Darwinismus - adé!
22.07.2009 um 00:23@fritzchen1
"Nichts in den physikalischen Gesetzen besagt, dass es das nicht kann, aber ich würde das nicht als eine lohnenswerte Hypothese bezeichnen. Offen gesagt, meiner Ansicht nach bedeutet das, einfach aufzugeben. Man wirft einfach das Handtuch. Es bedeutet ein Versagen, wenn man nicht anerkennt, dass die Entstehung eines gut aufeinander abgestimmten Kosmos tatsächlich überaus wichtige Hinweise bietet, denen man nachgehen sollte–genau wie Darwin den überaus wichtigen Hinweisen folgte, die er in der Entstehung einer gut aufeinander abgestimmten natürlichen Welt fand.
Die zweite gebräuchliche Erklärung–und die wird von Stephen Hawking favorisiert–besagt im Grunde, dass der Ursprung und die Evolution des Universums ein Quantenphänomen ist, und dass alle möglichen Quantenzustände des Kosmos gleichzeitig existieren. Aber wir sind auf solche Quantenzustände begrenzt, in denen Menschen existieren können. Dies ist wirklich sehr nahe mit dem schwachen anthropischen Prinzip verwandt. Im Wesentlichen wird damit behauptet, dass wir nie in der Lage sein werden, irgendeinen anderen Teil der Quantenwellenfunktion zu beobachten als den, den wir bewohnen. Die anderen können nicht beobachtet werden, und natürlich bewohnen wir einen lebensfreundlichen Teil, weil wir sonst nicht hier wären, um ihn zu beobachten. Meiner Ansicht nach ist das eine andere Art tautologischer Nicht-Erklärung.
Beide Ansätze vergewaltigen das so genannte "Prinzip der Mittelmäßigkeit“, das eine auf Statistik beruhende Daumenregel ist, nach der wir ohne einen außerordentlichen Beweis des Gegenteils annehmen sollten, dass unser Universum ziemlich typisch ist. Insbesondere der Ansatz Weinbergs missachtet dieses Prinzip. Er flüchtet mit seinem Ansatz in ein grobes, unverständliches Rätsel, nämlich die Vermutung, wir hätten beim Würfeln Glück gehabt. Dieser Ansatz weigert sich, die Möglichkeit der Existenz eines naturalistischen kosmischen Evolutionsprozesses (im Gegensatz zu einem übernatürlichen) ernsthaft zu untersuchen, der zu einer lebensfreundlichen Sammlung physikalischer Gesetze und Konstanten führen könnte.
(...)
Das sollte ein Hinweis darauf sein, dass wir vielleicht etwas Fundamentales übersehen. Die Beobachtungen sollten uns zeigen, dass es da einen unbekannten natürlichen Prozess geben könnte, vielleicht dem der Evolution auf der Erde ähnlich, der dazu in der Lage ist, das Entstehen und weitere Bestehen physikalischer Naturzustände (uns, die Biosphäre der Erde) zu verursachen, was im Abstrakten eine verschwindend geringe Wahrscheinlichkeit besitzt.
Meine Theorie ist, dass die physikalischen Gesetze und Konstanten mindestens zwei Aufgaben haben. Die erste ist die allgemein anerkannte Aufgabe, die physikalischen Bewegungen der Körper und Teilchen und das Zusammenspiel dieser Teilchen mit Kräften wie dem Elektromagnetismus zu regeln. Es ist wesentlich, diese physikalischen Gesetze zu verstehen und zu beherrschen, wenn wir voraussagen wollen, wie lange zum Beispiel eine Rakete braucht, um den Saturn zu erreichen, oder wie lange der Prozess des radioaktiven Zerfalls beim Uran dauert.
Aber in meiner Hypothese gehe ich weiter und stelle die weitaus kontroversere Behauptung auf, dass die Naturgesetze und -konstanten noch eine zweite wichtige Aufgabe haben: Sie beinhalten darüber hinaus auch noch eine Art Entwicklungsprogramm. Sie funktionieren wie eine kosmische DNA. Es gibt eine versteckte Information darin, und zwar einen Entwicklungscode, ein genetisches Programm. Es ist wie ein Computerprogramm, das die Entstehung von Leben und Intelligenz steuert. Damit ist gemeint, dass die Entstehung von Leben und Intelligenz in den physikalischen Gesetzen und Konstanten auf ganz fundamentale Weise enthalten ist. Das ist meine Version des starken anthropischen Prinzips. Bis jetzt ist das noch eine radikale Behauptung, aber das ändert sich gerade. Ich glaube, eine Anzahl prominenter Wissenschaftler beginnt wirklich, über diese Möglichkeit ernsthaft nachzudenken–zum Beispiel Martin Reese, Paul Davies, Freeman Dyson, Seth Shostak und andere.
Ich behaupte, dass das ganze Ensemble physikalischer Gesetze und Konstanten tatsächlich ein Entwicklungscode ist, und zwar genau im gleichen Sinne wie die DNA. Er beschreibt die Ontogenese dessen, was für einen Organismus wesentlich ist, und stellt für die Kopie dieses Organismus einen Plan oder eine Skizze zur Verfügung.
WIE: Meinen Sie mit Organismus in gewisser Weise das Universum selbst? Wollen Sie damit sagen, dass die Entwicklung des "Organismus" in diesem Fall wesentlich die Evolution des Universums ist?
GARDNER: Genau. Und das ergibt eine ganze Menge Spiegelbilder von einigen uns vertrauten Vorstellungen. Zum Beispiel hat bei einer solchen Weltanschauung die Evolution auf der Erde wirklich mehr Ähnlichkeit mit der Ontogenese, dem Prozess, den ein einzelner Organismus bei seiner Entwicklung durchläuft. Es handelt sich um den Prozess, durch den ein Organismus von einer befruchteten Eizelle zu einem voll ausgereiften Individuum einer bestimmten Art heranwächst. Und meine Hypothese besagt, dass im gesamten Universum alles immer wieder reproduziert wird, dass die physikalischen Gesetze und Konstanten nicht bei jeder Zündung eines Urknalls wieder neu gemischt werden. Sie sind tatsächlich kontrolliert, sie entsprechen einem Muster. Sie sind auf die gleiche Art strukturiert, wie die Geburt und Entwicklung eines neuen Individuums aus einer bestimmten Art durch die DNA strukturiert sind."
fritzchen1 schrieb:Eigentlich ganz guter Link. Der Mann ist mit Sicherheit nicht unintelligent. Aber gewagt sind manche Thesen dann doch.Habe ihn persönlich als Referent zu diesem Thema erlebt. Sehr überzeugender Typ. Natürlich sind seine Thesen gewagt, aber welche sind es nicht, wenn es um die grundlegenden Fragen unseres Universum geht?
fritzchen1 schrieb:Und wenn wir jetzt schon soweit sind und uns die frage stellen ob es beliebig viele Universen gibt, was ja ein hauptbestandteil ist auf denen er seine Gedankengänge aufbauen, dann könnten wir ja jetzt Schluss machen.Da hast Du aber nicht richtig gelesen. Er stellt zwar derartige Theorien vor, die derzeit diskutiert werden, schreibt aber auch, dass er davon nichts hält. Ich zitiere mal den wichtigsten Teil des Interviews:
"Nichts in den physikalischen Gesetzen besagt, dass es das nicht kann, aber ich würde das nicht als eine lohnenswerte Hypothese bezeichnen. Offen gesagt, meiner Ansicht nach bedeutet das, einfach aufzugeben. Man wirft einfach das Handtuch. Es bedeutet ein Versagen, wenn man nicht anerkennt, dass die Entstehung eines gut aufeinander abgestimmten Kosmos tatsächlich überaus wichtige Hinweise bietet, denen man nachgehen sollte–genau wie Darwin den überaus wichtigen Hinweisen folgte, die er in der Entstehung einer gut aufeinander abgestimmten natürlichen Welt fand.
Die zweite gebräuchliche Erklärung–und die wird von Stephen Hawking favorisiert–besagt im Grunde, dass der Ursprung und die Evolution des Universums ein Quantenphänomen ist, und dass alle möglichen Quantenzustände des Kosmos gleichzeitig existieren. Aber wir sind auf solche Quantenzustände begrenzt, in denen Menschen existieren können. Dies ist wirklich sehr nahe mit dem schwachen anthropischen Prinzip verwandt. Im Wesentlichen wird damit behauptet, dass wir nie in der Lage sein werden, irgendeinen anderen Teil der Quantenwellenfunktion zu beobachten als den, den wir bewohnen. Die anderen können nicht beobachtet werden, und natürlich bewohnen wir einen lebensfreundlichen Teil, weil wir sonst nicht hier wären, um ihn zu beobachten. Meiner Ansicht nach ist das eine andere Art tautologischer Nicht-Erklärung.
Beide Ansätze vergewaltigen das so genannte "Prinzip der Mittelmäßigkeit“, das eine auf Statistik beruhende Daumenregel ist, nach der wir ohne einen außerordentlichen Beweis des Gegenteils annehmen sollten, dass unser Universum ziemlich typisch ist. Insbesondere der Ansatz Weinbergs missachtet dieses Prinzip. Er flüchtet mit seinem Ansatz in ein grobes, unverständliches Rätsel, nämlich die Vermutung, wir hätten beim Würfeln Glück gehabt. Dieser Ansatz weigert sich, die Möglichkeit der Existenz eines naturalistischen kosmischen Evolutionsprozesses (im Gegensatz zu einem übernatürlichen) ernsthaft zu untersuchen, der zu einer lebensfreundlichen Sammlung physikalischer Gesetze und Konstanten führen könnte.
(...)
Das sollte ein Hinweis darauf sein, dass wir vielleicht etwas Fundamentales übersehen. Die Beobachtungen sollten uns zeigen, dass es da einen unbekannten natürlichen Prozess geben könnte, vielleicht dem der Evolution auf der Erde ähnlich, der dazu in der Lage ist, das Entstehen und weitere Bestehen physikalischer Naturzustände (uns, die Biosphäre der Erde) zu verursachen, was im Abstrakten eine verschwindend geringe Wahrscheinlichkeit besitzt.
Meine Theorie ist, dass die physikalischen Gesetze und Konstanten mindestens zwei Aufgaben haben. Die erste ist die allgemein anerkannte Aufgabe, die physikalischen Bewegungen der Körper und Teilchen und das Zusammenspiel dieser Teilchen mit Kräften wie dem Elektromagnetismus zu regeln. Es ist wesentlich, diese physikalischen Gesetze zu verstehen und zu beherrschen, wenn wir voraussagen wollen, wie lange zum Beispiel eine Rakete braucht, um den Saturn zu erreichen, oder wie lange der Prozess des radioaktiven Zerfalls beim Uran dauert.
Aber in meiner Hypothese gehe ich weiter und stelle die weitaus kontroversere Behauptung auf, dass die Naturgesetze und -konstanten noch eine zweite wichtige Aufgabe haben: Sie beinhalten darüber hinaus auch noch eine Art Entwicklungsprogramm. Sie funktionieren wie eine kosmische DNA. Es gibt eine versteckte Information darin, und zwar einen Entwicklungscode, ein genetisches Programm. Es ist wie ein Computerprogramm, das die Entstehung von Leben und Intelligenz steuert. Damit ist gemeint, dass die Entstehung von Leben und Intelligenz in den physikalischen Gesetzen und Konstanten auf ganz fundamentale Weise enthalten ist. Das ist meine Version des starken anthropischen Prinzips. Bis jetzt ist das noch eine radikale Behauptung, aber das ändert sich gerade. Ich glaube, eine Anzahl prominenter Wissenschaftler beginnt wirklich, über diese Möglichkeit ernsthaft nachzudenken–zum Beispiel Martin Reese, Paul Davies, Freeman Dyson, Seth Shostak und andere.
Ich behaupte, dass das ganze Ensemble physikalischer Gesetze und Konstanten tatsächlich ein Entwicklungscode ist, und zwar genau im gleichen Sinne wie die DNA. Er beschreibt die Ontogenese dessen, was für einen Organismus wesentlich ist, und stellt für die Kopie dieses Organismus einen Plan oder eine Skizze zur Verfügung.
WIE: Meinen Sie mit Organismus in gewisser Weise das Universum selbst? Wollen Sie damit sagen, dass die Entwicklung des "Organismus" in diesem Fall wesentlich die Evolution des Universums ist?
GARDNER: Genau. Und das ergibt eine ganze Menge Spiegelbilder von einigen uns vertrauten Vorstellungen. Zum Beispiel hat bei einer solchen Weltanschauung die Evolution auf der Erde wirklich mehr Ähnlichkeit mit der Ontogenese, dem Prozess, den ein einzelner Organismus bei seiner Entwicklung durchläuft. Es handelt sich um den Prozess, durch den ein Organismus von einer befruchteten Eizelle zu einem voll ausgereiften Individuum einer bestimmten Art heranwächst. Und meine Hypothese besagt, dass im gesamten Universum alles immer wieder reproduziert wird, dass die physikalischen Gesetze und Konstanten nicht bei jeder Zündung eines Urknalls wieder neu gemischt werden. Sie sind tatsächlich kontrolliert, sie entsprechen einem Muster. Sie sind auf die gleiche Art strukturiert, wie die Geburt und Entwicklung eines neuen Individuums aus einer bestimmten Art durch die DNA strukturiert sind."