Kodama schrieb:(...) dennoch glaube ich, dass dieser Wendepunkt hauptsächlich in L.M.s Kopf zu suchen ist.
Hätte in Bulgarien ein gültiger Haftbefehl gegen LM vorgelegen, wäre das spätestens nach der Vermisstenmeldung und den eingeleiteten Ermittlungen herausgekommen. Man kann also tatsächlich davon ausgehen, dass zum Zeitpunkt seiner Flucht keine reale Gefahr für LMs Freiheit gegeben war und kein Haftbefehl existierte.
Kodama schrieb:Man sollte auch nicht außer Acht lassen, dass L.M. sich in diesem psychischen Ausnahmezustand durchaus auch selbst etwas angetan haben könnte.
Es ist schwierig hier klar zu erkennen, ob und wie schwer dieser psychische Ausnahmezustand tatsächlich gewesen ist. Eine Psychose ist z.B. schon eine sehr schwerwiegende Störung und äußerst vielschichtig, während nervosität ggf. auch Angst/Unsicherheit im Normalfall nicht zu völlig abstrus überstürzten Handlungen wie eine Flucht ohne Wiederkehr führen. Es ist auch zu beachten, dass psychische Ausnahmesituationen (sowohl leicht als auch schwer) sich im überwiegenden Teil der Fälle irgendwann auch wieder abschwächen und/oder enden. Nur in wenigen Fällen bedarf es einer Behandlung, um den Patienten aus der Situation herauszuholen. Insofern ist fraglich, warum LM nach seiner überstürzten Flucht spurlos verschwand und zu keinem späteren Zeitpunkt Hilfe organisierte oder sonst in Erscheinung trat. Dies ist auch das Hauptargument, weshalb ich persönlich eher von seinem Ableben ausgehe. Überigens meine ich damit keinen Suizid. Für jene Annahme gibt es schließlich keinerlei Anhaltspunkte und Erklärungen, es sei denn, man bemüht die allseits so beliebete universal- und Totschlagserklärung des irrationalen Handelns durch eine schwere "Psychose". Doch nochmal, dass ist nicht besonders wahrscheinlich, da sehr selten und oft auch nicht mit suizidalen Tendenzen begleitet.
frauZimt schrieb:(...) ich habe dargestellt, dass ein Mensch, der unter Realitätsverlust leidet, keine realen Gründe braucht, in Angstzustände zu verfallen. Vielleicht sah er in dem Uniformierten einen Alien? Wer weiss?
Ok, jetzt habe ich verstanden. Danke. Aber wenn er einen so gravierenden Realitätsverlust erlitten hatte, hätte man das bereits in den Telefongesprächen bemerken müssen. Zumindest der Arzt am Airport hätte mutmaßlich bemerkt, dass sein Patient scheinbar eine Wahrnehmungsstörung hat.
frauZimt schrieb:Weil diese irreale Angst erst angesichts eines Uniformierten ausgelöst wurde? Vielleicht durch den Anblick einer Uniform?
Davor hatte ihn diese Angst in Ruhe gelassen.
Ich gehe mal davon aus, dass LM am Flughafen sicher schon ein paar uniformierte Personen gesehen hat, bevor er das Arztzimmer betrat.
frauZimt schrieb:Wenn sich eine Angst manifestiert hat, macht auch der Gedanke an den Angstauslöser Angst (Spinnen, große Plätze, die Vorstellung eine Rede halten zu müssen etc)
Wenn man mit einer Angst zum 1. Mal konfrontiert wird, überfällt sie einen schlagartig und man reagiert hilflos und konfus.
Und was sollte diese Angst ausgelöst haben ? Ich meine, sein Leben verlief bis dahin völlig unauffällig. Zumindest wurde nie etwas berichtet, dass auf etwas in der Art hinweist. Es wäre ja schon ein ziemlich großer Zufall, wenn so eine Angststörung das erste Mal an jenem Tag in jenem Flughafen und genau dieser Situation entstanden wäre. Und selbst wenn es so war, hätte er sich auch irgendwann wieder beruhigt. Doch er blieb verschwunden. Das ist mit solch einer Angststörung eigentlich nicht logisch zu erklären. Zumindest für mich nicht.
CaiaLia schrieb:Ich persönlich würde es nicht ausschließen. Es gibt Hämatome/Blutungen, die sehr langsam anwachsen. Bei einem Patienten hat es zweieinhalb Wochen gedauert, bis sich überhaupt erste Einschränkungen bemerkbar machten. Die Ärzte meinten, sie würden erst eingreifen, wenn eben Symptome auftreten (aufgrund des Alters und der Medikation).
Das stelle ich auch nicht in Frage. Diese Fälle kenne ich persönlich auch sehr gut. Aber das ein Patient mit ICB so urplötzlich die Kontrolle verliert (Realitätsverlust) und anschließend noch fit wie ein Mungo über Zäune springt habe ich bislang noch nicht erlebt. Der Fall dürfte zumindest mal sehr selten sein. Ausschließen tue ich das auch nicht, ich halte es aber eben auch nicht für sehr wahrscheinlich.
CaiaLia schrieb:Aber gerade die Anmerkung mit den vergrößerten Pupillen ließ für mich darauf schließen einhergehend mit dieser Persönlichkeitsveränderung in Richtung Verfolgungs- und Angstgefühl.
Oder eben doch eine Intox. Sei es medikamentös und/oder BTM. Da ist so ein Handeln ja nicht gerade die Ausnahme. Die Frage ist dann nur, warum er am Airport und in den Telefongesprächen noch so wenig Syptome zeigte und dann alles so spontan zum tragen kam. Bis dahin war dem Arzt ja angeblich nur eine Nervosität aufgefallen, noch nichteinmal erweiterte Pupillen. Wobei darüber eben nur keine uns bekannte Aussage existiert, was nicht bedeutet, dass es ihm nicht augefallen wäre. In diesem Zusammenhang wäre es hoch interessant, nochmals den Arzt dazu zu hören.
CaiaLia schrieb:(...) genauso kann einfach auch mehr dahinterstecken und er wurde wirklich verfolgt.
Das wäre die einfachste Erklärung. Zumal er nie wieder in Erscheinung trat. Doch es gibt eben keine Hinweise darauf, wer ihn warum, wie bedroht haben könnte und er nicht in der Lage war, Hilfe zu organisieren oder den Sachverhalt zu klären. Er war ja auch kein Kind mehr. Da kann man schon unterstellen, dass er dazu grundsätzlich in der Lage war.