emz schrieb am 17.06.2020:Erster Prozesstag - Pflichtverteidiger erklärt vieles zu den Hintergründen.
Ich möchte dieses Video unbedingt empfehlen.
emz schrieb am 20.06.2020:Verteidiger Frank Hannig zum 2. Verhandlungstag
Schließe mich Deiner Meinung, auch gerade zum Video des zweiten Verhandlungstages, sowie prognostisch auch für die weiteren Verhandlungstage, an.
Interessant ist aber auch, was man beim Vergleich der Schilderung Hannigs mit dem Berichten der Medien
Süddeutsche Zeitung, zweiter VerhandlungstagDann erklärte einer der Verteidiger von Ernst, das Geständnis könne mit unzulässigen Vernehmungsmethoden zustande gekommen sein. Der Angeklagte habe Beruhigungsmittel bekommen, er habe die Tage davor schlecht geschlafen.
Aber da sitzt niemand, der augenscheinlich müde ist oder von Beruhigungsmitteln gedämpft. Ernst beantwortet den Polizisten im Video alle Fragen, er nennt jede Adresse, hat jeden Namen parat.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, zweiter Verhandlungstag:
Er spricht ruhig, wirkt konzentriert und macht äußerst detaillierte Angaben. Es wirkt weder so, als sei E. sediert, noch so, als stünde er unter äußerem Druck, wie seine Verteidiger später sagen werden.
Die Zeit zum zweiten ProzesstagDas Video zeigt einen Mann, der sich offenbar schon fest entschlossen hat auszusagen, der auf den Beistand eines Anwalts verzichtet.
Der Spiegel zum zweiten ProzesstagIst er einverstanden, ohne Anwalt zu erscheinen? Verzichtet er ausdrücklich auf einen Anwalt? Ist er mit der Videoaufzeichnung einverstanden? Stephan Ernst nickt dreimal.
Er nickt auch, als einer der Ermittler zusammenfasst: "Sie haben sich im Laufe des Tages bei einem JVA-Bediensteten gemeldet, weil Sie Angaben zur Sache machen wollen. Wir sind daraufhin in die JVA Kassel gekommen, wo wir ein informelles Vorgespräch geführt haben."
Demzufolge werden die Zweifel am Entstehen des ersten Geständnisses, die die Verteidigung E. vortrug, siehe
weiterer Beitrag der FAZ zum zweiten Verhandlkungstag E. hatte das Geständnis nach seiner Verhaftung abgelegt. Später widerrief er es. Frank Hannig, Verteidiger von E., kritisierte die Verwendung des Videos als Beweismittel: „Es ist nicht rechtmäßig zustande gekommen, es ist nicht vollständig.“ So sei E. damals übermüdet gewesen, habe unter Einfluss eines Beruhigungsmittels gestanden. Ein langes Vorgespräch zum Geständnis sei nicht dokumentiert worden.
von den geübten Prozeßbeobachtern der Medien (Annette Ramelsberger von der Süddeutschen ist aus meiner Sicht berechtigt als langjährige und erfahrene Gerichtsreporterin bekannt, nicht zuletzt vom NSU-Verfahren) schonmal nicht geteilt.
Wieder aus dem zuerst verlinkten Beitrag der FAZ:
Jeder Beschuldigte hat das Recht, Einlassungen zu widerrufen, sie dürfen aber weiterhin verwertet werden. Nicht immer sind sie aber auf Video aufgezeichnet und hinterlassen einen derart unmittelbaren Eindruck.
In anderen Fällen könnten solche widerrufene Vernehmungen nur über Zeugenvernehmung der Vernehmungsbeamten eingeführt werden, wodurch Gericht und Öffentlichkeit nur einen mittelbaren Eindruck bekommen. Dass die Polizei die Möglichkeit der Videovernehmung nutzte, ist m.E. schon ein Lob wert, wenn man die Entwicklung dieses Falles betrachtet.
Die Frage, von wem das erste Geständnis ausging, ist auch umstritten, siehe
Die Zeit zum zweiten ProzesstagSein damaliger Anwalt Dirk Waldschmidt habe ihn zu diesem falschen Geständnis überredet, um Markus H. zu schützen, hatte E. ausgesagt. Doch Waldschmidt streitet das ab, belastet im Gegenzug E. schwer, sagte aus, dass dieser auch ihm den Mord gestanden habe.
Weitere interessante Informationsquellen, die Verlinkung passender Textstellen erspare ich mir, weil am Ende derselbe Gesamttenor:
Berichterstattung und Prozessblog/-ticker der Hessenschau, sowohl Texte als auch kürzer (~5 Minuten) Videostaz über den Prozess und den gesamten FallDer Spiegelhttps://twitter.com/search?q=%23L%C3%BCbcke&src=typed_queryAuch ohne twitter-Profil nutzbar, Sortierung zwischen top und neueste umschaltbar. Top ergibt an Verhandlungstagen und danach (neben zugegeben zweifelhaftem von Dritten) auch viele unmittelbare Eindrücke und Links zu den Artikeln der renomierten Medien, da Süddeutsche, Hessenschau, taz selber natürlich ihre Artikel verlinken, aber durch die beteiligten Journalisten dieser und anderer Medien zudem vorab kleinere unmittelbare Informationen getwittert werden.