 50 Jahren und so wird dies eine übliche Grußformel gewesen sein.
Der Mörder hat sicher peinlich darauf geachtet, dass das Paket keinen Grund zur Beanstandung gibt.

Wenn die Grußformel zu herzlich gewählt worden wäre, hätten Kerns den Absender im nächsren Umfeld vermutet
und sich vor dem Verzehr viell. bedanken wollen.

So klang die Formel respektvoll, angemessen, dankbar.
Der Brief ist schon sehr durchdacht.

Was mussten Kerns denken?
Das Paket ist vermutlich von dem, aber es könnten auch diese Leute sein...


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Der Giftmord an Heinz Kern (Graz, 1972)

21.06.2021 um 21:53
Die Grußformel "Hochachtungsvoll" war, wenn man nicht befreundet oder wenigstens näher bekannt war, um die Tatzeit auch bei jungen Leuten üblich, das wäre sonst aufgefallen. Und auffallen wollte der Täter ja nicht.

Interessant finde ich die Wahl des Falschnamens. Der Täter ist mit einiger Überlegung vorgegangen, und wenn ich mich in ihn hineinversetze, so würde ich bedenken:
1. es muss ein Name sein, der einigermaßen gewöhnlich für die Gegend klingt, aber
2. keine Assoziation mit einer näheren Bekanntschaft hervorruft (sonst könnte das Opfer ja z.B. den Spender spontan anrufen und sich bedanken wollen)

Also wäre es möglich, dass der Täter nicht nur die Essgewohnheiten des Opfers recht gut kannte sondern auch über die Namen der Verwandten und Freunde des Herrn Kern gut Bescheid wusste, um einen passenden Falschnamen wählen zu können.

Was die Vorliebe für deftige Kost wie Verhackertes betrifft, mochten das seinerzeit quasi alle Männer (mit und ohne Sport), Frauen haben eher wenig davon gekostet, das war schon die Zeit des Schlankheitsbewusstseins, da hatte man als Frau in der Regel keine Vorliebe für fette Kost (die Nachkriegszeit war lange schon vorbei, die Kühlschränke voll).

Das Tat-Verhackerte (noch mehr das vergiftete) musste geschmacklich wirklich ausgezeichnet sein, das konnten auch damals nicht alle Hausfrauen oder Wirte wirklich gut zubereiten. Das wusste der Täter, dass ein schlechtes oder langweiliges Gericht nicht aufgegessen werden würde. Für die geschmackliche Zubereitung musste also (abgesehen vom Arsen) sorgfältiger Aufwand betrieben werden. Da hat entweder einer das Verhackerte seiner Mama nach eigener Vorstellung noch etwas aufbereitet oder die Mama selber wars - oder beide. Es könnte natürlich auch sein, dass einer von beiden nicht kriminell beteiligt war, aber aus Scham später nichts verraten hat.


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Der Giftmord an Heinz Kern (Graz, 1972)

21.06.2021 um 22:06
Zitat von alalmaalalma schrieb:Das Tat-Verhackerte (noch mehr das vergiftete) musste geschmacklich wirklich ausgezeichnet sein, das konnten auch damals nicht alle Hausfrauen oder Wirte wirklich gut zubereiten.
@alalma

Das ist eine interessante Bemerkung.
Also nicht nur, dass Herr Kern das gerne aß, es wurde
nicht oft wirklich gut gemacht. Eine Portion von guter
Qualität war eine Verlockung und wurde gerne gegessen.

Wenn ich an meine Eltern denke: Meine Mutter steckt immer zurück,
wenn mein Vater etwas gerne isst. Sie lässt ihm das dann.

Zum Thema "Verhackertes",- ich kenne mich damit nicht aus.
Weisst du, ob das einen aromatischen Geruch hat (für jemanden, der es mag?)
Das stelle ich mir gerade so vor. Das Opfer hat erstmal daran gerochen,
um festzustellen ob es frisch und gut gewürzt ist.

Oder ist der Geruch eher neutral?


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Der Giftmord an Heinz Kern (Graz, 1972)

21.06.2021 um 22:36
Zitat von alalmaalalma schrieb:Was die Vorliebe für deftige Kost wie Verhackertes betrifft, mochten das seinerzeit quasi alle Männer (mit und ohne Sport), Frauen haben eher wenig davon gekostet, das war schon die Zeit des Schlankheitsbewusstseins, da hatte man als Frau in der Regel keine Vorliebe für fette Kost (die Nachkriegszeit war lange schon vorbei, die Kühlschränke voll).
Hallo @alalma ,

noch ein paar Gedanken dazu: das war die Generation , die im Krieg oder kurz danach geboren wurde. Die Kindheit dieser Leute bestand aus Entbehrungen, das wird in Österreich nicht anders als in Deutschland gewesen sein.

In den frühen 70ern waren die Kühlschränke tatsächlich wieder voll - und man zeigte seinen Wohlstand. Dazu gehörte bei vielen auch das Wohlstandsbäuchlein. Während Menschen gehobenerer gesellschaftlichen Schichten heute oft asketisch wirken, sprach man früher nicht umsonst von " fetten Bonzen" . Ich erinnere mich noch an Sprüche meiner eigenen Kindheit " Du musst mehr essen, Jung, damit aus dir was wird" oder " Männer ohne Bauch sind keine richtigen Männer.

Worauf ich hinaus möchte : ich glaube, dem Inhalt des Freßpakets wird überbewertet. Madame Zimt zog bereits einen sehr schönen Vergleich mit den Adventsplätzchen : der Inhalt des Pakets waren halt die Adventsplätzchen des "modernen Mannes" der 70er .

Ich glaube weiterhin, daß der Täter(in) den Tod der Frau Kern mit einkalkuliert hatte.
Beide waren Sportler, aber wenn er sich sowas "fettes" trotzdem schmecken lässt, ist die Chance gar nicht mal so gering, daß sie auch auf die Idee gekommen wäre, von den Leckereien zu naschen. Frauen hatten trotz Miss Twiggy "food porn" in den frühen 70ern schon für sich entdeckt.


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Der Giftmord an Heinz Kern (Graz, 1972)

21.06.2021 um 23:18
Zitat von frauZimtfrauZimt schrieb:Zum Thema "Verhackertes",- ich kenne mich damit nicht aus.
Weisst du, ob das einen aromatischen Geruch hat (für jemanden, der es mag?)
Riecht schon gschmackig, die Rezepte waren/sind unterschiedlich, und Hausfrauen hatten wie meine Mutter seinerzeit auch Geheimrezepte. :-)
Kannst ja das mal probieren zwecks Vorstellung der Verlockung:
https://www.gutekueche.at/verhackertes-rezept-6684


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Der Giftmord an Heinz Kern (Graz, 1972)

21.06.2021 um 23:23
Zitat von alalmaalalma schrieb:as Tat-Verhackerte (noch mehr das vergiftete) musste geschmacklich wirklich ausgezeichnet sein, das konnten auch damals nicht alle Hausfrauen oder Wirte wirklich gut zubereiten. Das wusste der Täter, dass ein schlechtes oder langweiliges Gericht nicht aufgegessen werden würde. Für die geschmackliche Zubereitung musste also (abgesehen vom Arsen) sorgfältiger Aufwand betrieben werden.
Das heißt:
Der Täter muß gewußt haben, das H.Kern das wirklich gern gegessen hat und
Ein Kenner dieser Spezialität gewesen sein muß.
Ich kann mir gut vorstellen, daß Heinz es verschmäht hätte, hätte es nicht einwandfrei geschmeckt, so wie er sich das halt vorstellte.
Ein Indiz dafür, das der Täter Heinz und seine Vorlieben kannte.
Zitat von JestersTearJestersTear schrieb:Ich glaube weiterhin, daß der Täter(in) den Tod der Frau Kern mit einkalkuliert hatte
Vielleicht aber hielt er die Wahrscheinlichkeit für gering, auch die Ehefrau damit zu töten.
Vielleicht nahm er es einfach in Kauf.
Ich glaub aber das eigentliche Ziel des feigen Anschlags war nur Heinz Kern.

Hat er überhaupt mit seiner Frau noch zusammen gelebt ?
Ich denke da an die 23 Jahre alte "Mannequin Begleitung" mit der er des Öfteren gesehen wurde.

Als norddeutscher Stadtmensch fällt es mir eh schwer zu glauben, das da etwas gegessen wurde, wo man nicht weis von wem das ist und das Anschreiben mit Hochachtungsvoll unterzeichnet ist.
("Wie kann man so leichtsinnig sein" hätte mein Vater schon 1972 gesagt zu dem Fall)

Ich finde es noch verwerflicher, daß Heinz das Paket ja auch hätte weiter verschenken können, an jemanden völlig unbeteiligten. Vielleicht sogar noch jemanden zum deftigen Schmauß mit einladen.
Ich weis nicht, ob es sich bei dem Täter um so einen Soziopathen handelte, dem das alles egal war, jemanden, der zu blöd war diese Gefahren zu überblicken oder jemanden, der genau zu wissen glaubt, nur Heinz Kern würde das essen.


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