Germanwings-Maschine mit 150 Menschen in Südfrankreich abgestürzt
28.03.2015 um 14:32
wir alle sollten uns mitverantwortlich für die gesprächskultur über das flugzeugunglück fühlen.
es war im sinne der flugsicherheit wichtig, schnellstens eine erste, grobe diagnose zu haben, was wahrscheinklich nicht die ursache des absturzes war. wäre ein technischer defekt auszumachen gewesen, hätte vielleicht ein flugzeugtyp ohne spezielle wartung gar nicht mehr fliegen dürfen.
da sich als wahrscheinlich herausstellte, dass der faktor mensch, ein mensch unter den zwei piloten, versagt habe, war schnell von seiner psychischen störung die rede.
aus der formel, mörder müssten psychisch gestört sein, vielfachmörder noch mehr, entwickelte man die völlig falsche theorie, depressionen begünstigten die neigung zu gewalttaten, und depressive seien per se gefährlich.
bei uns veröffentlicht man regelmäßig statistiken, wonach psychisch kranke insgesamt, behandelte und unbehandelte, eine niedrigere verbrechensrate aufwiesen, als sogenannte psychisch gesunde.
früher wechselte ich aus beruflichen gründen öfters den wohnort, es war immer mühsam einen neuen allgemeinarzt zu finden. jemand gab mir dann den rat, flugärzte seien diagnostisch besser als der durchschnitt, sie bildeten sich auch regelmäßig weiter, ich solle grundsätzlich zu ihnen gehen, der nachteil sei aber, man müsse lange warten, weil die praxen überlaufen seien.
bei einem arzt einer fluglinie in einer großstadt, saß ich während einer behandlungsserie wegen einer akuten krankheit, pro tag bis zu acht stunden, bevor ich drankam. alle waren nach außen hin auffällig geduldig.
an einem tag kam ich neben einem sehr prominenten piloten zu sitzen. ich erwartete eigentlich, dass er ob seiner gesellschaftlichen stellung eine sonderbehandlung fordere, aber er verhielt sich wie alle anderen.
als ihn die senioren im raum ausfragten, warum er sich nicht aufrege, menschen wie ihn warten zu lassen sei ein affront, meinte er, das müsse er chrakterlich schon aushalten, nicht gleich dranzukommen.
in einem interview hörte ich den mann, inzwischen ausbildner, sinngemäß darüber sprechen, wie viele junge piloten schon groß zu ihm kämen, sie könnten einfach nicht ohne widerspruch lernen, ich verstand seine ausführungen so, als lieferten sich diese nachwuchskräfte mit ihren lehrern einen verbalen machtkampf. unwissenheit an sich auszuhalten, deuteten sie als frust.
daraus folgernd frage mich, ob die angebliche psychische erkrankung des beschuldigten germanwings-copiloten ursache für seine unzufriedenheit und mangelnde eignung für den beruf, oder umgekehrt eine fehlende charakterliche eignung, trotz körperlicher und intellektueller fitness und anfänglich psychischer gesundheit, ihm ständigen fust beschert haben mag, was dann zu seelischer ungestimmtheit führte.
genauso könnte er auf stoffe im flugzeug mit entgleisungen im gehirnstoffwechsel reagiert haben, und als folge dessen ein chemisch ausgelöstes, psychorganisches problem gehabt haben.
muss wirklich nach einer diagnose, die die eignung zur führung eines flugzeuges verneint, die berufliche existenz am spiel stehen?
wie hätten bei eröffnung einer die eignung zum pilotenberuf beeinflussenden diagnose die umstiegsszenarien in einen anderen gehobenen beruf bei der gleichen fluglinie aussehen können? sollte man nicht piloten im betrieb posten bereithalten, wenn sie plötzlich an sich bemerken, nicht ganz fiugfit zu sein?
reiseunternehmen sind heute einem enormen preisdruck ausgesetzt, das beeinflusst den umgangston in den unternehmen.
beim einkauf im supermarkt entscheide ich mich manchmal für das höherpreisige produkt,weil es vielleicht biologisch-ökologisch, ohne kinderarbeit, oder fair produziert wurde, bei der kleidung und den möbeln achte ich mitunter auf gütesiegel als garantie für die soziale und umweltverantwortung des unternehmens.
flugsicherheit ist das produkt aus technischen und persönlich-menschlichen, und betrieblich-sozialen grundvoraussetzungen, das sollten wir uns als konsumenten bewusstmachen. kann man das nicht in ein gütesiegel packen, dass unter für piloten innerbetrieblich umstiegsszenarien angeboten werden, sie also nicht gleich um den verlust ihrer existenz fürchten müssen, wenn sie mal nicht ganz gesund sind?
verzweiflungsakte sind nicht notwendig, wo es perspektiven gibt.