Der 13. Prozesstag hat angefangen. Heute haben die Vertreter der Zivilpartei das Wort.
Die Frage der sexuellen Motivation, der Pädophilie, wird zwangsläufig von den Zivilparteien aufgeworfen und vorgebracht.
- Yves Crespin (Anwalt der Vereine „L’enfant bleu“ und „La voix de l’enfant“) und
- Caroline Rémond (Anwältin der Eltern der beiden Großcousinen)
werden am Mittwochvormittag plädieren.
Am Nachmittag sind dann
- Laurent Boguet (Anwalt von Maëlys' Vater)
- und Fabien Rajon (Anwalt von Maëlys' mütterlicher Familie) an der Reihe.
Die Mutter des Angeklagten sitzt wieder in der ersten Reihe, aber seine Schwester ist nicht da. Die Eltern der beiden Großcousinen sind ebenfalls anwesend, um sich die Argumente ihres Anwalts anzuhören.
Die Präsidentin erklärt, dass sie mehrere Zeugenaussagen „streichen“ will. Valérie Blain erklärt, sie werde die Vernehmung der acht säumigen Zeugen, darunter die des ehemaligen Mithäftlings Farid C. und des ehemaligen Gefängnisgefährten des Angeklagten, "aufheben". Es wird daher ausschließlich als Lesung den Bericht des Mithäftlings vom 14. Dezember 2018 geben, der nicht vor Gericht erschienen ist.
Die Verteidigung möchte, dass das Gericht einige Zeit mit der Aussage des Ex-Häftlings verbringt. Alain Jakubowicz, der Verteidiger, bedauert das Ausbleiben des "umstrittensten Zeugen in dem Fall", Farid C. (der bereits während des Prozesses wegen Mordes an Arthur Noyer am 6. Mai 2021 in Chambéry vor Gericht ausgesagt hatte). Er erfordert drei weitere Lesungen als Ausgleich.
Farid C. behauptete, der Angeklagte habe sich ihm im Gefängnis anvertraut und ihm erzählt, wie er Maëlys sexuell angegriffen habe, bevor er sie getötet habe. Der Präsident beginnt mit der Lesung. "Es gab Gespräche zwischen Zellen und bei Spaziergängen. Er hat mich sofort angesprochen." Farid ist ein Polizeispitzel, also wird er auch in Einzelhaft gesteckt, er behandelt Nordahl ohne Vorbehalte und es entsteht Vertrauen. Zuerst wusste er nicht, wer er war. "Wir begannen mit einem Zigarettentausch, er sagte mir, sein Name sei Nono. Ich sagte ihm, dass ich ihn nicht verurteilen würde", erklärt er in der vom Präsidenten verlesenen Anhörung.
Er sagte, dass Maëlys in sein Auto gestiegen sei, um sich seine Hunde anzuschauen. Er hätte zu Hause Kokain geholt. Als er wieder ins Auto gestiegen wäre, hätte er angefangen zu streicheln. "Da sie sich wehrte, nahm er sie an den Handgelenken, damit sie sich nicht bewegte. Er bekam keine Erektion. Das kleine Mädchen schrie laut, er schlug ihr ins Gesicht. Sie starb, er legte sie in seinen Kofferraum und ging zurück zur Hochzeit."
Farid C. erklärt während seiner Anhörung, dass ihn niemand gebeten habe, mit Nordahl Kontakt aufzunehmen. Er habe keine Vorteile gehabt. In seiner Zelle verfolgte er den Fall im Fernsehen. „Ich wurde nicht gebeten, ihn zum Reden zu bringen. Er wusste, dass ich ein Informant bin. Ich reagiere wie ein Vater, deshalb sage ich es. (…) Das hat er mir mit eigenen Worten gesagt. Als es Fernsehsendungen über ihn gab, beschimpften ihn die anderen, indem sie sagten, dass er kein Mann sei, da er ein kleines Mädchen angegriffen habe. Ich sagte ihm, er solle nicht reagieren.“
In einem Bericht vom 18. Dezember 2018 bestätigte ein Mitarbeiter der Gefängnisverwaltung des Zentrums von Saint-Quentin-Fallavier, wo Nordahl Lelandais inhaftiert war, dass der Verdächtige regelmäßig beschimpft und mit Geschossen beworfen wurde usw. Farid C. vertraute sich dieser Wache an. „Er war verärgert, schockiert, er bat darum, nicht länger Zellennachbar von Nordahl zu sein.“ Der Gefängnismitarbeiter: "Für Maëlys gab Nordahl zwei Versionen ab. In einer sagte er, dass er keine Erektion bekam, weil er Kokain genommen habe. Er schwor, dass es keine Vergewaltigung. Er sei mit dem Kind im Kofferraum zu der Hochzeit zurückgekehrt. (...) Farid hat Nordahl Koks gegeben, im Tausch gegen Tabak. Für mich ist Farid kein Schwerverbrecher, ein Kleinkrimineller, aber mit einer gewissen Moral."
(…)
Der Mithäftling und der Gefängnismitarbeiter beziehen sich in seinem Bericht auf Arthur Noyer. „Was den Unteroffizier anbelangt, hat Farid mir erzählt, dass Arthur laut Nordahl ihn um Oralsex gebeten hat. Nordahl wurde wütend, es gab einen Kampf, er hat einen großen Stein genommen, um ihn auf den Kopf zu schlagen.“
Der Wärter bei einer zweiten Anhörung: „Ich war dabei, in seiner Zelle, als sie sich im August 2018 durch die Fenster austauschten, und ich hörte ihn sagen: Du hast wegen dem Koks keine Erektion? Ja, so war es, antwortete Nordahl. Der Gefängnisbeamte nahm sich auch mehrmals die Zeit, Nordahl zu besuchen, insbesondere nach dessen Besuchen im Gefängnis. Der Wächter erzählt noch über das Protokoll: „Ich habe Nordahl sagen hören: Jedenfalls war es keine Vergewaltigung, es hat keine fünf Minuten gedauert. Maëlys‘ Vorname wurde nicht ausgesprochen.“
Laut dem Gefängniswärter gibt es keinen Grund, an Farid, einem „V-Mann“, zu zweifeln. „Fast alles, was er uns in der Vergangenheit erzählt hat, hat sich als richtig herausgestellt“, erklärt er. Der Vorgesetzte fügt hinzu: „Ich habe diese Äußerungen, die ich gehört habe, meiner Vorgesetzten mündlich gemeldet. Ich habe einen Fehler gemacht, es in meinem Bericht nicht zu vermerken. Ich war mitten in einer Scheidung, ich wollte nicht mit einer solchen Medienaffäre in Verbindung gebracht werden.“
Der Aufseher: „Wir haben seine Sicherheit gewährleistet, indem wir ihn in Einzelhaft genommen haben. Er wurde oft beschimpft. Farid war in einer Nachbarzelle. Sie konnten durch das Fenster miteinander sprechen angedroht." Er wurde nicht absichtlich neben Nordahl einquartiert.
Warum diese Zeugenaussage so wichtig ist
Hinter diesen Verlesungen des Protokolls eines Mithäftlings oder dem Gefängniswärters, steht tatsächlich das Motiv der Aggression, das wesentlich ist. Die Aussagen könnten Zugang zu einer Wahrheit ermöglichen, die der Angeklagte von vornherein abgestritten hat. Nordahl hat pädophile Neigungen zugegeben, als er 2017 über die sexuellen Übergriffe auf die zwei Großcousinen sprach, aber in Bezug auf Maëlys spricht er immer über seine Hunde, die freiwillige Entführung, und dass er nicht beabsichtigt habe, das Kind zu töten, als er einen heftigen Schlag ausführte.
Quelle:
https://www.francebleu.fr/infos/faits-divers-justice/direct-proces-lelandais-l-heure-des-plaidoiries-des-parties-civiles-1644947211Die Übersetzung des Originaltextes erfolgte durch mich zusammenfassend mit Auslassungen und unter Einbeziehung sprachlicher Kreativität und auf Grundlage meiner Interpretation.
Zur Info: Ich habe die direkten und indirekten Reden zum Teil auf ein zu akzeptierendes Niveau hochkatapuliert.
Zunächst missfällt mir die Äußerung von Herrn Jakubowicz, der den Zeugen als "den umstrittensten Zeugen" bezeichnet. Was heißt das? Sind alle umstritten, aber er sozusagen ein Superlativ? Ich empfinde das als Diskreditierung aller Zeugen.
Was Farids Zeugenaussage anbelangt, so bin ich ein wenig unschlüssig. Nach seiner Darstellung sind die beiden im Auto zu Nordahl gefahren wegen der lieben Hundchen und dem ausgegangenen Kokain. Dann habe Nordahl Kokain geholt, und danach habe er Maëlys zu streicheln versucht. Nur sind die Aufnahmen aus der Überwachungskamera eindeutig von der Hinfahrt, und da ist bereits der sexuelle Missbrauch dokumentiert.
Auch kann ich die Geschichte mit Arthur (den ich übrigens die ganze Zeit in Unwissenheit vom Unteroffizier zum Gefreiten degradiert habe) nicht so ganz glauben. Es war weit nach Mitternacht. Arthur war stark angetrunken, wenn nicht sogar betrunken. Er wollte in die Kaserne, da er ein paar Stunden später seinen Dienst antreten musste. Nordahl ist allerdings nicht zu der Kaserne gefahren. Hatte er einen Stein im Auto, mit dem er Arthur den Schädel eingeschlagen haben will? Während der Fahrt? Warum haben sie angehalten? Wenn Arthur tatsächlich seuelle Absichten gehabt haben sollte, warum hat Nordahl ihn dann nicht zur Kaserne gefahren und ihn dort rausgeworfen?
Ich will damit keinesfalls Farids Aussage in Zweifel ziehen, aber waren es wieder die Lügen von Nordahl?