rhapsody3004 schrieb:Da du ja Volljurist bist, frage ich dich mal ganz offen, unabhängig von Statistiken, für wie wahrscheinlich oder für wie realitätsnah hältst du die Möglichkeit einer Affekttat?
Da können wohl weder ich noch ein Jurist viel dazu sagen...
Wenn, dann ein Forensiker oder Kriminalist, der aufgrund von Spuren oder aufgrund von Aussagen, Motiven usw. eine Tat rekonstruieren. Diese Informationen fehlen aber hier.
So ist es möglich, dass F. bereits seit Monaten mit dem Gedanken gespielt hat, sein Opfer aus Mordlust zu erwürgen. An jenem Tag gab es endlich die Gelegenheit, den lange gehegten Plan in die Tat umzusetzen. Genauso ist es möglich, dass es zwischen F. und dem Opfer zu einem familiären Streit kam, in dessen Verlauf F. sein Opfer so schwer ohrfeigte, dass es kurz das Bewusstsein verlor und mit dem Kopf so unglücklich gegen die Ecke es Waschbeckens prallte, dass unmittelbar darauf der Tod eintrat (vorsätzliche Körperverletzung mit fahrlässiger Todesfolge).
Entscheidend aus rechtlicher Sicht dürfte immer sein, ob es Tötungsvorsatz gab und ob Mordmerkmale erfüllt sind. Erfolgt z.B. eine Tötung heimtückisch (objektives Merkmal) oder aus Habgier (subjektives Merkmal) oder zur Verdeckung einer Straftat (subjektive und objektive Merkmale)? Gibt es keine Anhaltspunkte für ein Mordmerkmal (so wie bislang im Fall Rebecca), nimmt man also Totschlag an. Ein minderschwerer Fall erfordert demzufolge auch Anhaltspunkte für ein entsprechendes Geschehen. Würde F. eines Tages überführt, dürfte er - schon aufgrund der Spurenlage - einen Geschehensablauf geltend machen, der ihm eine besonders milde Strafe ermöglicht.
Da kommt es dann auf die Glaubwürdigkeit und Glaubhaftigkeit seiner Aussage an. Und da hätte ich z.B. meine Zweifel, ob so ein junges Mädchen wie Rebecca einen fast doppelt so alten Mann mit Worten, in einem Streit, so sehr reizen kann (warum eigentlich?), dass er unkontrolliert zuschlägt? Seine Geschichte müsste also schon sehr rund und überzeugend sein. Sonst bleibt es bei Totschlag.
Genauso könnte er sich natürlich um Kopf und Kragen reden und zugeben, er habe sein Opfer im Bad überrascht und vergewaltigen wollen. Wegen der heftigen Gegenwehr habe er das Vorhaben abbrechen müssen. Aus Angst vor einer Anzeige und vor Bloßstellung vor der Familie habe er sie dann erwürgt. Hinter einer solchen Aussage könnte das Gericht nicht mehr zurück. Mord.
Täter, die ihre Opfer so verstecken, dass sie nicht gefunden werden, die haben es allerdings nicht so leicht, wie jene, die gleich bei der Polizei anrufen und sofort alles gestehen. Denn bei einer systematischen Leichenbeseitigung geht man davon aus, dass der Unrechtsgehalt der Tat vom Täter als besonders schwerwiegend eingeschätzt wird. Und die Leichenverbringung mit hoher krimineller Energie erfolgt. Und dem Täter das Leid der Angehörigen, die Ungewissheit ertragen müssen und kein Grab haben, egal ist. Hier über ein Jahr. Das lässt schon Rückschlüsse darauf zu, wie der Täter seine Tat einschätzt. Nämlich als Verbrechen.