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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

1.253 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Leiche, Dessau ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

19.04.2017 um 11:09
Zitat von otternaseotternase schrieb:als Randinfo:
Einzelheiten des Gutachtens konnten nicht zu Gehör gebracht werden. Der Grund: Die digitale Datei, die das Attest und die weiteren Erklärungen speichert, blieb einem Teil der Verfahrensbeteiligten versperrt und so auf ihren Computern unlesbar.
Ist ja nicht wirklich relevant, aber ausgesprochen peinlich, dass auch hier wieder eine Panne bei der Justiz geschehen ist...
@otternase

Vielleicht wäre es möglich gewesen, vom Gutachter eine für die Verfahrensbeteiligten lesbare Datei anzufordern, einen ITler einzuschalten oder zur Not um die Datei in gedruckter Form zu bitten.

Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass die Verfahrensbeteiligten technisch so neandertalisch ausgestattet sind, dass eine Datei nicht geöffnet werden kann bzw. dass das Gutachten in einem exotischen und nichtkonvertierbarem Schreibprogramm geschrieben wurde. Der Gutachter lebt immerhin davon, dass seine Gutachten gelesen werden können. 

Es ist ausgesprochen peinlich.       


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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

24.04.2017 um 21:09
Mit Spannung erwartet war das Gutachten zu der weiblichen Angeklagten, welches heute behandelt wurde:

Mordprozess Yangjie Li Gutachter fordert Jugendstrafrecht für Xenia I. – Quelle: http://www.mz-web.de/26755606 ©2017

Gerade die MZ Meldung dazu ist ziemlich dünn:
Bernd Langer hatte der 21-Jährigen am Montag vor dem Landgericht Dessau eine deutliche Reifeverzögerung festgestellt, zugleich aber deutlich gemacht, dass er in einem stabilen Umfeld Potenziale für eine Nachreifung sehe.
[...]
Der Gutachter attestierte der ebenfalls 21-Jährigen eine Traumatisierung durch einen sexuellen Missbrauch als Kind durch den Stiefvater. Xenia I. habe schwere Minderwertigkeitsgefühle, ein durchweg negatives Selbstbild und eine sich selbst schädigende und sich unterordnende Beziehungsgestaltung.
[...]
Die Beziehung zu Sebastian F. sei fast schon von Hörigkeit geprägt gewesen. Es habe eine emotionale und psychische Abhängigkeit gegeben und extreme Ängste vor Alleinsein und Verlassenwerden.
[...]
Der Psychiater sagte aus, dass Xenia I. sich Feigheit vorwerfe. Langer selbst kommt zu der Einschätzung, dass sie die Möglichkeit gehabt hätte, Hilfe zu rufen. „Sie war voll steuerungsfähig und sie war sich auch über die Lage im Klaren.“
Soweit die MZ. Im Bericht des MDR gibt es dann aber noch diverse Zusatzinfos aus dem Gutachten, die die Sache in ein anderes Licht rücken:

Psychiater schlägt Jugendstrafrecht für Angeklagte vor - http://www.mdr.de/sachsen-anhalt/dessau/dessau-mordfall-gutachten-angeklagte-jugendstrafrecht-100.html (Archiv-Version vom 26.04.2017)
Vieles von dem, was sie erzähle sei Fassade, so Dr. Langer. Er habe eine 21-jährige Frau erlebt, die die Realität verleugne, um den schönen Schein zu wahren.
[...]
Viel Interpretationsspielraum lässt dagegen der Anteil Xenias beim eigentlichen Verbrechen zu. Sie selbst habe dem Gutachter beschrieben, dass sie wenig gesehen und kaum mitgemacht habe. [...] Auch der psychiatrische Gutachter meldet seine Zweifel an. Etliche Aussagen seien "nicht logisch". Die Angaben zu Details seien nicht aus einem Guss. Einige Widersprüche habe er nicht erhellen können.
Natürlich kann ich es nicht beweisen, aber für mich sind diese Unterschiede in der Berichterstattung ein erneutes Indiz (nach vielen anderen zuvor), dass die MZ mit besonderem Genuß negative Infos zu dem männlichen Angeklagten und seiner Familie ausbreitet, hingegen öfter negative Infos zu der weiblichen Angeklagten und ihrem Hintergrund verschweigt. Die Berichterstattung des MDR scheint mir deutlich ausgewogener.
Pure Spekulation: Ob da jemand bei der MZ da noch ein Hühnchen mit dem Stiefvater des Angeklagten zu rupfen hatte und die Sache ausnutzt?

ausserdem gibt es noch weitere Infos zum Hintergrund:
Vor dem Gericht beschreibt der Gutachter ihre einsame Kindheit voller Gewalt und Ausgrenzung: von der Mutter nicht gewollt, der Vater früh gestorben, vom Stiefvater geschlagen und mehrfach sexuell missbraucht. Damals sei Xenia 12 Jahre alt gewesen, als sie selbst beim Jugendamt den Missbrauch angezeigt habe.

Später folgten zwei Partnerschaften mit drei Schwangerschaften. Ein Baby starb den plötzlichen Kindstod. Auch mit ihren späteren Partnern habe sie kein Glück gehabt: Wieder habe es Schläge gesetzt, sei sie gedemütigt worden, habe sadistische Erniedrigungen ertragen müssen. Doch sie habe sich an ihren jeweiligen Partner geklammert, habe Verlustängste gehabt.
Meine ganz persönliche Meinung dazu:

Leider konnte auch das Gutachten die entscheidende Frage am Ende doch nicht klären: ist die Angeklagte höchst manipulierbar oder höchst manipulativ?
Ihr Anteil an der Tatplanung und Tatdurchführung bleibt weiterhin ungeklärt!

Schliesslich ist doch auffällig, dass die zuvor alleinbegangenen Sexualstraftaten des Sebastian F. nicht in einem Mord mündeten, die mit Xenia I. gemeinsam begangene Straftat hingegen in einem äusserst brutalen Mord resultierte!
Und auffällig ist weiter, dass ihr Teil-"Geständnis" genau dort aufhörte, wo sie sich selbst oder Dritte neben ihrem ehemaligen Verlobten hätte über das bereits hinlänglich durch andere Beweismittel Bekannte hinaus belasten können! Reue sieht anders aus!

Fakt ist auf jeden Fall, dass sie in der Beziehung zu der Zellengenossin erneut sehr ähnliche Verhaltensmuster zeigt wie zuvor in der Beziehung zu dem Angeklagten. (vergleiche den durchklingenden Einfluß dieser auf Xenia I., der hieraus hervorging:
Mordprozess Yangjie Li Xenia I. rechnet in einem Brief mit Sebastian F. ab – Quelle: http://www.mz-web.de/26188928 ©2017 )

Schlussendlich ist es aber auch egal, ob sie selbst schwerkriminelle Planungen durchführt oder aber sich willig und grenzenlos von kriminellen Subjekten ausnutzen und benutzen lässt, in beiden Fällen ist sie hochgefährlich und dies sollte bei der Strafbemessung zum Schutz der Gesellschaft berücksichtigt werden.

Ich stimme dem Gutachter zu, dass bei ihr wohl -im Gegensatz zu dem Angeklagten- eine potentielle Chance für eine Nachentwicklung vorhanden ist, dass sie sich entwickeln kann und nicht zwingend eine Gefahr für die Gesellschaft bleiben wird, aber ein Selbstgänger wird diese Entwicklung nicht werden! Der Eindruck der Beteiligung an einem schweren Verbrechen, die Misshandlung des eigenen Kindes durch einen Kriminellen und das halbe Jahr U-Haft und auch der Prozess nun haben jedenfalls noch nicht dazu geführt. Ob dies in einer künftigen Haft und durch therapeutische Behandlung in Zukunft geschehen wird, ist nicht selbstverständlich!


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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

24.04.2017 um 21:34
Ganz bewusst in einem getrennten Beitrag:

Disclaimer: VORSICHT PURE SPEKULATION

Ich gewinne immer mehr den Eindruck, dass das Gericht von der Verteidigung an der Nase herumgeführt wird und dies willig sich bieten lässt. Ich vermute, es ist eine Art zwischen den Verteidigern beider Angeklagten vereinbarte Verteidigungsstrategie, die hinter den bisherigen Einlassungen und Selbstdarstellungen der weiblichen Angeklagten steckt:

In dieser ersten Instanz präsentiert sich die weibliche Angeklagte als Opfer, heuchelt Kooperation, insoweit es um die Belastung des männlichen Angeklagten geht. Der männliche Angeklagte schweigt zu allem und verteidigt sich nicht.

Sofern sich dieses Verhalten beider im Restprozess nicht mehr ändert und die Selbstdarstellung der Angeklagten akzeptiert, wird es auf eine hohe Strafe für den männlichen Angeklagten, aber eine eher milde Strafe und zudem nach Jugendstrafrecht für die weibliche Angeklagte hinauslaufen.

Ich erwarte in diesem Fall, dass die weibliche Angeklagte diese milde Strafe annehmen wird und diese damit rechtskräftig wird und damit eine nachträgliche Straferhöhung nicht mehr zulässig wird, der männliche Angeklagte hingegen dagegen vorgehen wird.

Und dann halte ich es für gut möglich, dass der männliche Angeklagte Indizien oder sogar Beweise auf den Tisch legen wird (möglicherweise zB. das bislang verschwundene Mobiltelefon des Opfers, welches möglicherweise benutzt wurde, die Tat aufzuzeichnen), die unverleugnebar belegen, dass seine Rolle zumindest an dem Mord weit kleiner als bislang angenommen ist und in der Tat die Tatführerschaft bei der weiblichen Angeklagten lag.

Dann muss die Strafe für den männlichen Angeklagten zwingend vermindert werden, denn er kann ja nicht für einen Tatanteil verurteilt werden, den er nicht begangen hat, gleichzeitig kann ihre Strafe der weiblichen Angeklagten aber nicht mehr ihrer tatsächlichen Schuld angemessen erhöht werden, weil das Urteil gegen sie schon rechtskräftig ist...



Warten wir mal ab, ob es wirklich so kommen wird oder ob ich nur zu viele amerikanische Gerichtskrimis gesehen habe...


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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

24.04.2017 um 22:02
Das fände ich aber eine ziemlich riskante Strategie, denn wie bekannt bringt das Rechtsmittel, hier sicherlich die Revision zum BGH, keine weitere Tatsacheninstanz. Das heißt, dass in der Revisionsverhandlung nicht einfach neue Beweismittel oder Indizien auf den Tisch gelegt werden können. Da geht es nur noch um eventuelle Rechtsfehler bei der Urteilsfindung. Nur wenn diese bejaht und das Verfahren zurück an eine Kammer des Landgerichts verwiesen wird, dann können wohl neue Beweise mit verwertet werden. Aber da muss man erst mal hinkommen.


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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

24.04.2017 um 22:07
Die MZ hat nun noch einen Artikel nachgelegt, aber die auffälligen Auslassungen im Vergleich zum Artikel des MDR bleiben:

Mordfall Yangjie Li Angeklagte war laut Gutachter ihrem Freund hörig – Quelle: http://www.mz-web.de/26760514 ©2017

Inhaltlich nichts relevantes Neues gegenüber dem Artikel zuvor und insbesondere weniger als beim MDR!


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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

24.04.2017 um 23:17
@eldec
Natürlich ist das riskant, aber aus Sicht der Verteidigung möglicherweise der einzige Ausweg?

Alternativ gäbe es da als Notanker ja auch noch StPO §358 Nr. 5
"Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens zugunsten des Verurteilten ist zulässig, ... wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, die allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen die Freisprechung des Angeklagten oder in Anwendung eines milderen Strafgesetzes eine geringere Bestrafung oder eine wesentlich andere Entscheidung über eine Maßregel der Besserung und Sicherung zu begründen geeignet sind,"

Demgegenüber ist eine Wiederaufnahme zuungunsten eines Verurteilten nur unter den engen Vorraussetzungen des §362 StPO möglich, dafür gäbe es wohl keine Grundlage.


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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

24.04.2017 um 23:23
Zitat von otternaseotternase schrieb:Ich erwarte in diesem Fall, dass die weibliche Angeklagte diese milde Strafe annehmen wird und diese damit rechtskräftig wird und damit eine nachträgliche Straferhöhung nicht mehr zulässig wird, der männliche Angeklagte hingegen dagegen vorgehen wird.
Das im Deutschen Strafrechtssystem, eine nachträgliche Straferhöhung praktiziert wird ist mir neu.
Zitat von otternaseotternase schrieb:Und dann halte ich es für gut möglich, dass der männliche Angeklagte Indizien oder sogar Beweise auf den Tisch legen wird (möglicherweise zB. das bislang verschwundene Mobiltelefon des Opfers, welches möglicherweise benutzt wurde, die Tat aufzuzeichnen), die unverleugnebar belegen, dass seine Rolle zumindest an dem Mord weit kleiner als bislang angenommen ist und in der Tat die Tatführerschaft bei der weiblichen Angeklagten lag.
Das Urteil wird für beide zur gleichen Zeit ausgesprochen. Eine Rückkehr in die Beweisaufnahme ist ausgeschlossen. Der Angeklagte müsste Revision einlegen. Die Revision prüft aber nur in Bezug auf Verfahrensfehler.

Aus prozesstaktischen Gründen zurückgehaltene, verfahrensrelevante Einlassungen des Angeklagten werden nicht berücksichtigt.


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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

24.04.2017 um 23:24
@otternase

Wie ist Deine Einschätzung vor Ort? Kann sich nach Allem, was vorher unter den Teppich gekehrt wurde, die Justiz ein mildes Urteil leisten? Beide Angeklagten angeblich als Kinder missbraucht? Aber die drei Kinder der entwicklungsverzögerten Xenia sind bei der Großmutter, die Xenia angeblich vernachlässig hat, deren einer Lebensabschnittspartner Xenia missbraucht hat, und die nun offenbar endlich die Reife hat, um sich um Kinder zu kümmern? Oder stimmt die Missbrauchsgeschichte gar nicht. Wenn doch, müsste doch das Jugendamt der Großmutter das Erziehungsrecht entziehen.  

Meine Meinung ist sowieso, dass man die Kinder weit weg bei einer engagierte  Pflegefamilie aufziehen müsste, denn das Stigma mit diesen Eltern werden sie vor Ort nicht los.
Zitat von otternaseotternase schrieb:Und dann halte ich es für gut möglich, dass der männliche Angeklagte Indizien oder sogar Beweise auf den Tisch legen wird (möglicherweise zB. das bislang verschwundene Mobiltelefon des Opfers, welches möglicherweise benutzt wurde, die Tat aufzuzeichnen), die unverleugnebar belegen, dass seine Rolle zumindest an dem Mord weit kleiner als bislang angenommen ist und in der Tat die Tatführerschaft bei der weiblichen Angeklagten lag.
Genau das könnte ich mir auch vorstellen. 


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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

24.04.2017 um 23:33
@EDGARallanPOE
siehe Beitrag zuvor,
Wiederaufnahme zuungunsten des Verurteilten, §362 StPO:
Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens zuungunsten des Angeklagten ist zulässig,

1. wenn eine in der Hauptverhandlung zu seinen Gunsten als echt vorgebrachte Urkunde unecht oder verfälscht war;
2. wenn der Zeuge oder Sachverständige sich bei einem zugunsten des Angeklagten abgelegten Zeugnis oder abgegebenen Gutachten einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht oder einer vorsätzlichen falschen uneidlichen Aussage schuldig gemacht hat;
3. wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf die Sache einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten schuldig gemacht hat;
4. wenn von dem Freigesprochenen vor Gericht oder außergerichtlich ein glaubwürdiges Geständnis der Straftat abgelegt wird.
Davon würde aber nichts in dem von mir aufgestellten Szenario greifen, daher käme es nicht zu einer erneuten Verhandlung gegen Xenia I, selbst wenn sich herausstellen sollte, dass ihre Rolle deutlich anders als von ihr dargestellt war.

demgegenüber,
Wiederaufnahme zugunsten des Verurteilten, §359 StPO
Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens zugunsten des Verurteilten ist zulässig,

1. wenn eine in der Hauptverhandlung zu seinen Ungunsten als echt vorgebrachte Urkunde unecht oder verfälscht war;
2. wenn der Zeuge oder Sachverständige sich bei einem zuungunsten des Verurteilten abgelegten Zeugnis oder abgegebenen Gutachten einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht oder einer vorsätzlichen falschen uneidlichen Aussage schuldig gemacht hat;
3. wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf die Sache einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten schuldig gemacht hat, sofern die Verletzung nicht vom Verurteilten selbst veranlaßt ist;
4. wenn ein zivilgerichtliches Urteil, auf welches das Strafurteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftig gewordenes Urteil aufgehoben ist;
5. wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, die allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen die Freisprechung des Angeklagten oder in Anwendung eines milderen Strafgesetzes eine geringere Bestrafung oder eine wesentlich andere Entscheidung über eine Maßregel der Besserung und Sicherung zu begründen geeignet sind,
6. wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.
Und da könnte die Nummer 5 eben durchaus Relevanz bekommen...


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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

24.04.2017 um 23:47
Zitat von JamesRockfordJamesRockford schrieb:Kann sich nach Allem, was vorher unter den Teppich gekehrt wurde, die Justiz ein mildes Urteil leisten?
Ich hoffe, dass die Justiz sich nicht von "Volkeswillen" in irgendeine Richtung beeinflussen lässt. Natürlich hoffe ich und erwarte vom Gericht ein scharfes Urteil, aber aufgrund der erwiesenen Schuld und der erwiesenen Gefahr für die Gesellschaft, die von den beiden Angeklagten ausgeht, nicht aufgrund irgendwelcher politischen Entscheidungen, nicht um die Bevölkerung zu besänftigen oder symbolische "aufzuräumen", "ein Zeichen zu setzen" oder so...
Insoweit halte ich diese Frage für falsch.
Beide Angeklagten angeblich als Kinder missbraucht? Aber die drei Kinder der entwicklungsverzögerten Xenia sind bei der Großmutter, die Xenia angeblich vernachlässig hat, deren einer Lebensabschnittspartner Xenia missbraucht hat, und die nun offenbar endlich die Reife hat, um sich um Kinder zu kümmern? Oder stimmt die Missbrauchsgeschichte gar nicht. Wenn doch, müsste doch das Jugendamt der Großmutter das Erziehungsrecht entziehen.
Die Familie der Angeklagten ist wohl schon recht "speziell", aber ich denke, dass viele der Behauptungen der Xenia I dazu auch eher dem Ausbau der Selbstdarstellung als "ewiges Opfer" dienen, denn etwas mit der Wahrheit zu tun hätten...

Ich denke, dass die Kinder bei der Grossmutter schon einigermassen vernünftig untergebracht sind, ein Problem für diese Kinder würde ich erst dann sehen, wenn die Angeklagte tatsächlich eine verhältnismäßig kurze Haftstrafe bekommt (also bevor die Kinder erwachsen geworden sind bereits entlassen wird, was bei Jugendstrafe fast zwingend ist) und nach Haftentlassung erneut die Personenfürsorge für die Kinder übernehmen sollte.


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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

24.04.2017 um 23:47
@otternase
Ich erwarte in diesem Fall, dass die weibliche Angeklagte diese milde Strafe annehmen wird und diese damit rechtskräftig wird und damit eine nachträgliche Straferhöhung nicht mehr zulässig wird, der männliche Angeklagte hingegen dagegen vorgehen wird.


Ein Erhöhung der Strafe ist nicht möglich, wenn die Angeklagte allein ein Rechtsmittel einlegt. Nur die Revision der StA oder einer evtl.  Nebenklage kann zu einer Straferhöhung führen und eine Revision beantragen können diese ganz unabhängig davon, ob die Angeklagte die Strafe annimmt oder nicht.

Wiederaufnahmen in Deutschland kommen extremst selten vor.Das Problem in dem von Dir zitierten Paragraphen liegt im Wort "geeignet". Gerichte (einschl. BGH) legen dieses Wort "geeignet" so aus, dass dies nur in sehr sehr seltenen Fällen erfolgt. In den meisten Fällen sind die nachträglichen beigebrachten Beweismittel nicht "geeignet" ein Wiederaufnahmeverfahren zu begründen. Für manch ein Gericht ist selbst ein nach dem Urteil zerstückelter, von Hunden aufgefressener Erschlagener, der nach Jahren ohne jegliche Kopfverletzung und im Ganzen der aus der Donau auftaucht nicht mal ausreichend für ein solches Verfahren (erst durch die Berufung wurde das Wiederaufnahmeverfahren zugelassen).


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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

24.04.2017 um 23:57
@SCMP77
den von Dir angesprochenen Fall Rupp, so denke ich, kann man da schlecht als Beispiel nehmen: was nämlich sehr gerne dabei vergessen wird in der Darstellung, ist die Tatsache, dass die Verurteilten in einem ersten Geständnis dargestellt hatten, den Vater im Nacken erschlagen zu haben und dann in seinem Auto im Wasser versenkt zu haben. Dazu haben sie einen Platz gezeigt, wo sie ihn angeblich versenkt hatten, nur 300 Meter von der späteren Fundstelle entfernt. Damals haben Polizeitaucher die Stelle und die Umgebung, aber eben nicht weit genug, abgesucht, nichts gefunden. Und erst danach wurde dann die Version mit dem Verfüttern an die Hunde "erfunden"... Und die Leiche wurde nicht "ganz" geborgen, sondern ausgerechnet die Nackenpartie fehlte!
Ich denke, das war ein sehr besonderer Fall, der auch sehr besonders behandelt wurde und nicht als Maßstab taugt.

Aber das wird jetzt sehr off-topic.

Wenn wir Parallelen zu anderen Fällen diskutieren wollen, dann würde ich eher an diesen Fall hier denken:
Wikipedia: Karla Homolka


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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

25.04.2017 um 00:08
@otternase
Richtig, das gehört in einen anderen Thread, da aber die Verhörsituation der Familie nie genauer untersucht wurde, sind Schlüsse daraus aus meiner Sicht verfehlt, hier hat die Justiz Dreck unter den Teppich gekehrt. Aber der Fall Rupp und sicherlich die neuen Erkenntnisse bzgl. falscher Geständnisse haben mittlerweile auch ein Umdenken beim BGH bewirkt.  Der Fall Dorland zeigt das eindeutig und mit der neuen Sichtweisen des BGH dürften heute Verurteilungen in den Fällen Rupp/Knobloch kaum noch möglich sein.

Aber trotzdem bleibt es dabei, dass Wiederaufnahmen hier in D extremst selten sind, wie gesagt durch die Auslegung des Wörtchens "geeignet".

Die von Dir angedachte "Taktik" halte ich für ausgeschlossen bzw. wäre dann als von den Anwälten fahrlässig zu bezeichnen.


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25.04.2017 um 01:06
@SCMP77
@otternase


Ein interessanter Aufsatz zum Thema:

Die Prüfung der Erheblichkeit bisher zurückgehaltener Tatsachen und Beweismittel im Wiederaufnahmeverfahren nach §359 Nummer 5 StPO
Link:

https://www.degruyter.com/view/j/juru.1989.1989.issue-4/juru.1989.1989.4.137/juru.1989.1989.4.137.xml (Archiv-Version vom 28.06.2018)


Artikel anklicken in den Bilderordner kopieren und dort dann vergrößert lesen.


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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

25.04.2017 um 11:30
@EDGARallanPOE
Danke für diesen interessanten Artikelausschnitt. Danach legt "geeignet" der BGH wie folgt aus:
Für die Zulassung eines Wiederaufnahmegesuchs kommt es in solchen Fällen nicht darauf an, ob die Zeugen das Vorbringen des Antragstellers bestätigen würden. Ausschlaggebend seien vielmehr in erster Linie die Gründe, aus denen der Antragsteller die neuen Tatsachen und Beweismittel erst jetzt vortrage. Eine forensische Erfahrung spreche nämlich dafür, dass der Angeklagte entlastende Beweise und Tatsachen in aller Regel in der Hauptverhandlung geltend mache. Wenn er ohne einleuchtende Erklärung sein Wiederaufnahmegesuch nunmehr auf die bisher zurückgehaltenen Tatsachen und Beweise stützt, dann bestehe von vornherein eine Vermutung dafür, dass diese Tatsachen unwahr und die Zeugen reine Gefälligkeitszeugen seien.
Dass diese Ansicht des BGH natürlich auch kritisiert wird (Peters), ist nicht ganz unüblich. Aber wesentlich ist, dass diese Rechtsansicht des BGHs zeigt, wie risikoreich eine Zurückhalten von Beweismitteln wäre. Dass das von Seiten juristisch bewanderten Anwälten so eine Taktik angedacht wird, halte ich daher für ausgeschlossen.


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25.04.2017 um 13:36
Zitat von JamesRockfordJamesRockford schrieb:Beide Angeklagten angeblich als Kinder missbraucht? Aber die drei Kinder der entwicklungsverzögerten Xenia sind bei der Großmutter, die Xenia angeblich vernachlässig hat, deren einer Lebensabschnittspartner Xenia missbraucht hat, und die nun offenbar endlich die Reife hat, um sich um Kinder zu kümmern? Oder stimmt die Missbrauchsgeschichte gar nicht. Wenn doch, müsste doch das Jugendamt der Großmutter das Erziehungsrecht entziehen.  

Meine Meinung ist sowieso, dass man die Kinder weit weg bei einer engagierte  Pflegefamilie aufziehen müsste, denn das Stigma mit diesen Eltern werden sie vor Ort nicht los.
@JamesRockford
Etwas Ähnliches hatte ich gestern auch schon formuliert, aber dann doch nicht gepostet, weil ich hier an anderer Stelle meine Ansicht zur Unterbringung der 2 (leider nicht 3) Kinder der Angeklagten schon geäußert hatte. Aber ich stimme deiner Einschätzung völlig zu.


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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

25.04.2017 um 22:26
@EDGARallanPOE
Vielen Dank für diesen wirklich interessanten Artikel.

@SCMP77
Welche Risiken man taktisch eingeht, hängt auch immer von der Auswahl der existierenden Optionen ab... Mit anderen Worten, von der Frage, was man zu verlieren hat, was man gewinnen kann und welche Mittel man ggf. in der Hinterhand hat.

Nur reine Spekulation: wenn nun ein Urteil dergestalt ergehen sollte, dass der männliche Angeklagte wegen Mordes und die weibliche Angeklagte nur wegen Beihilfe verurteilt wird, später dann aber zB. ein Video der Tat auftauchen sollte, welches beweist, dass der Mord alleine oder weit überwiegend von der weiblichen Angeklagten verübt wurde, und die Echtheit dieser Aufnahme nicht bezweifelt werden kann, würde dann ernsthaft eine Gefahr bestehen, dass es nicht zu einer Wiederaufnahme zugunsten des männlichen Angeklagten käme?


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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

25.04.2017 um 22:29
Zitat von eldeceldec schrieb:Etwas Ähnliches hatte ich gestern auch schon formuliert, aber dann doch nicht gepostet, weil ich hier an anderer Stelle meine Ansicht zur Unterbringung der 2 (leider nicht 3) Kinder der Angeklagten schon geäußert hatte. Aber ich stimme deiner Einschätzung völlig zu.
Stimmt. Sorry für den Fehler. Ich hatte das ausgeklammert. Ein Kind ist ja auf ungeklärte Weise ums Leben gekommen. Es sind zwei Kinder, die bei der Großmutter leben, die ihre eigene Tochter angeblich vernachlässigt hat, und deren einer Lebensabschnittspartner Xenia angeblich missbraucht hat.

All das wäre ein Grund, so es denn stimmt, die Kinder weit weg bei einer soliden Pflegefamilie unterzubringen. 

Danke für Deine Zustimmung.


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25.04.2017 um 22:33
Mordprozess Yangjie Li Jugendgerichtshilfe für Erwachsenenstrafrecht bei Sebastian F. – Quelle: http://www.mz-web.de/26762702 ©2017

Die Jugendgerichtshilfe hat sich weitgehend den Ausführungen des Gutachters angeschlossen und Erwachsenenstrafrecht für den männlichen Angeklagten, Jugendstrafrecht für die weibliche Angeklagte befürwortet:
Im Yangjie-Li-Prozess hat am Dienstag die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe bei Sebastian F. die Anwendung des Erwachsenenstrafrechts und bei Xenia I. die Anwendung des Jugendstrafrechts empfohlen. Sie folgte damit dem Urteil des Gutachters Bernd Langer, der ebenfalls zu diesem Schluss gekommen war.
[...]
Bei Xenia I. urteilte die Jugendgerichtshelferin, dass ihr Reifeprozess noch nicht abgeschlossen sei. Eine Nachreifung durch erzieherische Einflussnahme sei möglich. Bei Sebastian F. seien aufgrund seiner Persönlichkeit und seines Krankheitsbildes kaum noch Entwicklungen möglich.
Die Verteidiger von Sebastian F. wollte das so nicht stehen lassen. Sie verwiesen auf eine Aussage der damaligen DRK-Vorgesetzten von Sebastian F., die den Angeklagten als „Tagträumer“ und "grünen Jungen" beschrieben habe. Aus Sicht der Verteidiger sei Sebastian F. noch entwickelbar sei.
Es wird gibt jetzt erstmal eine Pause im Verlauf des Prozesses:
Der Verhandlungstermin in der kommenden Woche ist aufgehoben worden. Der Prozess wird am 9. Mai fortgesetzt.
Auch der MDR berichtet
"Hauptangeklagter ist in seiner Persönlichkeit gefestigt"
http://www.mdr.de/sachsen-anhalt/dessau/dessau-prozesstag-100.html (Archiv-Version vom 01.05.2017)

Inhaltlich ziemlich identisch.


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Mord an Yangjie Li in Dessau-Roßlau

25.04.2017 um 22:42
Zitat von otternaseotternase schrieb:Nur reine Spekulation: wenn nun ein Urteil dergestalt ergehen sollte, dass der männliche Angeklagte wegen Mordes und die weibliche Angeklagte nur wegen Beihilfe verurteilt wird, später dann aber zB. ein Video der Tat auftauchen sollte, welches beweist, dass der Mord alleine oder weit überwiegend von der weiblichen Angeklagten verübt wurde, und die Echtheit dieser Aufnahme nicht bezweifelt werden kann, würde dann ernsthaft eine Gefahr bestehen, dass es nicht zu einer Wiederaufnahme zugunsten des männlichen Angeklagten käme?
Der Haken bei dieser Spekulation ist aber, dass der männliche Angeklagte bereits im Vorfeld und während des laufenden Prozesses von diesem Beweismittel wüsste. Deshalb halte ich es für unwahrscheinlich das er sich prozesstaktischen Erwägungen unterordnen würde, um für beide das beste Urteil heraus zu holen.

In der Regel gilt das jede Verteidigung versucht das Optimale für Ihren Mandanten zu erreichen. Und wir haben ja schon aufgezeigt, das ein solcher Plan, wenn er denn überhaupt bestünde, auch für eine Partei mächtig schiefgehen kann.


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