Vermisstenfall Lars Mittank
25.09.2019 um 21:01Robin76 schrieb am 13.06.2019:Das war mein Gedanke von Anfang an, dass, wenn eh alles "schief" lief, dieser nonverbale Gegensatz gepaart mit den sowieso verbalen Kommunikationsschwierigkeiten zu einer Kette von unglückseligen Missverständnissen und Irrtümern hat führen können. Gegipfelt sein könnte es dann beim Flughafenarzt. "Ist dasmit dem Ohr gefährlich?" Einmaliges, ruhiges Nicken. "Kann ich damit fliegen?" Wiederholtes Kopfschütteln, wohlmöglich mit einem verbindlichen Lächeln. Dann das Formular, dann noch der Flughafenangestellte, der hereinkommt und der Arzt spricht in stark gefärbtem Englisch oder Deutsch oder bloss Bulgarisch beruhigend auf Lars ein, weil er seine Irritation bemerkt: "Machen Sie sich keine Sorgen, das ist nur Security... bitte hier unterschreiben...""Es werden kaum Situationen zu vermeiden sein, in denen man sich nonverbal verständigen muss. Damit keine Missverständnisse entstehen: Wenn die Bulgaren nicken, das heißt den Kopf einmal von unten nach oben und dann langsam zurückziehen, dann heißt das „nein!“. Wenn sie den Kopf schütteln, das heißt, ihn nach links und dann nach rechts ziehen und das Ganze bei heftiger Zustimmung wiederholen, dann heißt das „ja!“. Wenn Sie also jemandem nonverbale Zustimmung signalisieren wollen - hüten Sie sich vor dem Nicken!"Auch deswegen könnte es zu Mißverständnissen gekommen sein. In der Einverständniserklärung auf eigene Gefahr zu fliegen, wird gestanden haben, dass es durch Komplikationen auch zum Tode führen kann (ist üblich, so etwas zu schreiben) und Lars könnte den Arzt gefragt haben, ob er denn beim Flug wirklich sterben könne. Der Arzt nickt, was bedeutet "Nein". Aber Lars sah es als "Ja" an und tickte aus. Aber das hätte ihn ja nicht hindern müssen, mit dem gebuchten Bus zu fahren.
Das kann man mit Sicherheit in den ganz falschen Hals bekommen, wenn man angeschlagen ist von sechs Tagen Party (wenig essen, viel trinken), allein und mit Schmerzen ist und einfach nur noch nach Hause möchte. Da ist man eh mitten in der Krise, da braucht es nicht viel. Ich war selbst auch schon in Bulgarien, allerdings Jahrzehnte vor Lars und habe mit der Nick-Schüttel-Sache lustige, aber auch doofe Situationen erlebt - da muss man sich schon in entspannter Urlaubslaune höchst konzentrieren, um das nicht zu vergessen. Von Lars Persönlichkeit und allgemeinen Verfassung daheim kennt man nur Bröckchen, viel zu wenige, als dass man sich daraus etwas ableiten könnte.
Für mich macht Lars beim Verlassen des Flughafengebäudes allerdings auch keinen gehetzten, verwirrten, verfolgten Eindruck, sondern wirkt für mich eher wie jemand, dem plötzlich eine verschwitzte Verabredung, eine wichtige Erledigung eingefallen ist und sich nun zielgerichtet und zügig beeilt, um zum Ziel zu kommen. Wenn er sportlich war, wie ich verstanden habe, macht er halt ein paar Riesenschritte (den Eindruck verstärkt die Kamera noch), während ich da wohl etwas mehr Schritte und Zeit bräuchte. Er hält inne, kontrolliert, ob er hat, was er braucht und orientiert sich und eilt dann weiter.
Völlig unklar ist mir der Abend im "Color", am meisten treibt mich da das Rätsel um, an welchem "hohen Punkt" mit Absturzgefahr und nahenden Verfolgern(?) er sich da versteckt haben will... auf dem Dach des Hotels? Aber auch hier fehlen m. E. wieder einige ganz wichtige Puzzleteile, mir wird der Sinn der Notizen nicht klar. Ich nehme an, Lars wird auch mit seiner Freundin telefoniert haben, die ja - mein Verständnis hat sie - ganz aussen vor bleibt. (Hab es so verstanden, dass es eine gibt.) Und dann fehlen noch Filmsequenzen, Zeugen und sowieso das Motiv, falls es denn überhaupt eines gibt.
Ich habe Bulgarien vor der Wende am Goldstrand auch schon als Partymeile erlebt, mit allem, was man sich heute auch darunter vorstellt... nur war da alles noch "dreckiger" und "schrottiger" (ganz im liebevollen Sinn gemeint, ich empfinde das gar nicht so, wurde hier leider so abfällig geschildert) und natürlich sozialistischer, aber vielleicht auch noch nicht so überlaufen. Und McDonalds gab es da natürlich nicht. War ein sehr harmonischer Urlaub mit lecker Essen, Traumstrand, philosophischen Abenden auf Radebrech und mit vieeel Vodka und anner Zeug. Unvergessen!