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Kassel/Wolfhagen Regierungspräsident Dr. Walter Lübcke ermordet

4.967 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, Hessen, 2019 ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Kassel/Wolfhagen Regierungspräsident Dr. Walter Lübcke ermordet

16.09.2020 um 09:59
Richter Sagebiel appellierte nach Verlesung der Anklageschrift an Ernst und H., Ihr Schweigen zu brechen: „Hören Sie nicht auf Ihre Verteidiger, hören Sie auf mich. Ein frühes Geständnis, wenn es denn etwas zu gestehen gibt, zahlt sich immer aus.“ Sagebiel erklärte, dass er damit seiner prozessualen Fürsorgepflicht nachkommen wolle. An Stephan Ernst gerichtet sagte er: „Sie haben einmal gesagt, dass Sie in Ihrem Leben viel falsch gemacht haben und einmal etwas richtig machen wollen. Ich sage Ihnen, machen Sie es jetzt.“
Ein Appell, dass ein Geständnis besser wäre als Schweigen, quasi als Hinweis auf einen etwaigen Strafmilderungsgrund, das ist sicher noch zulässig. Das Zitat könnte man noch so positiv interpretieren.

Aber schon ein mittelbarer Hinweis darauf, dass eine Lüge dem Angeklagten zum Nachteil gereichen würde, wäre wohl ein Verstoß gegen ne bis in idem. Wenn der Vorsitzende das aber noch mit der Person des Verteidigers verknüpft, mit dessen Rat an den Angeklagten, und sich dazwischen setzt, dann wird es einfach heiß und fettig.
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:und der Verurteilte kann nachher sagen, das hat mein Vertrauen in meine Verteidiger zerstört...
Ja, das ist ein Problem. Und zwar ein schwerwiegendes.

Und gesteht der Angeklagte und bekommt er zwingend lebenslänglich (was hier nicht ganz unwahrscheinlich ist), dann hat ihn das Gericht sogar in die Irre geführt, indem es ihm vorgaukelte, er könne eine Strafmilderung erlangen. Beim Tatvorwurf Mord kann das Gericht keinen "Deal" (Geständnis gegen Strafmaß) anbieten. Es hat zwar für den Eröffnungsbeschluss einen hinreichenden Tatverdacht angenommen, aber das Gericht kann ja noch gar nicht sagen, was die Hauptverhandlung erbringt. Es darf nicht so tun, als halte es den Angeklagten quasi schon für überführt.

Ich habe mich immer gefragt: Was bietet das Gericht denn Stephan E. an, wenn er es "richtig macht"? Womit möchte es ihn "locken", wenn er der alleinige Täter war? Mit der besonderen Schwere der Schuld? Oder mit Totschlag? Uffff.

Ist es nicht eher so, dass ihn das Gericht aus einer für das Gericht unangenehmen Beweislage weglocken möchte: Aussage gegen Aussage, E. gegen H.?

Betrachtet man die Sache so und lässt man das erst danach genauer eruierte Gedöns mit RA Hannigs Geständnis einmal weg, dann liegt das prinzipielle Problem einer solchen Prozessführung auf der Hand. Sie wäre dann auch nicht mehr Ausübung einer prozessualen Fürsorgepflicht, sondern einer nur dem Gericht dienlichen Selbstherrlichkeit auf Kosten der Verteidungsrechte des Angeklagten.

Man muss Thomas Fischer nicht mögen. Aber seine Argumente haben einen ernsten Grund.


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16.09.2020 um 10:01
@monstra
Genau so sehe ich das auch. Und ich würde auf jeden Fall in Revision gehen, egal was jetzt noch kommen mag.


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16.09.2020 um 10:14
Zitat von monstramonstra schrieb:Ist es nicht eher so, dass ihn das Gericht aus einer für das Gericht unangenehmen Beweislage weglocken möchte: Aussage gegen Aussage, E. gegen H.?
Ganz genau so sieht es nach außen hin aus. Dieser Eindruck wird sich leider meines Erachtens nicht wegrelativieren lassen.
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Genau so sehe ich das auch. Und ich würde auf jeden Fall in Revision gehen, egal was jetzt noch kommen mag.
Das wird vermutlich passieren.


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16.09.2020 um 10:36
Es ist schon erstaunlich, wie hier am Mythos vom armen Angeklagten, der durch das böse Gericht an einer wirksamen Verteidigung gehindert worden ist, gestrickt wird und wie selektiv man dabei vorgeht.

Ausgeblendet wird völlig, dass die Verteidigung im Vorfeld ja nun teilweise nicht gerade glücklich agiert hat. Das gilt einmal für Waldschmidt, der, so E., ihm zu einem angeblich falschen Geständnis geraten hat. Das gilt für Hannig, der, so E., ihm angeblich zu einer anderen, ebenfalls falschen Version geraten hat, All das ist Bestandteil der Anklageschrift und Beweisführung der Staa, und natürlich muss sich das Gericht damit befassen, wie es sich mit allem befassen muss, was vom Angeklagten bzw. von der StA vorgebracht wird. Und natürlich ist es Aufgabe des Gerichts, herauszubekommen, ob jnd was an den Geständnisversionen stimmt und was nicht.
.
Ausgeblendet wird auch, dass E. einen weiteren Verteidiger, Kaplan, hat. Warum wird dessen Rolle so gar nicht erwähnt? Weil E. vielleicht auf Kaplan hört und nicht aufs Gericht und damit der Mythos vom schutzlos dem Gericht ausgelieferten Angeklagten in sich zusammenfallen könnte?

Ausgeblendet wird auch, dass weder die Verteidiger von E. noch die von H. offenbar Anlass sahen, den Vorsitzenden als befangen abzulehnen, als dieser sagte, die Angeklagten möchten auf ihn hören und nicht auf ihre Anwälte, und dass ein frühes Geständnis, so es denn etwas zu gestehen gebe, sich auszahle. Der Verteidiger von H. hat darauf reagiert, indem er erwiderte, dass sein Mandant nicht auf den Vorsitzenden höre, sondern auf ihn, und das war´s. Ich halte das für angemessen. Eo da eine Befangrnheit des Vorsitzenden zu sehen sein soll, ist mir unklar.


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16.09.2020 um 10:57
Zitat von monstramonstra schrieb:Ich habe mich immer gefragt: Was bietet das Gericht denn Stephan E. an, wenn er es "richtig macht"? Womit möchte es ihn "locken", wenn er der alleinige Täter war? Mit der besonderen Schwere der Schuld? Oder mit Totschlag? Uffff.
Es ist ein Fehler, zu glauben, dass ein Gericht schon vor Beginn eines Prozesses ein bestimmtes Ergebnis „will“. Natürlich will es das nicht, denn der Verlauf einer Hauptverhandlung ist ja gar nicht vorhersagbar, auch nicht deren Dauer. Man sieht das hier schon daran, dass der Vorsitzenden zwei Ergänzungsrichter bestellt hat für den Fall, dass sich die Sache hinzieht über den Zeitpunkt seiner Pensionierung hinaus.

Eines darf man auch mal festhalten: Das Gericht wird nicht gerade vor verschiedene Geständnisvariationen gezittert haben, denn so was ist bei Strafgerichten täglich Brot. Und vor einem Verteidiger Hannig wird es auch nicht gezittert haben. Nerviger sind da schon sog. Konfliktverteidiger vom Schlage eines Johann Schwenn, die viel Zeit kosten.


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16.09.2020 um 10:57
Zitat von AndanteAndante schrieb:Ausgeblendet wird auch, dass E. einen weiteren Verteidiger, Kaplan, hat. Warum wird dessen Rolle so gar nicht erwähnt?
Nun, dessen Rolle kommt mir schon eine Zeit lang sehr dubios vor. Aber ich vermute es liegt @monstra @menari und mir hier eher das Prinzip am Herzen als der Einzelfall, übrigens eine Ansicht unter uns Juristen, die nicht ungewöhnlich ist, denn auch der BGH oder oberste Gerichte allgemein neigen eher dazu, sich zu Wort zu melden, wenn es um juristische Prinzipien geht und nicht nur um einen Einzelfall, und so ist offensichtlich auch Dr. Fischer zu verstehen. Es mag durchaus so sein, dass der Angeklagte hier durch seine Verteidigerwahl und auch sonst seine Verteidigung selbst verkorkst hat, aber was mich bewegt ist, dass ein an sich erfahrener Richter hier sich eine Rolle angemasst hat, die ihm einfach nicht zusteht. Und das darf keine Schule machen.

Daher wird hier auch an keinem Mythos gestrickt. Wir werden sehen, was am Ende die Richter des BGH davon halten werden. Und da ist Fischers Meinung immerhin eventuell ein Hinweis.


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16.09.2020 um 11:04
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Daher wird hier auch an keinem Mythos gestrickt.
Na, wenn jetzt schon anklingt, dass Kaplan ein warum auch immer nicht geeigneter Verteidiger, Hannig dagegen DIE Leuchte am Verteidigerhimmel sein soll, beschleichen mich da leise Zweifel.

Immerhin hat nicht das Gericht Kaplan als Pflichtverteidiger von E. ausgesucht, sondern E. hat ihn sich selbst gewählt. Aber wahrscheinlich ist auch daran irgendwann das Geticht schuld.....


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16.09.2020 um 11:08
Zitat von AndanteAndante schrieb:Hannig dagegen DIE Leuchte am Verteidigerhimmel sein soll
wüsste nicht, dass irgendjemand das hier behauptet hat


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16.09.2020 um 11:46
@Andante
Kein Satz aus deinen letzten Beiträgen hat inhaltlich irgendwas mit meiner Argumentation zu tun.

Stattdessen lenkst du nun ab mit Hinweisen darauf, dass irgendein Mythos gestrickt werden soll oder versuchst durch „Emotionalisierung“ und Übertreibung meine Argumente zu untergraben.
Damit erreichst du mE überhaupt nichts.

Der Angeklagte steht zu Recht vor Gericht und soll eine faire Verhandlung erhalten. Genau das sehe ich in Gefahr und durch dieses Fehlverhalten hat der Richter nicht nur seine Befugnisse überschritten sondern möglicherweise auch den Angeklagten ein Schlupfloch ermöglicht, also das, was eigentlich niemand wollte.

Die ganze Angelegenheit hat auch nichts mit dem anderen Verteidiger zu tun.

Das Gericht hat, sagen wir mal, den Verteidiger aus dem Weg geräumt, der den einzigen vielversprechenden Ansatz aus Sicht des Angeklagten hatte.

Und das hätte mE einfach nicht passieren dürfen. Das Gericht hat sich dadurch angreifbar gemacht und offenbar gemacht, dass es den Angeklagten bereits für schuldig hält. Was aus meiner Sicht nicht weiter schlimm wäre, aber auf der Basis dieser inneren Überzeugung des Richters, darf er nicht einfach dermaßen den Angeklagten beeinflussen und dazu bringen, seinen Verteidiger abzusetzen.

Ich formuliere absichtlich etwas stark aber man muss auch sehen, dass der Angeklagte in einer direkten Abhängigkeit vom Richter steht. Man muss also davon ausgehen, dass die Intervention des Richters E. in seiner freien Wahl des Verteidigers beeinflusst hat und diesem (E.) insofern keine freie Willensbildung mehr möglich war und ist.


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16.09.2020 um 13:45
Zitat von menarimenari schrieb:Die ganze Angelegenheit hat auch nichts mit dem anderen Verteidiger zu tun.
Selbstverständlich hat es das. Oder ist dir entgangen, dass sich der Angeklagte stets mit diesem Verteidiger berät, bevor etwas passiert, etwas gesagt wird, Anträge gestellt werden?
Zitat von menarimenari schrieb:as Gericht hat sich dadurch angreifbar gemacht und offenbar gemacht, dass es den Angeklagten bereits für schuldig hält.
Die rechte Szene wird es wahrscheinlich sehr freuen, wenn dieser Mythos möglichst schnell und möglichst weit verbreitet wird. Ich sehe allerdings weit und breit keine Fakten, die so eine Vermutung bestätigen könnten.


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16.09.2020 um 14:01
Ich hab das alles gar nicht so sehr verfolgt. Aber das was man hier jetzt auf der letzten Seite liest, klingt schon wieder etwas "unkoscher" und merkwürdig. Man sollte ja meinen, dass so ein Fall so schwer nicht aufzuklären sein kann.


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16.09.2020 um 14:03
Zitat von AndanteAndante schrieb:Ich sehe allerdings weit und breit keine Fakten, die so eine Vermutung bestätigen könnten.
Es muss ja das Gericht nicht tatsächlich den Angeklagten bereits für schuldig halten. Es genügt eben schon der Anschein der Befangenheit.
Eine Besorgnis der Befangenheit ist dann gegeben, wenn ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (...). Tatsächliche Befangenheit oder Voreingenommenheit ist nicht erforderlich; es genügt schon der „böse Schein“, d.h. der mögliche Eindruck mangelnder Objektivität.
Quelle: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2012/07/rk20120725_2bvr061511.html
Zitat von AndanteAndante schrieb:Die rechte Szene wird es wahrscheinlich sehr freuen, wenn dieser Mythos möglichst schnell und möglichst weit verbreitet wird.
Das kann nicht der Maßstab sein. Und den Vorwurf, daran beteiligt zu sein, den will ich überhört haben.
Zitat von menarimenari schrieb:Ich formuliere absichtlich etwas stark aber man muss auch sehen, dass der Angeklagte in einer direkten Abhängigkeit vom Richter steht. Man muss also davon ausgehen, dass die Intervention des Richters E. in seiner freien Wahl des Verteidigers beeinflusst hat und diesem (E.) insofern keine freie Willensbildung mehr möglich war und ist.
Das ist die Gefahr. Der Angeklagte erhofft sich vom Verteidiger Hilfe. Das Vertrauensverhältnis darf nicht durch eine noch viel mächtigere Person, dem Richter, untergraben werden.


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16.09.2020 um 14:23
Zitat von monstramonstra schrieb:Es muss ja das Gericht nicht tatsächlich den Angeklagten bereits für schuldig halten. Es genügt eben schon der Anschein der Befangenheit.
Richtig. Aber diejenigen, die es unmittelbar angeht, also die Prozessbeteiligten, haben es alle nicht für nötig befunden, Ablehnungsanträge zu stellen. Das sollte zumindest zu denken geben.
Zitat von monstramonstra schrieb:Der Angeklagte erhofft sich vom Verteidiger Hilfe. Das Vertrauensverhältnis darf nicht durch eine noch viel mächtigere Person, dem Richter, untergraben werden.
Der Richter ist ja nicht „mächtiger“ als der Verteidiger. Er hat halt eine andere prozessuale Rolle und andere Aufgaben. Und wenn der Richter diesen Aufgaben nachkommt, sprich, die Wahrheit herausfinden will, ist das per se meines Erachtens nicht zu beanstanden, ebensowenig, wie es zu beanstanden ist, dass der Verteidiger SEINEN Aufgaben nachkommt und der Staatsanwalt eben den seinigen. Das weiß ein Angeklagter im Regelfall auch.

Es ist doch äußerst fernliegend, anzunehmen, E. hätte - nach Beratung mit Kaplan - einen Antrag auf Aufhebung der Bestellung von Hannig als Pflichtverteidiger gestellt, weil er sich dadurch Vorteile, gar das berühmte „mildere Urteil“ erhofft hätte. Derlei hat das Gericht ja nun wahrlich in keiner Form und mit keinem Wort als „Gegenleistung“ dafür in Aussicht gestellt, das ist schlicht und einfach Unsinn.

Warum wird nicht die Aussage des Ex-Verteidigers Pfläging ernster genommen, der gesagt hat, Ernst habe ihm - lange vor Beginn det Hauptverhandlung, wohlgemerkt - davon erzählt, dass er - Ernst - Zweifel daran habe, ob er von Hannig richtig beraten werde? Die Überlegung muss erlaubt sein, ob nicht eher diese Zweifel der Grund sind, warum E. schlussendlich Hannig nicht mehr haben wollte. Also Zweifel, die nicht erst durchs Gericht geweckt wurden, sondern schon vorher da waren?


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16.09.2020 um 14:32
Zitat von AndanteAndante schrieb:Na, wenn jetzt schon anklingt, dass Kaplan ein warum auch immer nicht geeigneter Verteidiger, Hannig dagegen DIE Leuchte am Verteidigerhimmel sein soll, beschleichen mich da leise Zweifel.
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:wüsste nicht, dass irgendjemand das hier behauptet hat
Es spielt dabei keine Rolle wie gut oder schlecht Hannig tatsächlich war.

Aber wohin kämen wir, wenn das Gericht einem Angeklagten die Schuld bereits während des Verfahrens unterstellt. Dann kommuniziert das Gericht, dass sich ein Geständnis lohnt und beurteilt in der Folge einen Verteidiger, der nicht dieser Strategie folgt für „schlecht“.

Da ist die Vorverurteilung mehr als offensichtlich und ich sehe hier auch keinen Einzelfall. Sondern mit dieser Argumentation könnte jeder Richter beliebig hingehen „seinen Einzelfall“ deklarieren.


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16.09.2020 um 14:40
Zitat von menarimenari schrieb:Dann kommuniziert das Gericht, dass sich ein Geständnis lohnt und beurteilt in der Folge einen Verteidiger, der nicht dieser Strategie folgt für „schlecht“.
Das ist so nicht richtig. Natürlich darf ein Gericht den allgemeinen rechtlichen Hinweis erteilen, dass sich ein frühes Geständnis unter Umständen strafmildernd auswirken kann. Damit sagt es nicht stets gleichzeitig, dass es den Angeklagten für schuldig hält, das ist eine falsche Verknüpfung und ein Fehlverständnis davon, worauf ein Gericht hinweisen darf bzw. sogar muss.

Überdies hat der Vorsitzende hier ausdrücklich hinzugefügt „wenn es etwas zu gestehen gibt“. Damit hat er deutlich gemacht, dass er gerade nicht vorverurteilt.
Zitat von menarimenari schrieb:Es spielt dabei keine Rolle wie gut oder schlecht Hannig tatsächlich war.
Aber es spielt sehr wohl eine Rolle, für wie gut oder für wie schlecht der Angeklagte Hannig hielt und was er darüber zu Pfläging sagte.


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16.09.2020 um 14:43
Zitat von AndanteAndante schrieb:Es ist doch äußerst fernliegend, anzunehmen, E. hätte - nach Beratung mit Kaplan - einen Antrag auf Aufhebung der Bestellung von Hannig als Pflichtverteidiger gestellt, weil er sich dadurch Vorteile, gar das berühmte „mildere Urteil“ erhofft hätte.
Warum hat Herr E. dann einem Antrag seines 2. Verteidigers zugestimmt?
Zitat von AndanteAndante schrieb:Derlei hat das Gericht ja nun wahrlich in keiner Form und mit keinem Wort als „Gegenleistung“ dafür in Aussicht gestellt, das ist schlicht und einfach Unsinn.
Habe ich auch nicht behauptet. Sondern mich eben gewundert, warum der Angeklagte gestehen solle?
„Hören Sie nicht auf Ihre Verteidiger, hören Sie auf mich. Ein frühes Geständnis, wenn es denn etwas zu gestehen gibt, zahlt sich immer aus.“
Was zahlt sich aus? Welchen Vorteil hat das Gericht hier gemeint? War das nur ein moralischer Appell? Schall und Rauch, wenn der Angeklagte gesteht, dass er Lübke heimtückisch erschossen hat?
Zitat von AndanteAndante schrieb:Der Richter ist ja nicht „mächtiger“ als der Verteidiger.
Der Verteidiger kann den Angeklagten jedenfalls nicht "Im Namen des Volkes" zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilen. Diese Rechtsmacht hat er nicht. Und das weiß jeder Angeklagte.
Zitat von AndanteAndante schrieb:Warum wird nicht die Aussage des Ex-Verteidigers Pfläging ernster genommen, der gesagt hat, Ernst habe ihm - lange vor Beginn det Hauptverhandlung, wohlgemerkt - davon erzählt, dass er - Ernst - Zweifel daran habe, ob er von Hannig richtig beraten werde?
Das mag ja gerne so sein. Aber Pfläging hat erst ausgesagt, als Hannig schon abberufen worden war. Und das befugt das Gericht noch lange nicht, etwaige Zweifel des Angeklagten, die er nicht persönlich formuliert, willkürlich zu forcieren.


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16.09.2020 um 15:07
Zitat von monstramonstra schrieb:Sondern mich eben gewundert, warum der Angeklagte gestehen solle?
Aufgabe des Gerichts ist nun mal, die Wahrheit herauszufinden. Und dafür ist es immer hilfreich, wenn der Angeklagte die Wahrheit erzählt, sofern er etwas zu erzählen hat.Selbstverständlich muss der Angeklagte sich darauf nicht einlassen. Er kann schweigen, lügen, was auch immer. Das Gericht kann ihn bekanntlich zu nichts zwingen, ist also keineswegs „allmächtig“. Aber es darf ihm sehr wohl den rechtlichen Hinweis erteilen, das sich ein Geständnis strafmildernd auswirken kann. Das ist nun wirklich rechtlich längst ausgekaspert und entschieden.

Was der Angeklagte mit diesem rechtlichen Hinweis anfängt, ist wiederum seine Sache, damit hat das Gericht dann nichts mehr zu tun. Dieses hat mit dem Hinweis seine Pflicht erfüllt, und fertig. Der Angeklagte kann sich nun - zusammen mit seinem Verteidiger - überlegen, bis zum Ende weiter zu schweigen und auf Freispruch zu setzen, weiter zu lügen - oder in sich zu gehen und, wenn er es denn war, zu gestehen und so ein wenig weniger Strafe zu bekommen.
Zitat von monstramonstra schrieb:Und das befugt das Gericht noch lange nicht, etwaige Zweifel des Angeklagten, die er nicht persönlich formuliert, willkürlich zu forcieren.
Ich sehe nicht, dass da was „willkürlich forciert“ worden ist. E. hatte nun mal Zweifel an der Beratung durch Hannig, und zwar schon vor Beginn der Hauptverhandlung. Dann stellte Hannig im Prozess nicht mit Kaplan und nicht mit E. abgestimmte, objektiv nicht glückliche Beweisermittlungsanträge. Mag sein, dass damit das Maß für Kaplan und E. voll war, was Hannig anging. Ich denke, es ist zu kurz gegriffen und den anderen Beteiligten gegenüber auch nicht besonders respektvoll, wenn man sie bloß als wachsweiche Marionetten und brave Abnicker in den Händen eines gottgleichen Gerichts darstellt.


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16.09.2020 um 15:29
Zitat von AndanteAndante schrieb:Was der Angeklagte mit diesem rechtlichen Hinweis anfängt, ist wiederum seine Sache, damit hat das Gericht dann nichts mehr zu tun. Dieses hat mit dem Hinweis seine Pflicht erfüllt, und fertig. Der Angeklagte kann sich nun - zusammen mit seinem Verteidiger - überlegen, bis zum Ende weiter zu schweigen und auf Freispruch zu setzen
So mancher Angeklagte hat sich dabei verkalkuliert und wurde dann aufgrund der vorliegenden Indizien verurteilt, siehe etwa Benedikt Toth oder Andreas Darsow. Rückblickend würden sie vielleicht sagen, dass sie doch besser hätten gestehen sollen, um eine etwas niedrigere Strafe zu bekommen. Aber seine Verteidigungsstrategie muss halt jeder Angeklagte selber verantworten, dafür ist das Gericht nicht zuständig. Es kann nur appellieren und hinweisen, mehr nicht.


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16.09.2020 um 15:36
Zitat von AndanteAndante schrieb:Die rechte Szene wird es wahrscheinlich sehr freuen, wenn dieser Mythos möglichst schnell und möglichst weit verbreitet wird. Ich sehe allerdings weit und breit keine Fakten, die so eine Vermutung bestätigen könnten.
Derlei Unterstellungen verbitte ich mir.

Abgesehen davon geht es hier nicht darum, den Angeklagten bestmöglich davon kommen zu lassen, sondern möglichst eine gerechte (sofern unser System das erlaubt) Strafe nach einer fairen Verhandlung zu haben.

Letzteres hat der Richter mE riskiert und das ist nicht okay.


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16.09.2020 um 15:45
Zitat von AndanteAndante schrieb:Ich denke, es ist zu kurz gegriffen und den anderen Beteiligten gegenüber auch nicht besonders respektvoll, wenn man sie bloß als wachsweiche Marionetten und brave Abnicker in den Händen eines gottgleichen Gerichts darstellt.
Das tut auch niemand aber du versuchst schon wieder das Mittel der Übertreibung zu nutzen um unsere sachlichen Argumente zu untergraben.

Das funktioniert nur nicht, egal wie oft du es versuchst. Der Richter spricht das Urteil und bestimmt damit massiv über den weiteren Lebensverlauf des Angeklagten.
Jede Intervention hat damit ein anderes Geschmäckle als wenn diese von jemand anderem käme.

Das gibt es doch auch bei sexuellen Verhältnissen. Nahezu jegliche „Machtposition“, sei es ein Lehrer, ein Arzt, ein Polizist im Dienst usw. führt dazu, dass ein sexueller Kontakt, der im Rahmen dieser Tätigkeit zustande kam, als Missbrauch eingestuft wird, weil der Gesetzgeber davon ausgeht, dass durch die Machtposition des einen eine freie Willensbildung des anderen nicht mehr möglich ist.

So ähnlich sehe ich das auch in dem Fall.


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