tommy77blau schrieb:Es gibt in Koblenz Wohnheime für Obdachlose.
In vielen Fällen ist das leider vom Regen in die Traufe und ich kann gut verstehen, dass nicht wenige da die Straße vorziehen, als sich in so ein Wohnheim zu begeben.
Viele der Wohnheime sind gesteckt voll. Es herrscht kaum Ruhe, Privatsphäre hat man auch keine; Diebstahl ist an der Tagesordnung, genau wie Aggressionen und Gewalt.
Ich hatte mal einen Patienten, der in so einem Wohnheim lebte - er sagte, die Betreuungskräfte sind zumeist überfordert, es gibt null (Tages-)Struktur, ihm selbst wurde schon mehrfach das wenige Geld und Klamotten gestohlen, es sei überall verdreckt und wenn man eine Behinderung aufweise (wie er) hätte man sowieso „verknackt“ (O-Ton), weil man dann von den anderen nur noch herumgeschubst und beleidigt würde, auch mal geschlagen. Und wenn nur der Verdacht aufkäme, man hätte sich mit Betreuern oder Leitungen „gutgestellt“, sei man ein Verräter und gäbe es für andere aufgrund ihres Verhaltens Sanktionen, sei man automatisch die „Petze“ und Schuld.
Das trifft sicher nicht auf alle Wohnheime zu, aber als ich noch bei den Obdachlosen aktiv war, kamen oft ähnliche Stories.
Wir wissen nicht, ob Herr Straten schon einmal (kurz)) in einem Wohnheim gelebt hat; wir wissen nur, er war zum Zeitpunkt seines Todes obdachlos - ob es dazwischen mal Episoden gab, in denen er irgendwo unterkam, ist ja unbekannt.
Generell wissen wir über Herrn Straten wenig, eben das, aus Medien und dem XY-Fall. Da wird er als „auf der Straße gestrandet“ beschrieben, stets bemüht, nicht den Eindruck eines Kindes Obdachlosen zu erwecken, mit kleinen Jobs sich etwas Geld verdienend, belesen und intelligent (Bibliotheksbesuche und politische Diskussionen) und eben als friedfertig und wohl eher introvertiert (so wirkt es auf mich).
tommy77blau schrieb:Obdachlose. Dann noch der Konflikt mit dem dunkelhäutigen Mann. Der Grund ist natürlich nicht bekannt. Vielleicht hat Herr Straten sogar Recht gehabt.
Offenbar gab es mindestens einen Konflikt; leider ist auch hier nicht bekannt, wie Herr Straten mit diesem umging und was dem zugrunde lag.
Ob Herr Straten mit seiner Ansicht/Konfliktseite im Recht war, ist für viele Konflikte (gerade unter Obdachlosen) vollkommen zweitrangig. Jeder von uns weiß, wie sehr Leute beharrlich und mit Nachdruck ihre Meinung wiedergeben, auch wenn sie vollkommen falsch liegen; manchmal nimmt das groteske Ausmaße an, wie Bloßstellen, Gewalt, Intrigen usw.
Möglicherweise hier eben der Grund für den Mord.
Zumindest besteht für mich, bei der Art und Weise, wie Herr Straten ermordet wurde, durchaus die Möglichkeit, dass es sich um eine emotional aufgeladene Situation handelte.
Aber da ich jedem alles zutraue, ist für mich, was das Motiv betrifft, eh alles offen. Auch wenn es jemand war, der etwas gegen Obdachlose hatte und/oder einen Menschen sterben sehen wollte…die Grausamkeit ist ja nicht zwingend beziehungsabhängig. Auch einander völlig Fremde können mit äußerster Brutalität aufeinander losgehen, bzw. manche „genießen“ Grausamkeiten (siehe Ernst Finnern).
Geht ihr eigentlich von einem Täter aus oder wären für euch auch zwei oder mehr Täter möglich?