Scarlett (26) beim Wandern im Schwarzwald verschollen

Es gab schon Fälle, wo Mantrailer-Hunde Autofahrten über hunderte Kilometer wittern konnten.

lemystere schrieb:Eine Frage bitte: In Todtmoos fanden damals Strassenbauarbeiten statt. Können solche Arbeiten, mit offenen Gräben, vielen Baufahrzeugen, vielleicht auch dem Geruch von frischem Teer, das Vermögen der Hunde beeinträchtigen, eine bestimmte menschliche Spur aufzunehmen? Als Laie würde ich sagen, sie schaffen es. Bin mir aber unsicher.

Also ich kann nur aus meiner Erfahrung berichten, da würde ich sagen: gut ausgebildete Mantrailer schaffen das. Teer oder Baustellen sind meiner Meinung nach kein Problem - Hunde können auch mal ein paar Meter überbrücken - z.B. über eine Straße hinweg (falls da z.B. der Belag aufgerissen wurde). Mantrailer riechen ja nicht die genaue "Trittspur" der vermissten Person sondern Geruchspartikel, die in der Umgebung der Spur "runterfallen". Das kann sich verwirbeln, und auch mal einige Meter von der real gelaufenen Spur abweichen.
Ich kenne die Situation vor Ort nicht genau, aber das ist keine betonierte Großstadt - da gibt es relativ schnell wieder Gras, Gebüsch und natürliche Oberflächen - da halten sich Geruchspartikel gut.
Hingegen glaube ich persönlich aber nicht daran, dass Mantrailer eine Autofahrt nachvollziehen können.

inspektor schrieb:Es gab schon Fälle, wo Mantrailer-Hunde Autofahrten über hunderte Kilometer wittern konnten.

Wenn Du das nicht belegen kannst, halte ich das für ein Gerücht.Für mich einfach unvorstellbar.

Ich frage mich wie stark die Spurenlage für die Mantrailer noch war, nach ca. 72 Stunden.

lemystere schrieb:Mir ist auch noch was eingefallen, und zwar wegen der Spur nach Wehr.
Kann es sein, dass es sich nicht um eine einzige Spur handelt, sondern um ZWEI sich überlagernde SPUREN, einmal die von Scarlett und zum anderen die von ihren Angehörigen? Familienmitglieder waren ja später die Strecke nach Wehr abgegangen.
Vielleicht handelte es sich bei einem Teil der Spur nach Wehr um Scarletts echte Spur. Und die wäre dann irgendwo unterwegs abgebrochen, entweder weil Scarlett sich vom Wanderweg entfernte oder, wo dieser die Strasse kreuzt, in ein Auto stieg. Die restliche Spur bis Wehr wäre demnach nur die von ihren Angehörigen.
Ich weiss echt nicht, ob sowas möglich ist. Hätten die Hunde den Unterschied zwischen Scarletts eigener, abreissender Spur und der weiterverlaufenden Spur der Familienmitglieder bemerkt? Wenn sie vom Weg in den Wald ist, hätten die Hunde das wahrscheinlich angezeigt.

Dazu wäre meine Einschätzung folgend (bitte aber auch wieder nur laienhaft):
Annahme: Gäbe es eine Spur von S. Richtung Wehr, darüber überlagernd noch zusätzlich die Spuren der Familienangehörigen - dann wäre das sozusagen eine "Autobahn" für mehrere Hunde. Der ein oder andere Hund würde dann Richtung Wehr laufen und aus Versehen die Spuren der Verwanden verwechseln. Einige Hunde würden im Wald irgendwo abbrechen und sagen: "He Mensch - da war jetzt einige Zeit lang eine Spur - aber jetzt find ich sie nicht mehr, jetzt ist sie z.B. vom Weg ab und ich hab den Abgang verpasst." Grundsätzlich würde sich mit mehreren gut ausgebildeten Hunden eine grobe Richtung bzw. Tendenz lokalisieren lassen. Mantrailer werden bei so einem Abbruch im Wald dann von Flächenspürhunden ergänzt - die suchen dann großflächig den Wald ab.

Hallgrim schrieb:Wenn Du das nicht belegen kannst, halte ich das für ein Gerücht.Für mich einfach unvorstellbar.

Z. B. dieser Fall https://kinzig.news/4435/mysterioeser-vermisstenfall-birgit-roesing-20-hinweise-nach-aktenzeichen-xy-eingegangen

oder dieser Fall
http://www.marlaktuell.de/?p=192831

@DogWoman

Super, vielen Dank für die fundierten Erläuterungen!

Ja, absolut nachzuvollziehen, das hatte ich vermutet, in einem kleinen Ort wie Todtmoos sind die Arbeitsbedingungen für die Mantrailer wesentlich besser als in einer Grossstadt, von daher auch die Trefferquote beim Spurverfolgen noch höher.

Deine zweite Antwort bez. sich überlagernde Spuren interpretiere ich so, dass die Hunde das auf jeden Fall bemerkt und entsprechend reagiert hätten. Somit ist meine Idee unbrauchbar, denn alle dort eingesetzten Hunde verfolgten wahrscheinlich kontinuierlich - und ohne ein besonderes Anzeigen unterwegs - die Spur (der Angehörigen) nach Wehr. Jedenfalls wurde kein ungewöhnliches Verhalten der Mantrailer auf dieser Route nach aussen kommuniziert.

Es ist sehr seltsam, dass keine Spur Scarletts zum offiziellen Einstieg der 6. Etappe nachgewiesen werden konnte. Das weist mM auf eine Nutzung einer Fahrgelegenheit aus der Umgebung des Edeka heraus hin oder dass die Spur zum Ibacher Kreuz doch ihre letzte bekannte Spur ist und nicht vom Vortag stammt.

lemystere schrieb:Daheim Bescheid gesagt, was ich vorhabe und dass mein Handy kaputt ist

das würde sich mit der Aussage decken, dass sie sehr zuverlässig war.

CorvusCorax schrieb:In Todtmoos gibts auch einen Euronics

stimmt, das ist aber ein Elektroladen, die haben eine Handvoll Schnurlos-Telefone, 3 Waschmaschinen, Glühbirnen... so Zeug.

Stan_Marsh schrieb:Aus meiner Sicht interpretieren wir hier viel zu viel in einzelne Informationshäppchen

Total. Aber auch alternativlos. Irgendwie.

Stan_Marsh schrieb:Man muss auch aufpassen, in welchem Kontext Aussagen getroffen wurden

genau der Punkt sowie der, dass wir nur einen Bruchteil der (sowieso spärlichen) Infos haben, macht das zum Stochern im Heuhaufen. Als Ameise.

Stan_Marsh schrieb:as führt aber aus meiner Sicht nicht zu weiterer Erkenntnis.

Ja und Nein. Bei mir hat es zu weiteren Erkenntnissen geführt, bzw. dass mein Bias recht eindeutig am IK wurzelt.

Stan_Marsh schrieb:im Zweifelsfall sogar in die technischen Details genau dieses Handymodells.

da könnte der ein oder andere Nerd wahrscheinlich weiterhelfen. Gibts hier im Forum bestimmt welche.

DogWoman schrieb:dann wäre für mich die logische Konsequenz, dass S. beim Edeka oder in unmittelbarer Umgebung in einen Bus oder ein Auto gestiegen ist.

Möglich wäre auch, dass sie - mit voll funktionalem Handy -tatsächlich im Ort eingestiegen ist und ihr Geruch aus dem Bus geströmt ist. IK steigt sie aus und wartet auf das Auto, das sie mitnimmt. Eher schwache Theorie. Heiteres Berufe-raten.

DogWoman schrieb:Hingegen glaube ich persönlich aber nicht daran, dass Mantrailer eine Autofahrt nachvollziehen können.

ein Bus hätte halt an den Türen diese Gummi-Lappen, da gibt es schon immer mal wieder Luftlöcher. Wenn der Bus älter war (ohne Klimaanlage) wäre an so einem heißen Tag sicher alle Fenster gekippt gewesen...

Hallgrim schrieb:Ich frage mich wie stark die Spurenlage für die Mantrailer noch war, nach ca. 72 Stunden.

"Zwischenzeitlich ergingen mehrere Urteile zu von Gerichten anerkannten Einsätzen von Mantrailern der sächsischen Polizei, bei denen das Spuralter mehrere Wochen betrug."

Quelle: wikipedia

lemystere schrieb:Es ist sehr seltsam, dass keine Spur Scarletts zum offiziellen Einstieg der 6. Etappe nachgewiesen werden konnte. Das weist mM auf eine Nutzung einer Fahrgelegenheit aus der Umgebung des Edeka heraus hin oder dass die Spur zum Ibacher Kreuz doch ihre letzte bekannte Spur ist und nicht vom Vortag stammt.

Touché!

@inspektor
Zum Fall Birgit Rösing: hätte man Sie dort gefunden, was ja aber nicht so war, ist das für mich kein Beleg, daß die Hunde der Spur folgen konnten. Aber man hat natürlich im Nachhinein eine plausibel Rechtfertigung bezüglich dem Aufwand den daraus entstandenen Kosten.

Wenige Tage nachdem die Polizei mit der Vermisstenmeldung an die Öffentlichkeit geht, schlagen Mantrailer-Hunde am Haus der Familie an. Sie führen die Ermittler über die nahegelegene A3 bis kurz vor Frankfurt. Mehr als 100 Polizeischüler durchsuchen das Pachtgebiet in der Rhön, wie unter anderem die Fuldaer Zeitung berichtet. In diesem Gebiet soll die Familie der Vermissten regelmäßig jagen gegangen sein. Doch die 58-Jährige habe sich an den Ausflügen nie beteiligt.
Aktenzeichen XY: Ermittler suchten Waldgebiet nach vermisster Birgit Rösing ab

„Die Route hat uns elektrisiert“, erklärte Staatsanwalt Mende gegenüber der Zeitung. Doch die großflächige Suche in dem angrenzenden Waldgebiet bleibt ohne Erfolg, von Birgit Rösing fehlt noch immer jede Spur.

Quelle: https://www.tz.de/tv/aktenzeichen-xy-zdf-vermisste-birgit-roesing-tv-frankfurt-cold-case-zr-13648859.html

Bei dem anderen Fall war die Mantrailersuche ja auch nicht zielführend. Kann man Glauben oder auch nicht.Geruchspartikel, Hautschuppen, etc. pp auf der Autobahn.

xpu_64 schrieb:"Zwischenzeitlich ergingen mehrere Urteile zu von Gerichten anerkannten Einsätzen von Mantrailern der sächsischen Polizei, bei denen das Spuralter mehrere Wochen betrug."

Das Ergebnis ist mir auch bekannt, es kommt eben immer auf die jeweillige Ausprägung der Spurenlage an. Und die ist von verschiedenen Einflüssen abhängig und daher von Fall zu Fall unterschiedlich.
Ebenso spielt das Hundeteam auch eine sehr große Rolle, die kombination von Hund und Hundeführer entscheidet oft über Erfolg oder Mißerfolg.

Um nun wieder auf diesen Fall zu kommen:

Welche Spur denkt Ihr denn nun, welche die richtige Spur ist, Edeka - Ik, oder Edeka - Wehr?

Bin ja nicht sehr Handy-affin, deshalb habe ich jetzt gerade nochmal was zu der Handy-Ortung nachgelesen. Dabei speziell per IMSI-Catcher. Verstehe ich das richtig, dass für eine Ortung das Handy auf jeden Fall eingeschaltet sein muß, um es orten zu können? Und wie ist das, wenn das Handy im Flugmodus ist?

Der Heli, der per IMSI-Catcher versucht hat, das Handy zu orten, ist ja erst einige Zeit nach dem Verschwinden geflogen. Wenn aber das Handy eingeschaltet sein muß, bzw. funktionsfähig, dann ist der Akku doch sicher eh nach ein paar Tagen leer gewesen. Wieso ist man dann davon ausgegangen, das Handy per IMSI-Catcher orten zu können?

https://www.alpine-rescue.org/ikar-cisa/documents/2018/ikar20181212006113.pdf

@CorvusCorax

Ja, der IMSI Catcher tut so, als ob er ein normaler Mobilmast wäre und das Handy meldet sich dann regulär an. Im Flugmodus natürlich nicht, da findet keine Funkkommunikation statt. Wenn der Akku leer ist, dann geht natürlich auch nichts mehr.

Keine Ahnung, ob und wann der Heli mit IMSI Catcher geflogen ist, aber mit jedem Tag nach Verschwinden sinkt die Wahrscheinlichkeit aufgrund des Verbrauchs des Handys.
Da wird man einfach gehofft und es dennoch nichts unversucht gelassen haben.

CorvusCorax schrieb:Bin ja nicht sehr Handy-affin, deshalb habe ich jetzt gerade nochmal was zu der Handy-Ortung nachgelesen. Dabei speziell per IMSI-Catcher. Verstehe ich das richtig, dass für eine Ortung das Handy auf jeden Fall eingeschaltet sein muß, um es orten zu können? Und wie ist das, wenn das Handy im Flugmodus ist?

Das Handy muss eingeschaltet- und darf nicht im Flugmodus sein. Wenn das Handy in keiner Funkzelle eingebucht ist (Funkloch) braucht man schon 2 oder mehr IMSI Catcher um die Position mit Triangulation bestimmen zu können. Der Akku heutiger Smartphones ist nach 2 Tagen leer.

inspektor schrieb:Es gab schon Fälle, wo Mantrailer-Hunde Autofahrten über hunderte Kilometer wittern konnten.

@inspektor
Darüber stelle mal ein paar Fälle ein.

frauZimt schrieb:Darüber stelle mal ein paar Fälle ein.

Habe ich schon.

Aus welchem Grund könnte Scarlett am 10.9. den Weg von Todtmoos zum Ibacher Kreuz zurückgegangen sein?

Dazu hätte ich eine simple Idee:
Sie kann am Tag zuvor etwas verloren haben auf ihrer Wanderung. Was Wichtiges wie Schlüssel, persönliche Dokumente, oder etwas das besonderen ideellen Wert für sie besitzt, zum Bsp. kleine Andenken von ihren Lieben. Das könnte während einer Rast passiert sein. Einfach aus der Tasche gefallen. Sollte es sich so zugetragen haben, könnte sie sich erinnert haben, an welcher Stelle das war. Wahrscheinlich dann in der Nähe des Ibacher Kreuzes. Es wäre ein triftiger Grund gewesen, den Weg nochmal zurückzugehen. Der Familie hätte sie dies in der Nachricht vom Vormittag des 10. ja nicht unbedingt mitteilen müssen. Daraufhin muss auf ihrer, hier angenommenen, Suche nach dem unverzichtbaren Gegenstand oder Dokument etwas viel Schlimmeres geschehen sein.
Wenn im Wald Richtung IK zum Bsp. ein Schlüssel im Gebüsch liegt, wäre der Fund ein grosser Zufall.
Es handelt sich lediglich um eine Spekulation. Warum schon ab Todtmoos keine Aktivität von ihr am Handy mehr stattfand, bleibt damit weiter unerklärlich.

@lemystere

Das ist ein sehr guter Gedanke. Ja, während einer Rast oder beim Austreten kann einem leicht etwas aus der Tasche fallen. Mir ist das schon passiert. Wegen meinem Schrittzähler bin ich tatsächlich 2-3 km zurück gewandert, weil ich wusste, dass er nur unter der Bank liegen konnte, auf der ich gerastet hatte. Und einmal habe ich in den Alpen - ziemlich weit oben - auf einem Stein meine Brille abgelegt und sie vergessen. Ob ihr es glaubt oder nicht, sie wurde im Ferienort beim Tourismusbüro abgegeben. Man könnte in den Tourist-Infos in Todtmoos oder Ibach die Fundsachen mal unter die Lupe nehmen.
Oder sie hat das verlorene Teil, vielleicht ihren Haus- oder Autoschlüssel, tatsächlich gefunden, und wollte dann - vor lauter Freude darüber - per Anhalter zurück nach Todtmoos fahren und doch noch die 6. Etappe antreten. Diese Fahrt könnte der große Fehler gewesen sein.
Warum schon ab Todtmoos keine Aktivität mehr am Handy? Sie wollte das erst erledigen und niemanden belasten. Ihre Lieben hätten ihr sowieso nicht helfen können.
Aber warum geht sie dann erst zum Edeka-Markt? Ich wäre auf direktem Weg dahin gelaufen oder gefahren. Der Grund dafür könnte gewesen sein, dass sie den Verlust erst nach ihrem Einkauf, also direkt danach, bemerkt hat.

@AnnCarola
Sehr gut ausgeführt.

Ich habe auch schon einmal weit ab jeder Zivilisation mein Handy auf einer kleinen Wanderhütte vergessen, dies aber erst vier Kilometer später bemerkt.

Was glaubst du, wie schnell und zielstrebig ich zurück gelaufen bin, da mir das Missgeschick eindeutig nachvollziehbar aufgefallen war.

@Stan_Marsh/JosephConrad

Danke für Eure Erklärungen bzgl. Handy-Ortung. Dann war es halt nur ein Versuch per IMSI-Catcher, dass das Handy noch irgendwo eingeschaltet liegen könnte.