nun zu Tätertheorien:
nach Lektüre des Buches von Born hat sich bei mir der seltsame Effekt eingestellt, dass ich gleich drei Tätertheorien für wahrscheinlicher halte als wie ich sie zuvor eingeschätzt hatte und daher mir noch schwieriger erscheint, eine Einschätzung abzugeben. (ganz abseits von der Theorie, die
@bellady noch eingebracht hat, zu der ich mir erstmal gar keine Meinung bilden kann)
1) der Ehemann BZWas neben all den bekannten Dingen noch gegen ihn spricht, ist sein Verhalten bzw. seine offenbar "unübliche" und jedenfalls von seiner Frau abweichende Ansicht zur Ehe bzw. zur partnerschafltichen Treue.
- Dazu erstmal etwas "Familienhistorie": über Gewalt im Elternhaus von BZ hatte ich zuvor geschrieben, aber es gibt noch einen anderen Aspekt: die Eltern von BZ Kurt und Anna lernten sich in den 1930ern auf der Arbeit kennen und gingen bereits dort ein Verhältnis ein. Obwohl beide bereits verheiratet waren, zeugten sie 1940 ihr erstes gemeinsames Kind, Ruth, zeugten aber auch noch anschliessend mit ihren jeweiligen Ehepartnern weitere Kinder. Ruth wuchs nicht bei ihrer Mutter auf, sondern als "Verdingkind" fremduntergebracht. 1950 wurde Kurt Z gleich zweimal Vater, einmal mit seiner Ehefrau und einmal mit Anna. 1950 bzw. 1951 wurden die ersten Ehen geschieden und 1953 heiraten Kurt und Anna schliesslich. Für kurze Zeit, als Anna bereits geschieden war, Kurt aber noch nicht, lebten Kurt, seine erste Frau, Anna und die Kinder beider Frauen zusammen unter einem Dach.
Auch nach der Heirat von Kurt und Anna hat Kurt wohl manche Affäre gehabt, jedenfalls haben seine Kinder berichtet, dass er oft lange Zeit nicht zuhause auftauchte und auch mindestens einmal eine Frau mit ins Haus gebracht hat...
- da die Mutter von BZ Anna Z als Reinigungskraft arbeiten musste, um die Familie finanziell zu versorgen, waren BZ und seine Geschwister regelmäßig bei einer Nachbarin, einer jungen Witwe, die dann auch die "sexuelle Aufklärung" von BZ "tatkräftig" durchgeführt hat...
Nun kann man niemandem seine Herkunft und die Verhältnisse, in der er geboren wird, zum Vorwurf machen, aber ich denke, dies ist ein Hintergrund, der etwas erklärt, wie sich BZ später verhalten hat.
Was nun Frauenbekanntschaften angeht, so ist mein Eindruck, dass man da zwei Kategorien strikt trennen muss:
Offenbar hat BZ, wie ich oben schon schrieb, sexuelle Kontakte recht wahllos zu quasi jeder Frau, mit der er in Kontakt kam, gesucht, aber Abweisungen auch problemlos akzeptiert. Diesen sexuellen Kontakten hat er offenbar auch nicht Bedeutung beigemessen, dh. auch eine Beendigung eines solchen Kontakts problemlos aufgenommen.
Ganz anders jedoch hat er "echte" Beziehungen betrachtet. Bereits mit 19 Jahren hatte er sich verlobt mit einem Mädchen, deren Eltern eine gutgehende Bäckerei hatten. Auch bei CZ und bei CS hat er ja jeweils versucht, sich "nach oben" zu orientieren. Bekannt ist, dass er das Ende der Beziehung mit der ersten Verlobten sich sehr zu Herzen genommen hat, umso erstaunlicher, als dass er in gleicher Zeit zu mehreren Frauen sexuelle Beziehungen hatte, die auch ohne nennenswerten Eindruck vorübergegangen waren.
Mein eigener Eindruck: für BZ waren sexuelle Kontakte im Grunde "bedeutungslos", er hat sie mitgenommen, wenn sich die Gelegenheit bot, hat ihnen aber keine Bedeutung zugemessen. "Echte" Beziehungen hingegen hatten mindestens auch oder sogar vorwiegend das Ziel, auch wirtschaftlich und sozial voranzukommen. Offenbar hat BZ das völlig voneinander getrennt.
CZ war da wohl sehr anders und hat sehr wahrscheinlich Sex und Ehe nicht so getrennt betrachet...
In dem Kontext sind mir noch zwei Dinge aufgefallen:
1) Man sollte natürlich seinen Aussagen im und nach dem Prozess nicht übermäßig Bedeutung zumessen, aber irritierend war, dass er zu schönen Erinnerungen an seine Frau befragt nicht etwa, wie es wohl ein typischer Ehemann täte, schöne Momente der Zweisamkeit aufführte, sondern erinnerte, wie sie gemeinsam nach Material für ihr Schneideratelier gesucht hatten oder wie seine Frau nach einer bestimmten Sandale gesucht hatte, also mehr freundschaftlich bis geschäftliche gemeinsame Aktivitäten... Man könnte daraus schliessen, dass er in der Ehe mehr eine -durchaus positive- Gemeinschaft des gemeinsamen Wirtschaftens und Vorankommens sah und sexuelle Gemeinschaft geistig davon völlig trennte.
2) In gleicher Richtung interpretiere ich seine recht seltsam klingende Aussage, dass er nämlich auf die Frage, wie er zu CZ und CS stand, antwortete, man könne doch auch zwei Menschen gerne haben. Das klingt für mich, als sah er überhaupt keinen Widerspruch darin, gleichzeitig mit einer Frau eine Ehe zu führen und mit einer anderen Frau eine sexuelle Beziehung zu führen, quasi als sei das ganz normal.
Nun würde ich daraus folgend erstmal einen kaltblütig geplanten Mord des BZ and CZ, so wie es im ersten Urteil angenommen wurde, auch weiterhin eher ausschliessen. Die Ehe bestand erst 2 Jahre, sie hätten sich leicht scheiden lassen können und große Ansprüche hätte CZ gegen ihn auch nicht gehabt.
Aber sehr gut denkbar ist es (so wie wohl auch Trix Eberling vermutete), dass es unter den Eheleuten zu einem handfesten Streit gekommen ist, möglicherweise sogar von CZ ausgehend, die mit einem solchen Arrangement ganz sicher weitaus weniger sich anfreunden konnte als BZ! Und dieser Streit könnte in Gewalt eskaliert sein...
Aus diesem Grund ist mir der Ehemann nun verdächtiger als zuvor.
2) die Eltern der CZso völlig von der Hand zu weisen ist der Verdacht nicht!
Ob der Vater wirklich ein Motiv hatte, ob ihm im Zorn "die Hand ausgerutscht ist", wie Born in seinem zweiten Buch spekulierte, finde ich zwar weiterhin fraglich.
Aber seltsam und die Eltern belastend war einerseits das hier schon Angesprochene, dass nämlich gerade BZ belastende Gegenstände (Uhr der CZ, Gitterkörbe der TK Truhe) zT nicht von der Polizei bei der Untersuchung des Fundortes, sondern erst später von Alice E "gefunden" wurden, bzw. von ihr "gefunden" wurden in einem Zustand abweichend von dem, in dem sie sich befanden, als die Polizei sie untersuchte (Bettlaken). Das könnte bedeuten, dass jemand nach Auffinden der Leiche und Untersuchung der Polizei das Haus betreten hat und diese Dinge dort gezielt platziert hat, um BZ zu belasten. Und da ausser BZ, der ja schon in U Haft sass, nur die Eltern Zugang zum Haus hatten, belastet dies eben auch die Eltern.
Noch viel seltsamer und wirklich verdächtig finde ich aber den zeitlichen Ablauf des Auffindens der Leiche am 1. August:
- bereits um ca. 17:00-17:30 rief Alice E bei dem für den Vermisstenfall zuständigen Polizisten an und sagte, BZ sei bei ihnen gewesen und habe seine Affäre vorgestellt; Alice E habe ein schlechtes Gefühl und wolle das Haus der Tochter durchsuchen, ob sie dort reingehen dürfe? Das war zum einen irritierend, als dass die Eltern sowieso einen Schlüssel hatten, der Vater Paul E eine Werkstatt im Haus hatte und daher sowieso reglmäßig in das Haus ging. Noch viel seltsamer daran ist aber:
- tatsächlich erst eine Stunde später(!), um ca. 18:30 kam BZ mit CS an. Die Mutter mag es geahnt haben, dass BZ eine andere Frau hatte und vielleicht auch die Vorahnung gehabt haben, BZ würde seinen Schwiegereltern dies bald eröffnen, aber irritierend bleibt trotzdem, wie Alice E eine Stunde vor(!) dem Besuch von BZ und CS schon dem Polizisten von dem Besuch erzählen konnte und dabei auch gleich die Durchsuchung des Hauses Z als vorrangige Frage hatte.
es wird dann aber noch seltsamer:
- um 18:55 verliessen BZ und CS das Haus wieder, dies ist durch unabhängige Zeugen zeitlich gesichert.
- nach eigener Aussage wollen die Eltern nun eine Viertelstunde gewartet haben, um sicherzugehen, dass BZ nicht nochmal zurückkomme
- dann wollen sie das gesamte Haus der Zs durchsucht haben auf irgendwelche Hinweise zum Verbleib von CZ, und zwar beginnend vom Dachboden nach unten. Ganz zum Schluss, als sie aufgeben und schon wieder gehen wollten, habe Alice E dann noch in die TK Truhe schauen wollen, um eventuell etwas für sich mitzunehmen, da BZ die Sachen ja wohl nicht mehr brauche.
- und da hätten sie dann die Leiche entdeckt.
- Paul E sei dann zu seinem eigenen Haus zurückgelaufen und hat dann die Polizei über Notruf benachrichtigt
Soweit alles durchaus plausibel.
Aber der Notruf ging schon um 19:12 Uhr ein!
Nun mögen die Eltern wahrscheinlich nicht 15 Minuten gewartet haben, sondern dürften schon nach wenigen Minuten rübergegangen sein, die Wartezeit, bis BZ sicher weg war, mag ihnen nur so lang vorgekommen sein. Aber auch dann ist eine angebliche gründliche Durchsuchung des Hauses mit der TK-Truhe erst ganz am Ende nur sehr schwer in dem Zeitraum zwischen Abfahrt BZs und Auffinden der Leiche unterzubringen. Es drängt sich da der deutliche Verdacht auf, dass die Eltern ganz genau wussten, wo sie suchen mussten!
Und eben aus diesen Gründen sind mir die Eltern verdächtiger als zuvor!
3) ein DritterFür einen Dritten als Täter habe ich keinen echten Anhaltspunkt. Aber es gibt einen interessanten Randaspekt, den Born nicht ausarbeitet, nur so am Rande erwähnt, der aber für die Theorie eines Dritten als Täter zumindest einen Rahmen schaffen würde:
am Freitag, den 26.7 um 17 Uhr, also wenige Stunden vor ihrer letzten Sichtung, war CZ noch mit ihrem Mofa tanken und sagte dabei dem Velohändler, dass sie das Mofa zur Revision geben wolle aufgrund von Startschwierigkeiten. Ebenfalls berichtete BZ von Startschwierigkeiten aus den Tagen zuvor und am 27.7 will er um 8 Uhr morgens für CZ das Mofa gestartet haben. Wenn wir also mal annehmen, BZ sei nicht der Mörder, CZ habe da wirklich noch gelebt und sei auch wie geplant und von der Zeugin beobachtet nach Wabern zur Tramendhaltestelle gefahren und habe das Mofa dort abgestellt. Dann wäre es durchaus denkbar, dass das Mofa nach Rückkehr nicht mehr ansprang. Also könnte CZ das Mofa wieder angeschlossen haben und versucht haben anderweitig nach Kehrsatz zurückzukehren, zB. per Anhalter. Vielleicht hat sie dort auch eine ihr bekannte Person, zB. aus Kehrsatz, vielleicht sogar ein guter Freund der Familie, getroffen und dieser hat CZ angeboten, sie mitzunehmen.
Und dann wäre entweder denkbar, dass CZ diesen selbst in die Wohnung mitgenommen hat, vielleicht nur, um aus Dankbarkeit einen Kaffee anzubieten und es dort zum Mord kam, oder aber dass der Mord ausserhalb geschah und der Täter die Schlüssel zum Haus von CZ benutzt hat, um die Leiche dort hineinzubringen und so den Verdacht auf den Ehemann zu lenken.
Das defekte Mofa könnte also gerade das gewesen sein, was einem Dritttäter überhaupt die Gelegenheit verschafft hat.
Und aus diesem Grund halte ich einen Dritttäter durchaus für möglich. (wenn auch nicht für sehr wahrscheinlich)