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Hamburger Trümmermörder 1947

429 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, Hamburg, Ungeklärt ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Hamburger Trümmermörder 1947

31.05.2018 um 11:51
@Nev82
Die Frage nach der Zentralisierung ist sehr gut. Dazu kommt auch der Umstand, dass die Opfer in einer anderen Besatzungszone gemeldet/vermisst gewesen sein könnten.

Aus dem Gedächtnis fällt mir ein Fall ein, wo der Diebstahl eines (schon damals seltenen) Autos von US-Soldaten in der französischen Besatzungszone begangen und angezeigt worden ist (in der "eigenen" Besatzungszone hätten die GIs das Auto legal beschlagnahmen können) und die Sache erst in den 90er Jahren aufgeflogen ist, als die Erben jener GIs das Auto (inzwischen ein sehr gesuchtes Oldtimermodell) in Deutschland zum Kauf angeboten und beim Kraftfahrtbundesamt eine Unbedenklichkeitsbescheinigung angefordert haben. Ist zwar Off-topic, illustriert aber gut die damalige Situation bzgl. der Meldung, Ermittlung und Verfolgung von Verbrechen über die Grenzen der unterschiedlichen Besatzungszonen hinweg.


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Hamburger Trümmermörder 1947

31.05.2018 um 12:10
http://m.bpb.de/apuz/30822/die-polizei-in-deutschland-1945-1989?p=all

In diesem Artikel kann man etwas zum Aufbau der Polizei in dieser Nachkriegszeit finden

Da heißt es:

“Die vier Besatzungsmächte hatten die Aufgabe, unter schwierigsten wirtschaftlichen uns sozialen Bedingungen, eine neue Polizei aufzubauen, die zum einen möglichst schnell funktionsfähig sein, zum anderen deutlich mit dem untergegangenen NS-Staat brechen sollte. Je nach eigenem politisch- ideologischem Standtpunkt und eigener Polizeitradition wählten die Alliierten sehr unterschiedliche Wege

In der britischen Besatzungszone ging es vor allem um die Entpolizeilichung der öffentlichen Ordnung: die Aufgaben der bisherigen Verwaltungspolizei, zb das Melde- und Fremdenwesen, wurden der Kommunalverwaltung übertragen“

Bei einer Mordermittlung in diesen Zeiten des Chaos/Umbruch sind natürlich heutige Standards nicht zu erwarten


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Hamburger Trümmermörder 1947

31.05.2018 um 21:09
Die Friedhofverwaltung hat mir geantwortet:

schreiben


Beigefügt waren Kopien aus dem Begräbnisbüchern von 1947:


linksOriginal anzeigen (0,3 MB)
Linke Seite und ....


rechtsOriginal anzeigen (0,2 MB)
die Fortsetzung auf der rechten Seite.


Das ganze liest sich wie folgt:

Die vier Opfer wurden vom Friedhof unter den laufenden Nummern 2.579 bis 2.581 des Jahres 1947 vom Beerdigungsunternehmen am 22. März 1947 zur Bestattung angemeldet. In den nächsten Spalten findet man anstatt des Namens, die laufende Nummerierung der Behörden für unbekannte Tote von 1947 und statt des Vornamnes das Geschlecht.

Die Dame von der Friedhofsverwaltung wies mich darauf hin, dass die hohe Zahl der unbekannten Toten (bei der letzten Leiche schon 76 aus 1947) täuscht: Die Behörden hätten bei jedem Leichenfund, der sich nicht an Ort und Stelle identifizieren ließ, eine laufende Nummer vergeben. Es könne also gut sein, dass die Leiche dann doch ggf. nur wenige Tage später identifiziert wude.

Statt des Sterbetages ist der Auffindetag angegeben, in drei der vier Fälle auch mit Angabe des Ortes.

In der Spalte "Standesamt / Beerdigungsschein" ist jeweils "Gesetzliche Verfügung nach § 39 [StPO alte Fassung?] vom 08.03.47" eingetragen. Dies bedeutet, dass die Staatsanwaltschaft alle vier Leichen am 08. März 1947 zur Beerdigung freigegeben hat.

Die Eintragungen auf der rechten Buchseite besagen, dass die Kosten vorab am 24.03.47 bezahlt wurden - vermutlich vom Beerdigungsunternehmer. Diese betrugen 20,- RM für die Bestattung und weitere 6,- RM ohne weitere Angaben. Die Dame von der Verwaltung meinte, dies könnten Kosten für die Sargträger gewesen sein (dann also 6 Mann je 1,- RM pro Bestattung).

Beerdigungsunternehmer war eine Firma "G.B.G.". Es könnte sich dabei um dieses Unternehmen gehandelt haben, dass damit wirbt, dass es bereits 1925 gegründet wurde. Momentan unterhalten sie in Hamburg allerdings kein Büro: https://www.gbg-bestattungen.de/

Die Bestattungen fanden am 25. März 1947, morgens um 8 bzw. 9 Uhr statt.

Begräbnisort für das Kind war Planquadrat BQ, Reihe 18, Grabstelle 1, für die jüngere der beiden Frauen Grabstelle 4, den Mann Grabstelle 5 und die ältere der beiden Frauen Grabstelle 6. Warum nicht die Grabstellen 2 und 3 genutzt wurden - oder ob diese vielleicht schon belegt waren - konnte sie mir nicht sagen.

Das Planquadrat BQ befindet ganz im Osten des Friedhofs, ziemlich in der Mitte, direkt südlich der dortigen Zufahrt:


friedhof ohlsdorf planOriginal anzeigen (0,4 MB)


Die Reihen und Grabnummern sind schon vor Jahrzehnten neu gestaltet worden, so dass als Ruhestatte letztendlich eine schöne, mit Bäumen überwachsene Fläche von etwa 40m x 120m bleibt.


mapsOriginal anzeigen (0,2 MB)


Wollte man für eine etwaige Exhumierung (zu der bestimmt nicht kommen wird), den genauen Ort wissen, benötigt man einen Friedhofsplan von vor der Umgestaltung, welchen zu finden aber kein ernsthaftes Problem sein kann.

Ich bin ohenhin alle paar Wochen auf dem Friedhof. Wenn ich das nächste mal dort bin, werde ich ein paar Bilder machen und vier Rosen in der Mitte der Fläche niederlegen, als kleines Symbol, dass sie und die Morde an ihnen auch nach über 70 Jahren nicht vergessen sind.

Damit wissen wir nun also, wo der Weg dieser vier Menschen geendet hat. Das war der einfachere Teil. Jetzt müssen wir "nur" noch herausfinden, wo ihr Weg begonnen hat...


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Hamburger Trümmermörder 1947

31.05.2018 um 21:42
@OpLibelle herzlichen Dank für die Recherche, die ja auch mit Kosten verbunden ist 👍
Zitat von OpLibelleOpLibelle schrieb:Wenn ich das nächste mal dort bin, werde ich ein paar Bilder machen und vier Rosen in der Mitte der Fläche niederlegen, als kleines Symbol, dass sie und die Morde an ihnen auch nach über 70 Jahren nicht vergessen sind.
Dem schliesse ich mich symbolisch an 🌹
Ihre Namen kennen wir zwar noch nicht, ihre Geschichte auch nicht, aber immerhin gedenkt jemand ihrer, auch wenn es nach 70 Jahren ist
Zitat von OpLibelleOpLibelle schrieb:Damit wissen wir nun also, wo der Weg dieser vier Menschen geendet hat. Das war der einfachere Teil. Jetzt müssen wir "nur" noch herausfinden, wo ihr Weg begonnen hat...
Ja, das wird der “härtere Brocken“ sein. Wer weiß, vielleicht lässt sich doch herausfinden, wie/wo ihre Geschichte begann


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Hamburger Trümmermörder 1947

31.05.2018 um 22:34
Danke für deine Bemühungen, @OpLibelle


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Hamburger Trümmermörder 1947

31.05.2018 um 22:58
Zitat von OpLibelleOpLibelle schrieb:Ich bin ohenhin alle paar Wochen auf dem Friedhof. Wenn ich das nächste mal dort bin, werde ich ein paar Bilder machen und vier Rosen in der Mitte der Fläche niederlegen, als kleines Symbol, dass sie und die Morde an ihnen auch nach über 70 Jahren nicht vergessen sind.
Ich schließe mich den Dankenden an.... und da ich es bisschen mit der Symbolik von Blumen habe, "spende" ich imaginäre Vergissmeinnicht zu deinen Rosen.


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Hamburger Trümmermörder 1947

31.05.2018 um 23:24
@OpLibelle
ganz herzlichen Dank für die Investition von Deiner Zeit, Arbeit und auch Geld in die Klärung dieser Frage!


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Hamburger Trümmermörder 1947

01.06.2018 um 06:44
Ich hatte bislang noch nichts über den Hamburger Trümmermörder von 1947 gehört und finde den Fall sehr interessant.


Dass es sich bei den Opfern um Mitglieder einer Familie gehandelt hat, wie schon die frühen Ermittler vermutet haben, halte ich für plausibel. Plausibel klingt für mich auch, dass es sich um Heimkehrer gehandelt hat, die nach Hamburg zurückgekehrt sind. Der Täter hat sie nackt abgelegt, weil die Kleidung vermutlich etwas über ihre Herkunft verraten hätte. Außerdem handelte es sich vermutlich um einigermaßen hochwertige Kleidung, die er zu Geld machen konnte. Zum Transport der Leichen benötigte der Täter wohl ein Fahrzeug. Das war zu der damaligen Zeit etwas Besonderes und nichts Selbstverständliches. Vielleicht hat er ein Fahrzeug beruflich genutzt. Schade, dass alle Ermittlungsbemühungen keinen Erfolg gebracht haben. Die junge Frau hatte eine Blinddarmnarbe. Auch da wurde bei Krankenhäusern nachgefragt, alles ohne Erfolg. Es wurde jedenfalls einiges versucht.

@OpLibelle

Du hast mit der Anfrage beim Ohlsdorfer Friedhof schon einiges herausgefunden. Mich wundert, dass die Antwort so schnell gekommen ist. Vielleicht konntest Du die Mitarbeiter der dortigen Verwaltung mit dem Interesse für den Trümmermörder etwas anstecken. Ich vermute, dass das Bestattungsinstitut GBG Bestattungen beauftragt worden ist. Auch heute scheint es in Hamburg eine Filiale zu geben. Und zwar dürfte es sich um die Firma "Ihlenfeld Bestattungen" handeln, denn im Impressum ist als Inhaberin " Grieneisen GBG Bestattungen GmbH" angegeben.

http://www.bestattungen-ihlenfeld.de/impressum/

Dieses Bestattungsunternehmen richtet Bestattungen offenbar seit jeher kostengünstig aus und daher macht es Sinn, dass sie damals mit der Bestattung der vier unbekannten Toten beauftragt worden ist, da die Kosten aus öffentlichen Kassen übernommen worden sind.

Interessant ist, dass die Toten alle am selben Tag beerdigt worden sind, das heißt, dass die zuerst gefundenen Leichen lange Zeit nicht zur Bestattung freigegeben worden sind.

Es muss Ermittlungsakten zu den Todesfällen geben, die inzwischen nicht mehr bei der Polizei oder bei der Staatsanwaltschaft lagern, weil sie nach so langer Zeit im Hamburger Staatsarchiv archiviert worden sind. Nach 70 Jahren müsste eine Nutzung des Archivguts möglich sein . Vielleicht sind in den alten Akten interessante Informationen enthalten. Die Einsichtnahme müsste vor Ort erfolgen und ist von daher in erster Linie wohl nur von Leuten zu bewerkstelligen, die in Hamburg oder Umgebung wohnen.

http://www.hamburg.de/bkm/archivgut/ (Archiv-Version vom 10.06.2018)


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Hamburger Trümmermörder 1947

01.06.2018 um 07:26
Im Bericht aus der Zeit "Es geschah im Winter 1947" vom 28.5.1965 werden die Ermittlungsakten auf S. 5 erwähnt:


Dann hörte ich vor drei Wochen, wie ein Mann im Postamt 19 zu einem anderen sagte: „Ich wohne in der Lappenbergsallee, dort, wo vor achtzehn Jahren ein Mann in meinem Alter ermordet wurde. Erinnern sie sich eigentlich noch an den Trümmermörder?“ Ich rief die Polizei an und hoffte, daß sie nach so langer Zeit endlich ihr Schweigen brechen würde. Man verwes mich an den Inspektionsleiter der Mordkommission, der Leichen- und Vermißtenstelle und der Stelle für Abtreibungsdelikte. Doch als er das Wort „Trümmermörder“ hörte, ließ er mich kaum zu Wort kommen und sprach von „widerlich“ und „jugendgefährdend“. Auskünfte aber gab er nicht. Die Ermittlungsakten werden noch immer wie ein Staatsgeheimnis gehütet.

https://www.zeit.de/1965/22/es-geschah-im-winter-1947/seite-5

Damals waren seit der Tat erst 18 Jahre vergangen. Dass 1965 seitens der Polizei aus den Ermittlungsakten noch keine Einzelheiten preisgegeben worden sind, ist wohl dem Umstand geschuldet, dass damals die Ermittlungen als noch nicht abgeschlossen betrachtet worden sind. Das war dann eine ganz normale Vorgehensweise und hat nichts Geheimnisvolles an sich und es geschah wohl auch nicht aus der Motivation heraus zu schweigen um wegen der nackten Leichen nichts Jugendgefährdendes zu verbreiten.

Interessant ist aber, dass die Morde nach 18 Jahren immer noch Thema waren.


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Hamburger Trümmermörder 1947

01.06.2018 um 08:35
Zitat von otternaseotternase schrieb:gestern um 23:24
@OpLibelle
ganz herzlichen Dank für die Investition von Deiner Zeit, Arbeit und auch Geld in die Klärung dieser Frage!
Ja, vielen Dank!

Generell möchte ich sagen, dass ich die Diskussion hier als sehr angenehm und wertschätzend empfinde, ein großes Kompliment an alle.

Hinsichtlich der Vergangenheit würde mich interessieren, ob und wie auch im Ausland auf die Opfer aufmerksam gemacht worden ist.
Die Opfer müssen ja irgendwo gelebt haben, auch über Jahre. Selbst wenn sie dann nach Deutschland (zurück)gehen hatten sie sicherlich Freunde und Bekannte die von den Plänen informiert waren und eventuell aufgrund der zeitlichen Gegebenheit aufmerksam werden würden.

Also angenommen Familie X (oder Teile dieser) reisen in dem Winter von zb Australien nach Hamburg um von dort weiter nach zB Hannover, Frankfurt, München... zu reisen.
In Australien gibt es Nachbarn und Freunde die von den Plänen wissen. Familie X lässt Ihnen nun keine Nachricht zukommen. Irgendwann sorgen sich die Nachbarn, haben jedoch nur die Möglichkeit sich am Zielort (wenn überhaupt) zu erkundigen. Dort sind die Menschen jedoch nie angekommen.

Ich halte es für möglich die Identitäten zu klären wenn man den Fall intensiv veröffentlicht. Noch gibt es Zeitzeugen die sich erinnern können und die Wahrscheinlichkeit das sich jemand an eine Familie erinnert, selbst wenn sie getrennt gereist sind, ist nochmal größer als an eine Einzelperson (zb im Fall die Plaza Frau).

Ich könnte mir vorstellen das die Opfer getrennt angereist sind und sich in Hamburg getroffen haben, zum Beispiel aus England und den USA (als Beispiel). Es muss einen Grund gegeben haben warum sie sich in Hamburg (zumindest kurz) aufgehalten haben und da auf ihren Mörder gestoßen sind. Ich denke nicht das Hamburg zu der Zeit und in diesem Winter eine Form von „Urlaubsziel“ oder ähnlichem war.


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Hamburger Trümmermörder 1947

01.06.2018 um 08:54
Es sind damals wohl zahlreiche Maßnahmen ergriffen worden um die Identität der Toten aufzuklären.


Alle Mittel wurden eingesetzt, um die vier Ermordeten aus dem Dunkel der Anonymität zu heben. Die Bilder der Ermordeten liefen durch die Presse, der Rundfunk gab seine Suchmeldungen. 50 000 Plakate gingen von Hamburg aus in die damaligen vier Besatzungszonen.


https://www.abendblatt.de/archiv/1967/article200968495/Der-Truemmermoerder-kann-noch-mitten-unter-uns-leben.html

Entsprechende Zeitungsberichte und Plakate müssten archiviert sein.


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Hamburger Trümmermörder 1947

01.06.2018 um 10:36
Zitat von AngRaAngRa schrieb:Mich wundert, dass die Antwort so schnell gekommen ist. Vielleicht konntest Du die Mitarbeiter der dortigen Verwaltung mit dem Interesse für den Trümmermörder etwas anstecken.
Ja, das konnte ich mit Sicherheit. Ich habe einmal vorab mit der Dame telefoniert und einmal, nachdem ich den Brief bekam. Ich hatte ihr auch einige Links zu Artikeln zukommen lassen und in denen hatte sie offensichtlich gelesen.

Die Recherche war auch nicht wirklich aufwendig, wie sie mir gesagt hat. Der gegenteilge Text in dem Schreiben ist ein Textbaustein, weil sich wohl ab und an Anfragende aufregen, wenn sie ein paar Euro für eine Grabsuche berechnet bekommen.

In Ohlsdorf wurden früher so 10.000 Menschen pro Jahr beerdigt, also grob 1.000 pro Monat (heute deutlich weniger). Auf jeder Doppelseite der Begräbnisbücher befinden sich 10 Eintragungen. 1.000 Beerdigungen finden also auf 200 Seiten Platz. Das macht ein Büchlein von vielleicht 2cm Breite pro Monat. Oder gut 20cm pro Jahr. 2m pro Jahrzehnt oder für 100 Jahre dann eben 20m. Das findet Platz in einer 5 Meter breiten Regalwand mit vier Böden.

In Rechnung gestellt hat mir der Friedhof gerade mal 30min. Alles easy. Nochmals vielen Dank an eine ganze Reihe von Mitlesesern, die mir per PN angeboten haben, sich an den Kosten zu beteiligen. Das hier habe ich gerne allein gezahlt, aber vielleicht kommen wir ja an einen Punkt, wo wir für längere Zeiten einen Archivar o.ä. bemühem müssen.


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Hamburger Trümmermörder 1947

01.06.2018 um 11:04
Wenn ich den Aufwand betrachte mit dem vor allem in Hamburg versucht worden ist die Identität der Opfer zu klären, dann kann ich fast nicht glauben, dass sie sich vor ihrer Ermordung in Hamburg aufgehalten haben. Wahrscheinlicher ist es, dass sie sich vor der Tat in der Umgebung von Hamburg aufgehalten haben, wo dann nicht mehr so viele Informationen ( Plakate) über die Opfer erhältlich waren. Der auswärtigen Bevölkerung sprang die Frage der Identität der vier Hamburger Opfer nicht so ins Auge und sie hatten sicher auch andere Probleme.

Der Täter muss einen gewissen Bezug nach Hamburg gehabt haben, denn ohne gewisse Ortskenntnisse hätte die Ablage wohl wegen der Zeugengefahr nicht so reibungslos funktioniert. Täter sind auch meist Gewohnheitstiere und sie agieren dort, wo sie sich auskennen.


Der Täter hat wohl darauf gehofft, dass die Opfer in den Trümmern nicht so schnell gefunden werden und später mal, wenn die Leichen doch noch skelettiert aufgefunden werden, für Bombenopfer gehalten werden. So ganz scheint er nicht mit den Verhältnissen des städtischen Elends vertraut gewesen zu sein, dass auch Menschen in den Trümmern herumsuchen, so dass Leichen nicht lange verborgen bleiben. Falls die Leichen doch schneller gefunden werden, so hat er zumindest darauf hoffen können, dass die Identität nicht sobald geklärt werden kann, weil niemand die Opfer in Hamburg kannte und weil sie nichts mehr anhatten, wodurch eine Identifizierung erschwert war.

Wenn er zum Leichentransport ein Auto benutzt hat, dann kann er auch eine weitere Strecke zurückgelegt haben. Die Opfer könnten sich somit auch irgendwo in Schleswig-Holstein oder Niedersachsen in ländlichen Bereichen aufgehalten haben. Wenn er aber schon mit dem Auto unterwegs war, warum hat er die Leichen dann nicht an einsamer Stelle im Wald vergraben? Scheiterte das daran, weil der Boden durch Frost nicht so einfach aufgegraben werden konnte? Ebenso hat er die Leichen nicht im Wasser entsorgt. Auch das kann damit zu tun haben, weil das Wasser wegen der frostigen Temperaturen vereist war. Aus seiner Sicht muss die Ablage in Trümmergrundstücken jedenfalls am vorteilhaftesten gewesen sein. Er scheint sehr planvoll vorgegangen zu sein und hat gewusst, worauf es ankommt.

Interessant ist, dass das erste Opfer eine 18-22 jährige Frau war. Vielleicht galt die Tat an sich ihr und die anderen mussten sterben, um sie als Zeugen auszuschalten.


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Hamburger Trümmermörder 1947

01.06.2018 um 13:12
Zitat von NuxeNuxe schrieb:Die Opfer müssen ja irgendwo gelebt haben, auch über Jahre. Selbst wenn sie dann nach Deutschland (zurück)gehen hatten sie sicherlich Freunde und Bekannte die von den Plänen informiert waren und eventuell aufgrund der zeitlichen Gegebenheit aufmerksam werden würden.
naja

Möglich ist, dass die Familie im Ausland nie recht Anschluss gefunden hat und dort von niemandem vermisst wurde.
Wenn wir davon ausgehen, dass es sich um Rückkehrer handelte, so würde allein die Tatsache, dass sie bereits so früh nach Kriegsende in das zerstörte Deutschland zurückkehrten, darauf hindeuten, dass sie mit dem Fluchtland nicht besonders stark verbunden waren, sondern sobald wie möglich zurück wollten.
Verwandte und Freunde in Deutschland könnten in der Zeit des Krieges ums Leben gekommen sein oder zumindest so verstreut worden sein, dass da möglicherweise schon seit Jahren kein Kontakt mehr bestand und diese die Familie schon längst für tot hielten.
Verwandte und Freunde im Fluchtland muss es nicht gegeben haben, zumindest keine, die ein so gesteigertes Interesse an der Familie hatten, sich nach deren Rückreise nach Deutschland noch um deren Schicksal zu kümmern.
Ausserdem besteht ja die Möglichkeit, dass der Täter ein weiteres Familienmitglied war! Wenn dem so war, so könnte dieser durch Briefe an die Freunde im Ausland ja noch jahrelang vorgetäuscht haben, dass die Familie noch vollständig am Leben ist!

In dem Kontext war ich gerade an eine Familie hier bei mir im Haus erinnert, Flüchtlingsfamilie aus Syrien, wohnt im Haus seit rund einem Jahr, Ehepaar mit zwei kleinen Kindern. Die Frau ist vollverschleiert und geht offenbar nur in Begleitung ihres Mannes zum Sprachkurs aus dem Haus, spricht mit niemandem, die Kinder sind zu klein für den Kindergarten, ich nehme an, die Sprachschule hat eine Kinderbetreuung, denn sie nimmt die Kinder dorthin mit, sonst spielt sie mit denen höchstens im Garten hinterm Haus, der Mann sagt zwar "Hallo" und ein paar Mal habe ich mit ihm auf der Treppe gesprochen, aber nichts tiefgreifenderes als "Schönes Wetter heute". Ab und an kommt ein Besucher, vermutlich ein Verwandter, ansonsten haben die keine Besucher.
Ich denke, wenn diese Familie morgen aus dem Haus ausziehen würde und wieder nach Syrien ginge, dann würde kein Nachbar und ausser dem einen regelmäßigen Besucher auch sonst niemand hier in Deutschland diese Familie vermissen ... Nicht weil irgendjemand etwas gegen sie hätte, sondern einfach weil sie keinen Anschluss gesucht und gefunden haben...


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Hamburger Trümmermörder 1947

01.06.2018 um 13:14
Zitat von AngRaAngRa schrieb:Interessant ist, dass das erste Opfer eine 18-22 jährige Frau war. Vielleicht galt die Tat an sich ihr und die anderen mussten sterben, um sie als Zeugen auszuschalten.
wissen wir, bzw. wurde die Reihenfolge der Tötungen ermittelt?
Wir wissen, in welcher Reihenfolge die Leichen gefunden wurden, aber mit Ausnahme des Mannes habe ich keine Info gefunden, wie lange die Leichen nach Schätzung der Gerichtsmedizin schon jeweils dort lagen!


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Hamburger Trümmermörder 1947

01.06.2018 um 14:11
@otternase

Es ist bekannt, wann die junge Frau, die zuerst gefunden worden ist, getötet worden ist.

Unter dem 21.1.1947 ( einem Dienstag) teilte die Polizei mit:

In St. Georg wurde am Montag nachmittag im Trümmergelände eines Industriegrundstückes an der Baustraße die nackte Leiche eines jungen Mädchens gefunden. Nach Ansicht der Mordkommission muß die Frau in der Nacht zum Montag erdrosselt und in die Trümmer geworfen worden sein.

https://www.zeit.de/1965/22/es-geschah-im-winter-1947

Die Polizei kann die Erkenntnisse zum Todeszeitpunkt nur von einer rechtsmedizinischen Untersuchung her haben. Man staune auch, wie schnell die junge Frau gefunden worden ist. Je schneller eine Leiche gefunden wird, desto genauer können Angaben zum Todeszeitpunkt gemacht werden. Das galt auch schon für die damalige Zeit. Ich möchte die Angaben daher nicht anzweifeln.

Dann zum Fund des Mannes wurde unter dem 27.1.1947 ( einem Montag) mitgeteilt:

Am Sonnabend wurde ein ähnlicher Fund aus Eimsbüttel gemeldet. Passanten entdeckten dort in den Ruinen der Lappenbergsallee in Höhe des Hauses Nr. 2 einen alten Mann – tot und ebenfalls unbekleidet....Der alte Mann, etwa 65 bis 70 Jahre alt, 1,60 m groß und schlank, ist wahrscheinlich in der Zeit vom 23. bis 25. Januar in den Abend- oder Nachtstunden ermordet worden.

Der 23.1. 1947 war ein Donnerstag, der 24.1. ein Freitag und der 25.1. ein Samstag. Er ist demnach nach der jungen Frau und nach dem Auffinden der Leiche der jungen Frau getötet worden.Er wurde auch sehr schnell nach seiner Ermordung gefunden.

Lediglich zum Todeszeitpunkt des kleinen Mädchens (Auffindung erfolgte am Sonntag den 2.2.1947 (lt. Mitteilung vom 3.2.1947)) und zum Todeszeitpunkt der zweiten Frau (Auffindung am Mittwoch, den 12.2.1947 lt. Mitteilung vom 13.2.1947) werden keine Angaben gemacht. Das Kind und die etwas ältere Frau werden aber als drittes und viertes Opfers der Trümmermörders bezeichnet, so dass man schon davon ausgehen kann, dass die Polizei ( die Erkenntnisse aus den rechtsmedizinischen Untersuchungen gehabt haben muss) angenommen hat, dass die Opfer nacheinander in der angegebenen Reihenfolge getötet und abgelegt worden sind.

Vermutlich wurde die ältere Frau zuletzt und nach dem Kind getötet, weil sie sich vielleicht um das Kind kümmern musste. Der Mann wurde nach der jungen Frau getötet, weil bei ihm vielleicht zu befürchten war, dass er etwas unternimmt, als die junge Frau verschwunden war.

Quelle für alle Angaben ist der Zeit-Bericht:

https://www.zeit.de/1965/22/es-geschah-im-winter-1947/seite-4


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Hamburger Trümmermörder 1947

01.06.2018 um 14:25
@AngRa
danke für die Information.

Schade, dass es zu den beiden zuletzt aufgefundenen Opfern keine Infos gibt, gerade da wäre es interessant:
der Mann fällt hinsichtlich des Auffindeortes nämlich aus der Reihe, die drei weiblichen Opfer lagen alle in einem weiträumig zerbombten Bereich relativ dicht beieinander, der Mann hingegen in einem einzelnen zerbombten Haus in einer sonst noch intakten Umgebung in einem ganz anderen, weit entfernten Stadtteil.
Sofern es sich um eine Beziehungstat handelte und die Opfer miteinander verwandt waren, liegt für mich der Gedanke daher nahe, dass die drei weiblichen Opfer ungefähr zeitgleich getötet wurden, nur der Mann erst später nach Auffinden des ersten Opfers, eben aus dem auch von Dir genannten Grund, dass bei ihm zu befürchten war, dass er etwas unternimmt, als der Fund der jungen Frau durch die Presse ging.


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Hamburger Trümmermörder 1947

01.06.2018 um 14:47
@otternase

Ja, es ist schade, dass es keine Angaben zum Todeszeitpunkt des Kindes und der etwas älteren Frau gibt. Mich wundert nur, dass die Leichen der jungen Frau und des Mannes so schnell nach der Ermordung gefunden worden sind. Aufgrund dieser Erfahrung schließe ich, dass auch die Leichen der Kleinen und der etwas älteren Frau zeitnah nach der Ablage gefunden worden sind, weil sich viel Leben in den Trümmern abgespielt hat und die Ablageorte kein wirklich gutes Versteck waren. Da kann ich natürlich auch falsch liegen.


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Hamburger Trümmermörder 1947

01.06.2018 um 14:57
Die Opfer waren gut genährt und der Täter verfügte vermutlich über ein Kfz und Benzin, sofern er in dem harten Winter nicht doch einen Schlitten nutzte um die Leichen zu entsorgen.
Das ist doch ein merkwürdiger Zufall, dass Täter und Opfer mutmaßlich wohlhabend waren.
Könnte es sich bei den Opfern evtl. um die Familie eines britischen Soldaten handeln, von deren Eintreffen in Hamburg außer dem Mörder niemand wusste?
Sprich gibt es evtl. in Großbritannien, Australien und was damals noch so dazu gehörte, vier passende Vermisstenfälle?


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Hamburger Trümmermörder 1947

01.06.2018 um 15:56
@Kodama

Davon muss man ausgehen, dass sowohl der Täter als auch die Opfer in den wirtschaftlich schwierigen Zeiten wohlhabend waren und keine Not gelitten haben. Ich vermute auch, dass der Täter die Opfer irgendwo in ländlicher Umgebung bei sich aufgenommen hatte. Sie könnten dort ziemlich abgeschieden gelebt haben. In den unruhigen und schlechten Zeiten wurden immer mal vorübergehend Leute aufgenommen, die die Nachbarn nicht kannten und für die sich auch niemand so recht interessiert hat. Als er die junge Frau ermordet hat, könnte er den anderen eingeredet haben, dass er sie (aus wichtigem Grund) nach Hamburg mitgenommen hat und dass sie sicher bald wieder zurückkehren wird. Für ein paar Tage haben ihm die anderen das vielleicht abgenommen, bis dann Zweifel kamen.

Der alte Mann hatte gepflegte Hände. Das wird besonders betont. Er hat also nicht mit den Händen gearbeitet, kann also weder Handwerker gewesen sein noch im landwirtschaftlichen Bereich gearbeitet haben. Sein Geld muss er anders verdient haben.

Die ältere Frau hatte bereits Zahnersatz. Hamburger Zahnärzte wurden befragt. Von den Befragten hat allerdings wohl niemand die zahnärztliche Behandlung durchgeführt. Ich könnte mir aber vorstellen, dass aufgrund der Beschaffenheit des Zahnersatzes hätte festgestellt werden können, ob die Frau im Ausland oder in Deutschland behandelt worden ist, denn da gab es damals wohl charakteristische Unterschiede. Da in Hamburg nachgeforscht worden ist, spricht einiges dafür, dass der Zahnersatz in Deutschland angefertigt worden ist und dass die Ermittler das auch gesehen haben. Fragt sich nur an welchem Ort der Zahnersatz angefertigt worden ist.

Rätselhaft für mich ist, dass in der Nähe des Leichenfundortes ein schwarzbrauner Bambus Gehstock gefunden worden ist, der dem alten Mann zugeordnet wird. Momentan kann ich keinen Grund erkennen, warum der Stock am Fundort der Leiche zurückgelassen worden ist.


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