Über Anlaß, Umfang, Inhalt und Wortwahl bei Verlautbarungen der Staatsanwaltschaft gegenüber der Presse/Öffentlichkeit gibt es nur allgemein gehaltene Vorschriften. Eine Quelle ist Nr. 23 der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV)
"23
Zusammenarbeit mit Presse und Rundfunk
(1) Bei der Unterrichtung der Öffentlichkeit ist mit Presse, Hörfunk und Fernsehen unter Berücksichtigung ihrer besonderen Aufgaben und ihrer Bedeutung für die öffentliche Meinungsbildung zusammenzuarbeiten. Diese Unterrichtung darf weder den Untersuchungszweck gefährden noch dem Ergebnis der Hauptverhandlung vorgreifen; der Anspruch des Beschuldigten auf ein faires Verfahren darf nicht beeinträchtigt werden. Auch ist im Einzelfall zu prüfen, ob das Interesse der Öffentlichkeit an einer vollständigen Berichterstattung gegenüber den Persönlichkeitsrechten des Beschuldigten oder anderer Beteiligter, insbesondere auch des Verletzten, überwiegt. Eine unnötige Bloßstellung dieser Person ist zu vermeiden. Dem allgemeinen Informationsinteresse der Öffentlichkeit wird in der Regel ohne Namensnennung entsprochen werden können. Auf die Nr. 129 Abs. 1, Nr. 219 Abs. 1 wird hingewiesen. Die entsprechenden Verwaltungsvorschriften der Länder sind zu beachten (vgl. auch Anlage B ).
(2) Über die Anklageerhebung und Einzelheiten der Anklage darf die Öffentlichkeit grundsätzlich erst unterrichtet werden, nachdem die Anklageschrift dem Beschuldigten zugestellt oder sonst bekanntgemacht worden ist."
http://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_01011977_420821R5902002.htmHier kann man schon erkennen, daß die Wortwahl natürlich nicht geregelt werden kann -andererseits bestehen aber auch keine unbegrenzten Möglichkeiten und Varianten, mit der deutschen Sprache allgemeinverständlich umzugehen. Dafür sucht man sich dann geeignete Persönlichkeiten aus, denen man zutraut den Anforderungen im Amt eines Pressesprechers gerecht werden zu können.
Das Land Berlin hat sich zusätzlich zur bundesweiten RiStBV auch eigene Richtlinien gegeben, die verständlicherweise schwerpunktmäßig organisatorische Aspekte beinhaltet: Auf etwa § 5 möchte ich dennoch hinweisen, weil hier die Frage geregelt ist, wann zu reagieren ist, wenn
unrichtige Behauptungen aufgestellt werden. Nämlich wie Nr. 5 Satz 1 und 2 besagen nur in gravierenden Ausnahmefällen. Würde man auf zu viele oder gar alle Schieflagen in den Darstellungen reagieren, käme es vice versa natürlich zu dem falschen Eindruck, dass alles was von den Ermittlungsbehörden nicht zurechtgerückt wird, schon deswegen richtig sein muß.
§ 4 Aufgaben der Pressestellen
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(5) 1Auf unrichtige Behauptungen, die das Ansehen der Rechtspflege gefährden können oder die im Interesse der Verfahrensbeteiligten nicht unwidersprochen bleiben dürfen, soll die Pressestelle mit dem Verlangen nach Richtigstellung und, bleibt dieses fruchtlos, erforderlichenfalls mit dem Verlangen nach einer Gegendarstellung reagieren. 2Die Richtigstellung kann auch durch einen Leserbrief erfolgen. - 4 -
(6) 1 In jeder Lage des Verfahrens sind die Persönlichkeitsrechte der Verfahrensbeteiligten zu beachten. 2 In Strafverfahren ist die Unschuldsvermutung zu beachten. 3Namen und ähnliche identifizierende Angaben zu Verfahrensbeteiligten dürfen ohne deren vorherige Zustimmung gegenüber Vertretern der Presse grundsätzlich nicht mitgeteilt werden. 4Sie dürfen ohne deren vorherige Zustimmung nur mitgeteilt werden, wenn die Abwägung zwischen Informationsanspruch und Geheimhaltungsinteresse ergibt, dass die Mitteilung trotz fehlender Zustimmung gerechtfertigt ist. 5Sofern erforderlich, ist die oder der Betroffene zuvor anzuhören. 6Namen von jugendlichen Beschuldigten und Verfahrensbeteiligten dürfen nur bei außergewöhnlich schweren Straftaten genannt werden. 7Auskünfte über die Herkunft, die ethnische oder religiöse Zugehörigkeit, die sexuelle Orientierung, die Hautfarbe sowie eventuelle Vorstrafen von Verfahrensbeteiligten werden nicht erteilt, sofern ihre Verwendung geeignet ist, Vorurteile oder Diskriminierungen zu fördern, und kein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit an ihrer Mitteilung besteht.
https://www.berlin.de/sen/justva/presse/presserichtlinien/Ich denke man kann -wenn man so will- daraus erkennen, dass in den Pressestellen sicherlich nicht mit "Phrasendreschmaschinen" gearbeitet wird - dass aber andererseits, soweit nicht ausdrückliche im Gesetz stehende Legaldefinitionen verwendet werden, insbesondere
a) die deutsche Sprache,
b) die verschiedenen Kriterien -die wie gezeigt- berücksichtigt werden müssen,
c) die Fähigkeiten eines Pressesprechers/in für möglichste Transparenz zu sorgen, ohne den Untersuchungszweck zu gefährden,
einfach nicht immer zu einem einheitlichen Verständnis im jeweiligen Empfängerhorizont führen kann. Ein gewisser Interpretationsspielraum wird da wohl unvermeidlich bleiben.
Ich will mir schon allein wegen fehlender Aktenkenntnis eine Bewertung nicht anmaßen - aber es wundert mich nicht, dass es in dem komplexen und m. E. schwierigen Fall bei nunmehr fast einem Jahr auch Pressearbeit auch unterschiedlich gefärbte Interpretationen -gerade hier in der sehr- interessierten Forumsöffentlichkeit geben kann.