242 schrieb:hier mal ein ernüchterndes Beispiel
Inwiefern ist dieser Beschluss denn ernüchternd?
242 schrieb:daher ist es mir noch unverständlicher warum das OLG sich gegen die Herausnahme des Jungen aus seiner Familie entschieden hat.
Kennst du denn die Begründung für diese Entscheidung?
Ich darf mal aus der sog. ernüchternden Entscheidung zitieren. Vielleicht gibt sie ja bereits Hinweise ...
BGH NJW 2017, 1032 ff.
"Generell ist für Maßnahmen nach § 1666 BGB erforderlich, dass eine konkrete Gefährdung des Kindeswohls vorliegt, zu deren Abwendung die sorgeberechtigen Personen nicht gewillt oder in der Lage sind. Eine solche besteht bei einer gegenwärtigen, in einem solchen Maß vorhandenen Gefahr, dass bei der weiteren Entwicklung der Dinge eine erhebliche Schädigung des geistigen oder leiblichen Wohls des Kindes mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (vgl. Senat, NJW 2005, 672 = FamRZ 2005, 344 [346]; Staudinger/Coester, BGB, Neubearb. 2016, § 1666 Rn. 82 f.; zum Maßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit vgl. auch BVerwG, NJW 1974, 807 [810]; NJW 1975, 130 [132]; NVwZ 2010, 389 [390]; BVerfG, NJW 2005, 2603 [2610] = MMR 2005, 674, und NJW 2000, 55 [66]).
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Die Annahme einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit muss in jedem Fall auf konkreten Verdachtsmomenten beruhen. Eine nur abstrakte Gefährdung genügt nicht (OLG Karlsruhe, NJW 2009, 3521 = FamRZ 2009, 1599; MüKoBGB/Olzen, § 1666 Rn. 48; Ziegler in Prütting/Wegen/Weinreich, § 1666 Rn. 2; Ziegler in Weinreich/Klein, § 1666 Rn. 3). Schließlich muss der drohende Schaden für das Kind erheblich sein. Selbst bei hoher Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines nicht erheblichen Schadens sind Maßnahmen nach § 1666 BGB nicht gerechtfertigt. In solchen Fällen ist dem elterlichen Erziehungs- und Gefahrabwendungsprimat der Vorrang zu geben (BeckOK BGB/Veit, § 1666 Rn. 11; Staudinger/Coester, § 1666 Rn. 91).
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Jeder Eingriff in das Elternrecht muss dem – für den Fall der Trennung des Kindes von der elterlichen Familie in § 1666 a BGB ausdrücklich geregelten – Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen (Senat, NJW 2012, 151 = FamRZ 2012, 99 Rn. 27 ff. und NJW 2005, 672 = FamRZ 2005, 344 [347]). Er gebietet, dass Art und Ausmaß des staatlichen Eingriffs sich nach dem Grund des Versagens der Eltern und danach bestimmen müssen, was im Interesse des Kindes geboten ist. Die anzuordnende Maßnahme muss zur Abwehr der Kindeswohlgefährdung geeignet, erforderlich und auch im engeren Sinne verhältnismäßig sein. Die Erforderlichkeit beinhaltet dabei das Gebot, aus den zur Erreichung des Zwecks gleich gut geeigneten Mitteln das mildeste, die geschützte Rechtsposition am wenigsten beeinträchtigende Mittel zu wählen. Der Staat muss daher vorrangig versuchen, durch helfende, unterstützende, auf Herstellung oder Wiederherstellung eines verantwortungsgerechten Verhaltens der Eltern gerichtete Maßnahmen sein Ziel zu erreichen (Senat, NJW-RR 2016, 1089 = FamRZ 2016, 1752 Rn. 22 mwN). Die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne ist gegeben, wenn der Eingriff unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zumutbar ist. Hierbei ist insbesondere auch das Verhältnis zwischen der Schwere des Eingriffs und seiner Folgen, dem Gewicht des dem Kind drohenden Schadens und dem Grad der Gefahr zu berücksichtigen. Die – auch teilweise – Entziehung der elterlichen Sorge als besonders schwerer Eingriff kann daher nur bei einer nachhaltigen Gefährdung des Kindes mit einer höheren – einer ebenfalls im Einzelfall durch Abwägung aller Umstände zu bestimmenden ziemlichen – Sicherheit eines Schadenseintritts verhältnismäßig sein. Die Anordnung weniger einschneidender Maßnahmen kann dagegen bereits bei geringerer Wahrscheinlichkeit verhältnismäßig sein."