Mit Spannung erwartet war das Gutachten zu der weiblichen Angeklagten, welches heute behandelt wurde:
Mordprozess Yangjie Li Gutachter fordert Jugendstrafrecht für Xenia I. – Quelle:
http://www.mz-web.de/26755606 ©2017
Gerade die MZ Meldung dazu ist ziemlich dünn:
Bernd Langer hatte der 21-Jährigen am Montag vor dem Landgericht Dessau eine deutliche Reifeverzögerung festgestellt, zugleich aber deutlich gemacht, dass er in einem stabilen Umfeld Potenziale für eine Nachreifung sehe.
[...]
Der Gutachter attestierte der ebenfalls 21-Jährigen eine Traumatisierung durch einen sexuellen Missbrauch als Kind durch den Stiefvater. Xenia I. habe schwere Minderwertigkeitsgefühle, ein durchweg negatives Selbstbild und eine sich selbst schädigende und sich unterordnende Beziehungsgestaltung.
[...]
Die Beziehung zu Sebastian F. sei fast schon von Hörigkeit geprägt gewesen. Es habe eine emotionale und psychische Abhängigkeit gegeben und extreme Ängste vor Alleinsein und Verlassenwerden.
[...]
Der Psychiater sagte aus, dass Xenia I. sich Feigheit vorwerfe. Langer selbst kommt zu der Einschätzung, dass sie die Möglichkeit gehabt hätte, Hilfe zu rufen. „Sie war voll steuerungsfähig und sie war sich auch über die Lage im Klaren.“
Soweit die MZ. Im Bericht des MDR gibt es dann aber noch diverse Zusatzinfos aus dem Gutachten, die die Sache in ein anderes Licht rücken:
Psychiater schlägt Jugendstrafrecht für Angeklagte vor -
http://www.mdr.de/sachsen-anhalt/dessau/dessau-mordfall-gutachten-angeklagte-jugendstrafrecht-100.html (Archiv-Version vom 26.04.2017)Vieles von dem, was sie erzähle sei Fassade, so Dr. Langer. Er habe eine 21-jährige Frau erlebt, die die Realität verleugne, um den schönen Schein zu wahren.
[...]
Viel Interpretationsspielraum lässt dagegen der Anteil Xenias beim eigentlichen Verbrechen zu. Sie selbst habe dem Gutachter beschrieben, dass sie wenig gesehen und kaum mitgemacht habe. [...] Auch der psychiatrische Gutachter meldet seine Zweifel an. Etliche Aussagen seien "nicht logisch". Die Angaben zu Details seien nicht aus einem Guss. Einige Widersprüche habe er nicht erhellen können.
Natürlich kann ich es nicht beweisen, aber für mich sind diese Unterschiede in der Berichterstattung ein erneutes Indiz (nach vielen anderen zuvor), dass die MZ mit besonderem Genuß negative Infos zu dem männlichen Angeklagten und seiner Familie ausbreitet, hingegen öfter negative Infos zu der weiblichen Angeklagten und ihrem Hintergrund verschweigt. Die Berichterstattung des MDR scheint mir deutlich ausgewogener.
Pure Spekulation: Ob da jemand bei der MZ da noch ein Hühnchen mit dem Stiefvater des Angeklagten zu rupfen hatte und die Sache ausnutzt?
ausserdem gibt es noch weitere Infos zum Hintergrund:
Vor dem Gericht beschreibt der Gutachter ihre einsame Kindheit voller Gewalt und Ausgrenzung: von der Mutter nicht gewollt, der Vater früh gestorben, vom Stiefvater geschlagen und mehrfach sexuell missbraucht. Damals sei Xenia 12 Jahre alt gewesen, als sie selbst beim Jugendamt den Missbrauch angezeigt habe.
Später folgten zwei Partnerschaften mit drei Schwangerschaften. Ein Baby starb den plötzlichen Kindstod. Auch mit ihren späteren Partnern habe sie kein Glück gehabt: Wieder habe es Schläge gesetzt, sei sie gedemütigt worden, habe sadistische Erniedrigungen ertragen müssen. Doch sie habe sich an ihren jeweiligen Partner geklammert, habe Verlustängste gehabt.
Meine ganz persönliche Meinung dazu:
Leider konnte auch das Gutachten die entscheidende Frage am Ende doch nicht klären: ist die Angeklagte höchst manipulierbar oder höchst manipulativ?
Ihr Anteil an der Tatplanung und Tatdurchführung bleibt weiterhin ungeklärt!
Schliesslich ist doch auffällig, dass die zuvor alleinbegangenen Sexualstraftaten des Sebastian F. nicht in einem Mord mündeten, die mit Xenia I. gemeinsam begangene Straftat hingegen in einem äusserst brutalen Mord resultierte!
Und auffällig ist weiter, dass ihr Teil-"Geständnis" genau dort aufhörte, wo sie sich selbst oder Dritte neben ihrem ehemaligen Verlobten hätte über das bereits hinlänglich durch andere Beweismittel Bekannte hinaus belasten können! Reue sieht anders aus!
Fakt ist auf jeden Fall, dass sie in der Beziehung zu der Zellengenossin erneut sehr ähnliche Verhaltensmuster zeigt wie zuvor in der Beziehung zu dem Angeklagten. (vergleiche den durchklingenden Einfluß dieser auf Xenia I., der hieraus hervorging:
Mordprozess Yangjie Li Xenia I. rechnet in einem Brief mit Sebastian F. ab – Quelle:
http://www.mz-web.de/26188928 ©2017 )
Schlussendlich ist es aber auch egal, ob sie selbst schwerkriminelle Planungen durchführt oder aber sich willig und grenzenlos von kriminellen Subjekten ausnutzen und benutzen lässt, in beiden Fällen ist sie hochgefährlich und dies sollte bei der Strafbemessung zum Schutz der Gesellschaft berücksichtigt werden.
Ich stimme dem Gutachter zu, dass bei ihr wohl -im Gegensatz zu dem Angeklagten- eine potentielle Chance für eine Nachentwicklung vorhanden ist, dass sie sich entwickeln kann und nicht zwingend eine Gefahr für die Gesellschaft bleiben wird, aber ein Selbstgänger wird diese Entwicklung nicht werden! Der Eindruck der Beteiligung an einem schweren Verbrechen, die Misshandlung des eigenen Kindes durch einen Kriminellen und das halbe Jahr U-Haft und auch der Prozess nun haben jedenfalls noch nicht dazu geführt. Ob dies in einer künftigen Haft und durch therapeutische Behandlung in Zukunft geschehen wird, ist nicht selbstverständlich!