Rotmilan schrieb:Der Hase liegt aber meiner Überzeugung nach darin, dass ein wegen organischer, plötzlicher Erkrankung ausfallender Pilot mit Sicherheit nicht den Kopiloten behindern würde, einzugreifen, den Flieger auf Kurs zu halten und sicher zu landen.
Ich habe mich da möglicherweise nicht ganz verständlich ausgedrückt. Wenn Du meinen Beitrag bis zum Ende liest, steht in der letzten Passage der Kern des Ganzen. Es geht um ein segnifikant d.h. deutlich erhöhtes Risiko. Ein depressive Episode, welche in der vergangenheit ausgestanden, also erfolgreich behandelt wurde, ist mMn eben kein Faktor, welcher das Risiko eines Mitnahmesuizides deutlich erhöht.
Rotmilan schrieb:Manchmal wird ja auch im Passagierraum angefragt, ob ein Arzt an Bord ist. Es würde im Fall einer plötzlichen, organischen Erkrankung eines der beiden Piloten, wohl kaum zu einem Flugzeugabsturz kommen.
Das hängt (auch) von der Flugphase ab. Wenn auf den letzten Metern des Landeanfluges der fliegende (steuernde) Pilot plötzlich ausfällt und z.B. durch Krampf oder Erschlaffung das Steuer verreist, hat der zweite Mann im Cockpit kaum eine Chance zeitgerecht zu reagieren und einen Absturz zu verhindern.
Auch im Falle eines Suizides ist der zweite Mann im Cockpit manchmal machtlos. Ein Beispiel dafür ist Egypt-Air Flug 990. Zwar war auch hier der Kapitän zu Beginn des sehr wahrscheinlich durch den Copiloten bewusst herbeigeführten Sturzfluges nicht im Cockpit, kam aber zeitnah zurück und an seinen Platz, weil die Cockpittür nicht verriegelt wurde. Er konnte den Absturz nicht mehr verhindern, weil der suizidale Pilot die Triebwerke heruntergefahren hatte und das Steuer maximal nach vorn gedrückt hielt. Zwar gelang es ihm, das Flugzeug kurz abzufangen und an Höhe zu gewinnen, doch durch die fehlende Triebwerksleistung konnte auch er den Absturz nicht mehr verhindern.
Ein weiteres Beispiel ist Japan-Airlines Flug 350. Im Landeanflug stellte der Kapitän in einer Höhe von 164 Fuss über Grund zwei der vier vorhandenen Triebwerke auf Schubumkehr, deaktivierte den Autopiloten und drückte die Maschine in den Sturzflug. Weder Copilot, noch Bordingenieur hatten Zeit und Möglichkeit, den Absturz zu verhindern.
Cassandra71 schrieb:1. Ist die freie Arztwahl ein grundsätzliches Patientenrecht, das möglicherweise gar nicht so einfach ausgehebelt werden kann, und 2. Wer will denn verhindern, dass ein Pilot auf Privatrechnung unterschiedliche Ärzte aufsucht, wie es in diesem Fall anscheinend auch passiert ist?
Zu 1: Es gibt in bestimmten Branchen/Arbeitsbereichen durchaus die Möglichkeit, dass der AG dem MA den behandelnden (krankschreibenden) Arzt vorschreiben kann.
ABER:
Zu 2: Du hast natürlich Recht, dass dem Patienten deshalb selbstverständlich zusteht, weitere Ärzte zusätzlich zu konsultieren. Das wäre ggf. dann kontraproduktiv und würde nicht viel mehr Sicherheit schaffen. Das stimmt. Gäbe es dann aber noch eine gemeinsame Patientenakte, würde Arzt 1 auf die Ergebnisse von Arzt 2 zugreifen können, ggf. auch müssen. Als Sicherheitsmaßnahme wäre also eigentlich nur die Kombination oder zumindest die gemeinsame Patientenakte wirkungsvoll.
monstra schrieb:Wir reden hier über die Wahrscheinlichkeit eines Mitnahmesuizids durch einen (psychisch erkrankten) Piloten. Vergleichsgröße ist der Absturz, nicht der Ausfall eines Piloten. Das Risiko eines Mitnahmesuizids ist statistisch wesentlich geringer als ein Absturz durch einen Pilotenfehler (egal ob erkrankt oder nicht). Oder der Ausfall eines Piloten aufgrund organischer Probleme, das dürfte vermutlich noch viel häufiger vorkommen.
Genauso hatte ich das gemeint. Danke für den Beitrag.