ErwinKöster schrieb:Die besagte Gutachterin beschäftigt sich eigenen Angaben zufolge seit 1989 mit den mitgeschnittenen Anrufen. Eine sehr lange Zeit, also kann man davon ausgehen dass sie irgendwelche Auffälligkeiten sicherlich besser beurteilen kann als irgendjemand anderer.
Das ist nicht gesagt, u.U. ist so etwas kontraproduktiv. Bei der Bewertung der Geräusche der Start/Stop-Taste hätte man eigentlich Blindversuche machen müssen, ob das erfolgt ist, wissen wir nicht. Wenn sei von Anfang an in den Fall involviert war, wusste sie vermutlich, von wem das Gerät stammt und war da u.U. nicht mehr ganz neutral. Gerade die Psychologie geht bei solchen Hörversuchen stark ein und die kann man nur mittels Blindversuchen versuchen zu umgehen.
Mir persönlich wäre da ein ganz andere Tonbandgerätespezialist lieber gewesen, denn die Einarbeitung in den Fall spielt da keine Rolle. Hier wären nur rein technische Fragen zu beantworten gewesen.
ErwinKöster schrieb:Der fehlerhafte Azimut wurde ebenfalls aufgrund umfangreichster Untersuchungen als Kennzeichen des individuellen Geräts festgestellt, mit der Einschränkung, dass es "wahrscheinlich" das betreffende Gerät sei.
Auch wenn es technisch ist, es geht hier nicht um einen fehlerhaften Azimut , d.h. um die Schrägstellung des Aufnahme/Wiedergabekopfes, sondern um die etwas unterschiedliche Lage des Wiedergabekopfes bezogen auf den Aufnahmekopfes bzgl. der beiden Stereospuren. Ein fehlerhaft eingestellter Azimuth würde nur die Höhen dämpfen, mehr aber auch nicht. Vorliegend scheint es sich aber um einen sogenannten Kammeffekt zu handeln, der rein theoretisch durch das Tonbandgerät verursacht worden sein könnte. Bei dem C soll der 6. Oberton angeblich durch diese Abweichung schwächer gewesen sein.
Aber wenn folgendes wirklich zutreffend sein sollte:
ErwinKöster schrieb am 08.09.2017:Der Vorwurf, die Ermittler hätten ein anderes, öffentlich nicht zugängliches Jingle für ihr Gutachten herangezogen als bei den Anrufen verwendet wurde ist ja ein dicker Hund! Damit wird den Ermittlern Fälschung eines Beweismittels vorgeworfen. Da kann man nur den Kopf schütteln.
könnte das Gutachten u.U. doch fraglich sein, denn man muss genau wissen, wie stark im Orginal der 6. Oberton ausgeprägt war. Wenn man ein anderes Jingle für das Gutachten heranzieht, sind die Verhältnisse u.U. anders. Man muss eben wissen, ob der schwächere 6. Oberton schon bei der Orginalaufnahme existierte oder erst durch die Wiedergabe durch das Tonbandgerät verursacht wurde.
Wass man auch nicht vergessen darf, wichtig bei der Beurteilung dieses Gutachtens ist eben auch, dass die Gutachterin nur von einem "wahrscheinlich" ausgeht. Das ist in der gerichtlichen Umschreibungssprache die zweitschlechteste Wahrscheinlichkeit und kommt direkt nach dem "möglich". Das sollte man eben auch bedenken.
Hier die Stufen, von der die Gutachterin selber sprach:
"nicht entscheidbar"
"möglich"
"wahrscheinlich"
"mit hoher Wahrscheinlichkeit"
"mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit"
"mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit"
Der Richter hatte hier extra noch mal nachgefragt, vielleicht weil diese Wertung doch etwas gegensätzlich zu ihrem Vortrag stand. Von einer "Einzigartigkeit" kann man offenbar wohl nicht die Rede sein, da hätte sie dann von "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" sprechen müssen und nur "wahrscheinlich" ist davon weit entfernt.
Ein reines "wahrscheinlich" ohne stützende weitere Indizien hätten vermutlich nicht zu einer Verurteilung gereicht.
Da gab es eben noch andere, die Sache, dass er das Tonbandgerät angeblich auf dem Flohmarkt erstanden haben soll und dies nicht verifiziert werden konnte. Das war aber auch nur ein Indiz, das auch anders erklärt werden kann. Auch die Wohnortnähe ist sicherlich ein Indiz gewesen und es gibt weitere.
ErwinKöster schrieb:Ich bilde mir ein irgendwo gelesen zu haben (kann mich aber auch täuschen), dass im Urteil aufgrund der besonders verwerflichen Tatumstände und der qualvollen Umstände für das Opfer eine besondere Schwere der Schuld festgestellt wurde, sollte das der Fall sein wird es mit den 15 Jahren eher nix, sondern es kann uU noch weitere 10 Jahre dauern bis der Täter freikommt.
Ich glaube, dass Du das verwechselst. Es gab folgenden Bericht im ZDF:
https://www.zdf.de/dokumentation/37-grad/ich-war-es-nicht-zwei-urteile-und-viele-zweifel-100.html
Und da wurden die zwei Fälle betrachtet. Im Fall Böhringer wurde der Täter zu lebenslanger Haft mit der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld verurteilt. Der Fall Ursula Herrman taucht wegen der DNA-Spur bei vielen Artikeln auf.
Aber hier nochmal der Arikel aus der FAZ bzgl. des ursprünglichen Urteils von 2010:
http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/urteil-29-jahre-nach-der-tat-lebenslange-haft-fuer-mord-an-ursula-herrmann-1950837.html
Dort wird "nur" von lebenslanger Haft gesprochen, keine Feststellung der Schwere der Schuld.