Fall Sandra D.
Staatsanwalt fordert elf Jahre Haft
Von Benjamin Jeschor
EITORF/BONN. Plädoyers im Fall Sandra D.: Der Ankläger geht von Totschlag aus. Der Verteidiger geht hingegen davon aus, dass sein Mandant freigesprochen wird.
Felsenfest davon überzeugt, dass der 41 Jahre alte Mann aus Eitorf seine Ehefrau getötet hat, ist Staatsanwalt Simon Büchel. Im Prozess vor dem Bonner Landgericht forderte der Ankläger am Montag eine elfjährige Freiheitsstrafe für den Krankenhauskoch. Der Mann soll seine nie wieder aufgetauchte Ehefrau Sandra D. im September 2012 zunächst eine Treppe des Einfamilienhauses in Eitorf-Bach hinuntergestoßen und die 42-Jährige anschließend erwürgt haben.
Büchel geht allerdings nicht mehr - wie angeklagt - von einem geplanten Mord, sondern von einem Totschlag aus. Zwar habe der Hobby-Bodybuilder seiner Frau im Schlaf ein starkes Beruhigungsmittel verabreicht. Damit habe der eifersüchtige Ehemann jedoch nur verhindern wollen, dass sie am folgenden Morgen das Haus verlässt.
Die spurlos verschwundene Sandra D. wollte sich im Tatzeitraum von ihrem Ehemann trennen. Die Mutter eines erwachsenen Sohnes und einer damals sechsjährigen Tochter hatte bereits eine neue Wohnung für sich und das Mädchen gemietet.
Als am Morgen des 9. September ein letzter Versöhnungsversuch des Angeklagten "schrecklich schiefgelaufen ist", so Büchel, habe der Angeklagte seine Frau die Treppe hinuntergestoßen. Auf dem Ehebett soll der 41-Jährige das Opfer erwürgt haben. Anschließend habe er die Leiche verschwinden lassen.
Dies hatte der Koch später seiner neuen Lebensgefährtin gegenüber eingeräumt. Die Polizei hatte mehrere solche Gespräche aufgenommen. In den Augen des Staatsanwalts zeigte diese Zeugin zwar einen "gewissen Aufklärungseifer". Dass sie den Angeklagten aber zum Erzählen solcher grausamen Geschichten gedrängt und er sie deshalb erfunden habe - wie von dem 41-Jährigen behauptet wird - glaubt Büchel nicht.
Er geht vielmehr davon aus, dass der Angeklagte die auf sich geladene Schuld loswerden wollte: "Ein Erleichtern halte ich für näherliegend." Dass der Angeklagte die Begehung der Tat bis zuletzt bestritt, zerstörte die Hoffnung des Staatsanwalts, dass die Hinterbliebenen einen Platz finden, an dem sie trauern können.
Der leibliche Vater der kleinen Tochter von Sandra D., der stellvertretend für das Mädchen als Nebenkläger an dem Prozess teilnimmt, war über das "emotionslose Verhalten" des Angeklagten im Prozess "schockiert". "Er zeigt keine Reaktion. Das verwundert und enttäuscht mich."
Seine ehemalige Freundin habe aus einer "Überwachungsehe" fliehen wollen. Im Hinblick auf die Zukunft seiner Tochter sagte er: "Für viele ist es bald vorbei. Aber für sie hat es noch gar nicht richtig begonnen."
Verteidiger Uwe Krechel geht hingegen davon aus, dass sein Mandant freigesprochen wird. Es gebe zu viele Zweifel an dessen Täterschaft. Der Anwalt geht weiterhin davon aus, dass die Belastungszeugin sich einzig und allein an den Angeklagten herangemacht hat, um ihn als Täter zu überführen.
Der 41-Jährige habe nur auf das permanente Drängen der neuen Freundin eine Geschichte erfunden, um die Zeugin zufriedenzustellen. "Das war nichts anderes als ein makabres und geschmackloses Wechselspiel zwischen zwei abstrusen Persönlichkeiten." Krechel hält es für möglich, dass Sandra D. "einfach das Opfer einer anderen Straftat geworden" ist.
Der Angeklagte selbst beteuerte noch einmal seine Unschuld: "Mit dem Verschwinden meiner Frau habe ich nichts zu tun." Wenn er der Täter wäre, hätte er "schon längst ein Geständnis abgelegt" - vor allem wegen der Tochter, die für ihn immer wie ein eigenes Kind gewesen sei. Das Urteil soll am Mittwoch verkündet werden.
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