13.03.2014
Gütersloh
Tatverdächtiger in Gütersloher Doppelmord beteuert seine Unschuld
Anwalt von Jens S. kündigt Stellungnahme an
VON EIKE J. HORSTMANN
Gütersloh. Was genau geschah am Heiligabend in der Villa am Stadtpark, in der am ersten Weihnachtsfeiertag die grausam zugerichteten Leichen von Helgard G. und Hartmut S. gefunden wurden? Die Ermittler glauben, dass der als Tatverdächtiger inhaftierte Jens S. die Antwort darauf weiß. Der aber schweigt eisern – bis jetzt.
Über seinen Anwalt beteuert S., dass er unschuldig sei und dass er plausible Erklärungen für viele der offenen Fragen hat. Bis er diese liefert, wird es allerdings noch dauern. Denn die erste Handlung des Wahlverteidigers Sascha Haring war, seinem Mandanten Stillschweigen zu empfehlen.
"Er wird sich auf mein Anraten hin erst nach ausführlicher Akteneinsicht äußern", so der 39-jährige Strafrechtsspezialist, der seit zehn Jahren eine Kanzlei in Steinhagen betreibt und den S. eine Woche nach seiner Inhaftierung kontaktiert hatte. "Es ist ein Grundrecht, dass man sich erst über alle gegen einen gerichteten Vorwürfe informieren kann." Dies wird jedoch noch viel Zeit in Anspruch nehmen. Zum einen, weil die Dokumente derzeit noch am Landgericht digitalisiert werden und Haring noch nicht alle Daten zur Verfügung stehen. Und zum anderen, weil der Umfang der Ermittlungsakten immens ist. "1.000 Seiten liegen mir bereits vor, etwa 300 fehlen noch", so der Anwalt. Etwa zweimal wöchentlich fährt Haring in die JVA Brackwede, um sich mit dem dort in Untersuchungshaft sitzenden Jens S. zu besprechen. "Und es gibt eine Menge, die zu besprechen ist."
S. kündigt laut Haring an, dass er detailliert schildern werde, was er am Tattag gemacht habe. Auch wolle er dazu Stellung nehmen, wie seine DNA an den Tatort gelangt sei und damit die Vorwürfe gegen ihn entkräften. Haring setzt darauf, dass die Polizei ihrerseits auf entlastende Beweise stoßen wird – immerhin werde in alle Richtungen ermittelt. Das inzwischen nach Afrika verschiffte Auto von Jens S. wird voraussichtlich nicht dazu gehören, gleichwohl Haring davon ausgeht, dass es der Verteidigung genutzt hätte. Staatsanwalt Christoph Mackel habe ihm gesagt, dass es "zu gefährlich und aussichtslos" sei, den Wagen ausfindig zu machen und zu untersuchen.
Etwa in zwei Monaten erwarten Jens S. und sein Anwalt die Anklageschrift. "Die Hauptverhandlung wird dann wohl erst im Juli beginnen", vermutet Haring. Bis dahin wird S. weiter in Haft bleiben – was für ihn eine erhebliche psychische Belastung sei. Sein Mandant sei zuvor strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten, entsprechend sei die im Gefängnis gemachte Erfahrung "ein Schock". S. sei 23 von 24 Stunden am Tag in seiner Zelle, auch die Besuchszeiten würden akribisch überwacht. "Wenn die Familie zu Besuch kommt, wird sie von Kriminalbeamten begleitet", berichtet Haring. "Womöglich erhofft man sich dadurch noch weitere Erkenntnisse." Die Familie selbst wiederum schwanke derzeit "zwischen Hoffen und Bangen", so der Anwalt. "Es belastet schwer, wenn so ein Tatvorwurf im Raum steht." Auch die drohenden Konsequenzen wiegen schwer: Wird S. schuldig gesprochen, droht ihm lebenslange Haft.
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