@therichter therichter schrieb am 13.10.2013:Wie ich schon zuvor sagt, als ich die Frage nach dem Zufall gestellt habe war mir nicht im klaren was Zufall überhaupt ist. Mir war nicht im klaren was Zufall in der Physik bedeutet. Wie es scheint und wie du mir auch bestätigt hast bedeutet es schlichtweg wenn etwas Nicht-Bestimmbar ist.
Ja. Aber es fehlt ein wesentlicher Zusatz:
Wenn etwas grundsätzlich nicht bestimmbar ist. Also nicht nur, weil es an der Feinheit der verfügbaren Technik mangelt. Grundsätzlich heißt nie - niemals. Also jetzt nicht und nicht in allen Zeiten. Wobei man bei solchen Formulierungen sinnigerweise immer sehr vorsichtig sein muss.
Aber dazu musst du dir eben die ganze Debatte einmal ansehen von Einstein-Podolsky-Rosen / Kopenhagener Deutung /
verborgene Parameter / Variablen usw. bis heute. Das können wir hier jetzt nicht nochmals aufrollen, das Ganze. Zudem geht es da um Fragen, die von echten Physikern zu klären sind. Als Laie vermutet man sofort im Verborgenen ablaufende Prozesse, die genau so fassbar wären wie die uns Zugänglichen,
wenn sie denn fassbar wären. Also etwa beim radioaktiven Zerfall im Verborgenen laufende "Uhren", die letztlich wieder genau sagen, wann ein einzelnes Atom zerfällt oder meinetwegen bei verschränkten Teilchen etwas, das genau so fassbar wäre wie z.B. eine mechanische Koppelung,
die, würde man sie nur beobachten können, genau so kausal vorher-bestimmbar wäre wie alles andere in den realistischen/lokalen Theorien auch. Da würdest du nun darauf antworten, dass die Bellsche Ungleichung eben auch "wieder nur Mathematik" ist. Damit hättest du natürlich auf deine Weise auch wieder recht. Aber das ist er eben - der unentrinnbare Kreis, in dem wir uns hier drehen. Deshalb ist dein nächster Satz
therichter schrieb am 13.10.2013:Nun, offensichtlich gibt es Dinge, egal was sie sind, die wir Menschen nicht erklären können.
sehr weise.
Du wirst im Verlaufe deines Lebens immer wieder einmal verblüfft feststellen, dass die Gedanken, die du hattest, von anderen auch schon gedacht worden sind. Genau so geht es mit den Zweifeln und den verschiedensten Schlussfolgerungen. Du bist mit deinen Gedanken praktisch nie alleine. Und das ist so schön wie es auch (narzisstisch) kränkend sein kann. Wirklich neue (originale) Gedanken sind sehr selten. Und wenn wir uns die Geburt neuer Gedanken anschauen, so erkennen wir, dass sie auch immer in Abhängigkeit zu sehen sind von unserem (sich ständig wandelnden) Wissen. Wären beispielsweise Schrödinger und Dirac ein paar hundert Jahre früher geboren worden, hätte sich zwar mitunter auch ihr Geist gezeigt - aber eben auf andere Art und Weise. Jede Erfindung, jede Neuerung hat also ihre Zeit - "nichts fällt vom Himmel".
Neues wiederum konkurriert immer mit der Tradition. So wie wir auf der einen Seite nach Neuem gieren, so sehr haften wir auf der anderen Seite in unseren "gewohnten Bahnen".
therichter schrieb am 13.10.2013:Ich versuche es mal so zu erklären. Zufall ist, so wie ich es verstehe, etwas um einen unvorhersehbaren Vorgang zu beschreiben, zumindest auf mathematischer Basis. Genauso wie Unendlichkeit.
Natürlich, in der Mathematik gibt es die Unendlichkeit, aber existiert die Unendlichkeit auch in der Realität?
Hier nun fällt bei dir der entscheidende Begriff: "Realität".
Die QM überfordert uns in dieser Hinsicht. Das kann man hinnehmen - oder eben auch nicht.
Wenn man es nicht hinnehmen kann, muss man sich unterstellen lassen, dass man die Welt so formen möchte, wie es dem eigenen Verständnis entspricht. Das ist menschlich/psychologisch zwar sehr gut nachvollziehbab. Darin liegt aber ein schwerwiegender Denkfehler.
Will ich mich dem einmal auf einfach-philosophische Weise nähern unter Zuhilfenahme einer Metapher (zum Emergenz-Begriff):
Wenn du etwas erbaust, so lebt das Wesen der Bauteile im Bauwerk / in der Konstruktion zwar fort. Das Wesen des Bauwerkes / der Konstruktion findet sich aber NICHT in den Bauteilen. Leiten wir daraus folgendes ab:
In einer Welt, die sich in unterschiedlichen Komplexitäts-Stufen präsentiert, ist das Wesen einer darunter-liegenden Stufe stets vom Wesen einer darüber-liegenden Stufe verschieden.
Und nun fehlt eigentlich nur noch ein Schritt (dann sind wir bei deiner Aussage):
Wir werden daher zumindest nach unten, möglicherweise aber auch nach oben an Stufen geraten, die wir
aus unserem eigenen Wesen heraus nicht mehr werden erfassen und/oder beschreiben können.
Das sind gewissermaßen der Boden und das Dach unserer "Realität". Habe ich mich früher schon in anderen Worten darüber ausgelassen.
Und noch einen kleinen Schritt weiter: Die Realität ist eben auch (metaphorisch) als eine Konstruktions-Stufe des Seins zu betrachten. Unter (und gegebenenfalls über) ihr liegt dann etwas, welches mit den Begrifflichkeiten "unserer Realität" nicht mehr fassbar ist.
Auch von mir andernorts schon erwähnt: In unserer deutschen Sprache bedeutet Realität Wirklichkeit. Und wenn wir den Satz formulieren, dass alles, was wirkt, zur Wirklichkeit gehört, dann hätten wir einen umfassenderen Realitäts-Begiff, der über die begreif-bare Wirklichkeit hinaus-ginge und der mit einschließen würde, was ich im voraus-laufenden Satz sagte.
Alle Probleme, die wir beim Versuch, uns "ein Bild zu machen", immer wieder bekommen, laufen letztlich stets aufs Gleiche hinaus:
Wo der Rahmen unserer Anschauungs- und Vorstellungskraft gesprengt wird, versuchen wir das "Mögliche und das Unmögliche"
aus UNSEREM Vorstellungs-Rahmen heraus zu definieren. Das aber ist der berühmte "Philosophers' fault", den ich auch schon einmal skizziert habe:
Wir denken, aus der Unmöglichkeit, uns etwas vorzustellen, ableiten zu dürfen, dass es jenes, was wir uns nicht vorstellen können, auch nicht geben könne.
Im Bereich der Bewusstseins-Forschung werden als Beispiel immer wieder gerne Synästhesien genommen. Und es braucht wirklich von dort nicht mehr viel Phantasie, um sich selbst ein für allemal eingestehen zu können, dass die Grenzen von eigener Wahrnehmung / Vorstellungskraft / Vernunft durchaus nicht geeignet sein müssen, die Grenzen des Seins zu beschreiben.
Allgemeiner formuliert:
Der eigene Referenz-Rahmen (auch der Referenz-Rahmen einer Wissenschaft) kann nicht/nie der Rahmen des gesamten Seins darstellen.
Mit einfacheren Worten: Wir können und werden niemals ALLES verstehen, weil es stets etwas geben muss, das die Existenz DIESES Seienden, das uns kennzeichnet und das wir aus uns heraus erfassen können, erst möglich macht.
Du bist mit deiner Formulierung also auf dem denkbar besten Weg:
therichter schrieb am 13.10.2013:Nun, die Frage ist völlig irrelevant da wenn die Unendlichkeit tatsächlich existiert, ist sie nix weiter als etwas was ich niemals verstehen kann. Es ist nicht das was ich unter Unendlich verstehe, da ich es nicht verstehen kann.
Genauso wie der Zufall. Er existiert nicht da wenn er existiert das was ich unter Zufall verstehe eben nicht das ist was ich unter Zufall verstehe, da wie gesagt ich Zufall niemals verstehen werden kann.
In dem dann Nachfolgenden bist du allerdings wieder etwas wankelmütig:
therichter schrieb am 13.10.2013:Ich habe Zufall als etwas verstanden was ohne jeglichen Grund passiert, etwas was aus dem Nichts passiert. Aber ich habe realisiert das falls dieser Zufall existiert, er etwas ist was ich nicht verstehe, ergo er ist nicht das was ich unter Zufall verstehe.
Es ist eines von vielen Dingen die ich niemals verstehen werde. Es ist ein Prinzip unserer Realität welches einfach unfassbar für uns ist, genauso wie die Unendlichkeit. Unendlichkeit existiert praktisch nicht, es ist nur ein Synonym für ein Vorgang oder ein Prinzip welches wir unmöglich verstehen können.
Wie ich schon sagte, egal was wir unter Unendlichkeit verstehen, es ist nicht das was es in der Realität ist. Es kann es garnicht sein da wir es nicht verstehen können. Ich hoffe man kann mir folgen.
Was ihr unter Zufall versteht und egal wie oft ihr mir sagen werdet dieser Zufall existiert tatsächlich, ich kann euch mit absoluter Garantie sagen, dass er es nicht tut.
Versuche einfach ehrlich zu dir selbst zu sein. Dann löst sich das, was noch so ein wenig "Wischi-Waschi" ist in deinen Formulierungen auch noch auf!
Wenn wir grundsätzlich annehmen können (als Menschen oder als Einzelperson), dass wir nicht ALLES verstehen können, dann lässt sich daraus wirklich nur EINES sicher ableiten - und das ist:
Das Bild, das ich mir machen werde, kann NICHT ABSOLUT SICHER SEIN !
Das ist alles. Sonst gibt es da gar kein langes Herum-Gerede mehr. Bei allem, was nachfolgt, erkennt man keinen Deut mehr in der Sache - man erkennt nur noch die Menschen, die hinter ihren Meinungen stehen (und WIE sie dahinter stehen).
Wir sind als Menschen prinzipiell dazu gezwungen, uns Meinungen bilden zu müssen. Denn wir haben in den seltensten Fällen vor Entscheidungen hinlänglich "komplette Daten". Ich habe die Psychodynamik zum Phänomen "Heuristik / heuristische Entscheidungs-Methoden" ebenfalls schon abgehandelt und will mich nicht ewig wiederholen. Dein Satz jedenfalls
@therichter :
therichter schrieb am 13.10.2013:Was ihr unter Zufall versteht und egal wie oft ihr mir sagen werdet dieser Zufall existiert tatsächlich, ich kann euch mit absoluter Garantie sagen, dass er es nicht tut.
ist in dieser Hinsicht geradezu paradigmatisch: Just in DEM Bereich, in welchem wir eigentlich am unsichersten sind, müssen wir uns (auto-suggestiv) das stärkste Gefühl von Sicherheit geben, um überhaupt zu einer Entscheidung kommen zu können.
Nüchtern von außen betrachtet gilt jedoch nach wie vor Wittgenstein:
"...wovon man nicht reden kann, darüber muss man schweigen.
Schränken wir das etwas ein:
Was man nicht sicher wissen kann, lässt nur eine Meinung zu. Und JEDE Meinung ist unsicher.
Wir scheitern am ERSTEN (und gegebenenfalls) am LETZTEN.
Wir werden IMMER daran scheitern.
Dass überhaupt etwas ist und nicht Nichts ist "irgendwie irre" - egal wie immer man es auch wendet. Wir können die tiefsten Geheimnisse einfach nicht entschlüsseln.
Abschließend also nochmals:
Ich selbst bin Determinist - wie offensichtlich du auch. Ich habe dazu meine Meinung entwickelt - wie offensichtlich du auch. Ich vertrete sie - wie offensichtlich du auch.
Aber ich habe meine eigene Unsicherheit inzwischen ertragen gelernt - wie offensichtlich du noch nicht (so ganz)?
Viele Grüße
mit der Hoffnung, dass mein Geschreibsel bei dir wieder etwas Abwechslung brachte in eine Phase der Langeweile (mir geht es übrigens ähnlich).