Gütersloh
Das Rätsel um den Doppelmord von Gütersloh
Polizei erweitert Ermittlungskommission / Gaszufuhr befindet sich an versteckter Stelle im Haus
Gütersloh. Der mysteriöse Doppelmord an der pensionierten Ärztin Helgard G. und ihrem Bruder Hartmut S. hat in der Gütersloher Bevölkerung viel Unruhe ausgelöst. Das Geschwisterpaar war an Heiligabend in seinem Haus am Stadtpark mit zahlreichen Messerstichen getötet worden. Die Polizei tappt bei der Suche nach dem Mörder weiterhin im Dunkeln. Der Fall stellt die Beamten vor ein großes Rätsel.
DIE OPFER
Helgard G. (74) war eine in Gütersloh bekannte Internistin. Bis 1993 betrieb sie eine Praxis an der Prekerstraße. Bis zu ihrem gewaltsamen Tod hat sie auch zu Hause noch regelmäßig Patienten empfangen. Sie galt als Koryphäe auf dem Gebiet der Naturheilkunde. Nachbarn beschreiben G. als "resolute, aber herzliche Frau". Nach dem Tod ihres Ehemannes Dr. Rolf G., einem ebenfalls bekannten Allgemeinmediziner, zog Hartmut S. (77) auf Bitten der Schwester in die Villa an der Badstraße. G. fühlte sich alleine unwohl in dem großen Haus. Der Studiendirektor hat bis zu seiner Pensionierung den Fachbereich Französisch am Städtischen Gymnasium geleitet. Nach NW-Informationen soll seit Jahren ein Streit in der Familie schwelen. Auslöser dafür soll das Erbe des 2004 verstorbenen Ehemanns von G. gewesen sein.
DER TATORT
Die Fassade hell verklinkert, künstlerisch geschmiedete Balkongeländer, dunkle Schieferziegel auf dem Dach: In der feinen Villa am Stadtpark wurden Helgard G. und ihr Bruder Hartmut S. an Heiligabend bestialisch ermordet. Beide Leichen lagen im Wohnzimmer, neben ihnen ihr Colliemischling "Benni". Massive Streben vor den Fenstern im Untergeschoss, zahlreiche Bewegungsmelder und Scheinwerfer an der Außenfassade sind ein Indiz dafür, das sich die Geschwister um ihre Sicherheit sorgten. Einbruchspuren gibt es nach Aussage von Chefermittler Ralf Östermann nicht. Womöglich haben die Opfer ihrem Mörder selbst die Tür geöffnet.
DIE MORDWAFFE
Die Obduktion der Leichen hat ergeben, dass beide Opfer infolge multipler Stichverletzungen gestorben sind. Diese sind ihnen mit einem Messer zugefügt worden. "Wir suchen kein kleines Schälmesser, eher ein größeres Küchenmesser", sagte Kriminalhauptkommissar Ralf Gührs bei der erfolglosen Suche nach dem Messer in der Dalke und deutete mit seinen Händen eine Länge von 20 bis 30 Zentimetern an.
DER ODER DIE TÄTER
Nach Darstellung der Polizei gibt es keine heiße Spur. Unklar ist laut Ermittler, ob es sich um einen oder mehrere Täter handelt.
DAS MOTIV
Die Polizei hält weiterhin an ihrer Theorie eines Raubmordes fest. "Das Haus ist durchsucht worden. Das spricht für Raubmord", sagt Östermann. Das bedeute aber nicht, dass man nicht auch in andere Richtungen ermittle. Nach NW-Informationen beleuchtet die Mordkommission das persönliche Umfeld der beiden Opfer.
DIE BEUTE
Unklar ist weiterhin, ob in dem Haus etwas gestohlen wurde. "Vielleicht werden wir das auch niemals klären können. Es gibt niemanden im Umfeld der Opfer, der definitive Angaben über sämtliche Gegenstände im Haus machen kann", sagt Östermann. Sicher ist, dass weder wertvolle Teppiche noch Gemälde entwendet wurden.
DIE SPURENSICHERUNG
56 Stunden lang haben Beamte der Spurensicherung die Villa an der Badstraße in den Tagen nach der Tat auf den Kopf gestellt und dabei Asservate in dreistelliger Höhe sichergestellt. Noch immer gehen Beamte dort fast täglich ein und aus.
DNA-SPUREN
Zahlreiche Spuren sind am Tatort gesichert worden. DNA-Spuren des oder der Täter konnten bislang von Wissenschaftlern des Landeskriminalamtes nicht nachgewiesen werden. Auch an dem getöteten Mischling "Benni" ist kein menschliches Blut gefunden worden. Die Polizei hofft nun auf die Auswertung weiterer eingesandter Spuren. Östermann: "Bei der Vielzahl der Asservate können die Untersuchungen noch etwas dauern."
DER GASHAHN
Als Polizisten das Haus betreten haben, bemerkten sie Gasgeruch. In der Küche der Einliegerwohnung im ersten Stock ist nach Angaben Östermanns "an der Gaszufuhr manipuliert worden". Die Zufuhr befindet sich hinter einem Herd. Ob sich der oder die Täter im Haus auskannten oder die Zufuhr zufällig entdeckt haben, ist unklar. Sicher dagegen ist: "Eine Explosion hätte verheerende Folgen gehabt", sagt Östermann.
DIE MORDKOMMISSION
Zwölf Ermittler der Mordkommission "Bad" beschäftigen sich seit dem ersten Weihnachtsfeiertag mit dem Kapitalverbrechen. Am Montag wird die Einheit um drei Beamte aufgestockt – "Eine Vielzahl an Hinweisen – rund 120 – und Zeugenbefragungen machen das erforderlich", sagt Leiter Östermann.
DER CHEFERMITTLER
Kriminalhauptkommissar Ralf Östermann hat die Leitung der Mordkommission übernommen. Der 56-Jährige gilt gilt als einer der erfahrensten Mordermittler Ostwestfalen-Lippes. "Ich beschäftige mich seit 25 Jahren mit Mord und Totschlag", sagt er. Neben dem Doppelmord arbeitet Östermann an der Aufklärung des Haller Mordfalles "Graf" und des Mordes an der Krankenpflegeschülerin Frauke Liebs aus Lübbecke.
http://www.nw-news.de/owl/10197223_Das_Raetsel_um_den_Doppelmord_von_Guetersloh.html