Hallo zusammen!
Ehe ich auf den Fall eingehe, möchte ich
@Kodama für die Eröffnung dieses threads danken. Auch für mich ist dieser alte Filmfall einer der Höhepunkte in der XY-Geschichte, nicht zuletzt wegen der hervorragenden und durchdachten Sprechertexte, wobei es nicht nur das Gesagte zu beachten gilt, sondern auch das Verschwiegene. So viel mal vorweg!
Nun zum eigentlichen Fall: Ich möchte kurz das Ausgangsszenario schildern sowie einige sich daraus ergebende Schlussfolgerungen, die wohl unstreitig sind.
1. U. Jahn ist Lehrerin, stammt aus Krefeld und ist mit ihrem Mann, einem Ingenieur, nach Lörrach gezogen, da dieser dort im Dreiländereck eine Anstellung gefunden hat.
2. Die Tochter (es kann aber genauso gut ein Sohn sein, denn XY hat im Interesse des Kindeswohls derartige Details Angaben manchmal mit Absicht etwas verfälscht, sofern die Angaben für den Fall ohne Belang waren) lebt seit geraumer Zeit bei der Großmutter in Krefeld, was dafür spricht, dass die Ehe bereits seit längerem de facto gescheitert ist.
3. U. Jahn zieht in eine eigene Wohnung wiederum in Lörrach, was dafür spricht, dass sie dort beruflich verwurzelt war (dieser Aspekt wurde bereits genannt).
4. Bei diesem Umzug hilft ihr ein "Bekannter" aus Krefeld, der auf der Rückreise von einem Italienurlaub (!!!) bei ihr vorbeikommt. Im Anschluss an den Umzug ist eine gemeinsame Fahrt nach Krefeld geplant, wo U.Jahn ihre Tochter abholen will; diese Fahrt soll aber noch durch einen Kurzurlaub im Schwarzwald unterbrochen werden. Angesichts der damaligen Kommunikationsmöglichkeiten darf angenommen werden, dass dies alles mit einem gewissen zeitlichen Vorlauf geplant wurde, und zwar bereits vor Urlaubsantritt des "Bekannten". Insofern stellt sich hier schon die Frage nach der Vorbeziehung von U.Jahn und ihrem "Bekannten".
5. Angesichts der bevorstehenden Scheidung ist U. Jahn in einer "tiefen seelischen Krise". Heutzutage würde man wohl sagen, sie habe sich in einer psychisch belastenden Situation befunden. Die damalige drastische Formulierung ist den zeitgenössischen gesellschaftlichen Wertevorstellungen geschuldet; vor vierzig Jahren war eine Scheidung noch ein richtiger persönlicher Makel, und, nebenbei bemerkt, es gab noch ein antiquiertes Scheidungsrecht.
6. Über die Wesenszüge des Opfers wird nur indirekt etwas mitgeteilt; in Bezug darauf ist mir verschiedentlich schon das Adjektiv "kapriziös" begegnet. So falsch scheint mir das nicht zu sein, vielleicht gepaart mit einer gewissen Extravaganz und - trennungsbedingt - Launenhaftigkeit und Reizbarkeit. Auf alle Fälle scheint mir hierin auch ein Motiv für das spätere Geschehen zu liegen.
7. Das idyllisch und einsam gelegene Hotel an der Schwarzenbachtalsperre existiert heute noch und eignet sich durchaus für ein paar Tage Aufenthalt in trauter Zweisamkeit. Ob Frau Jahn und ihr Begleiter seinerzeit als unverheiratetes Paar ein gemeinsames Doppelzimmer bekamen, darf aber füglich bezweifelt werden.
8. Über den "Bekannten" erfahren wir ebenso bestenfalls indirekt etwas: Das Auto, ein Mercedes SL, signalisiert einen gewissen Wohlstand, und einige Freiheiten bei der persönlichen Zeiteinteilung dürfen wohl auch vorausgesetzt werden. Über die persönliche Integrität wird nichts gesagt, was darauf hindeutet, dass er schon damals als tatverdächtig galt, nur nachzuweisen war ihm halt nichts.
Ausgehend von diesen genannten Aspekten kann ich mir ein realistisches Szenario ohne Beteiligung dieses "Bekannten" nicht vorstellen. Gut möglich erscheint mir, dass es im weiteren Verlauf der Fahrt zum Streit und einer tödlichen Auseinandersetzung gekommen ist. Immerhin liegt der Fundort der Leiche nur wenige Kilometer von der A3 entfernt, der eigentlichen Route also. Für das weitere Geschehen muss aber die Existenz einer Komplizin angenommen werden, die tags darauf die Reiseschecks am Brenner einlöst. Übrigens: der Prospekt der Brenner-Autobahn kann auch noch ein Überbleibsel aus dem Italienurlaub des "Bekannten" gewesen sein.
Insgesamt ist festzuhalten, dass die Tat fast nicht aufklärbar war; zu lange blieb die Leiche unentdeckt als dass sich noch verwertbare Zeugenaussagen hätten finden lassen. Und die großen Entfernungen der relevanten Orte tun ein Übriges.
So viel einstweilen von meiner Seite,
viele Grüße
Ludwig