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Tödlicher Unfall auf der A 66

389 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Unfall, 2020, Autobahn ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Tödlicher Unfall auf der A 66

13.10.2020 um 17:09
Zitat von monstramonstra schrieb:Ich behaupte, es ist lebensfremd anzunehmen, jemand würde hier sehenden Auges in sein Unglück rasen, seinen Ferrari, Porsche oder was auch immer schrotten und Dritte töten wollen. Ja: Diese Leute sind nicht Herr ihrer Sinne, sie überschätzen sich maßlos, sie sind total verblödet und sie sind naiv leichtgläubig - was für Kriminelle nicht untypisch ist. Sie sehen das Unrecht ihrer Raserei ein, aber sie nehmen Tote nicht billigend in Kauf.

Sonst könnte ich das dann auch jeden Autofahrer unterstellen, der vorsätzlich eine rote Ampel an einer belebten Kreuzung überfährt - und ihn wegen versuchten Mordes bestrafen. Ich kann dann drakonisch bestrafen, Hurra!, aber das Schuldprinzip bleibt damit auf der Strecke.
Ich teile diesen Beitrag. Glaube auch nicht, dass man da Vorsatz unterstellen kann und diese Form der Anklage, auch wenn es sich für die Hinterbliebenen wie sinnloser Mord anfühlen mag. Es ist ganz schrecklich, dass solche Unfälle geschehen, dass manche sich und ihr fahrerisches Können stark überschätzen - aber wohl kaum, um sich selbst dabei zu töten oder andere. Leider passiert sowas dann durch sowas, dennoch teile ich @monstra's Meinung dazu.


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Tödlicher Unfall auf der A 66

13.10.2020 um 17:36
Zitat von InterestedInterested schrieb:Glaube auch nicht, dass man da Vorsatz unterstellen kann und diese Form der Anklage, auch wenn es sich für die Hinterbliebenen wie sinnloser Mord anfühlen mag.
Für Opfer, tot oder ein Leben lang gezeichnet, für ihre Angehörigen ist die Rücksichtslosigkeit der Verursacher und die brutale Gewalt ihrer Fahrzeuge, die wie Waffen erscheinen, kaum zu ertragen. Aber meiner Ansicht nach gibt es wesentlich sinnvollere Ideen, die Raserei einzudämmen:

- Ein Ende der blinde Förderung und Bevorzugung der deutschen Autoindustrie, die immer stärkere und schwerere PS-Boliden auf die Straße schickt und mit 1000 Tricks alle Versuche umgeht, den CO2-Ausstoß zu senken. Mein erster Golf (1990) hatte 50 PS, Höchstgeschwindigkeit 150 km/h. Der aktuelle 150 PS, Höchstgeschwindigkeit 214 km/h. Verbrauch: Keine Änderung.

- Technik und Fahrassistenzsysteme sind gut, verstärken aber das Gefühl der Fahrer, ihnen könne in ihren abgeschotteten und geräuschgedämmten, 1,5 bis 2 Tonnen schweren Hochsicherheitszellen nichts passieren.

- Kein Tempolimit auf deutschen Autobahnen: Ein Unding und Einladung zur Raserei. Jeder, der an einem Freitag versucht mit der Richtgeschwindigkeit von 130 km/h von Flensburg nach Kufstein zu fahren, kann ein Liedchen davon singen.

- Keine ausreichenden Tempokontrollen. Berlin, die Stadt der ersten "Raser-Mörder", hat weniger stationäre Tempofallen als die Stadt Tübingen (3,8 Mio. zu 90.000 Einwohner). Mobile Kontrollen finden aus Personalmangel kaum statt. Jeder Berliner weiß das. Die Forderung nach einem "Blitzer" auf dem Ku`Damm wurde erst jüngst wieder unter fadenscheinigen Gründen (Verdrängungseffekt) abgelehnt. Dabei hat sich schon wieder ein schwerer Unfall bei einer Raserei ereignet. Ein Opfer liegt noch immer im Koma. Beteiligt u.a. ein gemieteter 7er BMW mit 520 PS, Neupreis 120.000 Euro. Die Auto-Verkehrstoten gehen zurück, die toten Fußgänger und Radfahrer nehmen allerdings zu.

- Langsamer und gleichmäßiger Verkehrsfluss ohne große Geschwindigkeitsdifferenzen würde zu einer besseren Straßennutzung führen. Gerade in Großstädten wäre Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit angezeigt. Das verhindert Staus und Unfälle.

Lieber bestraft man aber tödliche Raser (zumeist mit Migrationshintergrund), meiner Ansicht nach unverhältnismäßig, weil sie ein wunderbares Feindbild abgeben. Abgeschreckt hat das offenbar bisher nicht, die Raserei auf dem Ku`Damm geht trotz "Lebenslänglich" weiter.


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Tödlicher Unfall auf der A 66

13.10.2020 um 18:11
Zitat von monstramonstra schrieb:Aber meiner Ansicht nach gibt es wesentlich sinnvollere Ideen, die Raserei einzudämmen:
Wie wäre es damit: Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit im Fahrzeug selbst auf max. 160 km/h.


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Tödlicher Unfall auf der A 66

13.10.2020 um 18:24
@JosephConrad
Was hilft das, wenn wie bei uns Rennen mit Tempo 100 in der 30er Zone gemacht werden? Wie kann man diese Klientel stoppen?


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Tödlicher Unfall auf der A 66

13.10.2020 um 18:33
Zitat von kelly-19kelly-19 schrieb:Weiß man eigentlich was über den Porsche Fahrer, der sich im Nachhinein gestellt hat,
ich habe noch nirgends was davon gehört oder gelesen, klar der Frankfurter Influencer
steht natürlich im Haupt-Focus.
Die "Aachener Zeitung" meldet, das der sich nicht gestellt sondern von der Polizei verhaftet wurde. Das Auto ist sichergestellt, und der Fahrer schon nach Frankfurt geschafft worden.


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Tödlicher Unfall auf der A 66

13.10.2020 um 18:39
Bitte kehrt zum Kernthema zurück. Die Diskussion gerät langsam OFF-Topic.


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Tödlicher Unfall auf der A 66

13.10.2020 um 18:51
Zitat von monstramonstra schrieb:Lieber bestraft man aber tödliche Raser (zumeist mit Migrationshintergrund), meiner Ansicht nach unverhältnismäßig, weil sie ein wunderbares Feindbild abgeben. Abgeschreckt hat das offenbar bisher nicht, die Raserei auf dem Ku`Damm geht trotz "Lebenslänglich" weiter.
Weiss man nicht. Vielleicht gäbe es sonst noch mehr Rennen auf dem Ku’Damm.


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Tödlicher Unfall auf der A 66

13.10.2020 um 19:10
Hier noch ein paar Infos zum dem Flüchtigen:
Gesucht wird Ramsy Azakir (34), ein Mann ohne festen Wohnsitz. Auf den Fahndungsfotos zu sehen mit protziger Golduhr und teurer Sonnenbrille. Auf seinem Facebook-Profil zeigt er sich inmitten schneller Sportwagen und als Fan von Dubai Motors, einem der bekanntesten Autohändler der arabischen Welt. Azakir war unterwegs in einem Lamborghini mit 740 PS. Neupreis knapp 330.000 Euro. Ohne Extras.

Den ließ er in Hofheim stehen, nicht weit von der Firma eines Mannes mit gleichem Nachnamen, über die im Handelsregister steht, man betreibe den An- und Verkauf sowie die Vermietung von Fahrzeugen. Zufall, möglicherweise. Azakirs Lambo hat ein Kennzeichen aus Dubai. Auch Kennzeichen kann man bei Dubai Motors kaufen. Sprösslinge der Öl-Clans rasen damit gern über deutsche Autobahnen.
Dann steht hier noch, dass die Follower des "Influencers" wahrscheinlich nur gekauft sind.
Die BILD-Zeitung nennt Navid Alpha vorschnell einen Instagramstar. Weil er dort 1,1 Millionen Follower hat. Die allerdings hat der 29-Jährige höchstwahr-scheinlich gekauft. Dafür spricht die geringe Zahl an Kommentaren.
Quelle: https://www1.wdr.de/radio/wdr4/wort/zur-sache/kommentar-die-glitzerwelt-der-autoraser-100.html

In der FAZ ist die Rede davon, dass evtl. noch anderer Fahrer an dem Rennen beteiligt waren:
Wie eine Sprecherin der Frankfurter Staatsanwaltschaft mitteilte, ist das derzeit „Gegenstand der Ermittlungen“. Dass es noch weitere Beteiligte gebe, werde „nicht ausgeschlossen“.

In diesem Zusammenhang könnte ein Treffen mehrerer junger Männer an der Schwalbacher Straße in Wiesbaden am späten Freitagabend für die Ermittler zunehmend von Interesse sein. Wie berichtet, waren Zeugen mehrere Sportwagen der Luxusklasse aufgefallen. Darunter befand sich unter anderem ein dunkler Lamborghini, wie ihn der spätere Unfallverursacher Navid F., gefahren hat, sowie zwei Porsche und zwei Ferrari.

Ein weiterer Zeuge, der seinen Angaben zufolge am Samstagmittag zum Zeitpunkt des Unfalls auf der A66 unterwegs gewesen ist, spricht ebenfalls von einem Ferrari und einem weiteren Sportwagen, die mit den beiden Lamborghini und dem Porsche, die später an dem Unfall beteiligt waren, in „einem Korso“ gefahren seien.
Quelle: https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/region-und-hessen/unglueck-auf-der-a66-waren-weitere-fahrer-an-dem-rennen-beteiligt-16999648.html

Der Gesuchte wird hier als Deutsch-Pole bezeichnet:
Anschließend floh der Deutsch-Pole, der nach Angaben der Staatsanwaltschaft keinen festen Wohnsitz hat.

Quelle: https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/region-und-hessen/unglueck-auf-der-a66-waren-weitere-fahrer-an-dem-rennen-beteiligt-16999648.html



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Tödlicher Unfall auf der A 66

13.10.2020 um 21:15
Zitat von kleinundgrünkleinundgrün schrieb:Dann müsstest Du aber konsequent sein und wenn jemand in so einer Weise über die Autobahn brettert und nicht passiert, keiner kommt zu Schaden, eine Strafbarkeit wegen versuchten Mordes annehmen.
Du, das denke ich mir bereits seit vielen Jahren bei so manchen "ganz besonders dreisten und waghalsigen Rasern" innerorts aber auch auf Landstraßen und Autobahnen.

Je nachdem wie überhöht die Geschwindigkeit gewesen ist und auch wieder in Abhängigkeit von Verkehrsdichte und "innerer Einstellung" des Fahrers, die ich natürlich nicht kenne, dürfte das in einigen anderen Fällen gar nicht mal so abwegig sein.


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Tödlicher Unfall auf der A 66

13.10.2020 um 23:15
Hallo zusammen,

einige Anmerkungen von mir zu diesem schrecklichen Unfall:

1. Bei dieser Klientel von Rasern handelt es sich um Leute, für die leistungsstarke Fahrzeuge, die die gefahrene Geschwindigkeit bei 250 km/h automatisch abregeln und die über alle möglichen Fahrassistenzsysteme verfügen, etwas für Senioren sind und zuwenig Adrenalinausstoß produzieren.

2. Übertretungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit in einem extremen Ausmaß werden viel zu milde sanktioniert. Mehr als 1200€ Bußgeld, drei Punkte und drei Monate Fahrverbot sind nicht drin, selbst bei mindestens 250 km/h auf einer Bundesstraße nicht (getunter Golf auf der B20 zwischen Straubing und Cham vor einigen Monaten, höhere Geschwindigkeiten konnte das Messgerät nicht mehr erfassen!). Anderswo in Europa gibt es dafür drakonische Strafen bis zur entschädigungslosen Einziehung des Fahrzeugs! Daher werden derartige Rennen gerne nach Deutschland verlagert (z.B. A81).

3. Meiner Ansicht nach hätte der Gesetzgeber bei derartig extremen Geschwindigkeiten einen bedingten Vorsatz als unwiderlegbar festschreiben sollen; bei mehr als 1,00 Promille Blutalkoholkonzentration ist ja auch die absolute Fahruntüchtigkeit zwingend angenommen.

4. Ich verlinke noch einen Artikel zu einem Urteil zu einem hiesigen Raserunfall, das noch vor der aktuellen Gesetzesverschärfung erging:

https://www.swp.de/suedwesten/landkreise/alb-donau/urteil-gegen-raser-bestaetigt-30145924.html

Ich kenne die Strecke und habe seinerzeit auch das Video aus einem hinterherfahrenden Fahrzeug gesehen. Die ausgesprochene Strafe ist m.E. noch deutlich zu mild.

5. Es ist im Übrigen auch relativ einfach, sich ein derartiges Auto leisten zu können. Als Selbständiger kann man die Karre als Firmenwagen anmelden und u.a. die Leasingraten steuerlich geltend machen.


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Tödlicher Unfall auf der A 66

13.10.2020 um 23:26
Da ist uns allen bisher offenbar entgangen, dass der Bundestag im Oktober 2017 als Reaktion auf den Ku´damm-Fall einen neuen Straftatbestand geschaffen hat, nämlich diesen:
Strafgesetzbuch (StGB)
§ 315d Verbotene Kraftfahrzeugrennen

(1) Wer im Straßenverkehr
1.
ein nicht erlaubtes Kraftfahrzeugrennen ausrichtet oder durchführt,
2.
als Kraftfahrzeugführer an einem nicht erlaubten Kraftfahrzeugrennen teilnimmt oder
3.
sich als Kraftfahrzeugführer mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 2 oder 3 Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 strafbar.

(4) Wer in den Fällen des Absatzes 2 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Verursacht der Täter in den Fällen des Absatzes 2 durch die Tat den Tod oder eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.
Die fahrlässige Tötung ist damit hier vom Tisch, es greift seit Inkrafttreten von § 315d StGB bei verbotenen Kraftfahrzeugrennen diese spezielle Vorschrift ein.

Der Straftatbestand ist ähnlich gebildet wie Körperverletzung mit Todesfolge nach § 227 StGB: Der Vorsatz muss sich (nur) auf die Körperverletzung bzw. hier auf das gefährliche rücksichtslose Autorennen nach Abs. 1 und Abs. 2 beziehen. Tritt dadurch dann der Tod eines Menschen ein, ist hierfür (Todesfolge) kein gesonderter Vorsatz erforderlich, wie sich aus obigem Abs. 5 ergibt. Es reicht Kausalität zwischen Körperverletzung bzw. Kraftfahrzeugrennen und dadurch verursachtem Tod des Opfers. Bei Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge lautet der Strafrahmen nach Abs. 5 also: Freiheitsstrafe zwischen einem und 10 Jahren, in minder schweren Fällen 6 Monate bis zu 5 Jahren.

Unabhängig davon kann bei entsprechendem Vorsatzes bezüglich eines Mordmerkmals natürlich auch Mord in Betracht kommen


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Tödlicher Unfall auf der A 66

13.10.2020 um 23:34
Das Amtsgericht Villingen-Schwenningen hat aber jetzt dem Bundesverfassungsgericht einen Fall mit der Frage vorgelegt, ob der neue § 315 d StGB verfassungsgemäß ist.

https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/ag-villingen-schwenningen-vorlage-bverfg-315d-stgb-raserparagraf-verfassungswidrig-bestimmtheitsgebot-unbestimmt/

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts steht noch aus.

Das wird ja nun interessant mit dem hier diskutierten Raserfall und der Strafbarkeit der Beteiligten.


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Tödlicher Unfall auf der A 66

13.10.2020 um 23:44
Zitat von AndanteAndante schrieb:Tritt dadurch dann der Tod eines Menschen ein, ist hierfür (Todesfolge) kein gesonderter Vorsatz erforderlich, wie sich aus obigem Abs. 5 ergibt.
Ergänzung: Für die Todesfolge reicht Fahrlässigkeit aus:
Strafgesetzbuch (StGB)
§ 18 Schwerere Strafe bei besonderen Tatfolgen

Knüpft das Gesetz an eine besondere Folge der Tat eine schwerere Strafe, so trifft sie den Täter oder den Teilnehmer nur, wenn ihm hinsichtlich dieser Folge wenigstens Fahrlässigkeit zur Last fällt.



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Tödlicher Unfall auf der A 66

14.10.2020 um 00:02
Zitat von AndanteAndante schrieb:Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts steht noch aus.

Das wird ja nun interessant mit dem hier diskutierten Raserfall und der Strafbarkeit der Beteiligten.
Echt interessanter und leicht verständlicher Artikel :).
Was passiert eigentlich mit den bisherigen Verurteilungen, wenn der Paragraph für verfassungswidrig erklärt wird?


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Tödlicher Unfall auf der A 66

14.10.2020 um 00:12
@menari

Wird ein Gesetz vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt, gilt das auch rückwirkend. Auf diesem Gesetz beruhende rechtskräftige Urteile bleiben aber wirksam. Sie können jedoch nicht mehr vollstreckt werden.

Weitergehendes gilt für Strafverfahren: Wird eine Strafvorschrift für nichtig erklärt, können darauf beruhende Verurteilungen, wenn sie auf diesem nichtigen Gesetz beruhen, auch wenn sie rechtskräftig sind, per Wiederaufnahmeverfahren beseitigt werden.
Ein verfassungswidriges Gesetz erklärt das Bundesverfassungsgericht im Regelfall für nichtig. Die Nichtigkeit wirkt auch in die Vergangenheit und führt rechtlich gesehen zu einem Zustand, als ob das Gesetz niemals erlassen worden wäre. In bestimmten Fällen erklärt das Bundesverfassungsgericht eine Rechtsnorm lediglich für unvereinbar mit dem Grundgesetz und legt fest, ab wann sie nicht mehr angewendet werden darf. Dies geschieht insbesondere dann, wenn der Gesetzgeber verschiedene Möglichkeiten zur Beseitigung des Verfassungsverstoßes hat oder wenn die Nachteile des sofortigen Außerkrafttretens der Rechtsnorm größer sind als die Nachteile einer übergangsweisen Weitergeltung. Letzteres ist häufig bei Steuergesetzen der Fall, weil die Rechtsgrundlage für die Steuererhebung sonst ganz oder teilweise wegfiele. In der Übergangszeit kann der Gesetzgeber eine verfassungsgemäße Norm erlassen. In seltenen Fällen legt das Bundesverfassungsgericht selbst Übergangsbestimmungen fest.

Über das konkrete Verfahren hinaus führt die Nichtigkeit einer Rechtsnorm nicht dazu, dass alle anderen auf ihrer Grundlage ergangenen Entscheidungen ungültig werden (vgl. § 79 Abs. 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetz). Nicht mehr anfechtbare Entscheidungen bleiben wirksam, können aber nicht mehr vollstreckt werden. Eine weitergehende Regelung gilt für das Strafverfahren wegen seiner einschneidenden Wirkungen: Wenn ein Strafurteil auf einer nichtigen oder mit dem Grundgesetz unvereinbaren Rechtsnorm beruht, kann das Verfahren auch nach seinem rechtskräftigen Abschluss wieder aufgenommen werden.
Quelle: https://www.bundesverfassungsgericht.de/DE/Verfahren/Wichtige-Verfahrensarten/Wirkung-der-Entscheidung/wirkung-der-entscheidung_node.html


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Tödlicher Unfall auf der A 66

14.10.2020 um 00:47
Wobei sich die Vorlage ans Bundesverfassungsgericht offenbar nur auf die Frage bezieht, ob § 315 d Abs. 1 Nr. 3 wegen Unbestimmtheit gegen das Rechtsstaatsgebot verstößt.

Wenn die hier diskutierten Raser aber unter einen verfassungsrechtlich unbedenklichen § 315d Abs. 1 Nr. 2 fallen und, das kann man wohl bejahen, Gefährder nach Abs. 2 sind, sind für sie, da eine mindestens fahrlässig herbeigeführte Todesfolge nach Abs. 5 vorliegen dürfte, bis zu 10 Jahren Gefängnis drin - wenn denn nicht wegen Mordes verurteilt wird.


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Tödlicher Unfall auf der A 66

14.10.2020 um 00:47
Zitat von AndanteAndante schrieb:Wird ein Gesetz vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt, gilt das auch rückwirkend. Auf diesem Gesetz beruhende rechtskräftige Urteile bleiben aber wirksam. Sie können jedoch nicht mehr vollstreckt werden.

Weitergehendes gilt für Strafverfahren: Wird eine Strafvorschrift für nichtig erklärt, können darauf beruhende Verurteilungen, wenn sie auf diesem nichtigen Gesetz beruhen, auch wenn sie rechtskräftig sind, per Wiederaufnahmeverfahren beseitigt werden.
Das heißt im Klartext, die Leute, die deswegen sitzen, würden freigelassen?


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Tödlicher Unfall auf der A 66

14.10.2020 um 00:54
Zitat von menarimenari schrieb:Das heißt im Klartext, die Leute, die deswegen sitzen, würden freigelassen?
Nach Freispruch im Wiederaufnahmeverfahren, was sehr schnell geht, da ja keine Strafnorm (mehr) vorliegt, die das Verhalten des Betreffenden sanktioniert. Die StA selber würde den Freispruch beantragen, wofür 1 Satz reicht, und das Gericht würde fürs Urteil auch nur 1 Satz brauchen.


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Tödlicher Unfall auf der A 66

14.10.2020 um 00:57
Zitat von AndanteAndante schrieb:Nach Freispruch im Wiederaufnahmeverfahren, was sehr schnell geht, da ja keine Strafnorm (mehr) vorliegt, die das Verhalten des Betreffenden sanktioniert. Die StA selber würde den Freispruch beantragen, wofür 1 Satz reicht, und das Gericht würde fürs Urteil auch nur 1 Satz brauchen.
Das finde ich irgendwie besorgniserregend.


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Tödlicher Unfall auf der A 66

14.10.2020 um 01:11
Zitat von menarimenari schrieb:Das finde ich irgendwie besorgniserregend.
Warum? Alle Fälle der Wiederaufnahme eines rechtskräftig angeschlossenen Verfahrens richten sich nach den dafür vom Gesetzgeber geschaffenen Regeln, hier der StPO. Das gilt auch, sofern das zugrundeliegende Strafgesetz nichtig oder nicht vereinbar mit dem Grundgesetz ist. Das ist ausdrücklich so in § 79 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes bestimmt.
Gesetz über das Bundesverfassungsgericht (Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG)
§ 79

(1) Gegen ein rechtskräftiges Strafurteil, das auf einer mit dem Grundgesetz für unvereinbar oder nach § 78 für nichtig erklärten Norm oder auf der Auslegung einer Norm beruht, die vom Bundesverfassungsgericht für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist, ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung zulässig.
Das Gefängnispersonal kann schließlich nicht von sich aus das Gefängnistor aufmachen und Insassen entlassen, es braucht dafür eine Grundlage.

Man darf aber unbesorgt sein: Es sitzen wirklich nicht viele im Gefängnis, bei denen sich später herausstellt, dass das Strafgesetz, aufgrund dessen sie verurteilt wurden, vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt wurde. Im Gegenteil: so einen Fall wird niemand nennen können, weil er in der Praxis so gut wie nicht vorkommt. Viel häufiger sind ja andere Fälle der Verfassungswidrigkeit von Gesetzen, etwa im Steuer- oder Sozialrecht.

Und bei den allermeisten strafrechtlichen Verurteilungen handelt es sich nicht um Freiheitsstrafen. Geldstrafen sind viel häufiger.


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