Evil-Eve schrieb:Nach meinem Verständnis war Elisa weder Besitzer noch Halter von Curtis, sondern eher Fremdhüter - und zwar ohne Auftrag oder Absprache. Der Umstand, dass Elisa aber die Lebensgefährtin war und zum Haushalt gehörte, dies jedoch erst seit wenigen Tagen, macht eine Definition irgendwie schwierig. Gibt es juristisch versierte Mitleser, die hierzu etwas sagen können?
@Rick_Blaine ?
Tatsächlich ist die Sache nicht ganz einfach. Das Strafgesetz spricht im entsprechenden Artikel zur fahrlässigen Tötung durch einen Hund (ich hab das vor langer Zeit mal hier verlinkt) von einer Verantwortung entweder des Eigentümers oder der Person, die zur Tatzeit die Herrschaft über den Hund besass. Dabei geht das Gesetz offensichtlich davon aus, dass eine dritte Person getötet wird.
Komplizierter ist es nun in diesem Fall, wenn das Opfer die Person ist, die selbst die zeitnahe Gewalt über den Hund ausgeübt hat. Kann man nun auch noch den Eigentümer strafrechtlich haftbar machen?
Hier kommen einige juristische Konzepte zum Tragen, zuerst einmal die Frage der Fahrlässigkeit an sich. Fahrlässig ist ein Verhalten, wenn der Täter das Risiko, dass das Verhalten zu einem Schaden führt nicht erkannt hat, aber hätte erkennen müssen. Der entsprechende Artikel hier im Strafgesetz gibt Hinweise dazu, wie sich hier Fahrlässigkeit offenbart haben kann.
Problematischer ist die Frage, ob Elisa dadurch, dass sie den Hund kannte, die Umstände kannte, unter welchen er gehalten wurde usw. sozusagen selbst das Risiko übernommen hat (zivilrechtlich wäre das eine sehr interessante Frage) und dadurch Elluls Fahrlässigkeit nicht mehr als direkte Ursache des Tötungsdelikts gesehen werden kann. Das ist in Frankreich wie überall in der Welt ein Problem, das nur unter Betrachtung aller Details in jedem Fall neu gelöst werden kann. Das oberste Gericht Frankreichs hat dazu in mehreren Urteilen Hilfestellungen gegeben (Cour de Cassation, crim 25 Sept 2001; crim 26 Nov 2002) und auch der Gesetzgeber hat durch Art. 121-3 CP mit der Änderung vom 10 Juli 2002 hier versucht mehr Klarheit zu bringen. Aber am Ende bleibt es dabei, dass es sehr auf die konkreten Details eines Falles ankommt.
Die Grundfragen bei Fahrläsigkeit oder der evtl. geforderten groben Fahrlässigkeit (siehe Urteil des Cour de Cassation vom 26.11.2002) sind also: hätte Ellul das Risiko sehen müssen, dass Curtis für Elisa darstellte? Und dazu eben nach dem Cour de Cassation: selbst wenn sich herausstellt, dass Elisas Verhalten (wie auch immer sich das herausstellt) den Angriff durch Curtis ausgelöst hat, hätte Ellul dieses Risiko ebenfalls voraussehen müssen?
Wenn ja, dann wäre er schuldig. Man wird sehen, was die französische Justiz dazu sagen wird. Allerdings möchte ich hier gleich warnen: die französische Justiz arbeitet in der Regel unglaublich langsam, es ist also wahrscheinlich, dass es noch lange dauern wird, bis wir eine Antwort haben.