spiky73 schrieb am 25.09.2019:Ich wage zu behaupten, dass ein Gastronomiebetrieb mit einem klassischen, kaufmännisch geführten Unternehmen eigentlich nicht viel gemeinsam hat.
Außer Mutter zu werden ist die Eröffnung eines Restaurants oder einer Bar so ziemlich die einzige Sache, für die man in Deutschland keinerlei Qualifikationen nachweisen muss. Dementsprechend hoch ist die Scheiternsquote der Betriebe. Ein abgeschlossenes BWL-Studium ist in diesem Zusammenhang durchaus hilfreich, vermittelt einem sozusagen die richtige Mentalität, das Wissen, woran sich wirtschaftlicher Erfolg bemisst.
Andererseits sind die Treiber der Profitabilität in der Welt der Gastronomie völlig andere als z. B. in einem klassischen Fertigungsbetrieb. Neben Miete, Personalkosten und Wareneinsatz gibt es unzählige kleine Stellschrauben, an denen man drehen kann. Diese lernt man weder an der Uni noch bei einer Lehre, sondern nur durch die Praxis, im Selbststudium. Ferner ist die Gastronomie gekennzeichnet von weit verbreiteter Schwarzarbeit, Steuerhinterziehung sowie Diebstahl und Betrug seitens des Personals. Wer da als Inhaber nicht ständig am Ball bleibt, wird gnadenlos abgezockt.
Fast noch wichtiger ist ein Gespür für Trends. Wer nicht gerade das Glück hat, einen gut laufenden Traditionsschuppen zu besitzen, muss damit rechnen, dass sein Betrieb heute top, morgen Flop ist – und rechtzeitig gegensteuern. Diese Intuition, was morgen angesagt sein könnte, welche Location lediglich gut und welche perfekt ist, welches Preisniveau man wann welcher Zielgruppe zumuten kann, die ist nur Wenigen gegeben. Ich glaube nicht, dass man das lernen kann. Selbst unter Top-Sterneköchen wirtschaftet die große Mehrheit an der Verlustgrenze, während es einigen gelingt, einen florierenden Laden nach dem anderen zu eröffnen, weil sie die richtige Nase für Trends und Locations haben.