Nilkrokodil schrieb:würde aber tatsächlich das Nachtatverhalten (Vertuschung, variierende Unfallerklärungen) von PM erklären.
JosephConrad schrieb:Problematisch ist aber vor allem die Zerstückelung
[/quote]
Hypothetisches Szenario dazu
aus meiner Sicht unten stehend.
(Anm.: Die Fachleute unter euch mögen mich ob der verkürzten/ vereinfachten Darstellung aus Gründen der besseren Nachvollziehbarkeit der real weitaus komplexeren Vorgänge nicht erschlagen.
Übersetzungen der Zitate stammen von @Trimalchio.)
Wenn ich meinem Eindruck mal folge, der sich mir hinsichtlich seines Bewegungsbildes in dieser Nacht sowie dem Handlungsverlauf bis zum Morgen zeigt, dann dürfte er die Zerstückelung sehr viel später als 22 Uhr vorgenommen haben.
Nach dem Vorfall – angenommen wird ein für PM zuvor nicht abseh- oder vorhersehbares Ereignis an Bord - und KWs Leiche nun im Boot, könnte er out-of-mind gewesen sein. Das meint, einen psychischen Kontrollverlust zu erleiden und auf Grund einer Überflutung seines Kortex mit Stresshormonen in einen handlungsunfähigen Zustand bei gleichzeitig bestehenden Bedrohungsgefühlen versetzt zu werden. Bedrohungsgefühle, die sich an den Äußerungen PMs zur Leiche von KW deutlich zeigen, in Form von Vermeidung, Aversion und v.a. Vermeidung der Nähe zur Leiche:
Der er en blodpøl på de plader, hvor hun er landet. Det gør bare, at det går jeg rund[t] med i båden. Jeg kunne ikke undgå at træde forbi blodpølen, siger han
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Es gibt eine Blutlache auf den Platten, wo sie aufgeschlagen ist. Es macht bloß, dass ich damit im Boot herum gehe(?? im Boot darum herum gehe?). Ich konnte nicht vermeiden, an der Blutlache vorbei zu treten, sagt er.
Jeg har ingen kontakt med det døde menneske ombord.
Ich habe keinen Kontakt mit dem toten Menschen an Bord.
Han forklarer, at han lægger sig til at sove et par timer, mens kims Wall lig ligger i ubåden . Men hun ligger altså i en anden sektion, siger han.
Er erklärt, dass er sich für ein paar Stunden schlafen legt, während Kim Walls Leiche in dem U-Boot liegt. Aber sie liegt in einem anderen Abschnitt, sagt er.
Ich bin geneigt, weite Strecken der Gedankengänge PMs als glaubhaft anzusehen, die er am 5.9. äußerte, ab, weil sie kohärent sind zur Art der Gedankeneinengung und Sprunghaftigkeit, wie es Leute erleben, wenn sie in einer psychischen Ausnahmesituation sind und gerade einen Kontrollverlust erleiden. So etwas kann man kaum simulieren und solche Gedankengänge kann man als Lügner auch nicht konstruieren. Genauso seltsam, bizarr und widersprüchlich, wie die Inhalte seiner Gedanken waren, die er aussagte, sind i.d.R. die Gedankengänge solcher Menschen.
Anhand dessen zeichnen sich für mich folgende Abläufe ab:
KW liegt tot im Boot, alles voll mit Blut. Er erleidet einen Nervenzusammenbruch, Apathie und Agitiertheit wechseln sich ab. Er kann es nicht fassen, läuft auf die eine, dann auf die andere Seite, setzt sich, steht auf, schreit, heult, legt sich hin, steht wieder auf, fängt an, mit sich selbst zu reden. was soll er tun was soll er tun was soll er tun. Er tut nachfolgend das, was Kriseninterventionsteams bei solchen Menschen (die einen Kontrollverlust erleiden) i.d.R. IMMER zu sehen bekommen: er setzt eine Übersprungshandlung, weil das das Einzige ist, was das psychische Überleben und Funktionieren in einer solchen Situation gewährleistet. Das meint keine bewusst getroffene Entscheidung, sondern einen einsetzenden AUTONOMEN, INSTINKTIVEN Handlungsimpuls: du setzt Handlungen, in denen du Routine hast. Frauen fangen an, aufzuräumen, abzuwaschen, Polizisten Kaffee zu machen, während der Angehörige suizidiert im Flur liegt. Kinder fangen an, Bilder mit Sonnen zu malen, sie fangen an, mit ihren Barbies und Autos zu spielen. PM setzt sein Boot in Bewegung. Er schaltet um auf Technik. Er sieht in dem Moment nur den Fokus: Losfahren/ Tauchen!
Du siger, at du har det ubehageligt, og alligevel vælger du at lave et neddyk og lægge dig til at sove, spørger anklageren.
- Sie sagen, dass Sie sich unbehaglich fühlten, und doch beschlossen Sie ein Abtauchen zu unternehmen und legten sich hin zum Schlafen, fragt der Staatsanwalt .
Ja det gør jeg. Men ikke for at springe i det, men på et tidspunkt vælger jeg så at få hende op, svarer Peter Madsen.
- Ja, das tue ich. Aber um nicht in sie hineinzuspringen, aber an einem Zeitpunkt entschloss ich mich dazu, sie hochzubringen, antwortet Peter Madsen.
Das Problem an Routinehandlungen ist, dass sie durch die Rückgewinnung von Kontrolle angstabwehrend „wirken“. Kennt jeder. Hat man etwas zu tun, geht es einem besser, als wenn eine Situation passiv ausgehalten werden muss. Derlei Handlungen sorgen für ein Abflauen der Hormonüberflutung, somit auch des Affekts. D.h., es setzt jetzt Erschöpfung ein. Der Betreffende kommt quasi "runter". Das ist der Moment, wo er sich aller Wahrscheinlichkeit nach hinlegt. Er schläft jetzt, bzw. versucht es, schafft es aber nicht wirklich, da im Moment des Nachlassens der Stressreaktion gleichzeitig auch Wahrnehmungs- und Denkvermögen verbessert werden. Er kann seine Situation nun also trotz körperlicher Erschöpfung innerpsychisch klarer wahrnehmen, was wiederum eine wiederholte Ausschüttung von Stresshormonen zur Folge hat, da er die Situation als Bedrohung wahrnimmt. Er schläft nun einige Zeit, dürfte jedoch in Abständen immer wieder wach werden.
Wir haben jetzt einen neurologischen Status, in dem er massiv erschöpft ist, aber gleichzeitig ein "Arousal" einsetzt, resultierend aus fehlenden Kontrollstrategien und Bedrohungsgefühlen. Schlechte Mischung, wie jeder weiß, der körperlich erschöpft ist und gleichzeitig Bedrohungsgefühle erlebt.
Das dürfte der Moment sein, in dem er erste dissoziative Zustände erlebt, weil die Verarbeitung seiner emotionalen und gedanklichen Wahrnehmung beeinträchtigt, d.h. unvollständig, eingeengt und verzerrt geschieht. Was er in seiner Aussage interessanterweise auch beschrieb. Seine Gedanken werden dadurch fragmentiert und verlieren an Stringenz sowie Ganzheitlichkeit, gleichzeitig erhöht sich jetzt jedoch ein HANDLUNGSDRUCK (!). Schön zu erkennen im Rahmen seiner Aussage:
Kim Wall er styrtet ned, og ligger med benene præcis i den position, hvor tårnlugen er. Jeg vil gerne have det døde menneske fra bord. Jeg synes ikke, at hun skal med på min tur. Jeg er selvmordstruet og fuldstændig i op<l>øsning.
-
Kim Wall ist hinuntergestürzt und liegt mit ihren Beinen genau in der Position, wo die Turmluke ist. Ich möchte den toten Menschen gern von Bord haben. Ich finde nicht, dass sie mit auf meine Tour soll. Ich bin selbstmörderisch und vollständig in Auflösung.
Ich bin aufgelöst.
*Switch*
KW soll/ will nicht mit dem Boot begraben sein
*Switch*
Ich will sterben
*Switch*
Ich muss KW „bestatten“/ von Bord kriegen
*Switch*
Sofern wir die Möglichkeit einer Zerstückelung der Leiche durch Schiffsschrauben ausschließen, beziehe ich meine Annahme der Zerstückelung darauf, dass PM es tat, weil er sie wahrscheinlicherweise nicht anders aus dem Boot bekam. Er dürfte körperlich entkräftet gewesen sein, während er gleichzeitig psychisch völlig agitiert war. Wir erinnern uns: Das Arousal steigert (!) im Zuge der Zeit seinen Handlungsdruck. Was im Übrigen i.d.R. ein genau umgekehrtes Handlungsmuster hervorbringt, als bei Menschen, die Ähnliches tun, aber dabei nicht unter dem Eindruck eines Kontrollverlusts stehen. Adrenalin entfaltet, wie jeder weiß, enorme „Kräfte“, allem voran mental jedoch einen enormen „Willen“, Handlungen durchzuführen. Bevor er sie zerstückelte, wird er aller Voraussicht nach mehrmals andere Wege versucht haben, die in Gänze aus dem Boot zu befördern, aber bemerkt haben, dass er es körperlich nicht schafft. Möglicherweise hat er sich zwischenzeitlich nochmals hingelegt, dieses Mal länger, weil ein avisierter "Plan" Handlungskontrolle gibt und somit das Bedrohungsgefühl mindert.
ERST JETZT beginnt er mit dem Zerstückeln. Er fängt an den Gliedmaßen an. Geht mir der Gliedmaße, die er abgetrennt hat, nach oben und wirft sie ins Meer. Geht wieder runter und macht weiter. Nach jedem Mal wird die Pause, die er einlegt, länger. Und er weiß, er MUSS nun weitermachen, obwohl er es möglicherweise / vermutlich nicht will. Erkennbar daran, dass er die Kleidung nicht spätestens dann entsorgte, als er alle 4 Glieder abgetrennt und weggeworfen hat. Vergleichbar mit einer Situation, die einige vielleicht kennen, in der man kurz davor ist, ein Ziel zu erreichen, auf das man massiv und intensiv hingearbeitet hat und dann lässt der Handlungsimpuls kurz davor nach und es macht sich „Erleichterung“ breit, wo absehbar ist, dass man „das Schlimmste“ geschafft hat – auch, wenn es noch weitere Dinge zu tun gibt. Der (Handlungs-) Druck lässt nach. PM dürfte sich danach Entsorgung der Glieder erneut hingelegt bzw. eine längere Pause gemacht haben, OBWOHL der Torso + Kleidung noch an Bord sind.
Der Torso (wahrscheinlich mit Kopf) liegt jetzt ohne Glieder noch immer an Bord. Draußen dürfte es bereits hell sein, da er vermutlich mehrere Stunden geschlafen haben wird. Länger, als er dies wahrscheinlich wollte. Im Übrigen dies ein weiterer Unterschied zu Tätern, die keinen Kontrollverlust erleben. Die wichtigste Verdeckungshandlung muss er nun zu einem Zeitpunkt vollziehen, in der das Entdeckungsrisiko am größten ist.
Durch den Tiefschlaf, den er gehabt haben dürfte, ist auch seine körperliche Erschöpfung relativ weg, auch sein Kortex nicht mehr überflutet und er ist zu stringentem Denken und Planen fähig. ERST JETZT dürfte es ihm ÜBERHAUPT erst MÖGLICH sein, den Gedanken zu fassen, wie er das alles erklärt und was er mit dem Torso macht. Sehr wenig Zeit, angesichts des bereits einsetzenden Tagesanbruchs. Noch immer der Torso mit Kopf in seinem Boot. Er weiß, dass es jetzt schnell gehen muss. Er setzt den Kopf ab, was i.d.R. die größten Aversionen verursacht, deren Überwindung jedoch erleichtert worden sein dürfte durch den immensen aufkommenden Handlungsdruck auf Grund des veränderten Risikos.
Er versenkt ihn vor der Koge-Bucht. Er beginnt nun den Torso mit Rohren zu präparieren. Er weiß, dass er den Torso beschweren MUSS, weil er sich in Küstennähe aufhält und womöglich Kenntnis über die Suchmaßnahmen hat. Er dürfte wissen, dass insbesondere aus der Luft Suchmaßnahmen erfolgen, sobald ein Schiff als vermisst gilt. Er weiß, dass ein Torso schwimmt und dieser daher sowohl aus der Luft als auch von anderen Schiffen gesehen werden könnte. PM ist technisch begabt. Dass der Torso so schnell auftauchte, obwohl er die auf diese diffizile Art zu beschweren versuchte, mutet mir stümperhaft an. Daher bin ich mir sicher, dass er a) wenig Zeit zur Verfügung hatte und er ihn b) lediglich beschwerte, um auf Grund der ungeplanten Zeitverzögerung mehr Zeit zu gewinnen, zumindest so viel, dass der Torso nicht gleichzeitig dann zu sehen ist/ entdeckt wird, wenn man IHN und sein Boot entdeckt.
Er wirft den Torso nun über Bord und nimmt Kurs aus der Bucht raus. Unmittelbar danach wird er bereits entdeckt.
Der Rest ist bekannt.