@alle:
Ich bin sicher nicht lückenlos dabei gewesen, vielleicht wurde dieser link schonmal gepostet
http://openjur.de/u/587264.htmlWenn man die Ausführungen des Gerichts über einen banalen Spritdiebstahl liest, kommen einem doch manche stereotypen irgendwie bekannt vor.
Und das Gericht ist dafür "abgewatscht" worden. Zurecht, wie ich meine. Es lohnt sich, den vollständigen Text zu lesen. Ein paar Auszüge kann ich mir aber wegen der Ähnlichkeiten zum vorliegenden Fall nicht verkneifen.
Das kennen sicher alle hier.
23 b) Die Würdigung der erhobenen Beweise ist grundsätzlich Sache des Tatrichters (Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl. [2012], § 337 Rdnr. 26). Das Revisionsgericht kann die Beweiswürdigung aufgrund der Sachrüge nur auf Rechtsfehler überprüfen (Meyer-Goßner, a.a.O.). Ein sachlichrechtlicher Fehler liegt dann vor, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder wenn sie gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (BGH, NStZ-RR 2003, 206).
16 a) Die Gründe des angefochtenen Urteils enthalten unter Ziffer III. folgende Darlegungen zur Beweiswürdigung:
17 „Die Angeklagte hat sich zum Tatvorwurf nicht eingelassen.
Was ihr gutes Recht war. Es scheint aber nachgerade so, dass die Verweigerung eines Beklagten, dem Staatsanwalt Gelegenheit zu geben, ihm das Wort im Mund herumzudrehen, von manchen Richtern dahingehend ausgelegt wird, sich den ihnen passend erscheinenden Verlauf freischaffend auszudenken.
18 Aufgrund der Aussagen der Zeugen H, E und H steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass sich die Angeklagte in dem von ihr geführten PKW Opel Zafira in unmittelbarer Nähe der beiden Kühlauflieger befand, als aus den Tanks Diesel in Kanister abgefüllt wurde. Die Angeklagte, die auf dem Fahrersitz lag, hatte ihren Oberkörper auf den Beifahrersitz gelegt, um sich zu verstecken. Es ist in keiner Weise nachvollziehbar, dass sich die Angeklagte aufgrund von Müdigkeit zum Schlafen hingelegt hatte. Ihre Wohnung, in der sich ihre drei kleinen Kinder (4, 8 und 10 Jahre alt) aufhielten, liegt nur ca. 10 km vom Tatort entfernt. Wenn sie müde gewesen wäre, hätte sie ohne Weiteres nach Hause fahren können.
Es genügt also schon, sich in der Nähe einer Straftat zu befinden, um mitschuldig zu sein.
Es ist dem Richter mit seinen geregelten Arbeitszeiten in keiner Weise nachvollziehbar, dass jemand um 0300 nachts zu müde sein kann, um sicher am Straßenverkehr teilzunehmen. Also wenn ich nachts um die Zeit zu einem Notfall raus muss, bin ich auch nicht immer der frischesten Einer...
Ob die drei Kinder der Angeklagten in der Begründung sachlich etwas zu suchen hatten, sei mal dahingestellt. Sowas macht sich aber allemale gut, wenn man einer Mutter was anhängen will. Eine "gute" Mutter lungert halt nicht auf einem Parkplatz rum, wenn rechtschaffene Leute schlafen. Die muss ja ein krummes Ding vorgehabt haben.
Hier hat sich der Richter definitiv in was reingesteigert.
20 Die unmittelbare Nähe des Opel A, in dem sich die Angeklagte versteckte, zu den zwei Kühlaufliegern, aus deren Tankanlagen Diesel abgezapft wurde (ca. 10 Meter) lässt nur den Rückschluss zu, dass sie den Tätern, die beim Erscheinen des Zeugen H sich unerkannt entfernt hatten, helfen wollte. Da sie aus den zuvor genannten Gründen sich nicht zum Schlafen hingelegt hatte, kommt ausschließlich eine Mitwirkung beim Diebstahl in Betracht.“
Das ist die Logik, die, siehe oben, das Revisionsgericht nichts angeht. Aus der Situation, soweit geschildert, geht sachlich aber nicht zwingend hervor, dass das, was der Richter unterstellte,
ausschließlich in Betracht kam.
Man sieht sehr schön, wie wackelig so eine "logische" Indizienkette sein kann, wenn man die Sachverhalte neutral bewertet und nichts unterstellt, was man nicht beweisen kann.
22 „Es besteht jedoch kein Zweifel daran, dass die Angeklagte den Tätern bei der Ausführung des Dieseldiebstahls zumindest geholfen hat. Entweder hat sie die Mittäter und/oder einen Teil der Kanister zum Tatort gefahren oder sie wollte die Mittäter und die mit Diesel befüllten Kanister, soweit sie im Opel Zafira verstaut werden konnten, vom Tatort abholen. Die Angeklagte, die sich ca. 10 Meter von den Kanistern und den Kühlaufliegern entfernt aufhielt, wusste, dass der Diesel gestohlen wurde. Sie hatte sich in Kenntnis der Straftat bereit erklärt, die Täter bei deren Begehung zu unterstützen.“
Man erinnere sich die Angeklagte hatte ihren Mann zur Arbeit gefahren und stand dann auf einem Parkplatz am Heimweg. Soweit die beweisbaren Tatsachen.
Alles weitere ist pure Fiktion.
Und auch hier "weiß" der Richter ganz genau Bescheid, was die Angeklagte getan und sogar gewollt hat.
27 (1) Rechtliche Bedenken gegen die Würdigung der festgestellten Indizien durch das Amtsgericht bestehen bereits deshalb, weil es in den Urteilsgründen heißt, die vorliegenden Beweisanzeichen ließen „nur den Rückschluss zu“ bzw. es „komme ausschließlich in Betracht“, dass die Angeklagte an der Tat beteiligt gewesen sei. Diese Formulierungen lassen besorgen, dass das Amtsgericht - unzutreffenderweise -davon ausgegangen ist, seine Schlussfolgerung sei denklogisch zwingend.
28 (2) Die Würdigung der Indizien ist jedenfalls lückenhaft. Die Beweiswürdigung muss erschöpfend sein; der Tatrichter muss sich mit allen festgestellten Umständen auseinandersetzen, die den Angeklagten be- oder entlasten (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2007 - 4 StR 306/07 -
So wird ein Urteil auf sachliche Richtigkeit überprüft. Ich finde, da es sich um einen wesentlich weniger komplexen Fall handelt, stellen sich die Ähnlichkeiten zum hier diskutierten Fall umso erschreckender dar.
MfG
Dew