Ein Beispiel eines konkreten Falles:
http://www.sueddeutsche.de/panorama/prozess-in-karslruhe-mord-ohne-leiche-1.2815124Mord ohne Leiche
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In Karlsruhe steht ein Mann vor Gericht, der seine Ehefrau ermordet haben soll. Doch von der Vietnamesin fehlt jede Spur.
Es geht nun um die Frage, ob ein Angeklagter verurteilt werden kann, wenn das Todesopfer nie gefunden wurde?
Mehrere spektakuläre Fälle haben in der Vergangenheit gezeigt, wie heikel die Angelegenheit ist.
Ein Mensch verschwindet: Sie ist Vietnamesin, 34 Jahre alt, sie wohnte mit ihrem Ehemann und zwei Kindern im Karlsruher Stadtteil Durlach. Der Ehemann, ebenfalls Vietnamese, 45 Jahre alt, meldet sie als vermisst - allerdings erst fast zwei Tage später. Ein verdächtiger Umstand? Die Polizei sucht nach der vermissten Frau, mit Hunden, Einsatzhundertschaften, Wärmebildkameras. Taucher durchsuchen einen Baggersee.
"Die Frau wird nicht gefunden. Ihr Reisepass ist noch da - unwahrscheinlich, dass sie sich ins Ausland abgesetzt hat. Und warum hätte sie das tun sollen? Erst wenige Wochen zuvor hat sie in Karlsruhe ein Nagelstudio eröffnet. Würde sie ihre beiden Kinder einfach zurücklassen?
Eine juristische Gratwanderung
Nachbarn der Familie berichten von lautstarken Streitigkeiten zwischen den Eheleuten. Angeblich sei der Mann gewalttätig geworden. Er wird festgenommen, wieder freigelassen, wieder festgenommen. Am Dienstag begann vor dem Landgericht Karlsruhe der Prozess gegen den 45-Jährigen. Die Staatsanwaltschaft glaubt, dass er seine Frau "auf unblutige Weise" getötet und ihre Leiche in einem Koffer weggeschafft hat. Welche Beweise sie dafür vorlegen kann, wird sich erst zeigen. Verteidiger Hannes Linke sagt: "Ich gehe felsenfest von einem Freispruch für meinen Mandanten aus."
Kann man einen Angeklagten wegen Mordes oder Totschlags verurteilen, wenn das mutmaßliche Opfer nicht gefunden wurde? Man kann - aber es ist eine juristische Gratwanderung. "Wenn es kein Geständnis gibt, ist vieles, was ein Urteil begründen könnte, einfach nicht nachweisbar", sagt Steffen Ufer, einer der dienstältesten Strafverteidiger in Deutschland. Der Tatzeitpunkt, der Tathergang, die Todesursache - nichts davon lässt sich feststellen, wenn der Verdächtige schweigt und die Leiche nicht vorhanden ist.
Und wenn das Gericht trotzdem zu der Überzeugung kommt, dass der Angeklagte schuldig ist, dann ist immer noch die Frage der strafrechtlichen Bewertung offen: Mord oder Totschlag? "Die Beseitigung der Leiche ist noch lange kein Beweis dafür, dass eines der gesetzlichen Mordmerkmale erfüllt ist", sagt Ufer. Er erinnert sich an den Fall eines Mandanten, der angeklagt war, einen Bekannten ermordet zu haben, der ihn vermeintlich mit seiner Freundin betrogen hatte.
"Es gab eindeutige Spuren, dass eine Leiche zerteilt worden war, vielleicht sogar mit einer Kettensäge", sagt Ufer. Aber ob es ein Mord aus niedrigen Beweggründen oder ein Totschlag im Affekt war, das ließ sich daraus nicht ableiten. "Der Staatsanwalt hat alles versucht, aber das Gericht hat im Zweifel für den Angeklagten entschieden - zehn Jahre wegen Totschlags."